UG: Drücken Sie es einfach aus. Ich kann einer komplexen Struktur nicht folgen - sehen Sie, ich habe dieses Problem, wahrscheinlich bin ich leicht debil oder so etwas, ich weiß es nicht - aber ich kann konzeptuellem Denken nicht folgen. Sie müssen sich in ganz einfache Worte fassen. Wie genau lautet die Frage? Denn die Antwort ist da; ich muß die Antwort nicht geben. Was ich für gewöhnlich tue, ist, die Frage zu restrukturieren und so zu formulieren, daß sie Ihnen sinnlos erscheint.
F: Wird die Antwort, die in der Frage verborgen liegt, an die Oberfläche gebracht?
UG: Ja, das ist alles. Deshalb möchte ich verstehen, wie Ihre Frage genau lautet. Das ist kein Trick oder so etwas. Ich will Ihnen nicht mit einer Gegenfrage kommen. Aber ich muß die Frage verstehen, dann kann ich sie auf meine Art formulieren und sie erwidern. Und Sie werden für sich selbst herausfinden, auch ohne daß ich es Ihnen sage, daß die Frage überhaupt keinen Sinn hat; aber ich sage nicht: "Ihre Frage ist eine sinnlose Frage."
Wissen Sie, dieser Dialog ist nur dann hilfreich, wenn wir beide an einen Punkt kommen, an dem wir erkennen, daß ein Dialog weder nötig noch möglich ist. Wenn ich von 'Verstehen' oder 'Sehen' spreche, dann bedeutet das für mich etwas anderes. Verstehen ist ein Seinszustand, in dem die Frage nicht mehr existiert; da ist nichts, das sagt: "Jetzt verstehe ich!" - das ist die grundsätzliche Schwierigkeit zwischen uns. Indem Sie verstehen, was ich sage, kommen Sie nirgendwohin.
Da ist noch etwas, was ich betonen möchte: alle Fragen, die Sie mir stellen wollen, müssen Ihre eigenen Fragen sein - nur dann ist es sinnvoll, einen Dialog zu führen. Es muß Ihre Frage sein. Also, haben Sie eine Frage, die Sie Ihr eigen nennen, eine Frage, die nie jemand zuvor gestellt hat?
F: Es gibt so viele Fragen, die die Leute stellen und die uns interessieren, und wir meinen, daß sie unsere Fragen sind.
UG: Was sie nicht sind. Sie werden das herausfinden: es sind überhaupt nicht Ihre Fragen.
Der Fragende muß aufhören, zu sein. Er ist es, der die Antwort schafft. Der Fragesteller existiert deshalb, weil es eine Antwort gibt, sonst gäbe es keinen Fragenden. Ich versuche nicht, mit Worten zu spielen. Sie kennen die Antwort, und Sie wollen von mir eine Bestätigung haben, oder Sie wollen, daß Ihr Problem beleuchtet wird, oder Sie sind neugierig - wenn Sie aus einem der vorgenannten Gründe einen Dialog mit mir führen wollen, dann verschwenden Sie nur Ihre Zeit; Sie werden zu einem Pandit, einem Scholaren, einem gelehrten Mann gehen müssen - die können Licht auf solch eine Frage werfen. An dieser Art von Dialog interessiert mich nur eines: Ihnen zu helfen, Ihre eigene Frage zu formulieren. Versuchen Sie es, und formulieren Sie eine Frage, die Sie Ihr eigen nennen können.
Ich habe überhaupt keine Fragen. Ich komme und sitze hier, und in mir ist es leer, aber nicht in dem Sinne, wie Sie das Wort 'Leere' gebrauchen. Leere und Vollsein sind nicht zwei verschiedene Dinge, man kann keine Demarkationslinie zwischen dem Leer- und dem Vollsein ziehen. Aber in mir ist nichts - nichts - also weiß ich nicht, was ich sagen werde. Ich komme nicht und bin darauf vorbereitet, etwas zu sagen. Was Sie in mir hervorrufen, das ist Ihre Sache - es ist Ihre, nicht meine - in mir ist nichts, was ich mein eigen nennen kann. Das ist Ihr Eigentum, denn Sie haben eine Antwort in mir hervorgerufen - sie ist nicht meine - ich habe mit der Antwort gar nichts zu tun. Das ist nicht die Antwort. Ich gebe Ihnen überhaupt keine Antworten.
Es ist wie bei einer Reflexbewegung: Sie stellen eine Frage, und etwas reagiert. Wie das funktioniert, weiß ich nicht. Es ist nicht das Ergebnis irgendwelchen Denkens. Was immer aus mir herauskommt, ist nicht vom Denken fabriziert - aber irgend etwas kommt heraus. Sie werfen den Ball, der Ball prallt zurück, und das nennen Sie die 'Antwort'. Aber was tatsächlich geschieht, ist, daß ich die Frage restrukturiere und sie Ihnen zurückwerfe.
F: Die Frage bringt die Antwort hervor?
UG: Es gibt keine Antwort auf die Frage, also kann die Frage dort nicht mehr bleiben. In diesem Sinne habe ich keine wie auch immer gearteten Fragen, außer denen, die ich brauche, um in dieser Welt zu funktionieren - ich habe keine anderen Fragen.
F: Ist Ihre Antwort nur eine Reflexion der Frage?
UG: Es ist nicht meine Antwort, da die Frage dort nicht mehr bleiben kann. Die Frage wird sozusagen zu meiner Frage; da es auf sie aber keine Antwort gibt, wartet sie auch nicht darauf; die Frage verbrennt sich selbst, und was bleibt, ist Energie. Sie könnten das nicht neun oder zehn Stunden lang durchhalten, ich kann es. Es zehrt die Energie nicht auf, sondern fügt immer neue hinzu. Dieses Reden selbst ist Energie; das Reden ist Ausdruck dieser Energie.
F: Angenommen, ich befrage Sie zum Beispiel über die Quantenmechanik?
UG: Das weiß ich nicht - das ist meine Antwort - also verschwindet die Frage auf jeden Fall. Was ich an Wissen oder Information über die Quantenmechanik besitze, ist da, und es kommt geradewegs wie ein Pfeil herausgeschossen. Was immer hinein gebracht wurde, kommt heraus. Aber auf Fragen wie "Existiert Gott?", "Ist das Leben nur Zufall?" oder "Wird die Welt von vollkommener Gerechtigkeit beherrscht?" - auf solche Fragen gibt es keine Antworten, also verbrennt die Frage sich selbst.
F: Wer bin ich?
UG: (Lacht) Sie wissen ganz genau, wer Sie sind.
F: Was meinen Sie?
UG: Ist "Wer bin ich?" wirklich Ihre Frage? Überhaupt nicht. Die haben Sie irgendwo aufgelesen. Der Fragende ist das Problem, nicht die Frage. Wenn Sie nicht diese Frage aufgelesen hätten, dann eben eine andere. Selbst in vierzig Jahren werden Sie immer noch fragen, was der Sinn des Leben sei. Ein lebendiger Mensch würde niemals eine solche Frage stellen. Offensichtlich können Sie keinen Sinn im Leben erblicken. Sie leben nicht, Sie sind tot. Wenn ich Ihnen sage, was der Sinn des Lebens ist, wo bleiben Sie dann? Was kann Ihnen das bedeuten?
F: Existiert der Fragende?
UG: Er existiert nicht, was existiert, ist nur die Frage. Alle Fragen sind das gleiche - nämlich mechanische Wiederholungen erinnerter Fragen. Egal, ob Sie fragen: "Wer bin ich?", "Was ist der Sinn des Lebens?" "Existiert Gott?" oder "Gibt es ein Leben nach dem Tode?", so entspringen all diese Frage doch nur Ihrem Gedächtnis. Deshalb frage ich Sie, ob Sie eine eigene Frage haben.
F: Warum sagen Sie, daß die Frage "Wer bin ich?" einer genauen Überprüfung nicht standhalten kann?
UG: Weil Sie die Frage nicht vom Fragesteller trennen können. Die Frage und der Fragende sind dasselbe. Wenn Sie diese Tatsache akzeptieren, ist es ganz einfach; wenn die Frage verschwindet, verschwindet damit auch der Fragende. Aber da der Fragende nicht verschwinden will, bleibt auch die Frage bestehen. Der Fragende will eine Antwort auf die Frage. Da es auf die Frage keine Antwort gibt, gibt es doch immer noch den Fragenden. Das Interesse des Fragenden besteht darin, fortzudauern und nicht darin, die Antwort zu erhalten.
F: Aber da ist doch die Aufmerksamkeit, die Antwort zu erhalten.
UG: Die Aufmerksamkeit ist der Fragende, das Warten ist der Fragende, das Warten auf eine Antwort, die Hoffnung, daß es da eine Antwort auf die Frage gäbe, ist der Fragende. Sie sind nicht voneinander verschieden, sehen Sie? Er hat sich selbst in verschiedene trickreiche Zustände umgestaltet. Zuerst sagt der Fragende, er sei aufmerksam. Er ist sehr aufmerksam, denn er will eine Antwort. Er mag die Fingerzeige nicht, daß er vielleicht nicht... Was wird er mit dieser Antwort anfangen? Er ist aufmerksam, er wartet, er ist hoffnungsfroh - all das ist er - warum? (Pause). Weil es keine Antwort gibt auf diese Frage "Wer bin ich?" - es gibt keine Möglichkeit, sich selbst zu erkennen.
Es ist das Verb, welches das 'Wer' und das 'Ich' verbindet. Es ist, als ob das 'Wer' und das 'Ich' zwei verschiedene Dinge wären, und was diese Dinge verbindet, ist das 'bin', das Verbum, das die Kontinuität verleiht. Wenn das Verb nicht da ist, wenn es dem Verb möglich wäre (lacht) zu verschwinden - dann gäbe es keinen Bedarf an irgend etwas, um das 'Wer' und das 'Ich ' zu verbinden; sie sind dasselbe.
F: Wenn das Verb geht?
UG: Dann geht die Frage auch. Ohne das Verb kann es keine Frage geben. ''Wer ich? ist ein sinnloses Ding. Das "bin" muß da sein - es setzt die trennende Bewegung in Gang. Und damit haben Sie die Frage geschaffen. Und diese Frage impliziert, daß es auf sie eine Antwort gäbe; sonst würden Sie sich diese Frage nicht stellen. Alle Fragen sind nur da, weil Sie schon eine vage Antwort darauf haben: "Es muß da etwas geben, das anders ist, als ich es jetzt bin." Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich machen kann.
F: Sir, was wird nach dem Tode geschehen?
UG: Alle Fragen über den Tod sind sinnlos - und ganz besonders für einen jungen Menschen wie Sie es sind. Sie haben Ihr Leben noch nicht einmal gelebt. Warum stellen Sie so eine törichte Frage? Warum interessiert Sie das? Ein Mensch, der lebt, hat keine Zeit für solche Fragen. Nur eine Person, die nicht lebt, fragt: "Was wird nach meinem Tode geschehen?" Sie leben nicht. Zuerst müssen Sie leben und dann, wenn die Zeit kommt... Lassen wir es dabei. Ich bin an dieser Art von Philosophie nicht interessiert.
Gar nichts wird geschehen. Es gibt so etwas wie den Tod überhaupt nicht. Was, glauben Sie, wird sterben? Was? Dieser Körper löst sich in seine Grundbestandteile auf, also geht nichts verloren. Wenn Sie ihn verbrennen, reichert die Asche den Boden an und trägt zur dessen Keimkraft bei. Wenn Sie ihn begraben, leben die Würmer davon. Wenn Sie ihn in den Fluß werfen, wird er zur Nahrung für die Fische. Eine Form des Lebens lebt von der anderen und gibt so dem Leben Kontinuität. Daher ist das Leben unsterblich.
Das wird niemandem helfen, der in der Furcht vor dem Tode gefangen ist. Schließlich ist 'Tod' Angst, die Angst davor, daß etwas an sein Ende gelangt. Das 'Du', als das man sich selbst kennt, das 'Du', als das man sich erlebt, dieses 'Du' will nicht an sein Ende kommen. Aber es weiß, daß dieser Körper tot umfallen wird, wie es bei den anderen auch geschieht - man erlebt den Tod der anderen - also ist das eine schreckenserregende Situation, weil man nicht sicher sein kann, ob dieses 'Du' andauern wird, wenn der Körper geht. Also projiziert es ein Leben danach. Zu wissen, ob es ein Leben nach dem Tode gibt oder nicht, wird zum Allerwichtigsten. Die Angst bringt das hervor, wenn also die Angst verschwunden ist, gibt es auch die Frage nach dem Tod nicht mehr.
Man kann den eigenen Tod nicht erleben. Deshalb erzähle ich all den Leuten, die so sehr an Moksha und Befreiung interessiert sind, daß sie alle, ohne Ausnahme, genau noch vor diesem Zeitpunkt Moksha erreichen werden (Gelächter). Aber seien Sie sich dessen sicher - dann ist es zu spät: der Körper ist in einem hinfälligen Zustand und kann sich nicht mehr erneuern. Dieser Tod kann Sie jetzt ereilen - er ist etwas, das jetzt geschieht.
Es gibt keine Möglichkeit, daß Sie etwas über Ihren Tod wissen können, jetzt, oder am Ende Ihres sogenannten Lebens. Ohne daß das Wissen, die Kontinuität des Wissens, an ihr Ende gelangt, kann der Tod nicht stattfinden. Sie wollen etwas über den Tod wissen, Sie wollen das zu einem Teil Ihres Wissens machen. Aber der Tod ist nichts Geheimnisvolles; das Ende dieses Wissens ist der Tod. Was, glauben Sie, wird nach dem Tode weitergehen? Was ist denn da, während Sie leben? Wo ist denn diese Wesenheit? Da ist gar nichts - keine Seele - da ist nur diese Frage nach dem Tod. Diese Frage muß jetzt sterben, damit die Antwort gefunden werden kann. Ihre Antwort, nicht meine - denn diese Frage ist aus der Annahme und dem Glauben heraus entstanden, daß da etwas sei, das nach dem Tode andauert.
F: Manchmal ist es mir möglich, der besonderen logischen Kette zu folgen, die Sie aufzeigen, und ich kann das, was Sie sagen, sehr stark nachempfinden, aber dann kommt ein gewisser Punkt - wie es dazu kommt, weiß ich nicht - aber sobald dieser Punkt erreicht ist, entsteht plötzlich eine große Unsicherheit.
UG: Sehen Sie, die Existenz eben desjenigen, der fragt, des Fragestellers, steht auf dem Spiel.
F: Ja, genau, und das erzeugt große Panik.
UG: Und hier liegt das Problem: Sie wagen es nicht, das Grundsätzliche in Frage zu stellen, denn das würde etwas zerstören, das für Sie sehr wertvoll ist: die Kontinuität Ihrer selbst, so wie Sie sich kennen und erfahren.
F: Und wenn man es einmal wagen würde, das in Frage zu stellen, was dann?
UG: "Was dann?" ist abwesend. Was ist, beginnt zu handeln.
F: Ich möchte das so gerne wagen. Gibt es eine Möglichkeit, das herauszufordern?
UG: Die Frage selbst besitzt die inhärente Fähigkeit, für sich selbst die Antwort zu finden. Sehen Sie, wenn es keine Antwort gibt, kann auch die Frage nicht bestehen. Sie warten auf eine Antwort, die entweder von außen oder von innen kommen soll. Wenn sich diese beiden Gebiete als völlig unergiebig erweisen, was geschieht dann mit der Frage? Ich weise all die Behauptungen oder Erfahrungen von anderen nicht deshalb zurück, weil ich nicht mit ihnen übereinstimme, sondern weil sie, was mich betrifft, nicht gelten. Sie mögen wahr sein, aber sie sind für mich nicht gültig, also weise ich sie zurück. Von außen kommende Hilfe gibt es nicht mehr für mich. Wenn sie nicht mehr gegeben ist, entsteht aber nicht etwa Hilflosigkeit. Frage und Antwort sind miteinander verbunden; sie lassen sich wirklich nicht trennen.
Die Lösung ist das eigentliche Problem. Wenn sich ein Problem nicht lösen läßt, hört es auf, ein Problem zu sein. Sie sind mehr an der Lösung als an dem Problem interessiert. Aber die Lösung ist nur auf das Morgen und nicht auf das Gegenwärtige anwendbar - wann werden Sie das Problem lösen? - also ist das nicht die Lösung. Warum sind so daran interessiert, Lösungen zu finden? Die haben Ihnen bisher auch nicht geholfen. Sie aber schauen sich nur die Lösungen an; Sie sind an den Lösungen interessiert und nicht an den Problemen. Was ist das Problem? - das ist alles, was ich frage. Sie haben eigentlich kein Problem, aber Sie reden von Lösungen.
Sie sind mit den Antworten, die Ihnen von anderen gegeben werden, nicht zufrieden. Sie kommen zu mir - Sie glauben, ich sei ein Mann, der zur Erkenntnis gelangt ist. Sie haben schon viele Antworten auf Ihre Fragen erhalten, aber immer noch stellen Sie dieselben Fragen. Sie wollen die Bestätigung dessen, was Sie wissen, aber dieser Mann sagt etwas, das nicht in Ihren Rahmen paßt, also stimmen Sie nicht mit mir überein. Sie müssen die Antwort auf diese Frage finden.
Die Suche endet mit der Erkenntnis, daß es so etwas wie Erleuchtung nicht gibt. Indem Sie suchen, wollen Sie sich vom Selbst befreien - aber was immer Sie auch tun, es ist das Selbst, das sich vom Selbst befreien will. Was kann ich tun, damit Sie diese einfache Sache verstehen? Es gibt kein 'Wie'. Wenn ich Ihnen das sage, fügt es der Suche wieder Impulse hinzu. Das ist die Frage aller Fragen: 'Wie, wie, wie?'
Das 'Wie' wird bleiben, solange Sie glauben, daß die Antworten, die Ihnen von mir oder von anderen gegeben werden, die richtigen Antworten seien. "Ich habe die Antwort gefunden" - die anderen haben Antworten auf ihre Fragen erhalten. Solange Sie von den Antworten dieser Leute, von denen Sie meinen, sie seien die richtigen, um Ihnen Ihre Fragen zu beantworten, abhängen, werden die Fragen permanent bestehen bleiben. Das sind keine Antworten. Wenn sie es wären, dann gäbe es keine Fragen. Es muß Ihre Antwort sein.
Die Antwort muß ohne jede Methode gefunden werden. Jede Methode entfernt Sie von der Frage, verwässert sie. Die Frage intensiviert sich auf ihre Weise immer mehr. Sie wollen nichts haben, außer der Antwort auf diese Frage, nichts sonst. Nichts interessiert Sie mehr, außer der Antwort auf diese Frage. Tagaus, tagein, für den Rest Ihres Lebens, ist das Ihre einzige Frage: "Wie?"
Dieses 'Wie' bezieht sich auf die Antworten, die von anderen gegeben wurden, also muß man all diese Antworten zurückweisen. Die Frage muß sich selbst verzehren, und das kann sie nicht tun, solange man darauf wartet, ob von außerhalb oder innerhalb eine Antwort käme. Wenn die Frage sich selbst verzehrt hat, beginnt sich das, was vorhanden ist, selbst auszudrücken. Das ist Ihre Antwort, und nicht die von irgend jemand anderem. Sie müssen die Antwort nicht einmal finden, denn sie ist schon vorhanden, und sie wird sich irgendwie zum Ausdruck bringen. Sie müssen kein Gelehrter sein, Sie müssen keine Bücher lesen, Sie brauchen überhaupt nichts zu tun; was da ist, bringt sich selbst zum Ausdruck.
Also, wollen Sie die Antwort auf diese Frage wirklich unbedingt haben? Sie wissen ja, selbst diejenigen, die ihr Leben damit verbracht haben, auf dem Kopf zu stehen oder an Bäumen zu hängen, haben gar nichts erreicht - Ameisenhaufen wuchsen um sie herum in die Höhe, doch erreicht haben sie nichts. So einfach ist es nicht. Als es mir geschehen ist, habe ich erkannt, daß meine ganze Suche in die falsche Richtung gegangen war und daß es nicht etwas Religiöses und nichts Psychologisches ist, sondern ein rein physiologisches Funktionieren der Sinne bei optimaler Aufnahmefähigkeit. Das war die Antwort auf meine Frage.
Alle Fragen sind Variationen der einen Frage; es sind keine verschiedenen Fragen. Wie ernsthaft sind Sie? Wie sehr wünschen Sie sich die Antwort auf Ihre Frage? Fragen entstehen aus den Antworten heraus, die Sie schon kennen. Sie wollen wissen, was das für ein Zustand ist, in dem ich mich befinde, um es zu einem Teil des Wissen zu machen, Ihres Wissen, und damit der Tradition - aber das Wissen muß an sein Ende kommen. Wie können Sie diese einfache Sache verstehen? Ihr Wissenwollen fügt lediglich Ihrem Wissen Impulse hinzu. Es ist nicht möglich, zu wissen, was 'das' ist, denn das Wissen ist immer noch da, und es nimmt an Dynamik zu. Alles, woran Sie interessiert sind, ist die Kontinuität des Wissens.
Wenn Bücher den Menschen irgend etwas lehren könnten, dann wäre die Welt ein Paradies. Man braucht Bücher für technische Dinge, ja - wie repariert man ein Tonbandgerät? - aber Bücher über Themen wie diese haben keinerlei Wert. Ich weiß nicht, ob diese Unterhaltung oder dieser Dialog irgendeinen Sinn haben. Aber es muß Ihnen ganz klar sein, daß hierdurch nichts bewegt wird: Sie werden sich nicht von der Stelle wegbewegen, an der Sie sind. Sie haben nicht einmal einen Schritt getan. Es ist auch nicht nötig, daß Sie einen Schritt tun.
F: Ich bin überzeugt davon, daß es nicht die Worte sind, die bei unserem Treffen wichtig sind, sondern daß da etwas ist, was darüber hinausgeht.
UG: Das weiß ich nicht, und Sie können sich dessen auch nicht sicher sein: das kann Ihre eigene Projektion sein. Wenn es irgend etwas geben sollte, dann wird es auf seine ihm eigene Art wirksam werden. Es ist dasselbe Bewußtsein, das auch in mir, in Ihnen, in der Gartenschnecke und dem Regenwurm draußen wirkt. In mir hat es keine Grenzen, aber in Ihnen - Sie sind in diesen Begrenzungen eingepfercht. Wahrscheinlich treibt Sie das unbegrenzte Bewußtsein an, ich weiß es nicht. Mich nicht, ich habe damit nichts zu tun. Es ist wie das Wasser, das seinen Stand immer ausgleicht, das ist alles - das ist seine Natur. Was in Ihnen vor sich geht, ist dies: Das Leben versucht das Eingepferchte, die tote Struktur aus Denken und Erfahrung, die nicht von seiner Art sind, zu zerstören. Es versucht herauszukommen, die Schranken zu sprengen. Sie wollen das nicht. Sobald Sie sehen, daß da ein paar Sprünge sind, bringen Sie Kitt, bessern sie aus und blockieren alles wieder. Es muß kein sogenannter spiritueller oder erleuchteter Mensch sein, der Sie antreibt; alles, auch dieses Blatt hier, könnte Sie genauso belehren, wenn Sie es nur tun ließen, was es kann. Sie müssen es zulassen. Ich muß es so sagen. Dieses 'Zulassen' scheint eine Art Willensentscheidung Ihrerseits miteinzubeziehen, aber so meine ich das nicht.
F: Was ist das Leben?
UG: Sie werden niemals wissen, was das Leben ist. Niemand kann irgend etwas über das Leben sagen. Sie können Definitionen abgeben, aber die sind ohne Bedeutung. Sie können über das Leben theoretisieren, aber das ist ohne jeden Wert für Sie, denn es kann Ihnen nicht helfen, irgend etwas zu verstehen. Also wirklich, fragen Sie nicht so etwas wie "Was ist das Leben?" "Was ist das Leben?" - auf diese Frage gibt es keine Antwort, daher kann die Frage nicht länger aufrechterhalten werden. Sie wissen das wirklich nicht, also verschwindet die Frage. Nur wollen Sie das nicht zulassen, weil Sie glauben, es müßte eine Antwort geben. Wenn Sie sie nicht kennen, dann meinen Sie, es müßte jemand anderen auf dieser Welt geben, der auf diese Frage eine Antwort weiß. "Was ist das Leben?" - niemand kann darauf eine Antwort geben - wir können das wirklich nicht wissen. Also kann die Frage nicht bestehen, sie verzehrt sich selbst. Die Frage ist vom Denken geboren, wenn sie sich also selbst verzehrt, entsteht Energie. Da ist ein Verbrennungsprozeß: Der Gedanke verbrennt sich selbst und gibt physische Energie ab. Und ebenso ist es, wenn die Frage verbrennt, dann ist auch um den Fragenden geschehen. Die Frage und der Fragende sind nicht zwei verschiedene Dinge. Wenn die Frage sich verzehrt, bleibt Energie. Über Energie läßt sich überhaupt nichts sagen - sie ist schon manifest und drückt sich auf grenzenlose Weise aus; sie hat keine Begrenzungen. Es ist nicht Ihre und nicht meine Energie; sie gehört jedem. Sie sind ein Teil von ihr. Sie sind ein Ausdruck von ihr. So wie die Blume ein Ausdruck des Lebens ist, so sind es auch Sie. Was hinter all dem steht, ist das Leben. Was es ist, werden Sie niemals wissen.
Sie sind nicht vom Tier verschieden; Sie wollen diese Tatsache nur nicht akzeptieren. Der einzige Unterschied besteht darin, daß Sie denken. Denken tun auch die Tiere, allerdings ist es im Falle des Menschen sehr komplex geworden - das ist der Unterschied. Erzählen Sie mir nicht, die Tiere würden nicht denken; sie tun es. Beim Menschen wurde das zu einem sehr komplexen Gefüge, und das Problem ist, wie Sie sich von ihm befreien und es nur als Instrument nutzen können, um in dieser Welt zu leben - es hat keinen anderen Nutzen - es hat nur einen bedingten Wert, um in der Alltagswelt funktionieren zu können: "Wo ist der Bahnhof?" "Wo ist der Markt?" "Wo kann ich Tomaten kaufen?" - das ist alles. Keine philosophischen Meinungen - die haben überhaupt keinen Sinn. Wenn man mehr will, als nur die Grundbedürfnisse zu stillen - Nahrung, Kleidung, Wohnung - beginnt der Selbstbetrug, und der hört niemals auf. Also hat dieses ganze Denken überhaupt keinen Sinn, es verschleißt einen nur.
Denken ist unnötig, außer, um mit jemandem zu kommunizieren. Warum müssen Sie ständig mit sich selbst reden? Wozu? "Ich bin glücklich." "Ich bin unglücklich." "Ich bin elend." "Das ist ein Mikrophon." "Das ist ein Mann." Sehen Sie, warum tun Sie das? Jeder redet mit sich selbst, nur, wenn er anfängt das laut zu tun, sperrt man ihn in eine Anstalt. (Gelächter)
F: Ich glaube, Sie weisen darauf hin - und ich stimme mit Ihnen überein - daß dies ein sehr lästige Sache ist, die uns schwächt, also suchen wir natürlich nach Methoden, um das zu beenden.
UG: Es verschleißt Sie, und alle Methoden, die wir gebrauchen, tragen unglücklicherweise noch dazu bei. Alle Techniken und Systeme fördern das noch. Es gibt nichts, was Sie tun können, um das Denken zu beenden.
F: Nun, wie haben Sie es denn getan?
UG: "Wie denkt man nicht?" ist Ihre Frage. Wissen Sie, was diese Frage bedeutet? Sie wollen einen Weg, eine Methode, ein System, eine Technik - und Sie denken immer noch weiter.
F. Ich will nicht denken. Wenn diese Frage falsch ist, vielleicht wissen Sie mir eine bessere?
UG: Ich bin mir nicht sicher, daß Sie nicht denken wollen. Sehen Sie, Sie müssen an einen Punkt kommen, wo Sie sagen: "Ich habe genug davon!" Niemand kann Sie dahin drängen.
F: Das heißt also, daß man es entweder kann oder eben nicht.
UG: Sehen Sie, selbst 'dann' werden Sie herausfinden, daß Sie es nicht können. Gedanken sind da, wenn sie gebraucht werden. Wenn sie nicht gebraucht werden, weiß man nicht, ob sie da sind oder nicht. Für mich ist es ohne Belang, ob sie vorhanden sind oder nicht. Aber wenn ein Bedarf nach ihnen besteht, wenn sie gebraucht werden, sind sie da, um einen zu führen und zu helfen, mit den anderen zu kommunizieren. Was aber entscheidet, wann dieser Bedarf besteht - das ist nicht hier, es ist da draußen. Wenn es die Situation erforderlich werden läßt, daß die Gedanken gebraucht werden, sind sie da. Sie fangen nicht von alleine an zu denken.
Wir sprechen vom Denken. Ist es Ihnen möglich, Gedanken zu betrachten? Nein, denn da ist ein anderer Gedanke, der schaut - das ist der tückische Teil, sehen Sie - er teilt sich selbst in zwei Teile - sonst könnten Sie einen Gedanken nicht ansehen. Wenn ein Gedanke einen anderen ansieht, dann sind da nicht zwei Gedanken, sondern einer. Sie haben zwar den Eindruck, da seien zwei Gedanken, aber tatsächlich ist da nur eine Bewegung. Was schafft also diese Teilung? Diese Teilung ist vom Gedanken geschaffen - das ist der Beginn Ihres Denkens. Das ist eine äußerst trickreiche Sache. Es ist eine Bewegung, und was das ansieht, das Sie 'Gedanken' nennen, sind all die Definitionen, die Sie vom Denken haben.
"Was sind Gedanken?" - stellen Sie sich diese Frage einmal selbst. Wie könnte man das sehen? Die Frage ist der Gedanke, sehen Sie. "Was ist Denken?" - darauf gibt es keine Antwort. Die Antwort, die Sie geben, ist nur eine Definition. Sie können sagen: "Denken ist das...." (Ich habe schon so viele Dinge gesagt: "Denken ist Zeit; Denken ist Raum, Denken ist Materie.") "Denken ist dies; Denken ist das" - Sie wissen, das ist alles, was man sagen kann.
Wenn Sie aber das Denken direkt ansehen wollen, um für sich selbst herauszufinden, was es ist, so ist Ihnen das nicht möglich. Sie haben keine Möglichkeit, für sich selbst herauszufinden, was Denken ist, weil Sie es nicht erfahren können; Sie können das Denken nur durch das Wissen, das Sie darüber besitzen, erfahren. Was geschieht, wenn Sie die Antworten, die Ihnen von anderen gegeben werden, nicht akzeptieren? Irgend etwas muß mit dieser Frage "Was ist Denken?" geschehen. Die Frage verzehrt sich selbst, weil es auf sie keine Antwort gibt, außer der, die wir kennen. Diese Frage verbrennt sich selbst, und was man an Stelle der Frage hat, ist die Antwort - Energie. Diese Frage, der Gedanke nämlich, ist Materie. Wenn der Gedanke sich selbst verbrennt, bleibt Energie, und sie ist die Manifestation des Lebens. Mit anderen Worten: Leben und Energie sind Synonyme.
Woher kommen die Gedanken? Kommen sie von außen oder von innen? Wo ist der Sitz des menschlichen Bewußtseins? Zum Zwecke der Kommunikation oder auch nur, um Ihnen ein Gefühl dafür zu vermitteln, sage ich, daß es da eine 'Gedankensphäre' gibt. In dieser 'Gedankensphäre' leben wir alle, und wahrscheinlich hat jeder von uns eine 'Antenne' oder so etwas, die von der Kultur geschaffen wird, in die wir hineingeboren werden. Sie empfängt die 'eigenen' Gedanken des Einzelnen.
Sie haben überhaupt keine Möglichkeit, für sich selbst herauszufinden, wo der Sitz des menschlichen Bewußtseins ist, denn es ist überall, und Sie sind nicht getrennt von diesem Bewußtsein. Selbst mit diesen Experimenten, die die Gehirnforscher und die Psychologen anstellen (wobei sie viele Millionen verschwenden), um den Sitz des menschlichen Bewußtseins zu finden, werden sie doch nie imstande sein, irgend etwas zu finden. Ich stelle damit keine dogmatische Behauptung auf.
F: Es gibt diese Fähigkeit, mittels der 'Antenne' Gedanken einzufangen. Können wir, auch ohne zu wissen, was diese 'Antenne' ist, diese Fähigkeit vergrößern?
UG: Wozu wollen Sie sie vergrößern? Ich akzeptiere meine Begrenzungen als eine Tatsache, wissen Sie. Ich bin, genetisch gesprochen (um Ihren wissenschaftlichen Terminus zu benutzen), in meiner Kapazität begrenzt. Ich denke, daß die Kapazität des Einzelnen sehr begrenzt ist - ich weiß es nicht - sie ist genetisch festgelegt.
F: Aber selbst von dieser genetischen Potentialität gebrauchen wir doch nur einen Bruchteil.
UG: Nur einen Bruchteil. Aus irgendwelchen Gründen hat die Kultur die Möglichkeit begrenzt, daß sich das Potential zu Ganzheit und Vollkommenheit hin entwickelt. Irgendwann ist das Denken wohl einmal notwendig gewesen, inzwischen ist es aber zum Feind des Menschen geworden. Es wurde zu seinem Feind, weil das Potential des evolutionären Prozesses (wenn es so etwas wie den evolutionären Prozeß überhaupt gibt, ich weiß es nicht; ich kann keine definitive Feststellung machen, aber so etwas scheint es zu geben) von der Kultur vereitelt wurde, denn sie hat einen 'perfekten Menschen' geschaffen, einen 'religiösen Menschen', einen 'wahren Gentleman' und so weiter, und das ist das Gegenteil von dem, was von Natur aus in uns ist. Diese naturgegebene Eigenschaft (oder wie immer Sie das nennen wollen) nenne ich die 'Persönlichkeit'.
Ich benutze das Wort 'Persönlichkeit' in einem ganz anderen Sinne, als die Psychologen das tun. Jedes menschliche Wesen hat eine einzigartige Persönlichkeit, die versucht sich auszudrücken. Die Kultur hat den sogenannten 'normalen Menschen' erschaffen. Sehen Sie, Charakterbildung liegt im Interesse der Kontinuität einer Gesellschaft. Dieser charakterbildende Mechanismus hat das, was in uns ist, unterdrückt und frustriert. Ich gebrauche das Wort 'Persönlichkeit' in diesem Sinne. Unter den vier Milliarden Menschen auf der Welt ist keiner so wie Sie. Physiologisch gesprochen ist der Einzelmensch ein außergewöhnliches Werk der Schöpfung durch den evolutionären Prozeß; daher sage ich, daß jeder Einzelne einzigartig ist.
Was immer vorhanden ist, es versucht sich auszudrücken und zu einem menschlichen Wesen zu erblühen. Das menschliche Wesen hat alle animalischen Instinkte verloren, und es hat die menschlichen Instinkte nicht entwickelt. Wovon die Menschen reden - psychische Kräfte, Hellsehen, Hellhören - das sind die menschlichen Instinkte. Und sie sind notwendig, denn der menschliche Organismus ist an zweierlei interessiert: Erstens, sein Überleben um jeden Preis. Warum soll er überleben? Ich weiß es nicht. Das ist eine törichte Frage. Das ist das Wichtigste: Er hat einen eigenen Überlebensmechanismus, der von dem Überlebensmechanismus der Denkbewegung ganz verschieden ist. Das zweite ist: sich zu vermehren. Er muß sich fortpflanzen. Dies sind die beiden fundamentalen Eigenschaften des menschlichen Organismus, des lebendigen Organismus.
Die Kultur hat es der Persönlichkeit unmöglich gemacht, sich auf ihre Art auszudrücken zu können, denn die Kultur hat andere Vorstellungen, die sie durchsetzen will. Sie hat einen neurotischen Zustand geschaffen. Sie hat trennende Denkvorgänge geschaffen. Diese entzweiende Bewegung muß zuerst aufhören, wenn das schon Bestehende sich ausdrücken und zum Erblühen kommen soll. Diese Möglichkeit ist Teil des menschlichen Mechanismus; sie ist dort eingebaut. Also muß diese entzweiende Bewegung, dieser neurotische Zustand des Menschen, aufhören. Aber gibt es etwas, das wir deswegen tun können?
F: Wie fängt man es an?
UG: Das Problem ist, daß alles, was man tut - jede Bewegung in jede Richtung auf jedem Gebiet - dem Denkgefüge Dauer verleiht. Die Trennung zwischen Geist und Körper muß aufhören. Tatsächlich gibt es da natürlich keine Trennung. Ich habe nichts gegen das Wort 'Geist' einzuwenden, aber der sitzt an keiner speziellen Stelle oder in einem bestimmten Gebiet; jede Zelle Ihres Körpers hat ihren eigenen Verstand, und er funktioniert ganz anders als der der anderen Zellen.
Also muß sich die ganze Körperchemie verändern: sie muß eine Art Alchemie durchmachen, wenn ich es so ausdrücken darf. Glücklicherweise gibt es im menschlichen Organismus bestimmte Gebiete, die außerhalb der Kontrolle des Denkens liegen. (Sehen Sie, das habe ich für mich selbst entdeckt. Sie können es akzeptieren, zurückweisen oder tun, was Sie wollen). Das sind die Drüsen, die Sie die 'endokrinen Drüsen' nennen.
F: Glücklicherweise?
UG: Glücklicherweise, denn sonst wäre der Mensch am Ende. Der Tag, an dem sie kontrolliert und manipuliert werden können, wird das Ende des Menschen bedeuten: er wird alles verlieren, er wird nur zu einem Häkchen in der sozialen Struktur werden (das ist er schon). Das bißchen Freiheit, das er noch hat, die wenigen Chancen, die seine Persönlichkeit noch hat, um sich auszudrücken, werden verloren sein.
Diese Drüsen unterliegen nicht der Kontrolle durch das Denken. Die Hindus nennen sie 'Chakras'. Diese Drüsen liegen genau an den Stellen, von denen sie annahmen, daß es die Chakras seien. Sie liegen nicht im psychischen Körper - so etwas wie den psychischen oder kausalen Körper gibt es nicht - sie haben das auf spekulative Art herausgefunden. Sie müssen das, was wir die endokrinen Drüsen nennen, erfahren haben. Enorme Mengen an Forschungsgeldern werden darauf verwendet, herauszufinden, warum es sie gibt und was ihre Funktion ist - die Hypophyse, die Zirbeldrüse, die Thymusdrüse und so weiter. Ich will das Wort 'Chakras' nicht benutzen, ich nenne sie 'endokrine Drüsen'. Wenn sie nicht aktiviert sind, gibt es keine Chance, daß ein menschliches Wesen zu sich selbst erblühen könnte. Ich kann nicht sagen, ob es so etwas wie den evolutionären Prozeß gibt, aber es scheint ihn zu geben. Welches seine Natur und seine Zwecke sind, weiß ich nicht; aber es scheint so, als würde er versuchen, etwas zu schaffen. Der Mensch bleibt unvollständig, wenn sich nicht die Gesamtheit des menschlichen Organismus zu etwas wie einer Blüte entfaltet. Ich benütze das Wort 'Blüte' nicht gern, weil es einen mystischen Beiklang hat.
F: Verwirklichung?
UG: Verwirklichung - sie wird von der Kultur verhindert. Das ganze Ding muß aus Ihrem Organismus verschwinden. Es ist nicht etwas, das da draußen ist - ich schlage nicht vor, Bücher zu verbrennen oder Tempel niederzureißen.
F: Besitzen wir die innere Kraft, um aus dieser Kultur auszubrechen?
UG: Die Gesellschaft ist hier im Innern und nicht da draußen. Diese Kultur ist Teil des menschlichen Bewußtseins, demnach ist auch alles, was die Menschen vor Ihnen gefühlt und erlebt haben, Teil dieses Bewußtseins.
Dabei gibt es eine Frage, für die wir nur eine ungenügende Antwort haben: "Wie wird das von einer Generation auf die nächste übertragen?" Das ist wirklich ein Geheimnis. Alle Erfahrungen - und nicht nur die, die Sie während Ihrer Lebenszeit von vielleicht dreißig, vierzig oder fünfzig Jahren gemacht haben, sondern auch das tierische und das pflanzliche Bewußtsein, ebenso das der Vögel - all das ist Teil dieses Bewußtseins. (Es ist nicht so, daß es da eine Wesenheit gäbe, die reinkarnieren würde; die gibt es nicht: die ganze Geschichte mit der Reinkarnation ist absurd, wenn Sie mich fragen.) Daher kommt es, daß Sie in Ihren Träumen wie ein Vogel fliegen können. Sehen Sie, die sexuellen Phantasien der Menschen, die animalischen Stellungen, das Kama Sutra von Vatsyayana - all dies ist Teil des Bewußtseins, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Wie es vermittelt wird, weiß ich nicht, ich kann es nicht sagen, ich bin nicht kompetent. Aber es scheint doch irgendwelche Transportmittel zu geben...
F: ...die mehr sind als nur genetisch?
UG: ...viel mehr als genetisch; das Genetische ist nur ein Teil davon. Das Bewußtsein stellt einen mächtigen Faktor im Erleben dar, aber es ist niemandem möglich, den Umfang des Ganzen herauszufinden - denn der ist unermeßlich.
F: Wie können wir die Arbeit der Drüsen unterstützen?
UG: In diesem Fall habe ich etwas gegen die medizinische Technologie einzuwenden. Sehen Sie, der Wunsch, das menschliche Wesen verstehen zu wollen, bedeutet nichts anderes, als den Menschen kontrollieren zu wollen - insofern sympathisiere ich nicht damit. Sobald sie die endokrinen Drüsen kontrollieren können, werden sie die Persönlichkeit des Menschen verändern, eine Gehirnwäsche wird dann nicht mehr nötig sein. Die Gehirnwäsche ist ein komplizierter Vorgang. Wenn man es der Natur gestatten würde, ihren eigenen Weg zu nehmen, dann wäre jeder zu einer einzigartigen Blume erblüht. Warum sollte es denn nur Rosen auf der Welt geben? Wozu? Eine Grasblüte oder die Blüte eines Löwenzahns sind genauso so schön und im Gesamtsystem genauso wichtig. Warum sollte es nur Jasminblüten, Rosen und noch ein paar andere geben? Es besteht also die Möglichkeit, daß eine plötzliche - und nicht eine progressive - Veränderung stattfindet. Sie muß auf eine sehr plötzliche und explosive Art und Weise passieren, um das Ganze aufzubrechen.
F: Im einzelnen Menschen?
UG: Im Einzelnen. Das alles hat überhaupt keinen sozialen Gehalt, auch keinen religiösen oder mystischen Gehalt, nichts davon. Vielleicht beeinflußt es das gesamte menschliche Bewußtsein, aber das ist nur eine Spekulation. Was immer da geschieht - es gibt nur eine Intelligenz und nur ein Bewußtsein! - es wird etwas bewirken, aber der Effekt wird nur mikroskopisch klein sein.
F: Wie läßt sich das denn fördern - diese Ergebnisse zu erhalten, ohne die Menschen zu kontrollieren?
UG: Ihre eigentliche Motivation besteht darin, das Ganze zu ändern. Das 'Wie', an dem Sie interessiert sind, impliziert Veränderung. Warum wollen Sie verstehen? Ich sagte nicht, daß Sie nicht verstehen sollten, aber Ihre Motivation hinter dem Verstehenwollen besteht darin, eine Veränderung hervorrufen zu wollen. Das ist Teil unserer Kultur. Die Kultur fordert das.
Sehen Sie, da herrscht ein ständiger Kampf. Es ist ein Kampf zwischen dem, das versucht, sich auf seine eigene Weise auszudrücken und der Kultur, die das verhindert. Gibt es irgendeine Möglichkeit, sich von der Strangulierung durch diese Kultur zu befreien? Können Sie das mittels irgendeines Willensentschlußes tun? Damit können Sie überhaupt nichts tun; es muß Ihnen geschehen. Darum sage ich, daß es akausal ist.
Das scheint im Lauf der Geschichte mit einigen Menschen geschehen zu sein. Ein jeder von ihnen hat dieser Einzigartigkeit auf seine Art, die durch seinen Lebenslauf bedingt war, Ausdruck verliehen. Es ist Ausdruck dieses Lebenshintergrundes. Aber wenn etwas in dieser Art heute irgendeinem Menschen geschehen sollte... Es wird geschehen, denn die Natur bringt von Zeit zu Zeit auf ihre Art eine Blüte als Endprodukt der menschlichen Entwicklung hervor. Dieses Endprodukt kann vom evolutionären Prozeß nicht als Modell benutzt werden. Sie bringt nur eine Blüte hervor, und das ist alles. Man kann sie nicht konservieren, wenn man ihr Parfum aufbewahrt, wird es stinken. Der evolutionäre Prozeß (oder die Bewegung, welches Wort Ihnen besser gefällt) ist nicht daran interessiert, das, was er zu Perfektion gebracht hat, als Modell für ein künftiges Geschöpf zu gebrauchen; er wird eine neue Kreatur hervorbringen.
Die Frage, die Sie gestellt haben, ist sehr schwer zu beantworten, denn es gibt eigentlich keine Antwort darauf. Das 'Wie' muß gehen. Das 'Wie' muß gehen, weil es impliziert, daß es da einen Weg gäbe, eine Methode, eine Technik, irgend etwas, das man tun könnte, um diese totale Umwandlung der Körperchemie, diese Alchemie, hervorzurufen. Aber jegliche Methode dieser Art ist zum Scheitern verurteilt. Wenn Sie sich in einer Situation befinden, in der es keinerlei Möglichkeit gibt, eine Antwort auf diese Frage zu finden, dann ist das der Moment, in dem etwas geschehen könnte; das ist der Moment, in dem der Auslösemechanismus in Kraft treten kann, um das Ganze ins Rollen zu bringen. Wenn nur die Frage 'Wie?' - befreit vom Wunsch nach Verständnis oder Veränderung, bleibt... Sehen Sie, sie ist ein Gedanke, und ein Gedanke ist schließlich eine Vibration. Er hat eine Atomstruktur, in diesem Gedanken ist ein Atom eingebettet. Und wenn dieser Gedanke sich nicht bewegen kann, wenn er sich in gar keiner Richtung bewegen kann, dann wird etwas mit ihm geschehen müssen.
Da ist nur der eine Gedanke, 'Wie?' Die einzige Frage, die diesen Organismus interessiert, ist "Wie läßt sich diese Knechtschaft abwerfen, der ganze strangulierende Einfluß der Kultur?" Das ist die einzige Frage, die dieser Organismus hat - nicht als Wort, nicht als Gedanke - der ganze menschliche Organismus ist diese eine Frage. Ich weiß nicht, ob ich das klarmachen kann. Das ist die eine Frage, die in jeder Zelle, selbst im Mark der Knochen, pocht und pulsiert, und die versucht, sich von dieser Umklammerung zu befreien. Das ist die eine Frage, der einzige Gedanke. Das ist der Retter. Diese Frage findet, daß sie keine Antwort finden kann, daß es ihr unmöglich ist, irgend etwas zu tun, also explodiert sie. Wenn sie keine Möglichkeit mehr sieht, sich zu bewegen, wenn da kein Raum mehr ist, dann findet die Explosion statt. Sie ist wie eine Nuklearexplosion. Sie zerbricht die Kontinuität des Denkens.
Tatsächlich gibt es gar keine Kontinuität des Denkens, denn die Gedanken sind unzusammenhängende, zusammenhangslose Dinge - aber irgend etwas verknüpft sie. Was Sie das 'Ich' oder das 'Selbst' oder das 'Zentrum' nennen, ist illusorisch. Ich kann sagen, daß es illusorisch ist, denn es ist das Wissen, das Sie über das Selbst haben, das das Selbst schafft, wenn Sie das Selbst ansehen. Also bedeutet mir das ganze Gerede über 'Selbsterkenntnis' überhaupt nichts. Es liegt innerhalb des Wissensrahmens. Es betrügt sich selbst.
Diese Kontinuität geht somit zu Ende, und die Gedanken fallen in ihren natürlichen Rhythmus. Sie können sich nicht mehr verbinden, und sobald diese Verbindung aufgelöst ist, ist es vorbei. Dann explodieren sie nicht nur einmal, sondern jedesmal; wenn ein Gedanke auftaucht, explodiert er. Es ist wie eine Nuklearexplosion, und es zertrümmert den ganzen Körper. Das ist nicht leicht - es ist das Ende des Menschen - es ist von solcher Brisanz, daß es jede Zelle und jeden Nerv des Körpers sprengen wird. Ich ging in diesem Moment durch eine schreckliche körperliche Tortur. Nicht, daß Sie die 'Explosion' erleben würden, dem ist nicht so, aber die Nachwirkung, der 'Fall-Out', ist das, was die ganze Körperchemie verändert. Dann kann sich das Denken nicht mehr verketten, und das ständige Verlangen danach, die Dinge zu erfahren, hört auf.
F: Gibt es da jemanden oder etwas, der bei diesem Vorgang zugegen ist?
UG: Dieser Jemand, diese künstliche, illusorische Identität, ist am Ende. Dann, wie auch jetzt, ist da niemand, der diese Gedanken denkt und niemand, der spricht; da ist ganz schlicht und einfach ein Computer, der automatisch funktioniert. Der Computer interessiert sich weder für Ihre noch für meine Frage. Der Computer ist nicht daran interessiert herauszufinden, wie dieser Mechanismus funktioniert. Damit besitzen all die Fragen, die wir auf Grund unseres logischen und rationalen Denkens haben, keine Gültigkeit mehr. Sie haben ihre Wichtigkeit eingebüßt.
Der Mechanismus funktioniert also automatisch, aber mit der dort vorhandenen außergewöhnlichen Intelligenz. Er weiß, was gut für ihn ist. Nennen Sie es nicht 'göttlich'; da ist eine riesige, außergewöhnliche Intelligenz, die den Mechanismus des menschlichen Körpers steuert; sein Interesse liegt im Überleben. Alles, was er tut, ist, sein Überleben zu schützen, das ist alles, woran er interessiert ist.
Dann werden die Sinne zu ganz wichtigen Faktoren; sie fangen ohne das Dazwischentreten des Denkens (außer wenn dafür ein Bedarf besteht) an, mit optimaler Kapazität zu funktionieren. Es kommt auf die Erfordernisse der Situation an. Hier muß ich eines ganz klarstellen: Das Denken fängt nicht von alleine an; es kommt immer erst dann zum Einsatz, wenn es erforderlich ist. Es kommt auf die Erfordernisse der Situation an: ist eine Situation gegeben, in der Denken erforderlich ist, dann ist es da, und sonst nicht. Es ist wie der Stift, den Sie da benutzen. Sie können damit ein wunderschönes Stück Poesie schreiben oder einen Scheck fälschen oder sonst etwas. Er ist da, wenn er gebraucht wird. Die Gedanken dienen nur dem Zwecke der Kommunikation, ansonsten haben sie überhaupt keinen Wert. Sie werden dann nur noch durch Ihre Sinne geleitet und nicht von den Gedanken. Also ist all das Gerede darüber, die Sinne kontrollieren zu wollen, völliger Quatsch. Die Sinne besitzen einen eingebauten Kontrollmechanismus; da ist nichts, was man erlangen könnte. All das Gerede von Yama, Niyama (Kontrolle der Sinne) und all diesen Dingen ist Blödsinn: die Sinne haben ihren eigenen selbstkontrollierten Mechanismus. Sie können es versuchen z.B. den Geschmackssinn zu kontrollieren, aber hier (in diesem Zustand) brauchen Sie sich nicht selbst zu kontrollieren oder zu disziplinieren. Dieser physische Organismus, oder dieser menschliche Organismus, oder wie immer Sie es nennen wollen, wird allein von den Aktivitäten der Sinne gesteuert und keineswegs vom Denken oder vom Verstand.
F: Als gewöhnlicher Mensch...
UG: Ich sage Ihnen, Sie sind kein gewöhnlicher Mensch, Sie sind ein außergewöhnlicher Mensch (Lachen). Es gibt keinen anderen, der ist wie Sie. Sie sind 'derjenige sondergleichen' von dem die Upanishaden sprechen.
Es kommt nicht darauf an, was man tut oder nicht tut, wenn einem dies geschieht. Daher benutze ich das Wort 'akausal' - 'das' hat keine Ursache. Die Struktur, die daran interessiert war, eine kausale Verbindung zu errichten, besteht nicht mehr. Es bleibt nur noch das Überleben übrig. Und das Überleben ist begrenzt: es hat eine eigene Dynamik, und wenn die aufgebraucht ist, ist es vorbei. 'Dieses' kann weder physiologisch noch sonst irgendwie noch einmal etwas dieser Art erzeugen - daher sage ich, daß es ein Endprodukt der menschlichen Evolution sei. Es besteht kein Bedarf nach Fortpflanzung, um noch einmal so etwas - entweder als eine Blüte oder als einen anderen Menschen - hervorzubringen; deshalb verändert sich die ganze Körperchemie. Die Hormone verändern sich, und man hört auf, entweder Mann oder Frau zu sein. Solch ein Mensch hat absolut keinen Nutzen für die Gesellschaft, und er kann keine andere Gesellschaft schaffen (lacht).
Die Idee der 'Vollkommenheit' ist töricht. Man kann es beim Sprechen oder beim Spielen eines Musikinstrumentes zur Perfektion bringen, aber das ist es nicht, was ich meine. Durch jahrelange Übung wollen Sie zum vollkommenen Menschen werden, aber da ist nichts, das sich vervollkommnen läßt. Warum 'das' geschieht, dafür gibt es weder Garantie noch Gründe. Es ist das einzige, das nicht reproduziert werden kann. Sie haben das Ideal des perfekten Menschen vor sich aufgerichtet, und dadurch geriet das Ganze auf die falsche Bahn. Den perfekten Menschen gibt es nicht. Ein Mensch, für den es diese Mutation (um diese Wort zu benutzen) gegeben hat, ist kein vollkommenes Wesen. Er hat all die Idiosynkrasien, Absonderlichkeiten, Dummheiten und Absurditäten, die nicht mit einem perfekten Menschen in Verbindung gebracht werden können - das hat damit überhaupt nichts zu tun. Er wird nicht zu einem überragenden Genie - morgen wird er etwas Außergewöhnliches erfinden und die Menschen auf alle Planeten bringen - nichts dergleichen! Beschränkungen bleiben Beschränkungen - die sind angeboren.
Daß ich meine Handlungen vorher und nachher in Frage stelle, ist vorbei. Die moralische Frage "Ich hätte dieses tun sollen, ich hätte jenes nicht tun dürfen, ich hätte das nicht sagen sollen" gibt es nicht für mich. Für mich gibt es kein Bedauern und keine Entschuldigungen; was immer ich tue, ist automatisch. Ich kann in einer gegebenen Situation nicht irgendwie anders handeln. Ich muß nicht rationalisieren oder logisch denken, nichts davon; es gibt in einer bestimmten Situation nur eine einzige Handlungsmöglichkeit. Beim nächsten Mal wird es eine andere Aktion geben. Es mag für Sie so aussehen, als handele es sich um eine ähnliche Situation, nicht jedoch für mich, weil es da einen neuen oder unbekannten Faktor geben kann und meine Handlung somit anders sein wird. Sie mögen das als Inkonsequenz oder Widersprüchlichkeit ansehen, aber ich kann nicht anders handeln - zwischen den beiden Handlungen besteht kein Zusammenhang.
Es ist physisch und nicht psychisch - ich erinnere mich an nichts, was in diesem Moment nicht geschehen würde - es gibt keine Reaktion, sondern nur eine Resonanz. Sie jedoch reagieren immerzu - es wird ständig für oder gegen etwas geurteilt: "Das ist richtig, das ist falsch." Die Resonanz, von der ich spreche, ist die physische Antwort auf die Situation. Ich funktioniere ständig auf der physischen Ebene. Wenn ich Sie sehe, denke ich an nichts; meine Augen richten sich auf Sie. Wenn ich mich nach der Seite drehe, gibt es Sie nicht mehr. Dann ist die Türklinke da und nicht Sie. Für mich sind Sie weg, Sie sind in meinem Bewußtsein nicht mehr vorhanden. Falls erforderlich, wird das wieder abgerufen - dann, wenn Sie Fragen stellen. Reaktion bedeutet, darüber nachzudenken: 'Richtig'. 'Falsch.' 'Gut.' 'Schlecht.' Resonanz ist physisch, Reaktion ist mental. Sie reagieren die ganze Zeit; Sie sprechen auf die Dinge, die da draußen sind, nicht körperlich an.
F: Wenn jemand versuchen würde, Sie zu schlagen, wären Sie darauf vorbereitet?
UG: Das ist eine hypothetische Situation. Wahrscheinlich würde ich zurückschlagen. Ich weiß es nicht. Ich predige keine Gewaltlosigkeit. Wahrscheinlich, aber ich weiß es nicht, sehen Sie. Das Problem ist, daß Sie auf jede Situation vorbereitet sein wollen.
F: Wenn jemand Sie schlüge, hätten Sie dann Angst?
UG: Es gibt etwas wie physische Angst - sie ist zum Schutz des menschlichen Organismus notwendig - sie ist sehr wichtig. Der physische Organismus weiß, was er in einer bestimmten Situation tun muß, also muß man nicht darüber nachdenken. Da gibt es keine Vorbereitung. Wenn Sie eine Schlange sehen, machen Sie einen Schritt zurück, und fertig; Sie denken darüber nicht nach. Das einzige, woran dieser physische Organismus interessiert ist, ist seine physiologische Sicherheit, und sonst gar nichts.
Diese Struktur, die ständig an alle Möglichkeiten denkt, die sich jede Situation auszumalen versucht und darauf vorbereitet sein will, mit jeder Situation, die im Laufe eines Lebens auftreten könnte, auch fertigzuwerden, ist etwas, das keinen Sinn macht, denn jede Situation ist ganz anders.
Das Leben leitet Sie an. Ich benutze das Wort 'Leben' nicht gern, weil es das Ganze mystifiziert. Der Organismus ist daran interessiert, sich zu schützen, und er weiß, wie er überleben muß. Wenn ich spazierengehe, sage ich zu meinen Freunden: "Um Himmels willen, denkt nicht, schaut!" Sie müssen nicht denken. Benutzen Sie nur Augen und Ohren, die werden Sie leiten.
Das Gesichtsfeld wird vollkommen klar, das Hörvermögen äußerst empfindlich, das ist alles; da ist keine Klarheit im Denken. Die Menschen haben etwas wie die 'sensorische Deprivation' erfunden. Was sie damit zu erreichen suchen, ist das Gegenteil hiervon. Hier sind die Sinne nicht ihrer Funktionen beraubt, im Gegenteil, sie haben eine besonders ereignisreiche Zeit. Sie gehen, wohin sie wollen, denken, was sie wollen und nehmen alles, wie es kommt. Es ist wie das Wasser des Ganges: vom Ufer werfen sie halbverbrannte Leichen hinein, Abwässer, und alles, was schmutzig ist, fließen hinein, und nach fünf Minuten ist der Fluß wieder kristallklar. So ähnlich ist es mit dem Denken. Es gibt keine guten Gedanken und keine schlechten Gedanken, keine sinnlichen Gedanken und keine spirituellen Gedanken - alle Gedanken sind das gleiche.
Sie mögen fragen: "Wie kann solch ein Mensch denn nur sexuelle Gedanken haben?" Es gibt nichts, was er tun könnte, um solche Gedanken zu unterdrücken oder auch, um ihnen Raum zum Handeln zu geben. Das ist die Realität, es ist eine Tatsache. Manchmal kommt mir eine sinnliche Erinnerung von Nirgendwo, wie ich meine Frau liebe. Aber wenn solche Gedanken Wurzeln schlagen wollen, zieht sich alles in einem zusammen, man muß gar nichts tun. Die Gedanken können nicht verweilen, es gibt keine Kontinuität, keine Steigerung - man weiß, was es ist, und damit endet es, bis etwas anderes kommt. Für Sie hört es damit aber nicht auf; Sie sagen sich: "Wie kann ich nur diese lüsternen Gedanken haben?" Sie denken, Sie seien nicht frei, solange Sie sexuelle Gedanken haben; aber seien Sie sich dessen gewiß, daß Sie kein lebendiges menschliches Wesen wären, wenn Sie sie nicht hätten. Gleich ob Heiliger oder Sünder - Sie müssen auf jeden Stimulus reagieren. Es gibt keine Sublimation - all das ist absoluter Unsinn. Die Heiligen erzählen Lügen - es ist Quatsch, Blödsinn, glauben Sie nichts davon. Wozu sollte es gut sein, sich selbst zu verdammen und zu sagen, man sei ein Sünder? Was für einen Unsinn sie reden! Sie müssen reagieren - wenn da eine Frau ist, muß es eine physische Reaktion geben - oder Sie sind eine Leiche.
Aber 'hier' gibt es keine Kontinuität, keine Steigerung; etwas anderes fängt an. Gedanken kommen und gehen; sie wiederholen sich - es macht sogar Spaß. Es ist nicht so, daß ich mir das ansehen würde, wie einer, der ein bißchen Spaß haben will. Die meiste Zeit weiß man nicht einmal, daß sie da sind. Sie können nicht bleiben, sie bewegen sich; wenn man erkennt, daß da Schwierigkeiten auftauchen, dann ist das auch gut, denn sie können nicht lange bleiben, sie werden von der nächsten Sache beiseite geschoben. Man muß überhaupt nichts tun; bevor man merkt, was los ist, ist es schon vorbei. Wenn man versucht es anzusehen, ist es nicht da; was man sieht, ist völlig verschieden von dem, was eben noch da war. Es gibt keine Probleme; sie werden nur dann zu Problemen, wenn Sie sich in eine Ecke setzen, versuchen zu meditieren und Ihre Gedanken zu kontrollieren. Gedanken steigen in Ihnen auf: Wie könnten Sie das kontrollieren? Sie haben keine Kontrolle darüber. Es ist Ihnen nicht möglich, sie zu kontrollieren. All das ist eine Übung in Vergeblichkeit. Sie müssen überhaupt nichts tun.
Dieser Mann hier ist nicht aus Stein. Er wird von allem, was geschieht, beeinflußt. Aber er gibt sich auch nicht damit ab, für sich eine Rüstung zu schaffen. Der religiöse Mensch hat eine Panzerung um sich herum aufgebaut. 'Hier' ist der kumulative Prozeß abgeschlossen, das Handeln ist nur noch physischer Natur, es liegt ausschließlich auf dieser Ebene. Die Sinne rennen herum wie wilde Pferde - es ist niemand da, sie zu kontrollieren - sie rennen nach hier, sie rennen nach dort, wie es die Situation eben erfordert. Dieses Handeln ist die Bewegung des Lebens, die wirkliche Bewegung des Lebens; sie hat keine Richtung. Wenn Sie die Hilflosigkeit akzeptieren, ist das Problem gelöst - deshalb sage ich, daß für Sie keine Handlungsfreiheit besteht. Worüber ich spreche, ist keine fatalistische Philosophie; ich spreche darüber, wie die Vergangenheit daran gehindert werden kann, sich in die Gegenwart einzumischen und sie zu verfälschen.
All das Gerede über Urdhvaratus (Sublimation der sexuellen Energie) ist Blödsinn. Ich behaupte das mit Nachdruck, denn ich habe damit experimentiert und weiß, wovon ich spreche.
Dadurch, daß Sie sexuelle Energie konservieren wollen, werden Sie sich kein bißchen vervollkommnen. Es ist zu töricht und absurd. Warum wurde das denn nur so überbetont? Abstinenz, Kontinenz, Zölibat, sie werden Ihnen nicht dabei helfen, in diesen Zustand zu kommen (lacht). Sie können heute Sex haben, und morgen kann Ihnen das passieren. Es kann sogar durch den Sex geschehen. Wenn es da einen Moment geben sollte, wo niemand ist, der irgend etwas erlebt, dann ist das der Moment, in dem so etwas geschehen kann. Es muß nicht die Predigt eines religiösen Mannes sein - ein fallendes Blatt, das Muhen einer Kuh, das Wiehern eines Pferdes, alles, was passiert, kann der Auslöser sein - wenn Sie nichts interpretieren, kann es von selbst geschehen.
So etwas wie Sublimierung gibt es nicht, nichts geht da nach oben; es geht nur nach außen - aber diese heiligen Männer wollen das nicht akzeptieren. Wenn sie ehrlich genug wären, könnten sie wissen, was sie sagen.
Sex wurde unglücklicherweise von den anderen Aktivitäten abgetrennt. Ich habe mich immer gewundert, weshalb. Es ist eines, es läßt sich nicht trennen. Warum haben sie ihn nur auf eine andere Ebene verfrachtet? Das hat die Probleme geschaffen, nicht nur hier, auch in den westlichen Ländern. Auch das Christentum hat diese Trennung vollzogen, vielleicht aus Sicherheits- oder Besitzgründen. Jetzt haben wir die Möglichkeit, diese Dinge loszuwerden, aber damals war das nicht so einfach.
F: Da gibt es diese schöne Wort "neurotischer Hiatus" (neurotische Spaltung).
UG: Die Religion ist hierfür verantwortlich - sie hat uns das eingebrockt. Das wirkliche moralische Problem ist das Infragestellen all unserer Handlungen. Wir brauchen einen neuen Moralkodex; er ist nötig, sonst können wir nicht funktionieren. Das ist jetzt die Schwierigkeit. Die Menschen (zumindest im Westen) fangen zögernd an, nach neuen Regeln zu suchen. Die alten sind unzeitgemäß, anachronistisch und am Ende. Was soll das mit dem Sex? Er ist heute so einfach geworden, und jeder spricht darüber. Die Erfindung der empfängnisverhütenden Pille brachte eine der epochalen Umwälzungen der modernen Zeit mit sich. Sie hat alles verändert.
Darf ich Sie etwas fragen? Was ist Ihrer Meinung nach ein normaler Mensch? Gibt es den überhaupt? Sie unterscheiden die Menschen natürlich, und Sie haben gewisse psychologische oder philosophische Normen... Oder, was ist ein gesunder Mensch? Was ist Gesundheit? Manchmal überlege ich, wer ein gesunder Mensch ist. Nicht, daß ich eine Frage hätte...
F: Was normal ist, wird von jeder Gesellschaft festgelegt. Der gewöhnliche Mensch will ständig mit den anderen sein und macht deshalb gewisse Zugeständnisse. Das ist die einzige Definition, die ich habe.
UG: Selbst solch ein Mensch - der 'besondere' Mensch im Gegensatz zu Ihrem 'gewöhnlichen' Menschen, muß hier in dieser Gesellschaft leben. Er kann nicht weglaufen, in einer Höhle leben und meditieren. Er lebt nicht im Konflikt mit dieser Gesellschaft, er akzeptiert die Realität der Welt, obwohl sie so irreal ist, er lebt in der Welt und akzeptiert die Realität, die von allen akzeptiert wird. Das ist sehr wichtig. Ich kann mich nicht in eine Höhle setzen, über Brahman meditieren und zu mir selbst sagen: "Ich bin Brahman"; diese Realität ist die einzige Realität, und eine andere gibt es nicht. Die 'letzte' Wirklichkeit ist Quatsch und Unsinn, sie existiert nicht, das ist ein Mythos; dies ist die einzige Realität. Welche andere Realität sollte es geben? Solange Sie die Gefühle der Gesellschaft miterleben, sind Sie Teil der Gesellschaft. Weil Sie so etwas wie eigene Gedanken und Erfahrungen nicht haben, können Sie vor dieser Gesellschaft nicht weglaufen. Sie sind nicht getrennt von ihr; Sie sind diese Gesellschaft. Was ich sage, hat keine sozialen oder religiösen Inhalte.
F: Kann ich die Frage an Sie zurückverweisen? Was ist Ihrer Auffassung nach ein normaler Mensch?
UG: Für mich gibt es so etwas wie einen normalen Menschen nicht. Wenn ich mir die sogenannten geisteskranken Menschen anschaue, dann frage ich mich, ob sie die Irren sind oder die, die sie behandeln. Ich habe neulich diesen Witz erzählt: "Sitzt einer in der Irrenanstalt und sagt: "Ich bin Jesus Christus." Sagt sein Freund, ein anderer Irrer: "Ich weiß, daß du es nicht bist." "Woher willst du wissen, daß ich es nicht bin?" "Ich bin Gottvater. Ich habe dich geschaffen, also werde ich es wohl wissen." (Gelächter). Hier ist es genauso, wenn ich all diese Leute sitzen sehe, die sagen: "Aham Brahmasmi" (Ich bin Brahman). Was soll dieser Unsinn? Nicht, daß ich gegen irgend etwas wäre...
F. Sie würden sich eine solche Frage nicht stellen: "Bin ich normal?"
UG: Nein, das frage ich nicht. Manchmal lese ich nur das 'Time Magazine' - ich lese das ganze Zeug, sehen Sie. Warum lese ich das? Ich lebe in dieser Welt, und ich möchte gerne wissen, was passiert. Warum nicht? All die anderen Bücher wollen mir erzählen, wie ich mich verbessern kann und verändern, wie ich dort sein soll und wie ich das sein soll. Ich will überhaupt nicht anders sein, als ich es bin, also habe ich kein Interesse an irgendeinem dieser Bücher. Manche Leute fragen mich, warum ich Krimis lese. Weil dort viel passiert. Wenn ich in ein Kino gehe, sehe ich mir Cowboyfilme an, da ist viel Bewegung. Beim Fernsehen schaue ich mir nur die Reklame an.
F: Werden Sie beeinflußt von dem, was Sie sehen?
UG: Auf irgendeine Weise wirkt sich das aus - man ist Teil der Welt, also wird man beeinflußt. Man ist zwar nicht mit einbezogen, wird aber doch beeinflußt. Es gibt einen Unterschied, ob man sich mit einbeziehen oder sich beeinflussen läßt. Alle Fenster stehen offen: es spielt keine Rolle, ob dies oder das, alles kann hereinkommen.
Wir haben sehr seltsame Ideen auf religiösem Gebiet - foltere diesen Körper, schlafe auf Nägeln, kontrolliere und verleugne die Dinge - alle möglichen Merkwürdigkeiten. Wozu? Warum sollte man bestimmte Dinge verleugnen? Worin besteht der Unterschied zwischen einem Mann, der auf ein Glas Bier in eine Kneipe geht und dem, der in den Tempel geht, um ständig den Namen Ramas zu wiederholen? Im Grunde sehe ich keinen Unterschied. Vielleicht ist das eine antisozial. Im Westen denken sie das nicht, aber hier nehmen wir das an. Das sind alles nur Ausflüchte. Ich bin nicht gegen Ausflüchte. Aber ob Sie diesen Weg oder einen anderen zur Flucht benutzen, so bleibt es doch eine Flucht. Sie flüchten vor sich selbst.
Was Sie tun oder was Sie nicht tun, spielt überhaupt keine Rolle. Ihre Übungen in Heiligkeit, Ihre Übung in Tugendhaftigkeit, sie sind in sozialer Hinsicht wertvoll für die Gesellschaft, aber sie haben nichts mit diesem hier zu tun.
F: Natürlich leben wir in der Gesellschaft, aber was Erleuchtung, Erkenntnis, oder wie immer sie es nennen, anlangt....
UG: Was immer für Worte Sie benützen, es sind Ihre Worte.
F: ....hat nichts damit zu tun?
UG: Das hat absolut nichts damit zu tun. Ich gehe manchmal so weit zu sagen, daß es auch einem Vergewaltiger, einem Mörder, einem Dieb, einem Knastbruder, einem Betrüger möglich ist, das zu erreichen. Ich betone noch einmal...
F: Aber ist das schon passiert?
UG: Es kann passieren, ja. Ich weiß es nicht, vielleicht. Die moralischen Verhaltensregeln stehen hierzu in keiner Beziehung. Es ist nicht so, daß dieser Mann hier amoralisch wäre, das könnte er gar nicht sein, sehen Sie, das ist ihm unmöglich.
F: Richtet sich sein Verhalten automatisch nach dem in der Gesellschaft vorherrschenden Sittenkodex?
UG: Sein Verhalten liegt wahrscheinlich in gewissem Maße innerhalb des Rahmens des moralischen und religiösen Kodex. Aber er stellt eine Gefahr dar. Was ich sage, stellt für Sie, so wie Sie sich kennen und selbst erleben, eine Gefahr dar.
F: Wie?
UG: Sie können das nicht akzeptieren. Wie sollten Sie das akzeptieren können?
F: Aber wenn es doch automatisch eintritt, wo taucht dann die Frage auf, daß Sie eine Gefahr seien? Sie können ja niemandem die Möglichkeit verschaffen, das auch zu erreichen.
UG: Deshalb sage ich, daß dieses Individuum für die Gesellschaft von keinerlei Nutzen sein kann. Dieser Mann ist ein seltenes Exemplar. Stellen Sie ihn in einen Käfig oder ein Museum, und schauen Sie ihn an. Er ist etwas Besonderes!
F: Aber niemals gefährlich?
UG: Aber um so mehr, sehen Sie, weil er sich nicht in das System einfügen läßt.
F: Es gibt Menschen, die sagen, das Überleben der Menschheit sei noch innerhalb eines Jahrhunderts bedroht.
UG: Glauben Sie das? Diese Spezies hat viele Jahrhunderte überlebt, und sie wird einen Weg finden, das auch noch weiterhin zu tun. Meine Überzeugung ist, daß wir - nicht aus Liebe, nicht aus universeller Brüderlichkeit und all diesem Zeug, sondern aus der panischen Angst heraus, uns selbst zu liquidieren - lernen werden, zusammen zu leben. Man kann keinen anderen verletzen - nicht psychisch, sondern physisch - ohne sich selbst wehzutun. Nur wenn wir das erkannt haben, werden wir es lernen, miteinander zu leben. Solange der Einzelne nur seine eigene Sicherheit sucht, kann es keine generelle Sicherheit geben. Wir reden auf internationalem Gebiet von 'Entspannung', aber das muß bis auf die Ebene der individuellen Beziehungen durchsickern. Nur dann wird Zusammenleben möglich sein, und nicht durch dieses Gerede von der 'Einheit des Lebens' und der 'universellen Bruderschaft' - das hat bisher nichts genützt und wird es auch in Zukunft nicht tun. Nur die panische Angst wird uns dazu bringen, friedlich zusammenzuleben, ob uns das gefällt oder nicht. Sie können einen Revolver nehmen und den stärksten, mächtigsten Mann der Welt für sich tanzen lassen - das ist eine Tatsache. All das wird irgendwie überleben. Sie werden nicht das ganze Ding kaputtgehen lassen. Nur einem Wahnsinnigen würde es in den Sinn kommen, daß es Zeit für uns wäre, alle auf einen Schlag zu verschwinden.
Die Menschheit hat seit Jahrhunderten überlebt, und jetzt fangen wir plötzlich an von 'Werten' und solchen Dingen zu reden? Wozu? Das hat uns nicht geholfen, in Harmonie und Frieden zu leben. Wir haben das moralische Problem selbst geschaffen. Die Tiere und Pflanzen haben kein religiöses Problem; das hat nur der Mensch, und der hat es sich selbst bereitet.
Sehen Sie, 'das' hat absolut keinen sozialen Gehalt, und ich kann mir keinerlei kollektives Handeln vorstellen. Dieses Individuum hier ist etwas, das die Natur irgendwie hervorgebracht hat, und ob es von jemandem anerkannt wird, ist von keinerlei Bedeutung. Dieser Mann kann für die Gesellschaft nicht von Nutzen sein. An dem Tag, an sie meint, ich sei eine Bedrohung für ihre Existenz, wird sie mich natürlich liquidieren. Es ist mir egal. Wenn die Gesellschaft mich liquidiert, ist es für mich von keinerlei Bedeutung, ob irgend etwas von mir bleiben sollte. Ich habe weder den missionarischen Eifer noch sonst irgendein Verlangen, die Menschheit zu retten. Wer hätte mir den Auftrag erteilt, die Menschheit zu retten? Sie existiert seit Jahrtausenden und wird es auch weiterhin tun. Ich bin nicht im 'Heiligen Geschäft' tätig; ich singe mein eigen Lied. Wenn jemand kommt, dann rede ich, wenn niemand kommt, gehe ich spazieren oder beobachte die Vögel und schaue die Bäume an - so vieles passiert. Aber ich gehe nicht hinaus und stelle mich auf ein Podium, um zu reden. Für diese Sachen bin ich nicht gemacht. Ich bin ein einfacher Mann, ich möchte die Dinge nicht unnötigerweise komplizieren. Sehen Sie, meine Situation ist ganz einfach. Ich stehe immer zur Verfügung. Ich habe kein Privatleben, das ich mein eigen nennen könnte. Jedermann kann jederzeit zu mir kommen. Ich sehe die Menschen einfach und sage: "Guten Morgen, was kann ich für Sie tun?" und das ist alles, was ich tun kann, denn ich habe nichts zu geben; das ist alles.
Wissen ist nichts Geheimnisvolles oder Mystisches. Sie wissen, daß Sie glücklich sind, und Sie haben Theorien darüber, wie dieser Ventilator oder das Licht funktionieren. Wir sprechen über diese Art von Wissen. Nun führen Sie eine andere Art von Wissen ein, 'spirituelles Wissen', aber - spirituelles Wissen, sinnliches Wissen - wo liegt da der Unterschied? Wir ordnen ihnen Namen zu. Phantasien über Gott sind akzeptabel, aber Phantasien über Sex werden 'sinnlich' oder 'körperlich' genannt. Zwischen beiden besteht kein Unterschied; das eine findet gesellschaftliche Akzeptanz, das andere nicht. Sie beschränken Ihr Wissen auf eine bestimmte Erlebnisebene, also wird das eine 'sinnlich' und das andere 'spirituell'? Für mich ist alles sinnlich.
Das Wissen, das für den lebendigen Organismus unbedingt notwendig ist, muß natürlich vorhanden sein. Aber all diese Spekulationen über Gott, Wahrheit und Realität haben für mich keinen Sinn - es sind kulturelle Werte, die keinerlei Zusammenhang mit dem Überleben des Organismus aufweisen; es sind alles gesellschaftlich und willkürlich festgelegte, religiöse Werte. All unsere Geschmacksrichtungen sind künstlich herangezogen. Ebenso unsere Vorlieben und Abneigungen; so etwas wie eine absolute Moralität gibt es nicht. Unter 'Moralität' verstehe ich das Infragestellen Ihrer Handlungen vor und nach ihrer Ausführung. Das liegt alles auf einer sozialen Ebene. Wozu ist ein guter Mann auf dieser Welt gut? Er ist gut für die Gesellschaft, nicht wahr? Diese Kodizes sind für das reibungslose Funktionieren der Gesellschaft nötig. Die religiösen Menschen haben einen Polizisten in Ihnen aufgestellt. Bestimmte Tätigkeiten werden als 'gut' bezeichnet und andere als 'schlecht', entweder bevor oder nachdem Sie sie tun - und das hat Ihnen in keiner Weise geholfen; es ist das Denken, das die Probleme schafft. Das Problem des Menschen ist im Grunde dieses moralische Dilemma, daß er seine Handlungen vorher und nachher in Frage stellen muß - das wurde zum neurologischen Problem, es ist kein religiöses Problem - Ihr ganzer Körper ist miteinbezogen. Sogar Gott ist ein neurologisches Problem: 'Gott' (god) enthält dieselbe Buchstabenfolge wie 'dog' (Hund), aber beim Wort 'Gott' reagiert ihr ganzer Organismus. Ihre ganzen Überzeugungen sind nicht nur psychologisch, sondern auch neurologisch.
Sie wissen nicht, was gut ist. Sie wissen nur, was gut für Sie selbst ist. Das ist alles, woran Sie interessiert sind, und das ist ein Faktum. Alles dreht sich darum. All Ihre Kunst und die Vernunft drehen sich hierum. Ich bin nicht zynisch, aber das ist wirklich so. Das ist in Ordnung so, ich habe nichts dagegen. Die Dinge mögen sich ändern, das aber ist Ihr Leitmotiv durch alles Gegebenheiten hindurch. Sehen Sie, ich sage nicht, daß das falsch sei. Wenn dem nicht so wäre, dann würde etwas mit Ihnen nicht stimmen. Solange Sie sich auf dem Gebiet der Gegensatzpaare (wie sie genannt werden) von 'gut' und 'schlecht' bewegen, werden Sie in jeder Situation wählerisch sein müssen, das ist alles. Sie können gar nicht anders handeln.
Ein 'moralischer Mensch' ist ein Feigling. Ein 'moralischer Mensch' ist ein ängstlicher und gehemmter Mensch - deshalb übt er sich in Moral und sitzt über andere zu Gericht. Und wie groß seine gerechte Entrüstung ist! Ein moralischer Mensch (sofern es den geben sollte), wird niemals über Moral reden und sich kein Urteil über die Moral der anderen anmaßen. Niemals.
Der Mensch ist immer eigennützig, und er wird es solange bleiben, wie er die Selbstlosigkeit als Tugend predigt. Ich habe nichts gegen selbstsüchtige Menschen. Ich will nicht über Selbstlosigkeit sprechen, dafür gibt es keine Grundlage. Sie sagen: "Morgen werde ich ein selbstloser Mensch sein. Morgen werde ich ein wunderbarer Mensch sein" - aber bis morgen kommt (oder übermorgen oder das nächste Leben), werden Sie egoistisch bleiben. Was meinen Sie mit 'Selbstlosigkeit'? Sie sagen jedem, er solle selbstlos sein. Was soll das? Ich habe noch niemals zu jemandem gesagt: "Sei nicht egoistisch!" Seien Sie selbstsüchtig und bleiben Sie es. Das ist meine Botschaft. Der Wunsch nach Erleuchtung ist Selbstsucht. Auch das Verteilen milder Gaben des reichen Mannes geschieht aus Eigennutz; er möchte als großzügiger Mensch in Erinnerung bleiben. Sie werden ihm ein Denkmal errichten.
Ich habe überhaupt nichts gegen die elementaren Vergnügungen, denen Sie sich hingeben. Was immer Sie auch tun, ich habe nichts dagegen. Weil Sie denken, es gäbe etwas Interessanteres als das, was Sie gerade tun, entsteht Unruhe - denn Sie glauben, es gäbe eine 'ideale Methode' und eine 'perfekte Weise', die Dinge zu tun. Warum ist das so?
F: Wir hätten gerne das Gefühl, daß wir etwas Nützliches tun mit unserem Leben.
UG: Am Ende Ihres Lebens werden Sie sagen, daß Sie Ihr ganzes Leben vergeudet haben. Sie tun nichts, um sich zu ändern; Sie haben ein 'künftiges Leben' erfunden. Ihre Unzufriedenheit ist gekünstelt. Wenn Sie sich wirklich für die Menschheit interessierten, würden Sie auch versuchen, etwas zu ändern.
Wird die Frage "Wie soll man leben?" einmal aufgegeben, dann wird das Leben selbst zum Allerwichtigsten. Sie müssen frei sein von der Bürde der Kultur, aber natürlich kann man sie nicht einfach wegwerfen. Da ist zum Beispiel die Geschichte mit dem morgendlichen Bad. Das ist doch völlig einfach - ich nehme auch mein Bad - aber was ist denn da Religiöses daran? Sie denken, es gäbe etwas, das interessanter sei, als das, was Sie tun. Wenn Sie damit einmal Schluß machen, dann wird das, was Sie tun, sehr sehr interessant.
Man hat Ihnen gesagt, Sie sollten sich in Bedürfnislosigkeit üben. Sie haben nun dreißig oder vierzig Jahre lang Bedürfnislosigkeit geübt, und immer noch empfinden Sie Begierden. Also muß da doch irgendwas nicht stimmen. An den Sehnsüchten und Begierden kann es nicht liegen; aber etwas kann da doch nicht stimmen mit denen, die gesagt haben, Sie sollten Begierdelosigkeit praktizieren. Die Begierden sind eine Realität. Das Begehren an und für sich kann nicht falsch sein, denn es ist schließlich vorhanden. Der Zorn an sich kann doch nicht falsch sein, denn er ist da. Sie reden von einer Energie, die diese Menschen als Gott, oder Gott-weiß-was, definiert haben. Sehen Sie nicht, daß es genau dieses Denken ist, das alles zum Problem gemacht hat? Zorn ist Energie. Begierde ist Energie. All die Energie, die Sie brauchen, ist schon vorhanden. Wozu zum Teufel brauchen Sie mehr Energie? Sie zerstören die schon vorhandene Energie durch das Denken. Das Denken allein hat das Problem geschaffen. Ohne Denken gibt es da kein Problem. Was ich sage, ist, daß Sie durch Denken kein Problem lösen können; Denken schafft nur Probleme.
Sie hoffen, Sie könnten das Problem der Begierde durch das Denken lösen, denn Sie haben das Vorbild eines Heiligen, von dem Sie annehmen, er habe die Begierden kontrollieren oder ausmerzen können. Wenn dieser Mann keine Wünsche hat, so wie Sie sich das vorstellen, dann ist er schon tot. Glauben Sie solch einem Menschen nicht. Er baut eine Organisation auf und lebt im Luxus, den Sie bezahlen. Sie halten ihn aus. Er tut das alles, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Es gibt immer einen Narren, der auf so etwas hereinfällt. Hin und wieder läßt er es zu, daß Sie vor ihm niederknien. Sie wären überrascht, würden Sie mit ihm leben. Sie würden den Schock Ihres Lebens bekommen, würden Sie ihn so sehen. Deshalb sind die alle so unnahbar, weil sie befürchten müssen, man könnte sie zu einer ungünstigen Zeit erwischen.
Der Reiche hat immer Angst davor, daß man ihn um Geld angeht. Ähnlich ist es beim religiösen Menschen - Sie können niemals wirklich mit ihm in Kontakt treten. Ihn zu sehen, ist viel schwieriger, als den Präsidenten Ihres Landes zu treffen - das ist leichter, als einen heiligen Mann zu sehen. Er ist nicht das, was er behauptet zu sein, und nicht das, was er zu sein vorgibt.
Die Menschen aber, die es 'erreicht' haben, leben unter den Menschen - Sie können sie dort immer treffen.
F: Was ist der Sinn, der Zweck des Lebens?
UG: Sie fragen mich: "Hat irgend etwas einen Sinn?" Schauen Sie, man hat Ihnen eine Menge Sinn und viele Zwecke gegeben, warum also suchen Sie immer noch danach? Ein jeder hat über Sinn und Zweck des Lebens gesprochen, jeder. Die Heiligen und Weisen und Retter der Menschheit (es gibt Tausende davon in Indien) haben Antworten gegeben - und doch fragen Sie heute immer noch dieselbe Frage: "Hat das Leben irgendeinen Sinn und Zweck?" Entweder sind Sie nicht zufriedengestellt, oder aber Sie sind nicht wirklich interessiert daran, es selber herauszufinden. Ich unterstelle, daß Sie nicht wirklich interessiert sind, denn es ist eine furchterregende Angelegenheit. Es ist sehr furchterregend. Gibt es so etwas wie die Wahrheit? Haben Sie sich diese Frage einmal selbst gestellt? Hat irgend jemand die Wahrheit gesprochen?
F: Es gibt so viele Wahrheiten.
UG: Es sind die Lügner, Gecken, Schwindler und Betrüger der Welt, die behaupten, sie hätten nach der Wahrheit gesucht und sie gefunden! Gut, Sie wollen für sich selbst herausfinden, was die Wahrheit ist. Können Sie sie finden? Können Sie die Wahrheit einfangen, sie festhalten und sagen: "Das ist die Wahrheit?" Ob Sie das akzeptieren oder ablehnen, ist dasselbe; es hängt von Ihren persönlichen Vorlieben und Vorurteilen ab. Wenn Sie also für sich selbst herausfinden wollen, was die Wahrheit ist, was immer sie sein mag, dann sind Sie nicht in der Lage, sie entweder anzunehmen, noch sie abzulehnen. Sie setzen voraus, daß es so etwas wie Wahrheit gibt, Sie setzen voraus, daß es so etwas wie Realität gibt (eine letzte oder sonst eine), und es ist diese Annahme, die für Sie das Problem und das Leiden schafft.
Sehen Sie, wenn ich Gott, Wahrheit, Realität und dergleichen erfahren will, so muß ich zunächst einmal verstehen, welcher Art die erfahrende Struktur in mir ist, bevor ich mich damit befassen kann. Ich muß sehen, welches Instrument ich benütze. Sie versuchen etwas zu erlangen, das sich mittels der erfahrenden Struktur nicht begreifen läßt. Das heißt, daß es sie nicht mehr geben darf, wenn das andere hereinkommen soll. Was das ist, werden Sie niemals wissen können. Sie werden die Wahrheit niemals kennen, denn sie ist eine Bewegung. Sie ist eine Bewegung! Sie können sie nicht erlangen, Sie können sie nicht fassen, Sie können sie nicht ausdrücken. Wir sind nicht an einer mit Mitteln der Logik festgestellten Prämisse interessiert. Es wird also Ihre eigene Entdeckung sein müssen. Wem sollten meine Erfahrungen nützen? Es gibt Tausende von Erfahrungsberichten - die haben Ihnen nichts gebracht. Es ist die Hoffnung, die Sie immer weitermachen läßt: "Wenn ich dieser Sache nochmals für zehn oder fünfzehn Jahre folge, vielleicht werde ich dann eines Tages..." denn die Struktur ist Hoffnung.
F: So verbringt man sein Leben und entdeckt am Ende, daß man gar nichts entdeckt hat.
UG: Nichts. Das ist die Entdeckung. Die sogenannte Selbstentdeckung ist die Entdeckung, die man für sich und durch sich selbst macht, daß es kein Selbst zu entdecken gibt. Das wird eine schockierende Sache werden: "Warum zum Teufel habe ich nur mein ganzes Leben verschwendet?" Es ist schockierend, weil es jeden Nerv, jede Zelle, selbst die des Knochenmarks, zerstören wird. Ich sage Ihnen, das wird nicht leicht sein, es wird Ihnen nicht auf einem silbernen Tablett überreicht werden. Sie müssen vollkommen desillusioniert werden, dann fängt die Wahrheit an, sich selbst auf ihre Weise zum Ausdruck zu bringen. Ich habe entdeckt, daß es nutzlos ist, zu versuchen, die Wahrheit entdecken zu wollen, denn sie ist etwas, das sich nicht erlangen und fassen läßt und dem man keinen Ausdruck verleihen kann.
F: Können Sie Ihren Zustand beschreiben, ihn mitteilen?
UG: Sehen Sie, in dem Moment, in dem ich etwas mitzuteilen versuche, ist es weg. Nur noch der Schatten ist da - und das ist es nicht.
F: Ist es eine nicht vermittelbare Erfahrung?
UG: Nein, es kann nicht erfahren werden. Man kann nicht etwas mitteilen, das sich nicht erfahren läßt. Ich will diese Worte eigentlich nicht benutzen, denn 'unvermittelbar' und 'unbeschreibbar' implizieren, daß es da etwas gäbe, das nicht vermittelt und beschrieben werden könnte. Ich weiß es nicht. Es besteht die Vermutung, daß da etwas ist, das nicht vermittelt und beschrieben werden kann. Da ist nichts. Ich will aber nicht sagen, daß da nichts ist, denn an dieser Stelle werden Sie mich kriegen - Sie werden es 'Leere', das 'Vakuum' und alles mögliche nennen. (Gelächter)
Ich kann es nur so ausdrücken: was immer dort ist, kann nicht erfahren werden - ob da etwas ist, weiß ich nicht, ich habe überhaupt keine Möglichkeit, das zu wissen. Um es in Ihrer eigenen vedantischen Terminologie zu sagen: so etwas wie das Unbekannte gibt es gar nicht. Was immer Sie von dem, was Sie das 'Unbekannte' nennen, wissen, ist nicht das Unbekannte. Ob es so etwas wie das Unbekannte gibt, das weiß ich wirklich nicht. Was immer Sie von diesem Unbekannten wissen und von dem, was Sie das 'Unbekannte' nennen, zu erfahren glauben, ist nicht das Unbekannte, denn es ist Teil Ihres Wissens geworden.
Was wollen Sie? Sagen Sie mir, was ist es? Sehen Sie, Sie können nicht nach einem Ding fragen, das Sie nicht kennen, und hierüber wissen Sie, jetzt oder jemals, gar nichts; selbst wenn man für einen Moment davon ausginge, Sie seien ein erleuchteter Mensch, so hätten Sie doch keine Möglichkeit, irgend etwas zu erfahren. Dies kann niemals Teil Ihres Wissens werden.
'Das' hat verstanden, daß es nicht möglich ist, noch irgend etwas zu verstehen. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das klarmachen kann. Die Individualität, die Isolation, die Trennung (oder wie Sie es sonst nennen wollen) gibt es nicht mehr. Was Sie trennt und isoliert, ist Ihr Denken - es schafft die Grenzen. Wenn die Grenzen einmal fallen, ist es grenzenlos. Nicht, daß Sie diese Grenzenlosigkeit Ihres Bewußtseins erfahren könnten; der Inhalt Ihres Bewußtseins ist so immens, daß Sie gar nichts darüber sagen können. Daher gebrauche ich die Worte "es ist ein Zustand des Nichtwissens". Sie wissen wirklich nicht. Aber wie wissen Sie, daß Sie nicht wissen? Es ist nicht so, daß Sie sich selbst sagen würden, daß Sie nicht wissen; aber in Bezug auf Ihren gewöhnlichen Bewußtseinszustand haben Sie keine Möglichkeit, das überhaupt zu wissen - niemand hat diese Möglichkeit. Von Ihrer Seite aus wird nicht einmal der Versuch gemacht, irgend etwas zu erfassen.
Sie häufen keine Erfahrungen an. Wenn Sie eine Sache erfahren wollen, dann gibt es da eine ganze Serie von Geheimnissen, die an Ihre Tür klopfen. 'Das' ist überhaupt keine Erfahrung. Sie sind daran interessiert, die letzte Realität zu erfahren, die Wahrheit, Gott, der Himmel weiß was; aber es ist ein vergebliches Bemühen, etwas erfahren zu wollen, das sich nicht erfahren läßt. Das heißt nicht, daß es außerhalb der erfahrenden Struktur läge - "Es ist etwas, das ich nicht beschreiben kann, das ich nicht..." - sehen Sie, es ist all das nicht, sondern es ist so, daß die erfahrende Struktur an ihr Ende gelangt. Wenn Sie das nicht erkennen, was Sie ansehen - diese Blume ist eine Blume, diese Rose ist eine Rose - dann heißt das, daß Sie nicht da sind. Was sind Sie? Sie sind nichts als ein Bündel all dieser Erfahrungen, des Wissens, das Sie darüber besitzen.
Ich sehe, und ich weiß nicht, was ich ansehe. Meine sinnlichen Wahrnehmungen befinden sich in optimaler Aufnahmebereitschaft, aber in mir ist nichts, das sagte: "Das ist grün, das ist braun. Sie haben weißes Haar. Sie tragen eine Brille." Das Wissen, über das ich verfüge, ist im Hintergrund, es ist nicht in Betrieb. Also: "Bin ich wach? Schlafe ich?" - ich habe keine Möglichkeit, das selbst zu wissen. Daher sage ich, daß es in diesem Bewußtsein keinerlei Aufteilung in Wach-, Traum- oder Tiefschlafzustände gibt. Das kann 'Turiya' genannt werden (um Ihren Sanskritausdruck zu benützen) - d.h. diese Dinge nicht zu transzendieren; ein völliges Nichtvorhandensein dieser Einteilung.
F: Gibt es in Ihrer Welt keine Träume?
UG: Irgendwie ist das ganze Leben wie ein großer Traum. Ich sehe Sie an, weiß aber wirklich gar nichts über Sie - das ist ein Traum, eine Traumwelt - es besitzt gar keine Realität. Wenn die erfahrende Struktur nicht das Bewußtsein (oder wie immer Sie das nennen) manipuliert, dann ist das ganze Leben, empirisch gesehen, ein großer Traum - nicht von diesem hier, sondern von Ihrem Standpunkt aus gesehen. Sehen Sie, Sie verleihen den Dingen Realität - nicht nur den Gegenständen, sondern auch den Gefühlen und Erlebnissen - und Sie glauben, sie seien real. Wenn Sie sie nicht in die Begriffe Ihres angehäuften Wissens übersetzen, dann sind sie keine Dinge; Sie wissen wirklich nicht, was sie sind.
F: Dieser Zustand des Nichtwissens ist so, als würde man im Traum leben?
UG: Für Sie. In Bezug auf die Realität, die Sie den Dingen geben, würden Sie diesen Zustand des Nichtwissens als Traum bezeichnen. Ich weiß wirklich nicht einmal, ob ich lebendig oder tot bin.
Hier gibt es so etwas wie eine Realität nicht mehr, geschweige denn eine letzte Realität. Ich funktioniere in dieser Welt, als würde ich die Realität von allem so akzeptieren, wie Sie das tun. Zum Beispiel (diese Frage stelle ich öfter) - ist es Ihnen möglich, den dreidimensionalen Raum, in dem Sie sich bewegen, zu erleben? Nein. Sie müssen ein bestimmtes Wissen über ihn besitzen: Höhe, Breite, so und so viele Meter. Wie könnten Sie den dreidimensionalen Raum außer durch Wissen erleben? Also kann nicht einmal das erlebt werden, geschweige denn die vierte Dimension - wir wissen wirklich nichts darüber. Wenn ich also sage, daß die Wände für mich nicht existieren, so heißt das, daß es keine direkte Erfahrung dieser Wand da drüben gibt. Das heißt aber nicht, daß ich gegen sie anrennen würde, wenn ich in diese Richtung gehe. Es ist wie das fließende Wasser. Wenn da ein Hindernis auftaucht, gibt es eine Aktion - entweder es wird überschwemmt, oder das Wasser fließt darumherum. Und diese Aktion ist nur dann möglich, wenn das sich im Hintergrund befindliche Wissen zur Anwendung kommt - dann gibt es hier eine Aktion. Aber hier und jetzt, wenn ich anfange in diese Richtung zu gehen, geht es nicht darum, ob da drüben ein Hindernis oder sonst irgend etwas ist.
Sehen Sie, wenn ich das Wort 'Materie' gebrauche, tue ich das nicht in dem Sinne, in dem die Wissenschaftler es benutzen. (Er berührt den Teppich.) Da gibt es einen Kontakt. Ein schlauer Mensch fragt: "Woher wissen Sie, daß da ein Kontakt besteht?" Dieser Kontakt ist Bewußtsein, so kann man sagen. Aber im selben Moment, in dem Sie sagen, er sei hart, haben Sie ihm Solidität gegeben; ansonsten - ist er hart oder weich? Kann man etwas direkt erfahren? Ich weiß es nicht, die Sprache ist ein höchst irreführendes Ding. Wenn ich das Wort 'direkt' benütze, denken Sie, es gäbe eine direkte Art und Weise, etwas zu erfahren. Wenn ich das Wort 'direkt' benütze, meine ich, daß Sie überhaupt nichts erfahren können. Wenn ich von 'Vistavision' spreche, so heißt das nicht, daß ich diese Vistavision erleben könnte; was ich sage, ist, daß man das nicht kann. Versuchen Sie nicht, das, worüber ich spreche, zu erfahren. Ich kann es nicht erfahren, Sie können es nicht erfahren, niemand kann es erfahren. Warum also darüber sprechen? Weil Sie hier sind und ich hier bin.
F: Wenn Sie nicht gerade einen Zug erreichen müssen oder so etwas, leben Sie dann im gegenwärtigen Augenblick?
UG: Was Sie als 'Leben von Augenblick zu Augenblick' bezeichnen ist sehr irreführend. Ein solches Leben kann von Ihnen niemals begriffen werden - es kann niemals Teil Ihrer bewußten Existenz werden und noch viel weniger Ihres bewußten Denkens.
Sehen Sie, in der Struktur des 'Du' gibt es keine Gegenwart; alles, was da ist, ist die Vergangenheit, die versucht, sich in die Zukunft zu projizieren. Sie mögen über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nachdenken, aber es gibt keine Zukunft, es gibt keine Gegenwart; es gibt nur die Vergangenheit. Ihre Zukunft ist nur eine Projektion der Vergangenheit. Wenn es eine Gegenwart gibt, so kann sie von Ihnen niemals erlebt werden, denn Sie erfahren nur Ihr Wissen über die Gegenwart, und dieses Wissen ist Vergangenheit. Welchen Sinn sollte es also haben, zu versuchen, diesen Moment, den Sie das 'Jetzt' nennen, zu erfahren? Das Jetzt kann von Ihnen niemals erlebt werden. Was immer Sie erfahren, ist nicht das Jetzt. Das Jetzt ist also ein Ding, das niemals Teil Ihrer bewußten Existenz werden kann und dem Sie keinen Ausdruck verleihen können. Das Jetzt existiert, soweit es Sie betrifft, nicht, außer als eine Vorstellung. Ich spreche nicht über das Jetzt.
Wie können Sie erwarten, etwas zu erfahren, das außerhalb des Erfahrbaren liegt, wenn Sie nicht einmal ein so simples Ding wie z.B. diese Bank hier begreifen können, etwas, das Sie Ihr ganzes Leben lang gebraucht und benutzt haben? Sie können nicht einmal etwas so Einfaches wie diese Bank erleben. Was Sie erfahren, ist nur das Wissen, das Sie darüber besitzen, und dieses Wissen ist schon immer von einer Quelle außerhalb Ihrer selbst gekommen - es ist das Wissen eines anderen; es ist nicht Ihres. Einer wird kommen und es wegnehmen: ein überzeugender Mensch kommt des Wegs und sagt: "Das ist nicht die richtige Art zu erfahren, es gibt eine andere Möglichkeit", und immer so weiter.
So wie ich es sehe, gibt es keine Vorbereitung hierauf, kein Sadhana, keine Meditation. Sie können vierzig Jahre lang auf dem Kopf stehen, nichts wird geschehen; wahrscheinlich werden Sie das erleben, was Sie erleben können, was immer Sie wollen. Das Denken ist etwas Außergewöhnliches, man kann damit etwas schaffen, einen soliden Gegenstand; Sie können ihn da draußen hinstellen, ihn berühren, fühlen, erleben und mit ihm sprechen - Sie denken, das sei etwas Außergewöhnliches. Das sind alles Erfahrungen, die Sie machen müssen.
Manchmal ist da eine Erfahrung, die zu außergewöhnlich ist, als daß sie Ihnen oder einem anderen schon einmal hätte zuteil werden können. Aber sie ist nicht aus dem Nichts gekommen; sie ist Teil des Wissens des Bewußtseins. Alles, was die Menschen vor Ihnen erlebt haben, ist Teil dieses Bewußtseins - es ist alles da - und all das ist eine Verunreinigung. Alles, was Sie erfahren, wie profund es auch sein mag, ist eine Kontamination; es hat nichts mit diesem Zustand zu tun; irgend jemand hat es schon zuvor einmal erlebt. Alles, was Sie erfahren, ist ein wertloses Ding, es ist nicht 'das'.
Was immer erfahren wird, ist vom Denken hervorgerufen. Ohne Wissen kann man nichts erfahren. Und das Erfahren verstärkt das Wissen. Es ist ein Teufelskreis: die Schlange, die sich in den Schwanz beißt.
Bewußtseinserweiterung bedeutet gar nichts, und Sie weisen ihr so große Bedeutung zu. Drogen können das viel besser als all diese Meditationen und Yoga. Ich kenne viele Leute, die LSD genommen haben. (Bitte mißverstehen Sie mich nicht, ich befürworte das nicht.) Sie sind in der Gegenwart eines riesigen Berges. Plötzlich erweitert sich das Bewußtseins auf die Größe dieses Berges, im wahrsten Sinne des Wortes. Es gibt eine plötzliche Explosion des Bewußtseins, und diese plötzliche Erweiterung setzt riesige Mengen von Energie in Ihrem Innern frei. Welche Wirkung hat das auf den physischen Körper? Der physische Körper reagiert auf das, was Sie eine plötzliche Bewußtseinsveränderung nennen. Und die einzige Art, wie er das tun kann, ist, indem er plötzlich Atem holt; plötzlich schöpfen Sie tief Atem, und der ganze Atemrhythmus ändert sich - daher stammt der Ausdruck vom 'atemberaubenden Anblick'. Ich war in den Elephanta Höhlen (bei Bombay). Dort haben sie dieses riesige Trimurti (religiöse Skulptur), und ich stand davor. Plötzlich gab es da eine Erweiterung meines Bewußtseins (oder wie immer Sie das nennen) auf die Größe dieser Skulptur. Man kann solche Dinge immerzu erleben. Solche Erlebnisse bedeuten gar nichts.
Keines dieser Erlebnisse hat irgendeine Bedeutung, gleich ob Sie auf 'dieser Seite' oder 'jener Seite' stehen. Tatsächlich gibt es natürlich weder die eine noch die andere Seite, denn es gibt dort keine Demarkationslinie. Langsam dämmert einem die Erkenntnis, daß all diese Erfahrungen, so tiefgehend sie auch sein mögen, überhaupt nichts bedeuten; das ist alles. Sie mögen sich in einem Zustand der Seligkeit befinden - auch nach der 'Kalamität' gibt es Zustände der Seligkeit und der Ekstase, ein plötzliches Dahinschmelzen von allem - aber das hat nichts zu bedeuten. Sie erleben, ich erlebe - was ist der Unterschied? In Indien erleben fromme Menschen ein kleines Ding, das ein 'seliger Zustand' genannt wird oder auch 'das Fehlen des Körperbewußtsteins', und sie denken, etwas Wunderbares sei geschehen. All diese Dinge sind Begrenzungen. Sie begrenzen das Bewußtsein. Sie helfen in keiner Weise; für Sie sind sie aber von großem Interesse, denn der Mensch lebt innerhalb dieses begrenzten Bewußtseins.
Sie gehen von der Annahme aus, LSD sei etwas Schreckliches. Ich frage mich, warum. Ich setze mich nicht dafür ein und empfehle es - Drogen schaffen nur Erlebnisse, und das, wovon ich spreche, ist kein Erlebnis. Aber all die jungen Menschen im Westen haben es ausprobiert - Jungen und Mädchen, jeder - daher rührt ihr Interesse an all diesen Dingen, dem indischen Zeug, und nicht, weil sie mit ihrem Wohlstand oder ihren Werten unzufrieden wären. Sie haben LSD probiert, und es hat ihnen eine Art von Gefühl gegeben, daß noch mehr in diesem Bewußtsein stecken müsse. Aber es sind nur gewöhnliche Erfahrungen.
All diese religiösen Erfahrungen sind nicht verschieden von denen, die Menschen haben, wenn sie Drogen nehmen. Ich weiß von einem Jungen, der niemals etwas von tibetanischer Literatur gehört hat, aber als er auf einem 'Trip' war (wie sie es nennen), hat er alle möglichen Mandalas (mystische Bilder) erlebt. Er begann darüber zu sprechen, und er traf einen Tibeter, der sie ihm erklärt hat. Wie ist so etwas möglich? Sie müssen also nicht in Tibet sein; egal, wo Sie sind, sehen Sie, ist es Teil des menschlichen Bewußtsein. Sogar Donald Duck ist Teil des menschlichen Bewußtseins geworden.
Es gibt für Sie nichts zu erfahren, das Sie Ihr eigen nennen könnten. Was immer Sie erfahren, wie tiefgehend Ihre Erfahrung auch sein mag, ist das Resultat des Wissens, das Teil Ihres Bewußtseins ist. Irgend jemand muß irgendwann in der Geschichte diese Seligkeit (nennen Sie es 'Ekstase' oder bei sonst einem Namen, der Ihnen gefällt) erfahren haben, und diese Erfahrung ist Teil Ihres Bewußtseins. Sie müssen an einen Punkt kommen, an dem es überhaupt keine neue Erfahrung mehr gibt: irgend jemand hat sie zuvor gehabt, also ist es nicht Ihre.
Der Heilige, oder der Mystiker, ist ein Mensch, der aus zweiter Hand lebt, denn er erlebt das, wovon die Weisen schon gesprochen haben; also befindet er sich immer noch auf dem Gebiet der Dualität, wohingegen die Weisen oder Seher im ungeteilten Bewußtseinszustand leben. Die mystische Erfahrung ist deshalb außergewöhnlich, weil sie keine intellektuelle Erfahrung ist; sie hilft Ihnen, die Dinge anders zu sehen, anders zu fühlen, sie anders zu erleben und die Aussagen der Weisen und Seher für andere zu interpretieren.
Die Welt sollte eher den Heiligen als den Weisen gegenüber dankbar sein. Die Weisen wären schon längst vergessen, hätte es die Heiligen nicht gegeben. Die Weisen berufen sich auf keinerlei Autorität, was sie sagen, ist die Autorität. Die Weisen sprachen davon (dem 'natürlichen Zustand'), und die Heiligen (einige von ihnen) erlebten diese Dinge, und er wurde Teil ihrer Erfahrung. Sie suchten die Menschen durch die Musik und anderes an diesen Dingen teilhaben zu lassen. Aber das ist keine Erfahrung, die sich mit jemandem teilen läßt; es ist überhaupt keine Erfahrung. Die Heiligen versuchen, sich Ihnen mitzuteilen, also bewegen sie sich immer im Felde der Dualität, dahingegen ist der Weise oder der Seher, oder wie immer Sie ihn nennen wollen, in einem Zustand des ungeteilten Bewußtseins. Er weiß nicht, daß er ein freier Mann ist, also stellt sich ihm auch nicht die Frage, ob er andere befreien sollte. Er ist einfach da, spricht darüber, und dann geht er weg. Gaudapada hatte keine Schüler - er lehnte es ab, irgend jemanden zu belehren. Ramana Maharshi war unser Zeitgenosse, also wissen wir wenigstens etwas über ihn. Er hat nicht gelehrt, und er hat niemanden initiiert. Solch ein Mann verläßt sich nicht auf die Autorität eines anderen. Große Lehrer gebrauchen keine Autorität, und sie interpretieren die Heiligen nicht. Die Heiligen helfen Ihnen, die Dinge anders zu sehen und zu interpretieren.
Sie können nicht durch irgendwelche Sadhana (spirituelle Praktiken) zu einem Weisen werden. Es liegt nicht in Ihren Händen. Ein Weiser kann keinen Schüler haben, ein Weiser kann keine Anhänger haben, denn das ist keine Erfahrung, die sich mitteilen läßt. (Selbst eine gewöhnliche Erfahrung kann man nicht mit anderen teilen. Können Sie jemandem erzählen, der nie Sex gehabt hat, wie sich die sexuelle Erfahrung anfühlt?) Die Weisen und Seher sind ursprünglich und einmalig, denn sie haben sich von der gesamten Vergangenheit befreit - selbst die mystische Erfahrung ist Teil der Vergangenheit. Nicht, daß es für solch einen Menschen keine Vergangenheit mehr gäbe, aber sie besitzt keinen emotionalen Gehalt - sie ist nicht ständig wirksam und beeinflußt dadurch seine Handlungen.
'Das' ist das Ultimative: Man muß sich ihm völlig ergeben. Da gibt es keinen Jnana Marga (Pfad der Weisheit), es gibt überhaupt keinen Marga (Pfad). Es ist die totale Kapitulation - man wirft das Handtuch - und was daraus folgt ist Jnana (Weisheit). Es ist kein Aufgeben im üblichen Sinne, denn es bedeutet, daß es nichts gibt, was man tun könnte. Es ist die totale Kapitulation, die totale Hilflosigkeit. Man kann es nicht durch irgendwelche Bemühung oder Willensanstrengung zustande bringen. Wenn Sie sich einer Sache ergeben wollen, dann tun Sie das nur, um etwas dafür zu bekommen. Daher benutze ich die Worte 'Zustand der totalen Kapitulation'. Es ist ein Zustand des Sichüberlassens, in dem jegliche Bestrebungen aufhören müssen, wo jede Bewegung, die darauf gerichtet ist, etwas zu erhalten, aufhört. Alles Wollen, dieses wollen oder jenes wollen, fehlt vollkommen.
Aber vor allem gibt es da keinen Hunger. Ein hungriger Mensch wird alles tun, um seinen Hunger zu stillen, nur um dann zu entdecken, daß es nichts gibt, ihn zufriedenzustellen. Selbst die Hoffnung darauf muß verschwinden, daß eines Tages irgendein Wunder geschehen und 'es' sich von irgendwoher auf einen herabsenken wird. Wenn man nichts tun kann, um den Hunger zu stillen, dann wird etwas geschehen. Alle, denen dies geschehen ist, haben wirklich hart gearbeitet, sie sind ganz unten gelandet und haben alles eingesetzt. Leicht kommt es nicht. Es wird einem nicht von jemandem auf einem goldenen Tablett überreicht.
Es ist eine ganz einfache Sache - so einfach, daß es die komplexe Struktur nicht in Ruhe lassen kann. Aber gleichzeitig frage ich: "Gibt es etwas, das Sie tun können?" Niemand kann das heftige Verlangen danach in Ihnen hervorrufen. Ich gebe immer das Beispiel vom Reisstroh: wenn es einmal angezündet wurde, brennt es immer weiter und weiter, bis das ganze Ding zu Asche verbrannt ist. 'Es' ist etwas, das sich nicht künstlich erschaffen läßt. Wahrscheinlich werden Sie von irgendeinem Tatmenschen oder Hypnotiseur inspiriert oder hypnotisiert werden - es gibt so viele davon.
Hier gibt es so etwas wie Erfahrung nicht. Sie scheinen zu wissen, Sie stellen sich vor. Die Vorstellung muß aufhören. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Die Abwesenheit der Vorstellungskraft, das Nichtvorhandensein des Willens, die Abwesenheit von Anstrengung und jedweder Bewegung in jegliche Richtung, auf jedem Niveau, jeder Dimension - das ist es! Es ist ein Ding, das überhaupt nicht erfahren werden kann - es ist keine Erfahrung. Sie sind daran interessiert, Wonne, Glückseligkeit, Liebe, der Himmel weiß was, zu erleben, aber das sind wertlose Dinge. Wenn ich Seligkeit erlebe - ist das Seligkeit? Es wurde von dem Wissen geschaffen, das ich besitze. Es ist dieses Wissen. Vom Wissen frei zu werden, ist keine leichte Sache. Sie sind dieses Wissen - nicht nur das Wissen, das Sie in diesem Leben erworben haben, sondern das Wissen von vielen Millionen Jahren, die Erfahrung von jedermann. Sehen Sie, die Menschen haben bestimmte Erfahrungen, und darauf bauen sie eine enorme Superstruktur auf.
F: Zuerst sagen Sie, es sei eine einfache Sache, und dann sagen Sie, es sei schwierig.
UG: Nein, sehen Sie, das Ding ist so einfach, daß es die komplexe Struktur nicht in Ruhe lassen will.
Ich kann die Artikel, die über mich geschrieben werden, nicht leiden. Sie versuchen, mich als einen religiösen Mann darzustellen, der ich nicht bin. Es gelingt Ihnen nicht, das Wichtigste, das, worauf ich besonderen Wert lege, zu begreifen. Diese Artikel geben nichts von dem wieder, das ich auszudrücken versuche. In dem, was ich sage, gibt es keinen religiösen Gehalt und überhaupt keine mystischen Nebenbedeutungen. Der Mensch muß von den Rettern der Menschheit gerettet werden! Die religiösen Menschen - sie haben sich selbst etwas vorgemacht und den Rest der Menschheit zum Narren gehalten. Werft sie hinaus! Das ist der eigentliche Mut, und nicht der, den sie praktizieren.
Wozu sollte es gut sein 'Abhayam vai Brahman' zu rezitieren? ('Die letzte Wirklichkeit ist Furchtlosigkeit') Furchtlosigkeit ist nicht Freiheit von allen Phobien. Die Phobien sind für das Überleben des Organismus vonnöten. Sie müssen die Höhenangst und Angst vor der Tiefe empfinden - wenn Sie es nicht täten, bestünde die Gefahr, daß Sie fallen. Aber Sie sollten nicht einem Mann den Mut lehren, auf dem Schlachtfeld zu kämpfen. Warum wollen Sie ihm Mut lehren? Um andere zu töten und sich selbst töten zu lassen? - aber so ist Ihre Kultur. Den Atlantik auf einem Ballon oder den Pazifik auf einem Floß zu überqueren - das kann jeder - dazu gehört kein Mut. Furchtlosigkeit ist etwas anderes als so etwas Törichtes.
Mut bedeutet, all das beiseite zu schieben, was die Menschen vor Ihnen erfahren und gefühlt haben. Sie sind der einzige, und Sie sind größer als all diese Dinge. Alles ist zu Ende, die ganze Tradition, wie geheiligt sie auch sein mag, ist beendet - nur dann können Sie sich selbst sein - das ist Individualität. Zum erstenmal werden Sie zu einem Individuum. Solange Sie von jemandem, einer Autorität, abhängen, sind Sie kein Individuum. Die individuelle Einzigartigkeit kann sich nicht zum Ausdruck bringen, solange eine Abhängigkeit besteht. Sie brauchen sich auf keine Autorität zu verlassen, 'es' besitzt seine eigene Autorität. Sie werden niemals etwas interpretieren, Sie werden niemals auf eine Autorität angewiesen sein, und doch werden Sie sich niemals als 'einzigartig' bezeichnen.
Das Problem liegt nun darin, daß, selbst wenn eine solche Person nicht redet, sie doch einfach durch ihre Gegenwart für andere zum Vorbild wird. Die Tatsache, daß hier von Morgens bis Abends jemand sitzt - was kann ich dagegen tun? Manchmal fallen sie in eine Trance; sie sagen: "Wie können Sie es verleugnen, daß mir etwas geschieht?" Ich sage: "Tun Sie, was Sie wollen." Wie kann ich Sie davon überzeugen, daß ich nicht mehr habe als Sie auch? Die Ursache Ihres Elends liegt darin, daß Sie von jemandem etwas haben wollen. Das Ende der Illusion ist auch Ihr Ende. Also können Sie nicht ohne Illusion sein; Sie können nur die eine Illusion durch eine andere ersetzten.
Es ist sehr schwierig, Ihnen die Absurdität dieses ganzen Sadhana verständlich zu machen. (Ich blockiere sozusagen jede Fluchtmöglichkeit. Sogar dieses Schlupfloch muß versperrt werden, um Sie in eine Ecke zu drängen. Sie müssen sozusagen zu Tode gewürgt werden.) Nur ein wirklicher Lehrer kann das herausfinden und es Ihnen sagen; niemand anderer. (Nicht diese Menschen, die die Texte und Puranas interpretieren - mit all dem besteht überhaupt kein Zusammenhang.) Nur ein solcher Mann kann sprechen. Und solch ein Mann wird niemals irgendein Sadhana unterstützen, denn er weiß, falls so etwas irgend jemandem geschehen sollte, dann wird dieser Mensch die Hilfe von niemandem benötigen; es wird trotz alledem geschehen.
Was immer Sie tun, es blockiert, daß es geschehen kann. Natürlich ist es irreführend, es so zu formulieren, denn es gibt nichts, was geschieht. Sie erkennen nicht, daß alles, was Sie tun, eine ichbezogene Handlung ist. Was immer Sie auch in irgendeine Richtung unternehmen wollen, verstärkt oder verzerrt nur das Ganze. Das ganze Sadhana ist eine egozentrische Tätigkeit - es ist sehr schwer, das zu verstehen. Das Instrument, das Sie benutzen, ist auf dem Gebiet von Ursache und Wirkung entstanden - es kann sich nichts vorstellen, das ohne Ursache und Wirkung geschieht - daher ist es also nicht das richtige Mittel, um das zu begreifen; und ein anderes gibt es nicht.
'Das' ist akausal. Es ist ein Quantensprung. Es springt von hier nach da - Sie können diese Dinge nicht verbinden. Sie stellen mich auf die andere Seite des Flusses. Sie wollen mit einem Boot übersetzen. Das Boot leckt, und Sie werden sinken. Es gibt kein anderes Ufer, und da ist kein Fluß, um ihn zu überqueren, kein Boot - es ist sehr schwer für Sie, das zu verstehen. Sie haben eine Vorstellung geschaffen und verfrachten sie auf die andere Seite. Ich sage: "Du meine Güte, nein, ich bin auf derselben Seite, da ist kein Ufer, kein Fluß, den man überqueren könnte, und kein Bootsführer ist nötig.!"
Niemand kann Sie führen. Es gibt keine Leitlinien, denn er selbst weiß es nicht. Wenn ich es wüßte, würde ich Sie anleiten. Ein solcher Mann kann Sie nirgendwohin führen oder leiten. Ich bin nicht gegen Gurus, überhaupt nicht. Er weiß - und das sagen sogar Ihre Bücher - daß es nicht der Guru ist, der Ihnen helfen kann. Das bedeutet nicht irgend etwas Geheimnisvolles. In einer Hymne heißt es: "Wer immer erwählt wird, dem wird es geschehen." Das heißt aber nicht, daß es da irgendeine Macht außerhalb von Ihnen gäbe. Das Potential hierzu ist schon in Ihnen vorhanden - es hat die Fähigkeit, zu explodieren. Wenn es durch irgendeine Chance, durch irgendeinen glücklichen Zufall dazu kommt, daß das Denken bei sich selbst bleibt, ohne in zwei Teile gespalten zu werden, dann muß etwas passieren. Es ist wie eine Nuklearexplosion, nicht eine, sondern Trillionen. Wenn es explodiert, dann vernichtet es alles, was da ist. Es ist eine Kettenreaktion; jede Zelle, eine nach der andern, ist daran beteiligt.
Es ist nicht so leicht - man kann es nicht durch Logik oder Kraft oder die Lehren von irgend jemand, oder indem man Mantras (mystische Silben) rezitiert, zustande bringen. Aber die Möglichkeit, daß so etwas geschieht, ist in jedem Menschen vorhanden, denn das ist seine Natur. Das ist der Grund dafür, warum es einem in einer Milliarde geschieht. Wenn Sie fragen, warum es dem einen Individuum und nicht Ihnen geschieht, dann heißt das, daß Sie keine Chance haben. Es hat keine Ursache - es ist akausal; ich kann Ihnen nicht sagen oder vermitteln, wie das passiert ist. Es gibt kein 'Wie' - das ist der Grund dafür, warum ich sage, es hätte keine Ursache und könnte nicht reproduziert werden. Kein Lehrer hat einen anderen Lehrer hervorgebracht, der so war wie er selbst. Das ist nicht nur meine Meinung; der Buddha hat keinen anderen Buddha hinterlassen; kein Lehrer konnte einen anderen Lehrer, der wie er selbst war, heranziehen. Er mag 'Anhänger' haben, aber er hat etwas, das nicht reproduziert werden kann, denn die Natur benutzt kein Modelle, um etwas zu erzeugen.
Alles, was Sie tun, um sich selbst zu reinigen, hat überhaupt keine Bedeutung, denn all dieses Purifikationsgerede wird Ihnen nicht im geringsten helfen. Vielleicht wird es Sie zu einem Heiligen machen, aber an das andere können Sie nicht rühren. Diese Art von Ereignis kann nur in einer degenerierten Spezies stattfinden (so sagen die Biologen). Es wird etwas Einzigartiges hervorbringen, das vorher noch nicht entstanden ist - es ist eine biologische Anomalie. Also hat Ihre ganze Moralität und Ihr ganzes Predigen über dies, das oder jenes überhaupt keinen Sinn. Daher haben die upanishadischen Seher niemals von Moral oder Sadhana gesprochen; die Heiligen dagegen haben besonderen Wert auf sie gelegt, denn sie sind zweitklassige Imitatoren. 'Das', wenn es denn geschehen soll, wird trotz dieser Dinge geschehen. Und ich bleibe dabei, daß es genetisch fixiert ist: nur einem Menschen, bei dem das der Fall ist, wird so etwas geschehen.
F: Sie meinen also, daß es unnötig ist, es anzustreben.
UG: Das Verlangen ist Teil Ihres Bewußtseins. Das muß aufhören; aber es gibt nichts, was Sie tun könnte, um es zu stoppen. In anderen Worten, Sie können gar nichts tun, als Sadhana zu üben; Sie sind zum Scheitern verurteilt. Selbst wenn Sie das Sadhana sein lassen, so entsteht doch ein Streit in Ihnen, und Sie werden es durch eine neue Art Sadhana ersetzen, wie zum Beispiel JKs Dreh mit dem 'wahllosen Bewußtsein' (choiceless awareness). Man fängt an, diese Spielereien zu praktizieren - der gleiche alte Unsinn, nur die Worte sind anders, aber das Spiel ist dasselbe. Irgendwann aber müßte in Ihnen die Erkenntnis dämmern, daß das nicht das Richtige ist; sonst werden Sie damit fortfahren ihm zuzuhören und zu hoffen, daß Sie es dadurch beim nächsten Mal verstehen werden. Aber Sie haben keine Chance. Wenn irgend etwas geschehen soll, dann muß es hier und jetzt geschehen.
Sehen Sie, das Dumme ist nur, daß Sie, wenn Sie an mehrere Dinge glauben, damit auch um so größere Schwierigkeiten haben werden, denn Ihrer Tradition wird immer noch etwas hinzugefügt. Ihre Tradition, die Sie bewahren wollen, wurde durch das Erscheinen eines neuen Menschen verstärkt und bekräftigt, denn Sie versuchen, ihn in das Gefüge Ihrer Tradition einzupassen. Diese Struktur (des Glaubens) ist daran interessiert, die Tradition zu beschützen. Aber dieser (neue Mann) ist daran interessiert, die anhäufende Natur der Tradition zu zerbrechen - also nicht daran, die Tradition aufrechtzuerhalten, sondern sie zu zerbrechen. Ein Mensch zerbricht sie, und Sie machen das zu einem Teil Ihres angehäuften Wissens - daher wird es schwieriger. Selbst die revolutionäre These dieses bestimmten Menschen, der einen Durchbruch erreicht hat, ist bereits Teil Ihrer Tradition geworden; allein durch Ihr Zuhören wurde die revolutionäre Natur seines Durchbruchs zerstört und zu einem Teil des Wissens und der Tradition gemacht, denn Sie sind diese Tradition - das verstärkt und bekräftigt sich durch den Prozeß des Zuhörens. Daher sage ich, daß das, was aus meinem Munde kommt, nicht von dem Bellen der Hunde, dem Heulen der Schakale und dem Lärmen der Katzen verschieden ist.
Sobald das, was von mir kommt, einmal akzeptiert ist, wird damit auch für jemanden das Bedürfnis geschaffen, herzugehen und es zu verreißen. Deshalb spreche ich. Dadurch, daß ich 'dem' Ausdruck verliehen habe, entstand die Notwendigkeit, daß etwas Neues geschieht - das ist seine Natur. Das ist der Zweck (wenn es einen solchen überhaupt gibt) - keine Anhängerschaft, sondern etwas Neues zu schaffen. Etwas Neues beschützt Sie von der Bürde der Vergangenheit. Im selben Moment, in dem ihm Ausdruck verliehen wird, ist es alt.
Warum sollte man wie dieser Mann sein? Wozu sollte man die Fackel von einem zum anderen weiterreichen und die hierarchische Struktur aufrechterhalten? Einem andern nachzufolgen, das gehört zur animalischen Natur. Der Mensch kann nicht zum Menschen werden, solange er einem anderen folgt. Diese Kultur - die des Top-dogs und seiner Anhänger - ist dafür verantwortlich, daß der Mensch diese animalische Eigenschaft beibehalten hat - aber das hat Ihnen überhaupt nichts genützt. Sie wollen eine billige Imitation des Sankara oder des Buddha sein; Sie möchten nicht Sie selbst sein. Warum? Ich sage Ihnen, Sie sind bei weitem einzigartiger und außergewöhnlicher als alle diese Heiligen und Retter der Menschheit zusammengenommen. Warum wollen Sie eine billige Imitation dieser Burschen sein? Das ist einer der Mythen. Vergessen Sie es! Sankara ist seit Jahrhunderten tot. Sie haben dieses Potential. Als erstes müssen Sie Sankara fallenlassen. Wenn Sie mit dem Gebrauch von Sankaras Lehren Ihren Lebensunterhalt verdienen sollten, ist das natürlich etwas anderes.
Nehmen wir einmal an, Sie seien 'da' (um es einmal so zu formulieren), dann werden Sie nicht zu sich und zu anderen sagen, Sie seien ein freier Mensch, und Sie werden auch nicht versuchen, jemand anderen zu befreien; es ist einfach da, wie eine Blume. (Ich benütze dieses Wort nicht gerne, weil es einen mystischen Beiklang hat.) Die Blume auf dem Misthaufen hat ihre eigene Schönheit - die anderen Blumen kommen ihr nicht gleich. Eines Tages wird sie verschwinden - das macht nichts aus.
Es gibt nichts, was Sie tun können. Diese Feststellung hat für Sie keine Bedeutung, denn Sie tun die ganze Zeit über etwas. Sie müssen irgend etwas tun, also besitzt diese Aussage für Sie weder einen Sinn noch irgendwelche Relevanz. Die Beschreibung dieses Zustandes ist eine gefährliche Sache, denn Sie versuchen, ihn mit der Art und Weise in Zusammenhang zu bringen, in der Sie funktionieren. Wofür? Weil Sie sie in Bezug auf das, was ich sage, verändern, verbessern, modifizieren oder etwas anderes damit tun wollen. Was wollen Sie verändern? Was ist es? Können Sie es finden? Können Sie es lokalisieren? Können Sie gezielt darauf hinweisen und sagen: "Das ist das Ding, das ich transformiert oder verändert haben will! Und hier möchte ich eine Mutation zustande bringen." Wie? Was ist das? Können Sie es sehen? Können Sie es lokalisieren? Können Sie es herausfinden? Sie können es nicht.
Was immer Sie wollen, können Sie auch bekommen - was immer Sie wollen - was immer Sie erfahren möchten, können Sie erfahren. Wenn Sie nicht wissen, wie, gibt es immer jemanden, der Ihnen dabei helfen kann - irgendwo - das müssen Sie herausfinden. Sie können alles, was Sie wollen, erfahren. Aber was immer Sie auch erfahren, es ist wertlos - es ist nicht 'das' - denn 'es' ist ein Ding, das nicht erfahren werden kann; es ist keine Erfahrung.
Erleuchtung (falls es so etwas wie Erleuchtung gibt), ist gar keine Erfahrung. Also dämmert Ihnen die Erkenntnis, daß es nichts zu erkennen gibt. Selbsterkenntnis bedeutet, für sich selbst und durch sich selbst zu begreifen, daß es kein Selbst zu erkennen gibt - und das wird ein vernichtender Schlag werden.
F: Für wen?
UG: Für den, der danach strebt. Deshalb geschieht es einem in einer Million, einem in einer Milliarde, und nicht auf Grund dessen, was er tut oder nicht tut - alles, was Sie tun, ist eine Barriere.
Sie können, wenn Sie nicht selbst 'dort' sind, die Sinnlosigkeit dieser Suche nicht verstehen. Wenn Sie 'dort' sind, dann sehen Sie, daß es genau diese Suche ist, die auch das Selbst ist, genau das Ding, von dem Sie frei sein wollen. Es gibt kein 'Du', das unabhängig von der Suche (d.h. Ihrem Sadhana, dieses Ziel zu erreichen) existiert. Das verstehen Sie nicht. Es ist das Ziel, das Sie vor sich aufgerichtet haben, das das 'Du' geschaffen hat. Wenn das Ziel verschwindet, wenn Sie es beiseite schieben, dann ersetzen Sie es durch ein anderes. Sie können ohne Illusion nicht sein; Sie ersetzen die eine Illusion durch die andere. Wenn die Illusion geht, gehen auch Sie.
Wenn Sie das Ziel akzeptieren, bitte sehr, aber ich sage, daß das Ziel selbst falsch ist. Sie sagen, daß es das ist, was Sie erreichen wollen, und somit sei das ganze Sadhana notwendig. Ich bleibe dabei, daß es nichts gibt, das erreicht werden kann, nichts, das zustande gebracht werden kann und nichts, das es zu gewinnen gilt. Damit ist alles, was Sie tun, um Ihr Ziel zu erreichen, bedeutungslos. Ich habe das nicht verstanden, als ich das ganze Sadhana gemacht habe. Je früher Ihnen das dämmert, desto besser für Sie. Wenn diese Dinge einige neue Erfahrungen hervorrufen, wird es sehr schwierig für Sie werden, Ihre eigenen Erfahrung zu transzendieren. Irgendwann wird Ihnen ein Licht aufgehen - und dann wissen Sie, daß Sie das nirgendwohin bringt.
Aber die Hoffnung läßt Sie weitermachen - die Hoffnung, daß Sie wahrscheinlich eines Tages Ihr Ziel erreichen werden - denn das Instrument dazu (das Denken) ist aus Zeit gemacht, aus Ursache und Wirkung, und es kann sich nur innerhalb der Zeitkategorie etwas vorstellen. Wenn also die Zeit nicht da ist, kann nichts geschehen - geschweige denn in der Zukunft - denn es ist die Zeit, die die Notwendigkeit der Zeitlosigkeit schafft. 'Zeit' bedeutet 'Zukunft'. Wenn diese Zeit abgeschnitten wird, ist es nicht so, daß das, von dem Sie glauben, daß es passieren wird, jetzt geschehen würde. Hier geschieht nichts. Die Zeit verbrennt sich selbst, wenn das Zeitlose beendet wird.
Alles, von dem Sie wollen, daß es geschieht, liegt im Zeitlichen. Nehmen wir für einen Moment an, Sie seien bereits im Zustand der Seligkeit, wollen aber morgen nicht mehr in diesem Zustand sein. Was immer auch der Zustand sein mag, in dem Sie sein möchten - Sie sind nicht in diesem Zustand, denn da ist immer das Ziel, das im Morgen liegt und nicht im Heute. Wenn also das Ziel nicht vorhanden ist, dann gibt es auch den Gedanken nicht, der in den Kategorien der Zeit denkt. Aber leider gibt es nichts zu geschehen. Das Geschehen ist in der Zeit. Wenn es die Zeit nicht gibt, geschieht auch nichts, es gibt nichts zu geschehen. Atman ist Brahman - das ist es genau, was es bedeutet - der Brahman, den Sie in der Zukunft suchen, ist schon hier; dort wird nichts geschehen. Das Erreichen, die Ausführung, oder wie immer Sie es nennen, liegt in der Zeit, also ist es immer zwischen Ursache und Wirkung gefangen. Sie wollen ein Ergebnis vorweisen, aber 'das' ist kein Ergebnis, kein Geschehnis und keine Errungenschaft.
Alles, was Sie dafür tun werden, wird Ihnen Schmerzen bereiten - daher sage ich, daß die Suche nach Moksha (Befreiung) der Dukkha (Leiden) aller Dukkhas ist (Gelächter). Das wird niemals aufhören - Sie werden immer und ewig danach suchen - und Sie werden es nicht erreichen. Selbst wenn Sie bekommen, was Sie wollen und Glückseligkeit und der Himmel weiß was erleben, so geht das doch immer so weiter. Sie erleben Stille, aber Sie wollen andauernde Stille, Sie möchten immerzu in der Stille verweilen. Aber es liegt in der Natur der Dinge, daß es keine Permanenz gibt. Sie haben niemals mit diesen (befreiten) Menschen gelebt. (Ich weiß gar nicht, ob es welche gibt)
Es ist eine ganz einfache Sache. Sie ist so einfach, daß die komplexe Struktur sie nicht in Ruhe lassen kann. Aber es gibt natürlich nichts, das Sie tun könnten; Sie sind verdammt (lacht). Sie sind verdammt.
F: Also laß es in Ruhe.
UG: Laß es in Ruhe.
F: Auch das können wir nicht tun.
UG: Es sieht so aus, als könnten Sie das auch nicht.
F: Wenn wir es in Ruhe lassen, dann haben wir schon alles getan.
UG: Dann gibt es nichts mehr zu geschehen.
F: Wenn wir es in Ruhe gelassen hätten, dann wären wir nicht hier.
F: Aber er hat gesagt: "Sie bekommen gar nichts, wenn Sie hierher kommen."
UG: Sie können mit diesem Mann Ihr ganzes Leben verbringen - und nichts wird geschehen.
F: Uns war es nicht klar, daß es nichts gibt, was wir tun können...
UG: Sie können nicht sagen: "Es gibt nichts, das ich tun kann." Sehen Sie, im selben Moment, wo Sie an den Punkt kommen von "es gibt nichts, was ich dafür tun kann", müssen Sie auch nichts tun, weder es loslassen noch... Keine von außen kommende Wirksamkeit kann irgendwie helfen.
F: Noch auch eine von innen kommende Wirkung?
UG: Hier gibt es weder Außen noch Innen - das Außen bezieht sich immer auf das Innen, verstehen Sie?
Sie bringen also nicht einmal den Satz "es gibt nichts, was ich dafür tun kann" zu Ende. Bevor Sie den Satz "Es gibt nichts, was ich dafür tun kann" ausgesprochen haben (schnippt mit den Fingern), ist es schon geschehen. Der Auslösemechanismus ist ein Teil von Ihnen - er ist da.
F: Ich habe eine Frage, die vielleicht töricht ist. Üben Sie Meditation?
UG: Nichts - keine Meditation - nichts. Was gibt es denn, um darüber zu meditieren? Ich habe alle diese Dinge schon zuvor entdeckt - die Mantras, die Meditationen und was die Meditation tun kann. Ich habe natürlich keine Transzendentale Meditation oder so etwas ähnliches gemacht, aber andere Meditationen. Und so habe ich für mich selbst entdeckt: die Meditation ist eine egozentrische Aktivität. Sie bestärkt genau das Selbst, von dem Sie befreit sein möchten. Wofür meditieren Sie? Sie wollen von etwas frei sein. Worüber sollen Sie meditieren? Ein Gedanke ist ein Ton, ein Geräusch. Was ist ein Geräusch? Sie sehen dies hier, und Sie sagen: "Das ist ein Kassettenrecorder", also ist dieser Gedanke ein Geräusch. Es gibt einen beständigen Fluß von Gedanken, und Sie verbinden all diese Gedanken fortwährend miteinander, und das ergibt den Lärm, den Sie nicht ausstehen können. Warum können Sie diesen Lärm nicht ausstehen? Indem Sie nun Mantras wiederholen, machen Sie einen noch größeren Lärm, in dem das Geräusch der Gedanken untergeht, und nun sind Sie mit sich in Frieden. Sie denken, daß etwas Wunderbares mit Ihnen geschehen wäre. Aber jede Meditation ist eine egozentrische Tätigkeit.
Ich rede nicht von meditativen Zuständen. Das ist Krishnamurtis Sache - er spricht über meditative Zustände: "Es ist nicht dies; es ist nicht das." Nun, wenn das eine meditativer Zustand ist, worüber meditiere ich dann? Ich meditiere in diesem Moment über das (er deutet auf einen Gegenstand), indem ich darauf schaue. Die Reflexion davon ist hier. Etwas bewegt sich - Bewegung - das Leben ist Bewegung. Die ganze Zeit über geschieht hier das eine oder andere - die ganze Zeit über - und die Bewegung, die dort ist, ist die Bewegung hier. Es gibt keinen Augenblick, in dem nicht das eine oder andere geschieht. In der Nacht ist für einen Moment alles still, oder die Eidechsen machen Geräusche. Man muß ihnen zuhören. Wenn es um einen herum keine Geräusche gibt, muß man dem Klopfen des Herzens zuhören oder wie das Blut die Adern wie einen Fluß durchströmt. Das sind Geräusche. Nun kann man sich etwas vormachen und sich vorstellen, das sei Omkara (der mystische Ton 'OM'). Das ist nicht Omkara. Dieser Körper ist eine Maschine. Der menschliche Körper bringt auf die gleiche Weise Geräusche hervor, wie das auch ein laufender Automotor tut. Warum müssen Sie sagen, es sei Omkara, Brahmanadam und dergleichen? Es ist das Geräusch der menschlichen Maschine. Sie werden verrückt, wenn Sie auf das Lab-dab-lab-dab des eigenen Herzen hören. Aber das ist alles, was es hier zu hören gibt, wenn nicht irgend etwas anderes passiert, etwa daß jemand hustet, schnarcht oder Alpträume hat.
Für diesen Mann gibt es keinen Augenblick der Langeweile. Ich kann hier stundenlang sitzen und das Uhrpendel beobachten - ich kann mich nicht langweilen - ich weiß wirklich nicht, was das ist. Dort bewegt sich das Pendel - und mein ganzes Wesen ist diese Bewegung. Ich kann Stunde um Stunde hier sitzen und es ansehen. Daran sind Sie nicht interessiert; Sie interessieren sich für etwas anderes, irgendeine Meditation. Dieses Individuum ist immer in einem Zustand der Meditation. "Wo ist diese Bewegung?" wundere ich mich - das ist die Meditation, die stattfindet. Ich wundere mich nicht im üblichen Sinne des Wortes; dieses Individuum verbleibt für den Rest seines Lebens in einem Zustand des Staunens. 'Außen' und 'Innen' sind vom Denken geschaffen. Wenn keine Gedankenbewegung stattfindet, weiß man nicht, ob es Außen oder Innen ist. Das ist genau wie ein Spiegel. Dies ist ein lebendiger Spiegel, der die Dinge genauso reflektiert, wie sie sind. Hier ist niemand: ich sehe nichts; mein ganzer Körper reflektiert die Dinge genauso, wie sie da draußen sind.
Der erkennende und namensgebende Mechanismus ist im Hintergrund, außer wenn er gebraucht wird. Diese Abwesenheit der Denkbewegung, die die Dinge erkennt und beim Namen nennt, ist der Zustand des Samadhi, des Sahaja (natürlichen) Samadhi. Sie glauben, Samadhi sei etwas, in das er hinein und wieder herauskäme. Dem ist nicht so; er befindet sich immer darin. Gleich, ob die Augen eines solchen Menschen geöffnet oder geschlossen sind, er weiß nicht, was er ansieht.
Ein Mensch, der in einen solchen Zustand des Samadhi gelangt, ist wie ein Verrückter und ein Kind zusammengenommen. Tollköpfe funktionieren genau so: die Gedanken sind unzusammenhängende, zusammenhangslose Dinge, also sind die Handlungen und Gefühle auch zusammenhangslos. Aber ihre Gedanken werden von Halluzinationen begleitet, mentalen Bildern, sie sehen etwas, das nicht da ist - das ist der einzige Unterschied. Dieser Zustand ist immer ein Zustand des Staunens; er weiß nicht, was er anschaut, er weiß nicht, was er riecht, und doch funktionieren seine Sinne mit optimaler Leistungsfähigkeit, sie sind außergewöhnlich sensibel und nehmen alles auf.
F: Warum bin ich nicht in diesem Zustand, den Sie beschreiben?
UG: Weil von Ihrer Seite aus ständig die Forderung besteht, alles, was Sie sehen und alles, was Sie im Inneren fühlen, auch zu erleben. Immerzu, denn wenn Sie das nicht tun, dann kommen Sie an Ihr Ende - das 'Du', wie Sie sich kennen, das 'Du', wie Sie sich erleben, kommt an sein Ende - und Sie wollen nicht enden, Sie wollen Kontinuität. Also sind alle spirituellen Bestrebungen darauf gerichtet, diese Kontinuität zu verstärken. Es ist eine egozentrische Aktivität. Wie kann man sich durch eine egozentrische Handlung von den Aktivitäten des Selbst befreien? (Ich benütze das Wort 'Selbst' in Gänsefüßchen.) Also sind alle Ihre Meditationen, all Ihr Sadhana, alles, was Sie tun, eine egozentrische Handlung - sie verstärken das Selbst, es nimmt an Eigendynamik zu und führt Sie somit in die entgegengesetzte Richtung. Was immer Sie auch tun, um vom Selbst frei zu werden, es ist eine ichbezogene Handlung. Diese Dinge lassen sich nicht zweiteilen; das Verfahren, das Sie anwenden, um das, was sie 'Sein' nennen, zu erreichen, ist auch ein Prozeß des Werdens. Ich weiß nicht, ob ich mich klar ausdrücke. Es gibt so etwas wie Sein und Werden nicht. Sie befinden sich immer in dem Prozeß des Werdens, egal wie Sie es nennen. Daran läßt sich nichts ändern. Alles, was Sie tun, um sich in den Zustand des Seins zu versetzen, ist ein Werdevorgang. Dagegen läßt sich nichts tun. Alles, was Sie tun, um sich in diesen Zustand zu versetzen, ist ein Prozeß des Werdens - das ist alles, worauf ich hinweise.
F: Das kann niemals zu dem Seinsprozeß hinführen?
UG: Nein, denn alles, was Sie tun, jede Bewegung in diese Richtung auf jeder Ebene, ist eine egozentrische Handlung. Und die ist äußerst clever - sie hat viele Jahrhunderte lang überlebt - sie kennt alle Tricks der Welt.
F: Wie konnte diese Illusion einer Entität, genannt 'das Selbst', all diese Jahrtausende hindurch bei uns bleiben, trotz all dieser Menschen, die das bekommen haben, was immer es ist, Erkenntnis und all das?
UG: Wie? (lacht) Es ist da. Es ist da. Jedesmal, wenn Sie irgend etwas tun, sei es eine gute Tat oder eine schlechte, verstärken Sie es. Sehen Sie, wir leben alle in dieser 'Gedankensphäre', wenn ich dieses Wort benutzen darf. Was Sie aus dieser 'Gedankensphäre' mitnehmen, ist Ihre besondere Vergangenheit, Ihre Kultur. Das ist wie bei einer Antenne. Die 'Antenne' ist das Produkt der Kultur. Sie greifen die Gedanken auf, die von Vorteil für Sie sind, um das Denken zu schützen. Das Denken ist ein Schutzmechanismus. Was beschützt es? Es beschützt sich selbst. Es wird alles mögliche tun, um sein Auseinanderfallen zu verhindern. Selbst wenn Sie also die sogenannten spirituellen Bestrebungen einführen, dann verstärken Sie es nur - es geht nicht in die umgekehrte Richtung - Sie sind also auf der falschen Spur. Es gibt weder eine positive noch eine negative Betrachtungsweise. Der sogenannte negative Weg ist auch ein positiver. Jede Annäherung, alle Annäherungen, ob Sie sie nun negativ oder positiv oder sonst etwas nennen - sie sind Annäherungen. Es gibt keinen Zugang: es gibt nichts, was Sie tun können.
Sie haben die negative Betrachtungsweise gewählt, weil Sie gemerkt haben, daß sich die positiven Annäherungen als sehr frustrierend erwiesen haben. Sie glauben, daß es da einen Unterschied zwischen den beiden gäbe. Aber auch das, was Sie die 'negative Einstellung' nennen, ist eine positive Einstellung - Sie verkehren sie in eine positive Einstellung - denn das Ziel, das Sie erreichen möchten, ist ein positives Ziel. Sie wollen etwas erreichen, Sie wollen etwas vollbringen, durch eine negative Einstellung der Himmel weiß was erringen, den 'Zustand des Nichtwissens'.
Die negative Betrachtungsweise muß sich selbst durch sich selbst negieren. Das ist keine positive Einstellung mit einem positiven Ziel oder mit der Überlegung, zu irgendeiner Schlußfolgerung zu kommen. Ich negiere immer, was ich sage. Ich mache eine Aussage, aber diese Aussage bringt nicht alles zum Ausdruck, was gesagt wurde, also negiere ich sie. Sie sagen, ich würde mir selbst widersprechen. Ich bin überhaupt nicht kontradiktorisch. Ich negiere die erste Aussage, die zweite Aussage und alle anderen Aussagen auch - deshalb klinge ich manchmal sehr widersprüchlich. Ich negiere sie immerzu, und das nicht mit der Überlegung, an irgendeinen Punkt zu kommen; ich negiere einfach. Meinem Reden liegt kein Zweck zugrunde. Ich weise nur auf die grundsätzliche Situation hin, nämlich, daß Sie nicht verstehen können, worüber ich spreche. Es ist Ihnen nicht möglich, mir zuzuhören, ohne zu interpretieren, was ich sage. Ich versuche ständig, Ihnen den Bezugspunkt zu entziehen. Wenn es keinen Bezugspunkt gibt, besteht auch kein Bedürfnis mehr, mich zu verstehen, verstehen Sie das? - das sage ich die ganze Zeit über. Der alte Knabe dort spricht von 'der Kunst des Zuhörens' und dem 'wahren Zuhören', und Sie glauben, es gäbe eine bestimmte Art zuzuhören, eine Kunst des Zuhörens. So etwas gibt es überhaupt nicht. Sie haben keine Ahnung, worüber ich spreche.
Sie sind nicht in der Lage, das, was ich sage, entweder zu akzeptieren oder es zurückzuweisen. Sie akzeptieren eine Aussage, wenn sie zu Ihrem Bezugspunkt paßt und zu Ihren Vermutungen über 'Selbsterkenntnis', 'Gotteserkenntnis' usw. Der Bezugspunkt sind Sie. Da ist überhaupt nichts anderes als dieser Bezugspunkt - der Sie sind. Wenn der Bezugspunkt verschwindet, verschwinden auch Sie - und das ist das Ende von Ihnen.
Allein schon Ihr Zuhören ist Interpretation. Sie hören niemals jemandem zu; es ist Ihnen nicht möglich, irgend jemandem zuzuhören, ohne zu interpretieren. Die Interpretation ist Teil Ihrer Vergangenheit, sehen Sie, also ist es Ihnen nicht möglich, jemandem zuzuhören, ohne das zu interpretieren, was Sie hören.
Gibt es also ein anderes Zuhören? Es gibt ein Zuhören, das von Worten ganz unabhängig ist, aber das befindet sich nicht auf der bewußten Ebene. (Was nicht heißen soll, Sie seien unbewußt; das möchte ich klarstellen). Das ist ganz schlicht und einfach eine physische Reaktion auf den Ton. Der Ton setzt das Tympanum (Trommelfell) in Bewegung, also gibt es nur eine Schwingung - Sie wissen wirklich nicht, worüber er spricht. Das ist ein physiologisches Phänomen, also drücke ich das nur in physiologischen Begriffen aus, denn es ist sehr wichtig für mich, diesen Zustand in schlichten und einfachen physikalischen und physiologischen Begriffen zu beschreiben.
Würden Sie mir ein Tonband dieser Unterhaltung vorspielen, ergäbe sie für mich keinen Sinn. Gestern hörte ich einer Aufnahme zu, wie ich in Bangalore sprach - "Was sagt dieser Bursche nur? Das ist alles sinnloses Gewäsch. Ich würde diesem Kerl nicht zuhören." Dieses Tonband ist ein totes Ding. Es mögen meine Worte sein, aber für mich ergeben sie keinen Sinn. Vergessen Sie's! Verbrennen Sie es! Werfen Sie es weg! Das ist nur eine Maschine, die auf die Stimuli Ihrer Fragen reagiert. Sie haben das Problem mit den 'Antworten', die Sie schon erhalten haben; ich bin daran nicht beteiligt. Ich habe keine Verpflichtung zur Beständigkeit, ich habe keinen Standpunkt zu vertreten, keine These zu entwickeln; ich reagiere nur auf Ihren Stimulus.
Wenn Sie eine Frage stellen, wird sie sofort aufgenommen. Ich entschlüssele sie nicht einmal; sogar bevor Sie die Frage gestellt haben, ist die Antwort schon da. Das kann man tun, es ist nichts Ungewöhnliches. Wenn Sie nicht mit irgend etwas eigenem beschäftigt sind, ist das eine einfache Sache. Das ist kein Gedankenlesen; das ist nur eine Echokammer: was dort geschieht, geschieht auch hier. Sie tun das nicht. Sie wollen alles dechiffrieren, alles interpretieren.
Was ich sage, kann von Ihnen außer mit Hilfe der Gedanken nicht erfahren werden. In anderen Worten, solange die Gedankengänge da sind, solange ist es Ihnen auch nicht möglich zu verstehen, was ich sage. Wenn sie nicht da sind, dann besteht auch kein Bedürfnis mehr für Sie zu verstehen. In diesem Sinne gibt es nichts zu verstehen.
Das Leben ist eine einheitliche Bewegung, nicht zwei Bewegungen. Es bewegt sich. Es ist ein unaufhörliches Fließen, aber Sie können sich dieses Fließen nicht ansehen und sagen: "Das ist ein Fließen!" Warum sage ich dann, es sei ein Fließen? Ich benutze diese Worte nur, um Ihnen ein Gefühl dafür zu geben. Wenn Sie diese Worte aber vermittels Ihrer Konzepte und Abstraktionen interpretieren, sind Sie verloren. Wirklich, Sie haben keine Ahnung, was gesagt wird, Sie verstehen überhaupt nichts - wenn Sie das also erkennen, was passiert dann? Dann gibt es dort keine Denkbewegung. (Verstehenwollen bedeutet, da ist ein Denkvorgang.) Sie wissen wirklich gar nichts darüber, was dieser Bursche sagt. Was 'dann' passiert, ist, daß man die Sätze nur wiederholt, Satz für Satz, Wort für Wort, ohne sie zu übersetzen, ohne sie vermittels der eigenen Begriffe zu interpretieren - sein Reden ist nur ein Geräusch, und Sie selbst sind eine Echokammer - das ist alles, was passiert. Sie sind nicht da. (Wenn das 'Du' da ist, dann interpretieren Sie.) Das ist ein reines und einfaches physiologisches Funktionieren des Organismus. Weil da Leben ist, gibt es auch eine Reaktion. Die Reaktion und der Stimulus sind nicht zwei voneinander getrennte Bewegungen. Sie können die Reaktion vom Stimulus nicht trennen. (Im selben Augenblick, in dem Sie die Reaktion vom Stimulus trennen, gibt es eine Teilung, das trennende Bewußtsein ist wieder zu Gange.) Also, es ist eine Bewegung.
UG: Das Denken und das Leben sind eine ineinanderfließende Bewegung. Aber in Ihnen scheint es da ständig eine Bewegung des Denkens parallel zu der Bewegung des Lebens zu geben, die in Ihnen abläuft. Dem scheint so zu sein; ansonsten bestünde ja kein Bedürfnis für uns, hier zu sitzen und darüber zu sprechen - mir zuzuhören und zu versuchen, mich zu verstehen, das gäbe es nicht. Gäbe es in Ihnen keine Kontinuität des Denkens, dann gäbe es auch die Situation, die wir uns hier in diesem Raum geschaffen haben, nicht mehr. Sie würden bestimmt keinem Burschen zuhören wollen, der beschreibt, wie er funktioniert - warum sollten Sie das? Wenn er so funktioniert, na schön, gut so. Warum interessiert Sie das? Warum treten Sie mit ihm in Verbindung?
Solange Sie mir zuhören, sind Sie verloren. Sie hören mir zu, weil Sie verstehen wollen, worüber ich spreche. Nicht, daß das etwas Abstraktes oder Schwieriges wäre; aber Ihr Verstehen erfolgt durch das Instrument des Denkmechanismus, und der ist nicht das geeignete Instrument, das zu verstehen. Sie denken, es gäbe ein verfeinertes, empfindlicheres Instrument, genannt 'Intuition', aber es gibt kein anderes Instrument. Wenn das also nicht das richtige Instrument ist und es kein anderes gibt, dann hieße die logische Schlußfolgerung: Gibt es irgend etwas zu verstehen? Es gibt nichts zu verstehen. Wenn das Verstehen irgendwie dort....
Dieses Verstehen ist irgendwie hier. Ich weiß nicht, wie es gekommen ist - daher kann ich Sie nicht dahin mitnehmen - es hat keine Ursache. Sie wollen die Ursache herausfinden, weil Sie möchten, daß es in Ihnen geschieht; ansonsten wären Sie an der Ursache nicht interessiert.
Also geht es nicht darum, mich zu verstehen; es ist nicht möglich, mich zu verstehen. Es ist einfach nicht möglich, zu verstehen. Das einzige, das Sie verstehen können, liegt innerhalb dieses Rahmens und dieses Bezugspunktes. Sie glauben, je mehr Sie mir zuhören, desto klarer würden Ihnen diese Dinge werden; aber die Klarheit der Gedanken macht es nur schwieriger zu verstehen, worüber ich spreche. Also kommen Sie Jahr für Jahr zurück und glauben, daß Ihnen die Dinge immer klarer würden; was aber tatsächlich geschieht ist, daß die Möglichkeit zerstört wird, etwas zu verstehen.
Es gibt nichts zu verstehen - dieses Verstehen ist irgendwie da, und wie es zustande kam, das weiß niemand, und es gibt keine Möglichkeit, Sie das erkennen zu lassen, und Sie fragen: "Warum sprechen Sie?" Sie kommen hierher.
So lange Sie glauben, Sie würden mehr und mehr sehen, solange, sage ich, sehen Sie gar nichts. J. Krishnamurti sagt: "Sehen ist das Ende." Wenn Sie sagen, Sie hätten gesehen, dann haben Sie nicht gesehen, denn Sehen bedeutet das Ende der Struktur, die das behauptet. Es gibt kein Sehen, von dem Sie wissen könnten. Mit anderen Worten, es gibt kein Sehen. Solange Sie glauben, Sie könnten das hier besser verstehen und die Welt um Sie herum klarer sehen, sage ich, daß Sie nichts sehen und nichts verstehen werden. Diese Unterhaltung wird Sie nirgendwohin bringen. Mein einziges Interesse ist, das zu beenden.
Der Unterschied zwischen Ihnen und mir ist, daß Sie versuchen zu verstehen. Die Abwesenheit dessen, was dort geschieht, ist das, was hier ist. Diskussionen tragen nur zur Verwirrung bei - sie sind vollkommen nutzlos. Ich kann nur auf das Hindernis hinweisen, das ist alles.
F: Ist das eine Art Vorbereitung?
UG: Das ist es nicht. Ich wiederhole unaufhörlich: "Nachfragen sind zwecklos", aber Sie wollen die Techniken, die Sie im Leben gelernt haben, auf dieses anwenden. Sie sagen: "Der Buddha saß unter einem Baum und sagte, er würde sich nicht bewegen." Er hatte alles getan und erkannt, daß ihm nichts helfen konnte. Er wußte, daß ihm nichts helfen konnte, und wahrscheinlich ist dann etwas passiert. Sie argumentieren: "Er tat das, warum kann ich also nicht demselben Weg folgen?", aber für Sie ist es vollkommen anders. Sie sind nicht in dieser Lage; Sie hoffen immer noch, daß etwas passiert. Der Punkt ist, daß es nichts zu verstehen gibt.
F: Wenn Sie sagen. "Ich weiß gar nichts", bedeutet das, daß Sie wissen?
UG: Sehen Sie, es ist nicht so, als ob ich wüßte, daß ich mich in einem Zustand des Nichtwissens befinde; Die Aussage: "Ich weiß gar nichts" ist ein Ausdruck dieses Zustandes. Es ist nicht so, daß ich zu mir selbst sage, daß ich nicht weiß, was ich ansehe; dieser Zustand bringt den Ausdruck "Ich weiß nicht" hervor - das ist der Ausdruck, die Beschreibung des Zustandes selbst. Es ist nicht so, daß da jemand ist, der sagt: "Ich weiß nicht"; der Zustand selbst sagt von alleine: "Ich weiß wirklich gar nichts hierüber." So ist es!
F: "Es ist so" klingt wie eine dogmatische Behauptung.
UG: Wenn alle Versuche und Anstrengungen Ihrerseits daran scheitern, das, was gesagt wird, in Ihren logischen, rationalen Rahmen einzubauen, dann muß ich sagen, daß Sie in keiner Weise verstehen können, worum es hier geht; es liegt außerhalb der Logik, es geht über die Rationalität hinaus, es ist so. Sie können die Aussage, daß ich überhaupt nichts darüber weiß, akzeptieren oder sie zurückweisen. Das ist keine positive Feststellung. Sie können es niemals erfahren. Versuchen Sie es nicht! Das wird Ihnen überhaupt nicht helfen. Das ist so. Da gibt es keine zwei Wege. Nicht, daß ich dogmatisch wäre. Es ist keine dogmatische Aussage. Ich weiß wirklich gar nichts. Es ist so, weil Sie, d.h. die Struktur, die Sie sind und die zu verstehen versucht, es nicht verstehen wird - in diesem Sinne ist das so. Und so ist es hier: ich kann gar nichts davon verstehen. So ist es hier, also muß es auch dort so ein. Es ist dort nicht so, weil Sie immer noch etwas zu verstehen und erfahren suchen, das Sie niemals verstehen werden.
Hier gibt es eine Verständigungsschwierigkeit. (Wir benutzen ganz einfaches Englisch. Sie [die Weisen der Upanishaden] sprachen zu einer Zeit, als die Worte eine ganz andere Bedeutung hatten - es gab keine Tonbänder und keine Stenographen; ihre Schüler hörten zu und gaben die Worte weiter). Daher frage ich oft: "Was ist denn meine Lehre? Bitte sagen Sie es mir." Ich weiß gar nichts über meine Lehre. Ich weiß gar nichts über meinen Zustand - ich weiß, daß ich nichts wissen kann - es gibt diese Beschränkung. 'Es' hat seine eigene Beschränkung, und es hat diese Beschränkung verstanden. Es kann dies überhaupt nicht erfahren - das ist alles, was ich sage. Da ich überhaupt nichts über meinen Zustand weiß, kann ich weder eine positive noch eine negative Aussage machen, denn sowohl positive wie auch negative Feststellungen liegen innerhalb des Feldes, das zum Denken gehört. Aber Sie sagen ja eine Menge über meinen Zustand: Sie scheinen eine Menge mehr darüber zu wissen, als ich das tue. Wie können Sie irgend etwas über meinen Zustand sagen? Sie sagen gar nichts über meinen Zustand; das ist alles nur eine Interpretation dessen, was ich sage. Sehen Sie, allein schon Ihr Zuhören ist eine Interpretation. Sie können dem, was ich sage, nicht zuhören. Wenn Sie sich in dem Zustand befinden, wo es nur ein Echo dessen gibt, was ich sage, das die Worte wiederholt, ohne sie zu verstehen, dann wissen Sie wirklich nicht, worüber dieser Bursche da spricht, und Sie versuchen erst gar nicht, ihn zu verstehen. Wenn da irgendein Hören wäre, dann wäre all das, was Sie sagen, nicht vorhanden - darum sage ich, daß Sie nicht zuhören.
Ich erkläre Ihnen die einfache Tatsache, daß Sie das, was ich sage, gar nicht hören können. Was immer Sie aus Ihrem Hören machen, es ist Ihr eigenes Hören und nicht das, was ich sage. Was ich sage, wissen Sie nicht, und ich weiß es nicht (Gelächter). Ich sage gar nichts dagegen; ich sage nur, daß Sie nicht hören, weil Sie nicht hören können. Sie können nicht zuhören, also versuchen Sie es nicht! - das ist alles, was ich sage.
Was ich sage, besitzt keine Logik. Wenn es eine Logik besitzt, dann ist es seine eigene Logik - darüber weiß ich nichts. Aber Sie müssen mich notwendigerweise in die logische Struktur Ihres Denkens einfügen, sonst gerät diese logische Struktur, das rationale Ding, an ihr Ende. Sehen Sie, Sie müssen rationalisieren - das ist, was Sie sind. Aber das hat nichts mit Rationalität zu tun, das hat nichts mit Ihrer Logik zu tun - was aber nicht heißen soll, daß es unlogisch oder irrational wäre.
Was wollen Sie verstehen? Es gibt nichts zu verstehen - das ist das Verständnis, von dem ich spreche. Wenn Sie verstehen, worum es bei dem geht, worüber ich spreche, dann sind Sie schon da. Es wird etwas Neues sein, etwas vollkommen Neues. Sie werden ihm auf eine vollkommen neue Weise Ausdruck verleihen. Sie werden nicht das wiederholen, was der Buddha sagte, was Jesus sagte, was JK sagte, oder was sonst ein Krishnamurti sagt. Es wird neu sein, und es wird sich auf eine vollkommen andersartige Weise zum Ausdruck bringen. Wie es sich ausdrücken wird, weiß ich nicht, das wissen Sie nicht und auch niemand sonst. Wenn andere mich in ihren Rahmen pressen wollen, ist das ihre Sache; wir haben kein persönliches Interesse daran.
Sie werden mich wahrscheinlich in irgendeinen Rahmen pressen und in dieses: der Soundso hat das vor ihm auch schon gesagt - das ist mein Los, wo immer ich hinkomme. Krishnamurtianhänger kommen, Ramana Maharshi-Leute kommen, andere kommen, und alle sagen sie: "Sie sagen ja das gleiche!" Woher zum Teufel wollen Sie wissen, daß ich das gleiche sage? Zuerst einmal müßten Sie wissen, worüber er spricht und was dahinter steckt, und dann können Sie damit anfangen, das, was ich sage, mit dem zu vergleichen, was er sagt. Ich sage nichts dergleichen.
Ich vergleiche mich mit niemandem. Warum sollte ich mich mit den Weisen, Heiligen und den Rettern vergleichen? Das wäre die größte Tragödie meines Lebens, nicht wahr? Ich vergleiche mich überhaupt nicht. Was ich sage, ist nicht dasselbe wie das, was schon vorher gesagt wurde. Nein. Woher ich das weiß? Sehen Sie, Sie versuchen, mich in Ihren Rahmen zu stecken. Sie müssen das notwendigerweise tun. Wenn Sie das nicht tun würden, kämen Sie an Ihr Ende - das ist ein gefährlicher Punkt. Also müssen Sie mich vollkommen ablehnen und sagen: "Der erzählt Unsinn, Blödsinn, Quatsch!", oder Sie müssen mich in Ihren speziellen Hintergrund einpassen, oder in den Rahmen von irgend jemand anderem, und sagen: "Er sagt das gleiche" - sonst würden die Talmigötter, die Sie aus jemandes Lehren aufgebaut haben, gestürzt. Sie müssen das notwendigerweise tun - entweder das eine oder das andere.
F: Sir, was ist Ihre Botschaft?
UG: Sie ist ganz einfach. Sie werden hier gar nichts bekommen. Sie verschwenden Ihre Zeit. Packen Sie ein und gehen Sie! Das ist meine Botschaft. Ich habe nichts zu geben, und es gibt nichts für Sie, um es mitzunehmen. Wenn Sie weiterhin hier sitzen, verschwenden Sie nur Ihre Zeit. Das einzige, das Sie tun müssen, ist, aufzustehen und zu gehen. Wenn Sie immer noch glauben, ich könnte Ihnen etwas geben, werden Sie hier sitzen müssen bis in alle Ewigkeit. Ich habe nichts zu geben. Es ist nichts da, um es zu geben.
Ich bin nicht im 'Heiligen Geschäft!' Ich will nicht ein Ding, ich habe nichts zu geben, also gibt es hier auch keinen Vertragsbruch. Nichts - ich will gar nichts. Vielleicht glauben Sie, daß ich über Selbsterfüllung spreche - wenn ich das tue, dann wird das meine Tragödie, mein Elend sein - Sie sind draußen; Sie sind nicht daran interessiert, sich an meiner Tragödie zu beteiligen.
F: Sind Sie zum Lokasangraha (Weltverbesserung) da?
UG: Ich bin nicht wegen Lokasangraha hier; ich schere mich keinen Deut um Sie; ich weiß, daß Sie verloren sind. Wenn Sie glauben, daß etwas geschehen würde und hier Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr herumsitzen und warten, bis das Reich Gottes erscheint, so wird hier immer noch kein Reich Gottes erscheinen. Gehen Sie, wohin Sie wollen und tun Sie, was Sie wollen. Ich sage es Ihnen ganz klar, überdeutlich, und in klarer, unmißverständlicher Sprache, daß es nichts gibt, was es jetzt oder zu irgendeinem anderen Zeitpunkt mitzuteilen gäbe. Ich bin wirklich überrascht, daß Sie trotz dieser ausdrücklichen Feststellung immer noch hier herumsitzen. Es ist Ihre Beerdigung. Sie jagen etwas hinterher, das es nicht gibt. Es gibt nichts, das transformiert, nichts, das verändert und nichts, was verstanden werden könnte. Solange Sie so sein wollen wie ich, werden Sie das bleiben, was Sie sind und die gleichen Fragen stellen. Sie werden die gleiche Antwort erhalten - die die Antwort auf alle Fragen ist: "Hören Sie damit auf, Fragen zu stellen!"
F: Wie, meinen Sie, sollten die Menschen sein?
UG: Sie können gar nicht anders sein, als sie es sind. Ein Mörder wird ein Mörder bleiben - natürlich wird er dafür bezahlen müssen. Sie haben das Morden verboten, dabei nimmt es aber immer weiter zu. Ich sehe in Ihnen den Mörder lauern. Wenn Sie das nicht bekommen können, was Sie wollen, und jemand steht dem im Wege, was Sie haben wollen, und Sie wollen es unbedingt haben, dann werden Sie nicht zögern, diesen Menschen mit allen Mitteln zu entfernen - das ist alles. All Ihr Gerede über Kultur will gar nichts heißen. Die ganze Kultur ist auf der Grundlage des Tötens und Getötetwerdens aufgebaut - Sie lehren das sogar in den Universitäten. Ich habe keine Angst vor Ihnen. Sie können mich umbringen - es steht Ihnen frei.
Sie können nicht anders sein, als Sie es sind. Was immer Sie auch versuchen mögen, um sich zu ändern, es wird Ihnen nicht gelingen. Hören Sie damit auf, vor sich selbst wegzulaufen! Wozu sollte es gut sein, wenn ich das sage? Es wird überhaupt nichts nützen, weil Sie nicht aufhören werden. Ich sage Ihnen, daß Sie damit aufhören sollen. Sie sind nicht sicher: "Vielleicht gibt es doch etwas, was man tun kann." Ich bin mir dessen sicher, daß Sie keine Handlungsfreiheit besitzen. In diesem Sinne gehe ich noch einen Schritt weiter und sage, daß Sie genetisch kontrolliert sind. Natürlich werden Sie sagen, daß diese Behauptung eine Theorie sei. Sie haben diese Hoffnung, daß Sie etwas tun könnten. Es gibt viele Menschen in dem 'Heiligen Geschäft', die Ihnen versichern, daß Sie etwas tun könnten, also werden Sie zu ihnen gehen - so einfach ist das. Meine Gewißheit bleibt bestehen. Sie nennen das eine 'Theorie'. Nun gut - gehen Sie und versuchen Sie Ihr Glück. Am Ende werden Sie für sich selbst und durch sich selbst herausfinden: "Der Mann hatte recht!" Ich werde mein Lied singen und gehen.
Von meiner Seite aus ist das ganz klar. Es gibt so viele Menschen, die behauptet haben, sie könnten Ihnen helfen - Sie täten gut daran, zu ihnen zu gehen und Ihr Glück zu versuchen. Aber ich möchte diese Warnung aussprechen (wie die gesetzlich vorgeschriebene Warnung auf den Zigarettenpackungen): Sie werden von niemandem irgend etwas bekommen, denn es gibt nichts, was man bekommen könnte. Darum sage ich, daß die Frage, ob X oder Y erleuchtet ist oder nicht, sich gar nicht stellt, da es so etwas wie Erleuchtung überhaupt nicht gibt. Sie sind genau wie all diese anderen Ihnen gleichgesinnten Menschen, die hinter diesen Dingen her sind, das ist alles. Das ist Ihre Projektion und Ihre Ideenbildung, die Sie über diese Menschen haben, das ist alles, was ich sage. Da mag es, außer dem, das Sie auf sie projiziert haben, gar nichts geben.
F: Ist ein Mensch, der sich im natürlichen Zustand befindet, voller Mitgefühl?
UG: Das ist Ihre Projektion; diese Menschen sind gefühllos, gleichgültig und unbeteiligt. 'Mitgefühl' ist einer der Tricks, die zu den Verkaufstrategien des 'Heiligen Geschäfts' gehören. Glauben Sie, dieses Individuum sei sich dessen bewußt, daß es voller Mitgefühl ist? Wenn es das ist, dann ist es nicht Mitgefühl. Sie geben den Dingen diesen Namen. Wie funktioniert das? Sagen Sie es mir. Welche Art Mitgefühl sehen Sie in ihm? Es ist Ihre Vermutung, daß ich mitfühlend sei.
Das ist nichts, über das man sprechen und das man loben könnte. Wenn Sie eine Organisation aufbauen, dann werden neunzig Prozent dessen, was sie einnimmt, für die Verwaltung draufgehen. Es gibt hier in Amerika so viele Organisationen - all die reichen Gesellschaftsdamen gehen hin und treiben Spenden ein, und neunzig Prozent davon kommen der Verwaltung zugute. Das ist alles, was Sie tun können; Sie werden die Welt nicht ändern. Sie sind nicht berufen, die Welt zu ändern.
Ich bin nicht daran interessiert, die Gesellschaft zu verändern. Was ich sage, besitzt überhaupt keinen sozialen Gehalt. Was stimmt nicht mit dieser Welt? Warum wollen Sie die Welt verändern? Dies ist eine außergewöhnlich schöne Welt! Sie wollen die Welt verändern, damit Sie in einer Welt Ihrer eigenen Ideen leben können. Das eigentliche Problem ist, daß Sie sich selber ändern möchten, und weil Ihnen das nicht gelingen kann, versuchen Sie die Welt zu ändern, damit Sie die Welt in Ihre eigene Schablone einpassen können.
F: Gibt es denn dort keinen sozialen Gehalt? Die Leute reden von Lokasangraha. Das bedeutet, daß die Gegenwart eines Menschen, der zur Erkenntnis gelangt ist, purifiziert. Von ihm gehen reine Schwingungen aus, und die Atmosphäre wird gereinigt.
UG: Wird sie das? Ist das wirklich so? Im Namen des Mannes, der davon gesprochen hat, daß du deinen Nachbarn lieben solltest wie dich selbst, wurde mehr Blut vergossen als in allen andern Kriegen der Neuzeit zusammengenommen. Nennen Sie das den 'sozialen Gehalt'? Sie wollen ein guter Mensch sein, ein netter Mensch, ein unschuldiger Mensch und all dieses Zeug; Sie wollen etwas anderes sein - immer morgen oder übermorgen - aber selbst dann werden Sie genau dasselbe sagen - im nächsten Leben. Das ist es, was all diese Lehrer Ihnen versprechen (und sie versprechen das nur) - ein nächstes Leben. Bis dahin ist er im Geschäft, er ist abgesichert. Wenn er sagt, daß es da nichts gibt, dann verlassen Sie ihn. Darum muß ich mir keine Sorgen machen: Sie werden auf jeden Fall weggehen, denn das, was Sie hierher bringt, wird Sie mit Sicherheit woanders hinführen. Sie sind daran interessiert, etwas zu bekommen, Sie werden es nicht bekommen. Es gibt da falsche Hoffnungen und Versprechungen. Ich mache keine falschen Hoffnungen und Versprechungen. Aber Sie haben sich Hoffnungen gemacht, und so machen Sie immer weiter und weiter - es ist wie der Ritt auf dem Tiger, Sie können nicht mehr herunter.
Es gibt keine Reise. Beide machen sich etwas vor - diejenigen, die vorgeben, Sie auf die Reise mitzunehmen und die, die es versuchen. Mit mir können Sie nicht gehen. Wie könnten Sie mit mir gehen? Sie haben solche Angst vor den Steinen und Dornen da draußen, daß Sie einen geübten Führer suchen. Ich selbst kenne das Terrain auch nicht. Haben Sie noch nie das Sprichwort gehört, das Sie davor warnt, jemals mit einem Manne zu wandern, der Sandalen trägt, weil er immer auf Dornen geht? Sie werden in Schwierigkeiten geraten. Ich selbst kenne das Terrain nicht. Ich gehe einfach.
Sie können von so vielem sprechen - Binsenwahrheiten wie "Sei gut. Sei weise." Aber das hat überhaupt keinen sozialen Gehalt: das kann nicht benutzt werden, um die Welt zu verändern, die Welt zu reformieren, einen neuen Menschen, eine neue Welt zu schaffen - all das ist leeres Gerede. Vielleicht tun es manche Menschen wirklich, um anderen zu helfen - das ist ist in Ordnung - tun Sie irgend etwas - wenn es funktioniert, dann ist es gut. Aber so etwas vorzuschlagen, während man genau weiß, daß es nicht funktionieren wird, ist nicht richtig - "Laßt uns Ihnen ein paar neue Spielsachen geben, all die traditionellen Sachen haben nicht funktioniert, also sind hier in paar neue Spielsachen, extra aus Japan importiert" (oder der Himmel weiß, woher sonst). Was tun Sie? Sie tun überhaupt nichts; Sie wiederholen jetzt neue Sätze, neue Worte, neue Redewendungen - das ist alles, was Sie tun.
Sie akzeptieren die Tatsache nicht, daß all dies eine Verunreinigung des Bewußtseins ist. Was immer Sie als heilig und außergewöhnlich betrachten - das Buddhabewußtsein, das Christusbewußtsein, das Krishnabewußtsein - ist eine Verunreinigung des Bewußtseins. Es muß sich selbst reinigen: all das, all dieser Unrat - alles, was heilig ist - muß gehen. Wenn das nicht mehr da ist, dann sind Sie sich selbst. Ansonsten besteht da eine Abhängigkeit. Sie erleben etwas Außergewöhnliches und gründen eine Organisation, Krishnabewußtsein oder so etwas. Diese Organisationen sammeln zwanzig Millionen Dollar ein und veröffentlichen Bücher, so daß sie diese dummen Dinge an die anderen weitergeben können, um sie das auch erleben zu lassen.
F: Gibt es einen Unterschied, ob man hierher kommt oder in eine Kirche geht?
UG: Im Grund ist die Motivation die gleiche: Sie suchen nach einem neuen Lehrer, einer neuen Bibel, einer neuen Ordnung, einer neuen Kirche - das ist alles, was Sie tun können. Im Grunde ist es immer noch dasselbe: Sie haben sich keinen Schritt von der katholischen Kirche entfernt. Wenn die Religiosität alles ist, woran Sie interessiert sind, dann besteht kein Grund dafür, woanders als im Christentum zu suchen. Die tiefgründigen Aussagen der großen Lehrer sind in den diversen Religionen nicht verschieden. Damit will ich sagen, daß es gar nichts bedeutet, sich nach fremden Ländern und Religionen umzuschauen. Sie lernen neue Techniken, neue Systeme, neue Phrasen, dann beginnen Sie im Sinne dieser neuen Sprache zu denken und zu sprechen, und Sie fühlen sich wahrscheinlich gut dabei, aber im Grunde bedeutet das alles gar nichts.
F: Sie haben alle meine jungen Träume zerschlagen.
UG: Seien Sie sich dessen nicht zu sicher; die sind immer noch da. Es gibt da einen sehr wirksamen Kitt: wenn es einen kleinen Sprung in Ihrer Struktur gegeben hat, werden Sie den schnell wieder zukitten. Er ist sehr mächtig, er hat die Dynamik von Millionen Jahren hinter sich. Er kennt alle Tricks - er kann jeden Trick erfinden, um an Dynamik zuzunehmen. So ist seine Natur. Es gibt nichts, was Sie deswegen tun könnten. Sie können das vierzig Jahre lang diskutieren, aber ich verspreche Ihnen, das bringt Sie nirgendwohin. Wenn jemand Ihnen glauben macht, Sie könnten irgendwohin kommen, dann führt er Sie aufs Glatteis. Vielleicht ist er sogar aufrichtig. Mißtrauen Sie allen aufrichtigen Menschen! Werfen Sie sie hinaus. Auf diesem Gebiet gibt es keinen, der es ehrlich meint. Es gibt keine Vermittlung, die Ihnen helfen könnte.
F: Sie tun die Lehren der Swamis (heiligen Männer) als vollkommen unbrauchbar ab?
UG: Das tue ich nicht;ich sage Ihnen: "Gehen Sie zum Swami, und er wird Ihnen etwas geben. Er wird Ihnen das geben, was Sie wollen. Viel Glück!" Das ist alles. Ich sage Ihnen, daß Sie 'das' überhaupt nicht bekommen werden; es ist nichts, was Sie bekommen können. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Ich weiß ganz genau, daß es nichts ist, das Sie oder sonst irgend jemand erhalten oder das irgend jemand geben könnte. Ich kann es nicht geben. Wenn da jemand ist, der das verspricht, dann verspricht er das nur, und er wird Sie auf eine lange Irrfahrt mitnehmen. Er führt Sie nur hinters Licht. Es kann die Ware nicht liefern, also sagte er "Nächstes Leben" oder "In zehn Jahren", so ist er sicher.
F: Was raten Sie uns? Was sollten wir tun?
UG: Ich rate Ihnen gar nichts. Mein Problem ist, daß ich wirklich nicht weiß, wer Sie sind - ich kann Ihnen in dieser Sache nicht helfen - Sie müssen es mir sagen. Wer sind Sie? Warum glauben Sie, Sie seien von mir verschieden? Ich bin nicht anders als Sie - das kann nicht sein.
Das kann Sie nicht interessieren. Wie ist es möglich, daß Sie das interessiert? - das ist meine Frage. Wie können Sie an so etwas interessiert sein? Woran Sie wirklich interessiert sind, ist etwas vollkommen anderes, eingebildetes Zeug, Phantastereien. Sie mögen in allen möglichen Phantasien schwelgen - das ist Ihre Sache. Wenn es nicht diese ist, dann werden Sie sich für eine andere Phantasterei interessieren. Wie könnten Sie daran interessiert sein, sich selbst zu liquidieren? - das ist meine Frage. Alles, was Sie kennen - das 'Sie', wie Sie sich kennen, das 'Sie', wie Sie sich selbst erleben - ist an Fortdauer interessiert. Es kennt alle Tricks. Das können Sie nicht schlagen.
Die Leute stellen diese Frage - alle Fragen reduzieren sich auf diese eine Frage - "Wie? Wie bekomme ich das, was Sie haben? Wie?" Und durch das 'Wie?' etabliert sich die Struktur aufs Neue und gewinnt ihre Kontinuität. 'Wie?' Es gibt kein 'Wie'; diese Swamis werden Ihnen helfen.
F: Die Menschen, die für längere Zeit bei Ihnen bleiben, sind im großen und ganzen nicht die Art Menschen, mit denen ich besonders gerne zusammen wäre. Die Verbindung mit Ihnen scheint einen Mangel an Großzügigkeit zu fördern, Kälte und Überheblichkeit. Ich mag Menschen, die warm, aus sich herausgehend und herzlich sind.
UG: Ich bin an diesem ganzen Gebiet der Selbstdarstellung nicht interessiert, wie mit den eigenen Gefühlen in Kontakt zu treten, Hemmungen zu überwinden usw; Ich reagiere auf das, dessentwegen die Menschen mich besuchen kommen, den natürlichen Zustand. Wenn die Leute an psychologischer Veränderung interessiert sind, sogenannter Bewußtseinserweiterung und all dem, dann sollen sie in Encountergruppen gehen oder zu Psychiatern und sich damit beschäftigen, was ich den Freudschen Schwindel nenne. Im Endeffekt wird ihnen ihre sogenannte Entwicklung kein Glück bringen, ebensowenig wie ihr verbessertes Sexualleben (falls sich ihr Sexualleben verbessert); bestenfalls werden sie es einfach gelernt haben, auf eine neue und bereichernde Weise unglücklich zu sein. Damit befasse ich mich nicht; mein Interesse liegt auf dem Gebiet, dessentwegen sie mich in erster Linie aufsuchen. Mein Interesse ist es, sie auf die völlige Unmöglichkeit dessen hinzuweisen, auch nur irgend etwas tun zu können, um den natürlichen Zustand zu erreichen.
Die Leute, die kommen, um mich zu sehen, bleiben sowieso nicht sehr lange. Sie kommen ein paar Mal oder lungern ein paar Monate lang herum, dann gehen sie entweder zu ihrem gewöhnlichen Leben zurück, oder sie gehen weiter zu einem der Burschen, der ihnen verspricht, was sie suchen. Manche werden Anhänger von Bubba Free John, dem neuesten amerikanischen Avatar. Wie auch immer, mir ist es recht.
Aber eines werde ich niemals tun - sie betrügen. Ich werde niemals auf irgendeine Weise suggerieren, daß ich ihnen irgend etwas geben könnte. Ich werde sie niemals in eine faule blödsinnigen Idee darüber hineinziehen, wie man undifferenzierte Bewußtheit übt oder daß der Beobachter dasselbe sei wie das Beobachtete und dergleichen mehr.
F: Also ist es okay für Sie, wenn Ihre Anhänger trübselig und verklemmt sind?
UG: Alles ist okay für mich. Wenn Sie eine Million Dollar und acht Freundinnen haben, ist das okay für mich. Wenn Sie einsam sind und unangenehm, keinen Pfennig besitzen und an Krebs sterben, dann ist das auch okay für mich. Ich bin mit allem, so wie es ist, völlig zufrieden. Ich bin zufrieden mit Elend, Armut und Tod; ich bin auch zufrieden mit Wohlstand und psychologischer Erfüllung. Ich meine, daß eine Lösung für Ihre wirklichen Probleme auf jeden Fall nicht möglich ist, ohne daß Sie diese Art biologischer Transformation durchmachen, die mir zugestoßen ist. Was aber nicht heißen soll, daß ich mich deswegen Ihnen oder sonst jemandem überlegen fühlte; der Gedanke der Über- oder Unterlegenheit kommt mir niemals in den Sinn. Die vollkommene Abwesenheit einer solchen Idee ist eine der Charakteristika dieses ganzen Transformationsgeschäftes.
F: Wenn Sie Ihre Lehre in einem Satz zusammenfassen würden, wie würde der lauten?
UG: Der Satz hieße: "Ich kann Ihnen nicht helfen."
F: Und doch kommen die Menschen, um Sie zu sehen, sowohl hier in der Schweiz, als auch in Indien. Sie müssen Ihnen wohl auf irgendeine Weise helfen, oder Sie müssen glauben, daß Sie Ihnen irgendwie helfen können, sonst würden sie doch nicht kommen.
UG: Einige kommen aus Neugier. Aber denen, die kommen, weil sie mich im Ernst verstehen wollen, kann ich nur sagen, daß ich nichts zu sagen habe. Ich kann überhaupt niemandem auch nur in irgendeiner Weise helfen, noch kann das jemand anderer. Sie brauchen keine Hilfe; im Gegenteil, Sie müssen vollkommen hilflos sein - und wenn Sie versuchen, diese Hilflosigkeit durch meine Hilfe zu erreichen, dann sind Sie verloren.
F: Können Sie über den Unterschied sprechen, der zwischen Ihrem Zustand und dem der meisten anderen Menschen besteht?
UG: Ich denke, der ist ganz gering; er liegt nur in einer Haaresbreite.
F: Aber Ihr Körper hat biologische Veränderungen durchgemacht.
UG: Ja, aber ich habe kein Geheimnis an einer versteckten Stelle verborgen. Ich habe nichts anzubieten. Ich kann nur die Zusicherung bieten, daß jedes Nachforschen, wie auch jede philosophische Diskussion, nutzlos ist, daß kein Dialog möglich ist, und daß Ihre Fragen, wie die von jedem anderen, keinerlei Zweck dienen. Verstehen in dem Sinne, wie ich es meine, ist der Seinszustand, in dem es die Fragen nicht mehr gibt.
F: Sie meinen, es ist ein Zustand des Nichtdenkens?
UG: Es ist ein Zustand, in dem Denken und Leben nicht zweierlei, sondern nur eines sind. Es ist kein intellektueller Zustand; es ist eher ein Zustand des Fühlens (obwohl ich das Wort 'Fühlen' in einem anderen Sinne gebrauche, als Sie es tun) Es ist ein Zustand des Nichtsuchens. Der Mensch ist immer auf der Suche nach etwas - Geld, Macht, Sex, Liebe, mystische Erfahrungen, Wahrheit, Erleuchtung - und dieses Suchen ist es, was ihn aus seinem natürlichen Zustand heraushält. Und obwohl ich mich in einem natürlichen Zustand befinde, so kann ich doch niemandem helfen, denn es ist mein natürlicher Zustand und nicht seiner.
F: Wollen Sie damit sagen, daß in mir, wenn ich aufhöre zu suchen, eine Veränderung stattfinden wird?
UG: Ja, das wird sie. Und wenn ich gesagt habe: "Ja, sie wird", was dann? Welchen Wert hat meine Zusicherung für Sie? Überhaupt keinen - sie ist vollkommen wertlos - also hören Sie mir oder anderen nicht zu! Anderen Leute zuzuhören ist das, was Sie Ihr ganzes Leben lang gemacht haben - es ist die Ursache Ihres Unglücklichseins. Sie sind einzigartig. Es gibt keinen Grund dafür, daß Sie wie ein anderer sein wollen. Sie können sowieso nicht so sein wie er. Dieses Wollen - zuhören wollen, verstehen wollen, so wie ein anderer sein wollen - ist dadurch entstanden, weil die Gesellschaft daran interessiert ist, den perfekten Menschen zu schaffen - das ist unser Problem. Alles, was wir tun können, ist, wir selbst zu sein, und keiner kann Ihnen helfen, das zu sein. Jemand kann Ihnen beibringen, wie man Ski fährt oder ein Auto repariert, aber er kann Ihnen nichts Wichtiges beibringen.
F: Nicht einmal der Buddha oder Christus?
UG: Warum geben Sie sich mit diesen Burschen ab? Sie sind tot. Sie sollten sie in den Fluß stürzen. Aber das tun Sie nicht. Sie fahren damit fort, irgend jemandem zuzuhören (es ist gleichgültig, wem) und Sie hoffen weiterhin, daß Sie irgendwie, morgen oder übermorgen, aus dem Karussell herauskämen. Sie hören auf Ihre Eltern und die Lehrer in der Schule, und die sagen Ihnen, Sie sollten gut und pflichtbewußt und nicht zornig sein und dergleichen, aber das bringt nichts, also machen Sie weiter und lernen Yoga, bis dann, wie es gegenwärtig der Fall ist, ein alter Kerl kommt und Ihnen sagt, Sie sollten wahllos gewahr sein. Oder vielleicht finden Sie einen im 'Heiligen Geschäft', und er tut Wunder - er produziert irgendwelchen Plunder aus der Luft, und Sie fallen darauf herein - vielleicht sieht er Sie an, und Sie sehen ein blaues Licht oder ein grünes Licht oder ein gelbes Licht oder der Himmel weiß was, und Sie hoffen, er wird Ihnen dabei helfen, Erleuchtung zu erleben. Aber er kann Ihnen nicht helfen. Es ist nichts, das eingefangen und festgehalten werden kann und dem sich Ausdruck verleihen ließe. Ich weiß nicht, ob Sie die völlige Hilflosigkeit der Situation erkennen und wie er (wenn irgend jemand denkt, er könne Ihnen helfen) Sie notwendigerweise in die Irre führen wird und wie er, je weniger falsch und um so mächtiger und aufgeklärter er ist, Ihnen desto mehr Elend und Unheil bereiten wird.
F: Haben Sie irgendein Interesse an der Frage der Reinkarnation?
UG: Ich bin mehr an der Frage interessiert: "Sind Sie geboren?" Können Sie mir das sagen? Sie selber - können Sie sicher sein, daß Sie geboren wurden? Können Sie Ihre eigene Geburt erleben? Sie können es nicht. Sie können die Geburten von anderen und den Tod von anderen erleben, und Sie denken, daß Sie eines Tages Ihren eigenen Tod erfahren werden. Ihre Struktur, die daran interessiert ist, Ihren eigenen Tod und Ihre eigene Geburt zu erleben, wird nicht da sein. Also hat das Leben als solches keinen Beginn und keine Ende; es ist eine anfangslose und endlose Bewegung, und Sie sind nur ein Ausdruck hiervon. Sie sind nur ein Ausdruck des Lebens, wie ein Vogel oder ein Wurm oder eine Wolke.
F: Aber mit dem einzigartigen Unterschied, daß ich meiner selbst bewußt bin, und der Wurm ist es nicht.
UG: Sie sind sich Ihrer selbst durch das Denken bewußt (damit meine ich nicht nur das bewußte Denken, sondern die Konditionierung, die das Leben, das durch Sie hindurchgeht, in Gefühle, in Freude und Schmerz, umwandelt). Und dieses Denken ist nicht Ihres; das ist das, was Sie von anderen gelernt haben, es ist aus zweiter Hand, es gehört jedem. Sie gehören jedem. Warum akzeptieren Sie also das natürliche Ding nicht? Wenn Sie das natürliche Ding akzeptieren, dann fällt alles in seinen natürlichen Rhythmus: es gibt nichts zu tun, es gibt nichts zu kontrollieren, es gibt nichts zu fragen. Sie müssen gar nichts tun. Sie hören auf.
F: Nun, man kann nicht einfach auf einem Hügel sitzen und verrotten.
F: Nun, das ist es, was ich tue.
UG: Sie verrotten immer weiter, gleichgültig wo Sie sind. Nicht notwendigerweise auf einem Hügel; das Verrotten findet inmitten all Ihrer Aktivitäten statt. Und Ihr Hauptgedanke dabei ist, Sie könnten eines Tages irgendwie, durch irgendein Wunder oder durch die Hilfe von irgend jemandem, etwas dagegen tun. Sie können gar nichts dagegen tun, sehen Sie's ein. Keine Wunder! Niemand kann Ihnen helfen!
F: Also, wenn niemand helfen kann...
UG: Und Sie wissen nicht, wie Sie sich selbst helfen können - das ist der Punkt. Wissen Sie, das sind nicht zwei verschiedene Dinge. Wenn Sie wirklich an einem Punkt angelangt sind, an dem keine äußere Vermittlung irgendwie helfen kann, dann vergeht automatisch auch Ihre völlige Hilflosigkeit. Das sind die beiden Seiten der Medaille. Sie haben immer noch Hoffnung - die Tatsache, daß Sie hier sind, bedeutet, daß Sie die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben. Oder, wenn Sie nicht hierher kommen, dann gehen Sie, um jemanden in Indien zu sehen - den Avatar selbst, den Gott selbst, der auf Erden wandelt. Wahrscheinlich wird er einigen Schnickschnack aus der Luft herbeizaubern, aber wofür sollte das gut sein? Gleichgültig, wer er auch ist, wenn Sie keine Hoffnung hätten, dann würden Sie auch nicht auf ihn hören, Sie würden kein Buch anrühren, Sie würden auf niemanden in dieser Welt hören. Nicht, daß Sie darauf stolz sein würden; aber alle Vermittlung von außen auf jeder Ebene wäre für immer beendet.
"Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich bin hilflos, vollkommen hilflos" - solange Sie denken, Sie seien völlig hilflos, so lange werden Sie von einer Vermittlung von außen abhängig sein. Das kann mit einem Schlag aufhören: mit einem Schlag ist Ihre Abhängigkeit von Außenwirkungen beendet, und damit gleichzeitig ist die Idee, daß Sie hilflos seien, daß Sie nicht wissen, was Sie tun sollen, auch verschwunden. Aber Sie warten darauf, daß etwas passiert, daß sich eine Art Gnade auf Sie herabsenkt - Sie sind immer noch von äußerer Vermittlung abhängig. Ich kann Ihnen sagen, daß es keine Macht außerhalb von Ihnen gibt - keine Macht. Das will nicht heißen, daß Sie all die Eigenschaften besäßen, wie die supertollen Götter, von denen Sie lesen; aber es gibt keine Macht außerhalb von Ihnen. Wenn es irgendeine Macht im Universum gibt, ist sie in Ihnen.
F: Ich bin von dem, was Sie sagen, überzeugt.
UG: Das ist keine Frage der Überzeugung; Das ist eine Tatsache, und diese Tatsache kann von Ihnen nicht erfahren werden. Solange Sie sich selbst sagen, Sie seien überzeugt, solange sind Sie nicht sicher.
F: Es gibt, hier und jetzt, keine Macht außerhalb von mir?
UG: Sie lassen es nicht zu, daß sich diese Macht zum Ausdruck bringen kann, denn das ist etwas, was Sie nicht erfahren können. Sie wollen das erleben. Wie wäre das möglich? Diese Macht ist etwas lebendiges, vitales - es ist das Pochen, Pulsieren, Schlagen des Lebens - Sie sind ein Ausdruck dieses Lebens, das ist alles. Wie könnten Sie das erfahren? Diese Denkstruktur, durch die Sie erleben, ist tot; sie kann dieses Leben überhaupt nicht erfahren, denn das eine ist etwas lebendiges und das andere ist tot, und es kann keine Beziehung zwischen diesen beiden geben. Sie können nur tote Dinge erfahren und keine lebendigen. Das Leben muß sich selbst ausdrücken. Das ist etwas, das Sie niemand lehren kann. Sie müssen das nicht von jemandem bekommen; was Sie haben, ist da.
F: Ja. Aber wenn...
UG: Es gibt kein 'ja, aber'. Sie können nicht 'ja' sagen und den nächsten Satz mit 'aber' beginnen. Da gibt es kein 'aber'. Wenn das 'ja' ein wirkliches 'ja' ist, läßt es dieses Ding hier los - das 'ja' vergeht ins Nichts, und dann beginnt das, was da ist, sich auszudrücken. Wenn Sie 'aber' sagen, dann verleihen Sie dieser toten Struktur aus Denken, Erfahrung und Hoffnung Dauer. 'Ja' ist das Ding, das die ganze Struktur auseinandersprengt.
Keine Vermittlung von außen kann Ihnen helfen - niemand - nicht einmal dieser Bursche, der so viel über all das spricht; er kann Ihnen nicht helfen. (Aber er ist zumindest ehrlich - "Gut, ich kann nicht helfen.") Damit sind alle von außen kommenden Ursachen beendet - es ist sehr schwer, bis zu diesem Punkt zu kommen - "Alle von außen kommenden Ursachen sind für mich beendet." Sie gehen nicht mehr hin und hören auf irgend jemand, egal wie heilig er auch sein mag. Er mag der Gott der Götter sein, er mag kommen und sagen: "Ich bin gekommen, die ganze Menschheit zu befreien!" Aber Sie gehen da nicht hin, haben Sie verstanden? (Wenn Sie allerdings nur deshalb hingehen, um Ihre Neugier zu befriedigen, ist das etwas anderes.) Sie suchen nichts aus irgendeiner Quelle da draußen zu schöpfen. Also fallen Sie auf sich selbst zurück, und Sie wissen wirklich nichts. Sie wollen es herausfinden. Sie fragen sich die gleiche Frage immer wieder - Sie kommen damit nicht weiter - "Wie kann ich dieses Ding verstehen?" Wenn Sie mit all den Antworten von außen Schluß gemacht haben, und von innen kommt auch nichts, was geschieht dann mit der Frage? Diese Frage kann dort nicht bleiben; sie löst sich selbst auf. Es findet eine Ionisierung des Denkens statt, weil es nicht entweichen kann - und das ist die Energie, das ist das Leben.
F: Wir haben gehört, Sie hätten sieben Jahre mit Krishnamurti verbracht. Wollen Sie sagen, daß das keinen Einfluß auf Ihren gegenwärtigen Zustand hatte? Ist das für Sie ein großes Nichts?
UG: Absolut. Da gibt es Leute, die fragen: "Sie haben sieben Jahre mit Krishnamurti verbracht. Wollen Sie wirklich sagen, das hätte keine Wirkung gehabt?" Ich sage: "Dieses Ding ist trotz Krishnamurti geschehen." Wenn es geschehen soll, so muß es ungeachtet meiner selbst und trotz meiner Lehrer geschehen. Von dort ging kein Anstoß aus, nichts; im Gegenteil hat es die Dinge für mich sehr schwer gemacht. Ich kann sagen, daß es die Möglichkeit, sich selbst zu sein und sich von der Vergangenheit zu entlasten, verhindert und zerstört.
Wie kann man sich von der Vergangenheit entlasten? Sehen Sie, die Sprache... Das Wort 'entlasten' impliziert, daß es da etwas gäbe, das man tun könnte, um sich zu entlasten. Es gibt nichts, was man tun könnte, um sich von der Vergangenheit zu befreien. Das ist nur eine Beschreibung des Zustandes, in dem die Vergangenheit nicht mehr wirksam ist - sie kann Ihre Handlungen nicht mehr beeinflussen. Diese Handlungen sind nicht mehr Ihre Handlungen. Sie wissen gar nichts über diese Handlungen - das ist etwas, das von Ihnen überhaupt nicht manipuliert werden kann, es ist die Handlung des Lebens selbst. Gleichzeitig möchte ich darauf hinweisen, daß dies kein mystisches oder religiöses Ding ist oder eine reine, spontane Handlung; damit hat dies nichts zu tun. Das Leben handelt die ganze Zeit in dem Sinne, daß solange, wie eine sensorische Aktivität wirksam ist, etwas geschieht. Nicht eine, sondern Millionen und Millionen von Empfindungen treffen den menschlichen Organismus. Dieser menschliche Organismus ist davon nicht getrennt; es ist ein elektromagnetisches Feld. Es ist ein Feld, und das, was Sie isoliert und trennt und ein winzig kleines elektromagnetisches Feld schafft, ist das Denken.
F: Läßt sich das Denken dekonditionieren, indem man sich seiner gewahr wird?
UG: Wie sehen Sie das Denken? Haben Sie das wirklich ausprobiert, oder haben Sie einfach die Idee akzeptiert? Derjenige, der das konditionierte Denken ansieht, ist auch konditioniert, sehen Sie die Absurdität dessen, so etwas zu tun? Ich denke nicht. Sie können gar nichts tun. Gehen Sie nicht auf diesen Trip, auf dem Sie sich von der Konditionierung durch Ihre eigenen Gedanken befreien wollen.
Aber Sie versuchen es immer noch. Sie akzeptieren diese Ideen; Sie stellen niemals die Gültigkeit dieser Aussagen in Frage. Es spielt keine Rolle, wer es sagte, es ist falsch für Sie. Und nicht nur das, es verfälscht Sie, denn Sie testen die Gültigkeit dieser Aussagen für sich selbst nicht.
Sehen Sie, die Konditionierung - Sie werden niemals frei von ihr sein. Glauben Sie niemandem. So etwas wie einen unkonditionierten Verstand gibt es nicht. Der Verstand ist konditioniert. Sehen Sie, das ist absurd... Wenn es einen Verstand gibt, dann muß er auch konditioniert sein. So etwas wie einen 'offenen' Verstand gibt es nicht. In der Theosophischen Gesellschaft pflegten wir zu wiederholen "An open mind." Wie absurd diese Aussage ist. Der Verstand kann niemals offen sein, es ist ein geschlossenes Ding. Ich akzeptiere nicht, daß es etwas wie den Verstand gibt, geschweige denn den offenen oder unkonditionierten Verstand. Es gibt keine Gesamtheit dieser Gedanken und Erfahrungen; es sind alles unzusammenhängende, zusammenhangslose Dinge.
Den gedankenlosen Zustand, die Stille.... wie können Sie Stille erleben? - das ist meine Frage? Wie können Sie den gedankenlosen Zustand erfahren? Sie werden niemals frei von Gedanken sein. Wenn es so etwas wie den gedankenlosen Zustand geben sollte, dann kann er weder von Ihnen noch von sonst jemandem erfahren werden. Was immer Sie erfahren, ist vom Denken geschaffen.
Das Zeitlose.... Wir pflegten Essays zu schreiben "Die Zeit und das Zeitlose," lächerliches Zeug. Es ist die Zeit, die das Zeitlose schafft und dann das Zeitlose anstrebt - und durch dieses Streben läuft die Zeit weiter - und Kontinuität ist alles, woran sie interessiert ist.
Abstraktionen können sehr in die Irre führen. Wenn Sie damit anfangen, in Begriffen von 'Unschuld', in Begriffen von diesem oder jenem zu sprechen, dann sind Sie verloren. Abstraktionen sind sehr sehr irreführend. Sie sprechen von Unschuld. Was wissen Sie über diese Unschuld? In diesem Zustand wissen Sie wirklich nicht, was Sie ansehen. Sie wissen nicht, daß Sie Ihre Frau ansehen. Kann es da eine Beziehung geben? Kann es da eine Frau geben? Kann es da Kinder geben? Sie sehen, Sie sprechen von Unschuld, aber wenn es keinen Verstand gibt, warum dann vom unschuldigen Verstand sprechen? Diese Phrasen sind sehr irreführend; sie werden Ihnen in keiner Weise helfen.
Für mich gibt es so etwas wie den Verstand nicht; 'Verstand' ist ein Mythos. Da es so etwas wie 'Verstand' nicht gibt, hat auch die 'Mutation des Verstandes', von der Krishnamurti spricht, keinen Sinn. Es gibt nichts, um transformiert zu werden, weder radikal noch sonst irgendwie. Es gibt kein Selbst zu erkennen. Die ganze religiöse Struktur, die auf dieser Grundlage aufgebaut wurde, bricht zusammen, weil es da nichts zu erkennen gibt. Für mich spielt Krishnamurti genau dasselbe Spiel wie all die häßlichen Heiligen, die sich in dieser heutigen Welt auf dem Markt tummeln. Krishnamurtis Lehre ist erfundener Blödsinn. An seiner Lehre stimmt nichts, und er kann überhaupt nichts vorweisen. Ein Mensch kann ihm sechzig, siebzig oder hundert Jahre lang zuhören, aber es wird nichts mit diesem Menschen geschehen, denn das ganze Ding ist ein fauler Zauber. Wenn die Anzahl der Anhänger ein Kriterium für einen erfolgreichen spirituellen Lehrer ist, dann ist JK ein Pygmäe. Er ist lediglich ein Worteschmied. Er hat eine neue Falle geschaffen.
Sie wollen Zigaretten rauchen, und da gibt es immer Händler, die ihre eigene Zigarettenmarke verkaufen. Jeder sagt, seine sei die einzig wahre, die allerbeste Zigarette; und dann kommt Krishnamurti daher und sagt, seine sei nikotinfrei. Also sind nicht die Gurus das Problem, sondern Sie. Wenn Sie nicht mehr rauchen wollen, werden all diese Marken verschwinden. Diese Gurus sind die größten Egoisten, die die Welt je gesehen hat. Alle Gurus sind Wohlfahrtseinrichtungen, die Ihren Anhängern belanglose Erfahrungen verschaffen. Das Guruspiel ist eine profitable Industrie: versuchen Sie, auf eine andere Weise ein oder zwei Millionen im Jahr zu verdienen. Sogar JK, der von sich behauptet, nichts zu besitzen, ist Präsident von einem achtzig Millionen Dollar Imperium.
'Wahlloses Gewahrsein' ist dummes Zeug. Wer ist derjenige, der wahllos gewahr ist? Sie müssen das für sich selbst ausprobieren. Dieser viktorianische Gentleman hat um sich herum das Gerümpel eines Vereins mit zwanzig-, dreißig- und vierzigjähiger Mitgliedschaft versammelt. Wozu soll das gut sein? Ich habe jahrelang mit ihm gelebt, und ich kann Ihnen eines sagen, er ist ein guter Schauspieler. "Gentlemen, wir unternehmen zusammen eine Reise" (Gelächter) - aber Sie können niemals auf diese Reise mit ihm gehen. Was immer Sie auch tun, es ist immer dasselbe. Was Sie mit ihm erleben, ist die Klärung des Denkens. Sie sind dieses Denken. Er ist ein Wohltäter, der schon längst hätte aufgeben sollen.
Sie müssen es mir glauben. Es kommt mir nie in den Sinn, daß ich von Ihnen verschieden wäre. Wenn Sie also hier sitzen und mir Fragen stellen, "Warum stellen sie mir diese Fragen?" Es gibt überhaupt keine Antworten auf diese Fragen. Niemand auf dieser Welt kann diese Fragen beantworten. Welche Antworten sie Ihnen auch geben, sie führen Sie in die Irre - Sie werden nach vierzig, nach fünfzig vergeudeten Jahren verführt und verleitet enden... Ich kenne viele dieser Menschen, die diesen großen Lehrern gefolgt sind - viele von denen, die fünfzig oder sechzig Jahre lang um Krishnamurti herum waren, kommen und fragen mich: "Habe ich vierzig Jahre vergeudet, indem ich diesem Manne zugehört habe?" Muß ich diese Frage beantworten? Sie müssen antworten; ich muß diese Frage nicht beantworten. Sie haben fünfzig Jahre vergeudet, und Sie werden noch weitere fünfzig verschwenden. Sie kommen hierher - nichts wird geschehen, nichts wird sich entwickeln - Sie werden von mir gar nichts bekommen. Darum bin ich sicher - ich lebe mein eigenes Leben - wenn jemand kommt, dann sage ich: "Sagen Sie mir, was kann ich tun? Es gibt nicht viel, was ich tun kann. Dankeschön. Good-bye."
(Die Teilnehmer der folgenden Unterhaltung besuchten UG, während sie an J. Krishnamurtis alljährlichem Treffen in Saanen, in der Nähe von UGs schweizer Wohnsitz teilnahmen.)
F: Wir wollen dieses Problem von Kummer und Leid verstehen.
UG: Schauen Sie her. Das nicht zu bekommen, was Sie haben wollen, ist Leid - es kommt nicht darauf an, was Sie wollen - Glück, Gesundheit, Erleuchtung - das ändert sich, wissen Sie. Also, das nicht zu bekommen, was Sie wollen, ist Betrübnis und Leid.
F: Und das macht uns neurotisch?
UG: Die Natur des Verstandes (falls es so etwas gibt) ist neurotisch, denn er will zwei Dinge gleichzeitig sein, also ist jedes Individuum ein neurotisches Individuum. Solange Sie zwei Dinge möchten, befinden Sie sich in einem Zustand der Neurose. Und wenn Sie sie nicht bekommen können, werden Sie psychotisch, Sie werden wild. Nicht daß Sie deshalb notwendigerweise hingehen und jemanden verprügeln, sondern Sie zerstören sich selbst, denn die Gewalt ist da in Ihrem Innern.
Was Sie unglücklich macht, ist die Suche nach etwas, das nicht existiert. Glück existiert nicht, auch so etwas wie Erleuchtung gibt es nicht. Sie mögen sagen, daß jeder Lehrer und all die Heiligen und Retter der Menschheit seit Jahrhunderten darauf bestehen, daß es Erleuchtung gäbe und daß sie behaupten, sie seien erleuchtet. Werfen Sie sie alle gebündelt in den Fluß. Mir ist es gleichgültig. Zu erkennen, daß es keine Erleuchtung gibt, ist Erleuchtung (Gelächter).
Das Denken hört nicht auf. Die Gedanken werden immer da sein, denn Denken und Leben sind nicht zweierlei Dinge. Bilden Sie sich nicht ein, daß Sie frei von Gedanken sein könnten; 'dort' mag es Gedanken geben oder auch nicht, aber Sie identifizieren sich überhaupt nicht mit ihnen, denn es gibt da nichts, das sich mit einem besonderen Gedankengang identifizieren könnte. Sie (die Gedanken) mögen da sein oder auch nicht - sie werden da sein, denn Leben und Denken sind nicht zwei verschiedene Dinge - Sie können gar nichts dagegen tun. Wenn Sie einsehen, das dieses Instrument nicht das richtige Mittel ist, um damit irgend etwas zu verstehen, dann verlangsamt sich das Denken und fällt schließlich in seinen natürlichen Rhythmus, es wird dann nicht mehr zu einem Problem oder zu einer Last für Sie.
Sie versuchen, die Lehren von irgend jemand mittels des Instrumentes zu begreifen, das ein Produkt dieses Denkens ist. Sie hören jemandem zu, und währenddessen verstehen Sie nicht, daß Sie das falsche Werkzeug benutzen. Mit ihm können Sie nicht verstehen, was jemand sagt - das ist das erste, was Sie verstehen müssen. Was immer Sie auch tun, es schafft eine Barriere zu dem, was Sie gerne haben möchten; dabei spielt es keine Rolle, was es ist, das Sie möchten. Sehen Sie, was immer Sie tun, es gießt nur Benzin ins Feuer und heizt das Ganze weiter an. Wie also wird sich das verlangsamen können oder ganz aufhören - und wann werden Sie es tun können? Morgen oder übermorgen? Sie sagen: "Morgen werde ich verstehen:" Es gibt kein Morgen: Es wird morgen nicht geschehen, es muß jetzt sein, oder es wird nie geschehen. Also: "Ich bin fest entschlossen, das zu erkennen, was mich daran hindert, jenes zu verstehen, was ich verstehen möchte." Was Sie davon abhält, das zu verstehen, was Sie verstehen möchten, ist genau das, was Sie dazu benutzen, die Dinge zu verstehen . Das ist nicht meine Lehre oder die Lehre von sonst irgend jemand, sondern das ist das Wesentliche: Sie versuchen etwas mittels eines Werkzeugs zu verstehen, das nicht das geeignete Mittel zum Verständnis ist.
Das einzige, was Sie also weitermachen läßt, ist die Hoffnung - "Wenn ich morgen mit dem Mann da spreche, dann werde ich es wahrscheinlich verstehen können" - aber so geht das nicht. Wenn ich nicht verstehe, dann verstehe ich nicht. "Ich weiß nicht, es scheint für mich keine Möglichkeit zu geben, das Problem zu lösen." Da gibt es das Beispiel von dem Hund, der seinem eigenen Schwanz nachjagt - es geht immer so weiter, und Sie haben das Gefühl, etwas zu erreichen. Das ist eine unglückselige Situation: Sie kommen nirgendwohin; das ist nicht der richtige Weg. Was ist dann der richtige Weg? Es gibt keinen Weg. Alles, was ich sage, wandeln Sie in einen Weg um und verleihen so dem Ganzen neue Energie. Das ist nicht der Weg, das ist nicht der Pfad, es kann nur Ihren eigenen Weg geben. Also müssen alle Pfade verschwinden. Solange Sie dem Pfad eines anderen folgen, ist er ein Produkt des Denkens und damit auch kein neuer Pfad; es ist derselbe alte Pfad, und Sie spielen wieder das alte Spiel, nur auf eine neue Weise. Es ist kein neues Spiel. Es ist das gleiche alte Spiel, das Sie schon die ganze Zeit über spielen, nur glauben Sie, Sie würden jetzt ein neues Spiel spielen. Wenn Sie die Absurdität dessen, was Sie tun, sehen, dann erkennen Sie vielleicht auch: "Was zum Teufel habe ich nur dreißig, vierzig, fünfzig Jahre lange gemacht?!"
Brauche ich zwanzig Jahre, um diesen Berg anzuschauen? Ich brauche keine zwanzig Jahre. Ich weiß nicht, wie ich ihn ansehen soll. (Ich erkläre, daß es einen natürlichen Zustand gibt, in dem Sie sich schon befinden, und der nicht meiner ist.) Sie wissen nicht, was passiert, wenn Sie vor diesem Ding stehen, das Sie Berg nennen. (Ich beschreibe diesen Zustand, das, was tatsächlich passiert - das ist die Handlung, die ich meine.) Diese Handlung wirkt auf Sie ein. Wie diese Einwirkung stattfindet und was dabei passiert, ist etwas, das Sie nie verstehen werden. Sie müßten das durchleben, um verstehen zu können, was ich sage. Und wenn Sie das durchlebt hätten, dann wären Sie nicht hier und würden all diese Fragen stellen. Entweder Sie sehen den Berg jetzt, oder Sie werden es nie tun. Was Sie weitermachen läßt, es zu versuchen, ist die Hoffnung: "Vielleicht werde ich es im nächsten Augenblick verstehen können." Sie versuchen, Ihre Augen auf das zu fokussieren, was Sie ansehen und somit etwas klarer zu sehen, als Sie das gestern taten. Also sind alle die Tricks, die Sie spielen - nämlich anzunehmen, daß wenn Sie etwas sorgfältiger und mit völliger Aufmerksamkeit beobachten würden, dann auch mehr Klarheit in dem sein würde, was Sie ansehen - all das ist nur ein Betrug, denn alles, was Sie tun, ist, Ihr Denken klarer zu machen; Sie sehen überhaupt nichts an. Sie können auf diese Weise gar nichts ansehen, denn zum Sehen bedarf es keiner Zeit. "Was muß ich also tun?" Jemand sagt: "Schauen Sie eine Blume an". Also sehen Sie sich jede Linie, jedes Blütenblatt, die Farbe, die Tiefe und alles an. Wenn das nicht die richtige Art und Weise ist, was ist Sie dann, und wann werden Sie so sehen können? Sie müssen an einen Punkt kommen, wo Sie sagen: "So, wie dieser Bursche das beschreibt, kann ich einfach nicht sehen. Wirklich, ich weiß es nicht. Wirklich, ich scheine einfach nicht imstande zu sein, auf irgendeine andere Weise zu sehen, als ich es eben tue" - zunächst einmal müssen Sie an diesen Punkt kommen. Das heißt, daß das, was der andere sagt, verschwinden muß - alles, was er Ihnen darüber gesagt hat, wie man eine Blume anschauen sollte, muß verschwinden - dann erst können Sie damit umgehen, wie Sie die Blume betrachten. Dann sitzen Sie dumm da, Sie wissen wirklich nicht. Sie wissen nicht mehr, was Sie tun sollen. Sie müssen an einen Punkt gelangen, wo Sie gar nichts mehr tun können: "Das ist eine unmögliche Aufgabe!" Damit müssen Sie sich zuerst beschäftigen, anstatt mit dem, was Sie gerne wären.
'Eine Wahrnehmung ohne den Wahrnehmenden' ist eine Idee, d.h. alles, was Sie damit anfangen können, ist, darüber nachzudenken: "Was heißt das, eine 'Wahrnehmung ohne den Wahrnehmenden'?, oder 'Sehen ohne den Seher'?"... ich gebrauche diese Worte nicht. Ich sage, daß es keinen Interpreten gibt, der die Sinneswahrnehmungen interpretiert; sie bleiben schlicht und einfach Sinneswahrnehmungen; es ist nicht einmal das Wissen vorhanden, daß sie Sinneswahrnehmungen sind. Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen sind alle fünf Sinne - diese fünf Sinne sind wirksam. Was dann geschieht, wenn diese Sinneswahrnehmungen das bleiben, was sie sind, ohne daß sie interpretiert werden, werden Sie niemals wissen. Sie interpretieren sie. Also: "Wie höre ich damit auf?" Wenn Sie fragen: "Wie kann ich dieses Interpretieren stoppen?" sind Sie verloren. Sie können es nicht anhalten; Sie sind das Produkt dieser Interpretation. Vielleicht gibt es so etwas wie ein Stoppen gar nicht. Wenn Ihnen jemand erzählt, man könne das stoppen: "Zur Hölle mit dem, was er sagt. Dieser Kerl ist entweder eine Kuckuck oder ein völlig ausgeflippter Affe. Er spricht über Dinge, die für mich nicht real sind." Sie haben nicht den Mut dazu. Sie wollen die Realität Ihrer selbst nicht anerkennen. Was ich sage, weist überhaupt keinen Bezug zu der Art und Weise auf, in der Sie funktionieren. Morgen, sagen Sie, wollen Sie die Dinge auf eine Weise sehen, die so ist wie die, von der ich behaupte, daß ich sie sähe. Vielleicht betrüge ich mich selbst. "So sehe ich die Dinge. Das scheint das einzige zu sein, das ich weiß. Die Wahrnehmungen dieses Burschen kenne ich nicht." So lassen Sie diesen Mann doch in Ruhe - es hat keinen Wert, ihn oder sonst irgend jemanden zu tadeln. Aber es besteht auch kein Grund dafür, daß Sie sich selbst Vorwürfe machen. Wozu sollte das gut sein? So funktionieren Sie eben. Natürlich muß es aufhören - nicht aufhören; es muß sich verlangsamen. Sie wissen nichts. Sie kommen an einen Punkt, wo Sie wirklich nicht wissen, was Sie wegen der ganzen Sache tun sollen. "Ich kann nichts tun. Das ist die einzige Art und Weise, die Dinge wahrzunehmen, die ich kenne. Ich kenne keine andere; was der Mann da sagt, macht für mich keinen Sinn." Also sagt er: "Versuchen Sie es!" und Sie versuchen es, aber das scheint Sie nirgendwohin zu führen. Also läßt die Hoffnung Sie weitermachen "Vielleicht werde ich morgen verstehen, was der Mann sagt, vielleicht wird es mir dann gelingen, das zu tun, von dem er will, daß ich es tue" - aber Sie werden den Rest Ihres Lebens damit verbringen, ihn zu verstehen versuchen. Wenn Sie aber die Vergeblichkeit von allem einsehen, dann wird es vielleicht aufhören - nicht wirklich aufhören, aber langsamer werden.
F: (Unverständlich, aber wahrscheinlich ein Versuch, die 'Lehren' von UG und JK zu vergleichen.)
UG: Ich kann verschiedene Beispiele bringen: hier ist die Blume. Es liegt in der Natur dieses menschlichen Bewußtseins, sich in Worten auszudrücken - das ist wie der Duft. Da es nur eine Handvoll Menschen gibt, die, nicht auf Grund dessen, was sie getan oder nicht getan haben, in diese Sache hineingeraten sind, reden sie nun, und wenn sie reden, so besteht da notwendigerweise ein Unterschied zwischen ihnen, denn sie werden von verschiedenen Lebenshintergründen beeinflußt. Sie sitzen da und vergleichen diesen Satz und jenen Satz, den einen Satz mit dem anderen Satz, und dann sagen Sie, daß der eine im Verhältnis zum anderen das gleiche sagen würde oder auch nicht. Woher wissen Sie denn, worüber der Mann spricht? - das ist die Frage, die ich stelle, sehen Sie. Zunächst einmal, Sie wissen nicht, worüber er spricht. Sie wissen es nicht. Sehen Sie, wenn Sie es wüßten, dann kämen Sie nicht Jahr um Jahr wieder zurück. Vielleicht sagt er, daß er aus Freude am Leben redet - ich weiß es nicht; Sie werden ihn fragen müssen. Er weiß, daß Sie gar nichts erreicht haben und (um es grob zu sagen), daß Sie das, was Sie wollen, nicht bekommen werden. (Gelächter). Das ist eine unverhohlene Tatsache. Sie können es sowieso nicht schaffen, denn es gibt da nichts zu schaffen und zu erreichen. Das ist es, was ich versucht habe, denen von Ihnen mitzuteilen, die gekommen sind, mich zu sehen und die sich die Mühe machen zuzuhören: Solange Sie etwas erlangen oder erreichen wollen oder ein erleuchteter Mensch sein wollen, so lange werden Sie kein erleuchteter Mensch sein. Erleuchtung bedeutet, daß Sie die ganze Geschichte fallenlassen, ein erleuchteter Mensch zu sein - das ist Erleuchtung. Ich mag dieses Wort nicht benutzen.
F: Also gibt es Erleuchtung!
UG: Wenn Sie es so sehen wollen. Ich weiß es nicht. Ich sage nie zu mir selbst: "Ich bin ein erleuchteter Mann, ein Mann, der zur Erkenntnis gelangt ist." Was soll das heißen? Für mich heißt das gar nichts. Es macht für mich keinen Sinn, über Erleuchtung zu sprechen oder mit hocherhobenem Haupte herumzugehen und zu mir und anderen zu sagen: "Kommet herbei und höret auf mich. Ich bin ein erleuchteter Mann. Ich werde Euch alle befreien!" - das alles ist das 'Heilige Geschäft' - niemals würde ich das tun. Vielleicht sind Sie alle aus Neugierde hergekommen. Vielleicht haben Sie gehört, daß es da diesen komischen Burschen gibt, der die gleichen (oder nicht die gleichen) Dinge sagt, daß er brutal und gewalttätig ist, den anderen Mann in der Luft zerreißt und alles mögliche sagt. Wahrscheinlich hat Sie die Neugier hierher gebracht, ich weiß es nicht. Es ist mir egal, wenn Sie aus Neugierde hierhergekommen sind. Und wenn Sie sagen, ich mache das aus Spaß, dann ist das auch gut. Aber ich tue das nicht aus Spaß. Was ich davon habe? Nun, nehmen wir für einen Augenblick an, ich täte all das zum Vergnügen, warum erlauben Sie es sich dann, von mir benutzt zu werden? Bleiben Sie weg! Gestatten Sie es nicht, von mir benutzt zu werden. Bleiben Sie bloß weg! Ich habe ein Interesse daran, Sie kurz abzufertigen. Erlauben Sie es sich nicht, von mir ausgebeutet zu werden. Ich habe kein Vergnügen hieran. Wenn Sie morgen nicht kommen, ist mir das egal. Aber Sie glauben das nicht, denn das einzige, das Sie kennen, ist das Vergnügen. Ich sage nicht, daß Vergnügen falsch sei. Sagen Sie auch nicht, daß es falsch ist. Wenn Sie akzeptieren, daß Sie aus genau dem gleichen Grund hier sind, aus dem ein Mann ins Bordell geht, dann wird Ihnen das einen schrecklichen Schock versetzen. Aber es gibt da überhaupt keinen Unterschied - die Menschen gehen da jeden Morgen hin, Tag für Tag (lacht), Sonntag für Sonntag, um neun Uhr eilen Sie aus genau diesen Gründen in das Zelt (in dem JK seine Vorträge in Saanen hält). Sie können das in eine gewähltere Sprache umwandeln, wenn Sie wollen, Sie können sagen, ich würde schlechter und schlechter...
"Das ist alles dummes Geschwätz" - wenn Sie das sehen können... Das habe ich mir im Zelt gesagt und bin hinausgegangen. Ich habe mir gesagt, daß ich niemals wieder weder zu ihm gehen würde, um ihn zu hören, noch daß ich sonst irgend jemandem auf der Welt zuhören würde. Damit ist es für Sie vorbei - "Warum bin ich hier? Warum höre ich zu?" Möglicherweise haben Sie etwas über Mutation und ein transformiertes Individuum gehört, und das ist es, was Sie hierher gebracht hat - das ist es, was Sie verfolgt, quält, Sie am Schlafen hindert. Das ist die eigentliche Barriere - "Ich will nicht von Gedanken an Sex verfolgt werden; aber ich möchte von Gedanken an Selbsterkenntnis, Gotteserkenntnis und Erleuchtung gequält werden." Sie mögen sagen, das seien höhere Dinge, aber sie sind genau das gleiche.
Eines muß ich sagen. Das ist nicht aus dem Denken entstanden. Das ist keine durch logische Folgerungen erhaltene Prämisse, die ich hier aufstelle. Das sind nur Worte, die ohne jeden Gedanken, ohne strukturiertes Denken aus ihrer natürlichen Quelle hervorspringen. Also nehmen Sie's, oder lassen Sie es bleiben. Es wäre wohl besser für Sie, wenn Sie es bleiben ließen.
F: Das ist die gleiche negative Einstellung, die auch J. Krishnamurti benutzt.
UG: Das Problem ist, daß das, was Sie als die negative Einstellung bezeichnen, eine positive Einstellung ist. Sie nennen Sie nur negativ, aber Sie haben das ganze Ding in eine positive Einstellung umgedreht. Wenn sie eine negative Einstellung wäre, dann würde sie sich irgendwann selber negieren. Es ist unbedingt notwendig, die negative Einstellung anzuwenden, aber unglücklicherweise haben Sie den ganzen negativen Zugang zu einem positiven umgewandelt. Jener Mann ist dafür nicht verantwortlich; aber alles, was diese Denkstruktur berührt, muß sie in ein positives Ding verwandeln, denn es ist ein Produkt positiven Denkens. Also wird alles, was Sie hören, zu einer Methode, einem System verdreht - Sie wollen dadurch etwas bekommen. Zum Beispiel sagt jemand, da gäbe es einen Verstand, den sie dekonditionieren müßten. Wie wollen Sie Ihren Verstand dekonditionieren? Durch diesen Jargon konditionieren Sie Ihren Verstand - und das ist alles, was Sie sehen müssen. Geben Sie nicht dem anderen Mann da die Schuld. Ich werde dieses Lied singen bis ans Ende meiner Tage, und ob ihm jemand zuhört oder nicht, das ist für mich ohne Bedeutung. Also lassen Sie nun diesen Burschen in Ruhe: Sie werden zu diesem Mann niemals eine Beziehung aufnehmen können. Im selben Moment, in dem Sie das dazu benutzen, um zu bekommen, was immer Sie haben möchten oder an irgendeinem Ziel anzukommen, dann tricksen Sie sich in das gleiche alte Spiel hinein - das müssen Sie sehen. Sehen bedeutet das Ende - es ist vorbei. Aber Sie haben überhaupt nichts verstanden; Sie gehen immer und immer wieder dahin. Sie haben nur Ihre Gedanken klarer gemacht, und durch dieses sogenannte Klarmachen haben Sie der Kontinuität des Denkens Stärke verliehen - das ist alles, was passiert ist. Also läßt die Hoffnung Sie weitermachen. Sie sind in eine Gewohnheit, eine Routine hineingekommen. Anstatt zur Kirche zu gehen, gehen Sie da hin - das ist alles, was Sie tun. Wenn Sie die Absurdität dessen einsehen, was Sie tun, dann besteht die Möglichkeit, daß Sie zu sich selbst sagen. "Was zum Teufel mache ich nur? Was mache ich nur? Wie bin ich denn anders? Warum höre ich dem zu?"
F: Sie scheinen spirituelle Diskurse abzulehnen.
UG: Ich habe meinen Freunden gestern von dem Beispiel aus einem unserer Bücher erzählt. Da steht, daß diejenigen, die zu spirituellen Vorträgen gehen, diejenigen, die Bücher spiritueller Art lesen und die, die im Jenseits nach etwas suchen, wie die Affen sind, die um den roten Ocker herumsitzen und versuchen, sich zu wärmen. Sie wissen, was roter Ocker ist - er hat eine rote Farbe, aber da ist keine Wärme. Es gibt nichts, was Sie von irgendwelchen spirituellen Diskursen oder irgendwelchen religiösen Büchern bekommen könnten. Das ist es, was ich jenen darzulegen versuche, die kommen, um mir zuzuhören: Es gibt nichts zu erreichen und nichts zu erlangen. Worum geht es denn bei diesem ganzen Spektakel? Was ist es, was Sie wollen? Was ist es, wonach Sie suchen? - das ist meine Frage. Wenn Sie nach irgend etwas suchen und etwas wollen, dann ist das erste, das Sie tun müssen, radikal alles wegzuwerfen, all die Dinge, an denen Sie hängen. Sie müssen das Ganze über Bord werfen, ansonsten gibt es keine Chance für Sie, Sie selbst zu sein. Wenn Sie einem Weg folgen, es ist gleichgültig, welchem Pfad, wird er Sie immer in die Irre führen. Wenn Sie sich aus dem, was ich sage, etwas zusammenreimen, dann sind Sie mit Leib und Seele verloren, und wenn es einen Gott gibt, dann muß er, aus seiner großen Gnade heraus, alle erretten und von mir befreien. Ich sage eines ganz deutlich: Ich bin nicht hier, um Sie zu befreien. Wer bin ich, um Sie zu befreien? Was ist es, wovon Sie sich selbst befreien wollen? Sie wollen etwas haben, das Sie schon besitzen. Also weise ich nur darauf hin, daß Sie auf der falschen Spur sind; und Sie fragen mich: "Was ist die richtige Spur?" Was soll ich denn tun? Sind Sie bereit und willens, die Tatsache zu akzeptieren, daß Sie auf der falschen Spur sind? Das heißt, daß der Lehrer, dem Sie nachlaufen und das Zeug, an das Sie denken, genau die Dinge sind, die verschwinden müssen. Sind Sie bereit, sie aus dem Fenster zu werfen? Sie haben die Hoffnung, daß sie Sie eines Tages dahin führen werden, wo Sie hinwollen - das ist das Problem, wissen Sie? Ihr Lehrer muß gehen, gleichgültig, wer Ihr Lehrer auch ist. Genau das, was Sie lesen, ist dasjenige, von dem Sie frei sein müssen. Viele von Ihnen werden verletzt sein, wenn ich Sie darauf hinweise. Da ist ein Buch in dem Regal "Freedom from the Known" (von JK). Das ist ein sehr ausgefallener Titel. Also lesen Sie das Buch. Genau davon müssen Sie frei sein, um frei zu sein: das, was Sie da lesen, davon müssen Sie frei sein. Wenn es dem Gentleman nicht gelungen ist, sich zu befreien und Sie von dem zu befreien, was Sie da lesen, dann ist er gescheitert. Sie werden ihm dafür nicht die Verantwortung geben wollen, sondern Sie geben sich selbst die Schuld. So sieht die unselige Situation aus, in der Sie sich heute befinden. Das ist Ihr Problem und nicht seines. Lassen Sie ihn allein.
F: Was haben wir, wenn wir diese Suche fallengelassen haben?
UG: Sie wollen von vornherein Zusicherungen erhalten. Sehen Sie, ein Pfad bedeutet, daß Sie versuchen, an einem Zielort anzukommen. Das Wort 'Pfad' ist ein mystisches Wort. Was ist der Pfad, dem Sie folgen? Jemand sagt Ihnen zum Beispiel: "Das ist der Weg! Sie müssen sich von den Konditionierungen befreien. Das ist der Pfad! Aber das führt Sie immer in die Irre. Es führt Sie nirgendwohin. Sie bewegen sich von sich selbst weg; Sie müssen Sie selbst sein, und sein Pfad versucht, Sie in etwas anderes umzudrehen. Warum wollen Sie ein anderer sein als Sie es sind? Sehen Sie, sonst würden Sie doch auf niemanden hören.
Schauen Sie. Ich möchte jedem gegenüber voller Gefühle sein. Jemand spricht zum Beispiel über Liebe, also möchte ich voll dieser Liebe sein, was immer das ist. Sie haben auch nicht die geringste Ahnung, worüber dieser Bursche, er oder ein anderer, redet. Aber Sie wollen voll davon sein. Sie projizieren zum Beispiel das Hundertfache von dem, was Sie glauben, daß es Liebe sei. Und das macht es so schwierig, Sie selbst zu sein. Und das werden Sie nur morgen oder übermorgen sein.
F: Es ist kein Pfad; wir machen einen Pfad daraus.
UG: Wenn Sie also nirgendwohin gehen wollen, warum müssen Sie dann nach einem Pfad suchen?