Das Denken ist dein Feind


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Gespräche mit dem Mann namens U.G., die Ihre Welt auf den Kopf stellen werden 

 

 

 

 

Herausgeber: Frank Noronha and J.S.R.L.Narayana Moorty 

Verlag: Sowmya Publications, Bangalore, INDIEN. 1991. 

 

 

Deutsche Übersetzung:

 

von

 

Doris Baumgartner

93109 Wiesent

Germany

 

 

 

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SOWMYA PUBLISHERS
31, Ahmed Sait Road
Fraser Town
Bangalore 560 005

Erste Auflage: Oktober 1990
Zweite Auflage: August 1991

Photosatz und Druck:
Rekha Printers Pvt. Ltd.
A-102/1, Okhla Industrial Area, Phase II
New Delhi - 110020

Preis: Rs. 98.00
 

 

 

 

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Gott oder Erleuchtung ist das ultimative Vergnügen, ununterbrochenes Glück. So etwas gibt es nicht. Euer Streben nach etwas, was es nicht gibt, ist die Wurzel eurer Probleme. Transformation, Moksha, Befreiung und all das sind nur Varianten desselben Themas: andauerndes Glück. Der Körper kann ununterbrochenen Genuss nicht lange aushalten; es würde ihn zerstören. Dem Körper einen erfundenen andauernden Glückszustand aufzwingen zu wollen ist ein ernsthaftes neurologisches Problem. --U.G.

 

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Meine Lehren, wenn das das Wort ist, das Ihr gebrauchen wollt, haben kein Copyright. Ihr könnt reproduzieren, verteilen, interpretieren, fehlinterpretieren, verzerren, entstellen, tun, was immer ihr wollt, auch behaupten, der Urheber zu sein, ohne meine Zustimmung oder irgendeine Erlaubnis.


--U.G.

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

 

 

 

Anmerkung des Verlegers

"Er Wurde Zu U.G.” – Ein Gedicht von K. Chandrasekhar


 Eine Anmerkung am Anfang (11K)

  1. Kein Verstand, keine Seele, nur der Körper (29K)
  2. Wirf deine Krücken weg (17K)
  3. Der Roboter träumt (21K)
  4. Ein Blitzschlag (18K)
  5. Liebe ist nur eine Trumpfkarte (21K)
  6. Wir steuern auf die Katastrophe zu (14K)
  7. Das Ende der Illusion ist der Tod (19K)
  8. Verirrt im Urwald (23K)
  9. Der Tod ist ein neues Vermischen der Atome (11K)
  10. Sex ist mühsam für den Körper (8K)
  11. Eine Laune der Natur (23K)
     

               Rückseite

 


 

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Anmerkung des Verlegers

 

Als ich U.G. mitteilte, dass ich ein Buch mit seinen Gesprächen herausgeben möchte, sagte er, ich soll das ruhig tun, aber nur als geschäftliches Unternehmen. „Verdiene Geld, wenn das deine Motivation ist. Aber wenn du glaubst, es wird dir oder sonst wem irgendwie auf dem spirituellen Weg helfen, liegst du völlig falsch. Ich habe überhaupt keine Illusionen darüber “, sagte U.G. Abgesehen von meiner weltlichen Motivation, die laut U.G. die einzige „echte” Motivation ist, wollte ich, dass dieser Mann bekannt wird, weil er so ist wie er ist. Trotz seiner vehementen Beteuerung, dass er der Menschheit nichts mitzuteilen hätte, glaube ich, dass das, was er sagt, wie die Warnung ist, die auf den Zigarettenpäckchen abgedruckt ist. Es liegt an euch, ob ihr darauf hört oder nicht. Wenn euch nicht gefällt, was er sagt, kann es daran liegen, dass er euch nicht das sagt, was ihr hören wollt. 

--Der Verleger

Anmerkung des Verlegers zur zweiten Ausgab

 

Der zweite Druck von „Das Denken ist dein Feind“ wurde aufgrund der großen Nachfrage herausgegeben. Das Buch hat alle sehr beeindruckt, die auf sogenannter spiritueller Suche waren. Es hat eine tiefe Hinterfragung all dessen ausgelöst, was ein Bezug auf Geist, Verstand und Körper als selbstverständlich hingenommen wird. Der Verleger bedankt sich bei J.S.R.L.N. Moorty, Professor am Monterey Peninsula College, Kalifornien, U.S.A., Hilary Joseph und A.P. Frank Naronha für die Hilfe bei der Herausgabe der zweiten Auflage. Der Verleger hofft, dass dieses Buch eine große Leserschaft sowohl in Indien als auch im Ausland findet, und Vielen zugutekommt. 

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Dieses Buch ist eine Zusammenstellung von Gesprächen zwischen U.G. Krishnamurti und verschiedenen Gesprächspartnern in Indien, der Schweiz, Australien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich, zwischen 1985 und 1990. Der natürliche Gesprächsfluss wurde soweit wie möglich nicht unterbrochen, und die Bearbeitung beschränkte sich auf ein Minimum, um einen Zusammenhang im Text herzustellen. Wir hoffen, Sie verzeihen uns, dass wir die Namen der Gesprächsteilnehmer nicht preisgegeben haben. Wir waren der Meinung, die Identität der Fragesteller würde unnötig ablenken vom Inhalt und dem Fluss der Dialoge. Die Herausgeber übernehmen ebenfalls die volle Verantwortung für Ungenauigkeiten im Text. Sie erkennen dankbar die Unterstützung eines jeden an, der zu diesem Buch beigetragen hat.



 

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Das Denken ist dein Feind

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Er Wurde Zu U.G.

 

Es werde
Licht!
Sprach Gott
Und
Es
Wurde
Völlig
Schwarz.
Friede
Sei mit euch!
Sprach Gott
Und
Es
 

Weltkriege.
Es sei
Ordnung!
Sprach Gott
Und
Es
Herrschte
Großes Chaos.
Bestürzt
Desillusioniert
Sprach Gott
Es gebe
Keinen Gott!
Und
Er
Wurde
Zu
U.G.

-- K. Chandrasekhar 



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Von mir gibt es keine Lehre, und es wird niemals eine geben. „Lehre“ ist nicht das passende Wort. „Lehre“ bedeutet eine Methode oder ein System, eine Technik oder ein neues Denken, das angewendet werden soll, um eine Veränderung in eurem Leben zu bewirken. Was ich sage, kann nicht gelehrt werden; es ist einfach eine Beschreibung wie ich funktioniere. Es ist nur eine Beschreibung des natürlichen Zustands des Menschen – so wie ihr, ohne die Machenschaften des Denkens, auch funktioniert. 

 

Der natürliche Zustand ist nicht der Zustand eines von sich selbst verwirklichten oder von Gott verwirklichten Menschen, es ist nichts was erzielt oder erreicht werden kann, es ist nichts was man durch Willen erzeugen kann; es ist da – es ist der lebendige Zustand. Dieser Zustand ist nur die funktionelle Aktivität des Lebens. Mit „Leben” meine ich nichts abstraktes; es geht um das Leben der Sinne, das natürlich funktioniert, ohne Einfluss durch das Denken. Das Denken drängt sich vor und stößt hinein, mitten in die Angelegenheiten der Sinne. Seine Motivation ist Profit: Das Denken steuert die Aktivität der Sinne, um etwas davon zu haben und nutzt sie, um selbst fortzubestehen. 

 

Euer natürlicher Zustand hat keinerlei Beziehung mit den religiösen Zuständen der Freude, des Glücks, und der Ekstase; diese sind eine Sache der Erfahrung. All die, die den Menschen auf seiner Suche nach Religiosität jahrhundertelang geführt haben, haben diese religiösen Zustände vielleicht erfahren. Das könnt ihr auch. Es sind Zustände des Seins, hervorgerufen durch das Denken, und sie kommen wie sie gehen. Krishnabewußtsein, Buddhabewußtsein, Christusbewußtsein, oder was auch immer, sind alle Reisen in die falsche Richtung: kein Mensch kann sie greifen, fassen, und noch viel weniger ausdrücken. Dieser ausgetretene Pfad wird euch nirgendwo hin führen. Es kommt keine Oase danach; ihr haltet an einem Trugbild fest.



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Eine Anmerkung am Anfang

 

 

Wenn Sie glauben, Sie können dieses Buch lesen und verstehen, haben Sie wahrscheinlich eine außergewöhnliche Auffassungsgabe. „Jeder, der kommt und mir zuhört und versucht zu verstehen was ich versuche zu erklären, vergeudet seine Zeit, weil es nicht möglich ist, irgendetwas ohne Interpretation anzuhören“, sagt U.G. Krishnamurti. 

 

Seiner Meinung nach geht es beim Gehörsinn nur um Schallwellen. Diese Vibrationen werden vom Trommelfell im Ohr aufgenommen, weiter geleitet an die Nerven, die zum Gehirn laufen, und gedeutet nach dem, was er unseren „Referenzpunkt“ nennt. Wir hören also unsere eigenen Übersetzungen der Wellen. U.G. sagt, „Das ist in Ordnung bei einer Beziehung mit jemanden auf dem Niveau von 'Hier hast du Geld; gib mir ein halbes Kilo Karotten'; aber das ist die Grenze eurer Beziehung, eurer Kommunikation mit wem auch immer.“ 

 

Ob Sie dem zustimmen, was er sagt, oder nicht – es ist es wirklich einen Versuch wert, ihm zuzuhören. Seine Worte sind wie Granaten, die auf unseren „Referenzpunkt” treffen, und alles auf den Kopf stellen, woran wir bisher geglaubt haben. Seine Aussagen sind verheerend, ganz besonders für diejenigen, die J. Krishnamurti, Osho Rajneesh, und andere gehört haben, die genährt sind von einer religiösen Atmosphäre. 

 

U.G. kann auch über Quantenphysik und schwarze Löcher sprechen, und Eros und Thanatos. U.G. sagt „Ich erhebe nicht den Anspruch, dass ich einen besonderen Einblick in die Beschaffenheit der Dinge habe, oder dass ich die Vorgänge in der Natur besser als jeder andere verstehe. Aber das habe ich selbst herausgefunden. Mir ist es gleichgültig, ob ihr akzeptiert was ich sage oder nicht. Es steht oder fällt von selbst.” Seine Aussagen haben eine stabile Authentizität und scheinen einer anderen Quelle zu entspringen als dem Denken. Was er sagt, erschüttert die Grundfeste des menschlichen Denkens. Dass seine Bemerkungen über Themen wie Gott, Liebe, Erleuchtung, Verstand, Meditation, Tod und Reinkarnation oft einen Beigeschmack von Blasphemie haben und an Häresie grenzen, ist ein anderes Thema. 

 

Die Geschichte von U.G. Krishnamurti hat alles, was ein Kriminalroman braucht. Eine Episode seines Lebens führt zur anderen ohne gezielten Ablauf. Im Alter von neunundvierzig kam eine plötzliche Wendung der Dinge. Etwas geschah mit ihm, das er „Unheil” nannte (damit wir es besser verstehen), als er in einen „natürlichen Zustand” stolperte, in dem– in seinen Worten - „alles, was die Menschen gesagt, gefühlt, oder gesehen haben, ja das ganze Erbe der Menschheit, aus meinem System geworfen wurde.“ 

 

Aber das war, so U.G., nicht das, was er sich gewünscht hat. Er das spirituelle Traumland gesucht, das beredt von den heiligen Männern glanzvoll geschildert wurde – von den Betrügern wie auch von den Echten. Eine religiöse Atmosphäre war Teil seines Hintergrunds. U.G. wurde 1918 in eine brahmanische Mittelklassefamilie in Andrah Pradesh geboren. Seine Mutter starb bald nach seiner Geburt. Auf ihrem Totenbett sagte sie, dass ihr Kind für etwas „unvergleichlich Großes” geboren ist. U.G.s Großvater nahm ihre Worte ernst und erzog ihn in einer asketischen Umgebung. 

 

Ein kleiner Vorfall jedoch war ein Wendepunkt in U.G.s Leben. Eines Tages meditierte sein Großvater früh am Morgen, als ihn die Schreie eines Kindes störten. Der alte Mann war so wütend, dass er das Kind grün und blau schlug. Die Unstimmigkeit und Grausamkeit dieses Vorfalls hatten eine traumatische Auswirkung auf das U.G.s empfindsames Gemüt. Er sagte sich, „Wenn es das ist, worum es bei Meditation geht, ist sie wertlos.“ Er hat seinen heiligen Faden weggeworfen und gedroht, das Haus zu verlassen.

 

U.G.s Leben war ab diesem Zeitpunkt ein Experiment mit der Wahrheit. Ein unstillbarer Hunger überkam ihn und er wollte wissen, ob irgendetwas hinter den abstrakten Äußerungen der sogenannten spirituellen Männer steckte. Er traf mehrere Meister, einschließlich J. Krishnamurti und Ramana Maharshi, und praktizierte traditionelle Meditationen. Er schöpfte alle möglichen Mittel aus, um das „verheißene Land“ zu erreichen, und schließlich war er völlig ohne Hoffnung und tief verzweifelt. 

 

An seinem neunundvierzigsten Geburtstag saß er auf einer Bank mit Blick auf das grüne Tal und die zerklüfteten Gipfel des Schweizer Oberlands. Plötzlich kam es ihm: „Ich habe überall gesucht, um eine Antwort auf meine Frage „gibt es Erleuchtung?” zu finden, aber ich habe die Suche selbst nie in Frage gestellt, weil ich annahm, dass es Erleuchtung gibt, und dass ich danach suchen muss. Aber es ist die Suche selbst die mich erstickt und von meinem natürlichen Zustand entfernt hat.“ 

 

Er sagte sich, „Es gibt keine spirituelle oder psychologische Erleuchtung, weil es keinen Geist und keine Psyche gibt. Ich war mein Leben lang ein verdammter Narr, und habe etwas gesucht, was es nicht gibt. Meine Suche ist zu Ende.”

 

Sein unersättlicher Hunger, das von den Propheten und spirituellen Meistern versprochene Märchenland zu finden, hat sich selber aufgefressen. Dieser Vorfall hatte vielsagende Auswirkungen auf seinen Körper. Viele physische Veränderungen gingen in ihm vor, die die Ärzte und seine Freunde verwirrten. Sein Leben wurde danach zu einem Leben, in dem es „weder Gedanken an das Morgen noch Trauer über die Vergangenheit“ gibt. 

 

Laut U.G. gibt es Trauer und Freude nur im Reich des Verstandes. Der Körper ist an keinem von beiden interessiert. Er will nur die täglichen Herausforderungen überleben, auf die er von einem Augenblick auf den anderen trifft. 

 

U.G.s Aussagen sind rätselhaft, und können, wenn man sie ohne seine Anwesenheit hört oder liest, entweder als ein Produkt höchsten Intellekts oder als Litanei eines Verrückten gedeutet werden. Seine Worte fordern unser gewohntes logisches Bezugssystem heraus. U.G. lehnt die Möglichkeit einer jeden Erfahrung außer durch Wissen ab. Nach ihm ist es das Wissen, das eine Erfahrung schafft, und es ist die Erfahrung, die wiederum das Wissen stärkt. „Wissen“ hat keinen metaphysischen oder erkenntnistheoretischen Beiklang. Es geht einfach nur darum, dass etwas ein Stuhl oder ein Tisch ist, oder dass eine Empfindung angenehm oder schmerzhaft ist. Tatsächlich ist sogar der Vorgang des Erkennens und Benennens Teil des Wissens. Der gesamte Prozess wird „Denken“ genannt. 

 

Was uns von U.G. unterscheidet ist, dass dieses Wissen, das im Denkprozess arbeitet, in U.G. offen liegt, während bei uns die Denkaktivität ständig unterschwellig abläuft, ob es uns gefällt oder nicht. Unser Verstand spuckt ständig einen Gedanken nach dem anderen aus in verschiedenen Formen, Farben und Größen. U.G. sagt, dass wir durch das ständige Denken den Fortbestand von dem, was wir „Ich” oder „Selbst” nennen, aufrecht erhalten. 

 

In U.G. ist die Kontinuität des Denkens abgerissen. Gedanken kommen ihm unzusammenhängend, ohne Verbindung. Er denkt nur, wenn Bedarf besteht für eine Erfahrung. Sonst gibt es nur die einfache Aktivität der Sinne – das Reiz-Reaktion-Kontinuum. Nachdem die ständige Denkaktivität die Illusion des „Selbst“ oder „Ich” erzeugt, gibt es in ihm kein Gefühl des „Selbst“ oder „Ich”. 

 

U.G. sagt, im Würgegriff dessen, was Wissen genannt wird, auf den physischen Organismus steckt die Kraft von Millionen von Jahren. Das Wissen, das in der Form des Denkens arbeitet, hat ein paralleles eigenes Reich gegründet, im Gegensatz zu den Abläufen der Natur. Aber das Denken kennt seine flüchtige Beschaffenheit, und die Furcht vor seiner vergänglichen Existenz treibt es dazu an, eine ausgefeilte Struktur zu errichten - der Kultur, Zivilisation, Religion, Politik, der verschiedenen Institutionen und Werte, die unser Leben bestimmen, und eigentlich alles, was wir erdenken können.

 

All diese Facetten des menschlichen Lebens sind nichts anderes als Stützen, mit denen das Denken sich selbst dauerhaft auf dem Thron zu halten versucht. In anderen Worten, das was wir „Ich” oder „Du” nennen, ist das Denken, das in unzähligen Aktivitäten Beständigkeit sucht. U.G. sagt, dass nur wenn der lebende Organismus - durch ein Wunder oder eine seltsame Veränderung - befreit wird vom Würgegriff des Reiches, das das Denken geschaffen hat, der Körper mit seiner außergewöhnlichen Intelligenz den Menschen befreien, so dass er in seinen „natürlichen Zustand“ „fallen“ kann. 

 

Aber, laut U.G., kann man nicht seinen Willen nicht einsetzen oder eine strenge Disziplin anwenden, um in den natürlichen Zustand zu kommen. Solch ein Zustand ist jenseits aller Erfahrung. U.G. beschreibt seine Situation oft so: „Wie ist all das passiert? Ich weiß es nicht. Was ist passiert? Ich weiß es nicht. Ist überhaupt irgendetwas passiert?” Er sagt, das was ihm passiert ist, kann er niemanden vermitteln, und dass der natürliche Zustand nicht mit Denken ausgedrückt oder erfasst werden kann. Deshalb „ist keine Kommunikation möglich, und kein Gespräch nötig”. 

 

Was ist der Nutzen dieses sogenannten „natürlichen Zustands” für diejenigen, die nicht darin funktionieren? Die Frage wird immerhin gestellt aus der Perspektive des nicht-natürlichen Zustands von Sterblichen, die ein Heilmittel suchen für alle ihre Probleme. Frieden und Freude sind das, wonach wir alle streben, und U.G.s „natürlicher Zustand“ bietet uns keine Erfahrung von irgendwas in dieser Richtung. Was wir also haben sind unsere Betrachtungsweisen der Person, abhängig von unseren Vorurteilen und Konditionierungen. Nennen Sie ihn einen Betrüger oder eine Laune der Natur, aber wenn Sie in den Strudel von U.G.s Präsenz geraten, sind sie sprachlos. Ihre Erwartungen und Meinungen sind dahin. Sie fragen sich aus welcher Quelle seine Aussagen kommen. Hinter dieser menschlichen Erscheinung steckt etwas, das man nicht beschreiben kann. 

 

 

 

Frank Norohna
21/88 Lodi Colony
New Delhi


 Inhaltsverzeichnis

 

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KAPITEL 1

 

Kein Verstand, keine Seele, nur der Körper


Das Denken des Menschen ist aus einem neurologischen Fehler im menschlichen Körper entstanden. Deshalb ist alles, was aus menschlichem Denken entsteht, zerstörerisch. 

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Die Religion hat diese wunderbare Einrichtung erfunden, die „Wohltätigkeit“ genannt wird. Es ist das Übelste und Vulgärste, was wir je hatten. Die Natur hat uns Fülle gegeben. Aber jeder von uns ist verantwortlich für die Ungerechtigkeiten in der Welt. 

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Die Gedanken wirken dem Funktionieren dieses lebendigen Organismus grundlegend entgegen.

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Eine jegliche Erkenntnis, egal wie außergewöhnlich sie sein mag, ist wertlos, weil die Gedanken das erschaffen haben, was wir Erkenntnis nennen, und dadurch ihre Kontinuität und den Status quo erhalten.

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Gedanken sind nicht das Mittel, das uns dabei behilflich sein kann, in Harmonie mit dem Leben um uns herum zu existieren. Deshalb entstehen alle diese Umweltprobleme. Aber der Planet ist nicht in Gefahr; wir sind in Gefahr.

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Die Gewissheit, die ich habe, dass es keinen Verstand gibt, ist etwas, das man niemanden vermitteln kann, egal wie sehr ich es versuche. Man ist nicht bereit, diese Feststellung zu akzeptieren, weil genau das, was wir zur Kommunikation verwenden, in Gefahr ist. 

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Gedanken sind tot und können niemals etwas Lebendiges berühren. Sie können das Leben nicht erfassen, aufnehmen, und ausdrücken. In dem Moment, in dem sie versuchen, das Leben zu berühren, werden sie durch die Lebendigkeit des Lebens vernichtet.

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F: U.G., ich möchte genau in den Kern Ihrer revolutionären  und kompromisslosen Feststellung, dass es keine Seele gibt, vordringen.

 

A: Es gibt kein Selbst, es gibt kein Ich, es gibt keinen Geist, es gibt keine Seele, und es gibt keinen Verstand. Hiermit ist die ganze Liste abgearbeitet, und es ist unmöglich, herauszufinden, was geblieben ist. Sie mögen mich jetzt fragen: „Warum erzählst du den Leuten immer wieder, wie du funktionierst?“ Es geht nur darum, zu betonen, dass wir Jahrhunderte lang ein Instrument benutzt haben, also das Denken oder den Verstand, oder wie auch immer man es nennen will, um uns von all dem zu befreien, was man „Ich“, „Selbst“, oder sonst wie nennt. Darum geht es in dem ganzen spirituellen Bestreben. Aber sobald es einem dämmert, dass es nichts gibt, von dem man sich befreien müsste, stellen sich diese Fragen gar nicht. Wie mir das gekommen ist, kann ich selbst absolut nicht sagen.

 

F: Gewöhnliche Menschen wie ich möchten gerne wissen, ob Sie Antworten für uns finden können.

 

A: Die Antworten, die ich gebe, betonen nur, dass das, was uns bleibt, das Funktionieren des lebenden Organismus ist. Wie der funktioniert, ist alles, was ich die ganze Zeit versuche, zu vermitteln, zu betonen und nochmals zu betonen. Ich möchte euch darauf hinweisen, dass eure ganzen Versuche, zu verstehen, was euch geblieben ist, ein verlorener Kampf ist.

 

F: Was Sie sagen wollen, ist, dass es nur den physischen Körper gibt, und sonst nichts. Ist das so richtig?

 

A: Noch nicht einmal diese Aussage kann man erfahren mit dem, was geblieben ist. Wenn einmal alles aus eurem System gespült ist, hat die Feststellung „Uns ist nur der physische Körper und das Universum geblieben -“ auch keinen Bestand mehr.

 

F: Das möchte ich gerne genauer beleuchten....

 

A: Je mehr Fragen Sie mir stellen, desto mehr ist es notwendig, den physikalischen Gesichtspunkt unserer Existenz zu betonen, nämlich dass an dem, woran man uns immer glauben ließ, nichts dran ist. Alle unsere Probleme sind entstanden, weil wir akzeptiert haben, dass es möglich sei, die Wirklichkeit der Welt zu verstehen, oder die Wirklichkeit unserer Existenz. Was ich sagen will, ist, dass ihr nichts erfahren könnte, was ihr nicht kennt. Alles, was ihr mit Hilfe eures Wissens erfährt, ist also vergeblich. Es ist ein verlorener Kampf.

 

F: Wenn Sie sagen, es gibt keinen nicht-physikalischen Bestandteil im Wesen des Menschen...

 

A: Da stimme ich nicht zu. Was genau meinen Sie mit „keinen nicht-physikalischen Bestandteil im Wesen des Menschen?“

 

F: Ich meine, dass es nur den tatsächlichen physischen Körper gibt, und die tatsächliche Welt.

 

A: Deshalb sage ich, dass das Mittel, das wir benutzen, um die Wirklichkeit unserer Existenz zu verstehen, und die Wirklichkeit der uns umgebenden Welt, nicht Teil dieses Mechanismus (Körpers) ist, der da ist. Das ist der Grund, warum ich sage, dass Gedanken nicht aus sich selbst entstehen und nicht spontan sind. Noch nicht einmal jetzt gibt es Gedanken. Wenn ihr herausfinden wollt, ob es so etwas gibt wie Gedanken, entsteht schon allein die Frage, die wir uns stellen, nämlich „Gibt es einen Gedanken?“ aus der Annahme, dass es einen Gedanken gibt. Aber was ihr findet, ist etwas über Gedanken, und nicht der Gedanke. Etwas über die Gedanken ist das, was die Kultur hier hereinbringt. Es kommt von Leuten, die uns sagen, es sei sehr wichtig, dass ihr euch von all dem befreit, von dem ihr versucht, euch zu befreien mit Hilfe dieses Mittels. Ich will betonen, dass dies nicht das Mittel ist, und dass es kein anderes Mittel gibt. Und wenn es euch einmal klar wird, dass Gedanken nicht das Mittel sind, und dass es kein anders Mittel gibt, dann habt ihr es nicht nötig, herauszufinden, ob irgendein anderes Mittel notwendig ist. Es ist kein anderes Mittel notwendig. Genau das gleiche Muster, das wir benutzen, das Mittel, das wir benutzen, hat auf eine ganz geniale Art und Weise alles Mögliche erfunden, wie zum Beispiel die Intuition, die Erkenntnis, und was auch immer. Und zu sagen, dass wir gerade durch diese Erkenntnis etwas verstanden haben, ist das Hindernis. Eine jegliche Erkenntnis, egal wie außergewöhnlich sie sein mag, ist wertlos, weil die Gedanken das erschaffen haben, was wir Erkenntnis nennen, und dadurch ihre Kontinuität und den Status quo erhalten.

 

F: Ich glaube, das verstehe ich. Aber ich möchte den Punkt weiter verfolgen, dass es eine physikalische Seite davon gibt, und wenn ich den menschlichen Organismus und seine in gegenseitiger Beziehung stehenden Funktionen genau beobachten könnte....

 

A: Tatsächlich kann man noch nicht einmal das erfahren und versehen, außer durch das Wissen, das uns die Physiologen vermitteln.

 

F: Meinen Sie unsere eigenen Beobachtungen...?

 

A: Es gibt keine eigenen Beobachtungen. Eure eigenen Beobachtungen entstehen aus dem Wissen, das ihr habt. Dieses Wissen kommt von den Physiologen. Dieses Wissen kommt von denjenigen, die sich mit Medizintechnik befassen. Sie versuchen zu entdecken, wie dieser Körper funktioniert, wie das Herz funktioniert, und die ganzen anderen Dinge, die uns vertraut sind. Jedoch können wir das, was sie entdeckt haben, nicht erfahren.

 

F: Sie sagen also, dass es eine direkte oder unmittelbare Erfahrung gar nicht gibt....

 

A: Es gibt gar keine Erfahrung ohne Hilfe des Wissens. Das ist alles, was ich sage. Ihr könnt die Wirklichkeit oder irgendwas nur mit Hilfe dieses Wissens erfahren. Was ich also sage, ist, dass ihr nichts erfahren könnt, was ihr nicht wisst. Deshalb projiziert ihr, dass es etwas jenseits des erfahrenden Musters gibt. Es gibt kein „jenseits“. Aber dieses „jenseits“ ist wiederum bestätigt oder verworfen von diesem erfahrenden Muster, damit dieses seine Kontinuität aufrechterhält. Es ist ein Spiel.

 

F: Zurück zu dem, was ich schon vorher gefragt habe: Gibt es denn nicht die Erfahrung der Berührung?

 

A: Nein. Das Gefühl der Berührung können Sie nur durch den Kontakt wahrnehmen, den Sie Tastsinn nennen. Sie bewegen also Ihre Finger hierher und berühren das hier. (U.G. berührt die Stuhllehne.) Das Auge sieht zu. Aber es übersetzt die Bewegung nicht als jemand, der seine Finger hierher legt, um zu wissen, was genau passiert, wenn Sie das hier berühren. Das Auge kann das nicht sagen, und der Tastsinn übersetzt das nicht. Bis Sie die Frage stellen....

 

F: Ich meine....

 

A: Das Auge sieht zu.

 

F: Nein, ich sehe zu.

 

A: Das tun Sie nicht.

 

F: Ich kann fühlen, ich kann fühlen ohne zu...

 

A: Das entsteht in Ihrer Vorstellung und durch Übersetzung dieses Tastgefühls innerhalb des Musters Ihrer Erfahrung aus der Vergangenheit. Zu dem Zeitpunkt, in dem es nicht als weiche oder harte Berührung übersetzt wird, oder nur als Berührung Ihrer Hand, können Sie beides nicht trennen und dies erfahren.

 

F: Keine Trennung mehr zwischen beidem...

 

A: Angenommen, Sie stellen mir eine Frage, aus welchem Grund auch immer: Das einzige Wissen, das es gibt, ist hier im Computer (zeigt auf seinen Kopf), und es kommt zum Vorschein und sagt mir und Ihnen, dass Sie dieses hier berühren, und dass das Tastgefühl dies als weiche Berührung desjenigen, der neben mir sitzt, übersetzt.

 

F: Ich bin möglicherweise alleine unterwegs, und ich fühle, wie eine Brise aufkommt. Ich tue gar nichts, aber die Brise bläst mich an.

 

A: Wenn Sie nicht übersetzen, dass die Brise Ihren Körper berührt...

 

F: Ich fühle die Brise.

 

A: Dieses Gefühl ist auch ein Gedanke. In dem Moment, wo Sie sich von der Brise trennen, wird die sensorische Aktivität übersetzt innerhalb des Musters des Wissens, dass Sie bereits haben. Ich sage keineswegs, dass Sie die Brise sind. Was ich sage, ist, dass alles, was Sie sagen, Teil Ihres Wissens ist. Andernfalls können Sie die Brise und den Körper nicht trennen.

 

F: Sie sagen also, dass es keine neuen Erfahrungen gibt.

 

A: Es gibt überhaupt keine neuen Erfahrungen. Aber die Anforderung, das Gleiche immer und immer wieder zu erfahren, ist das, was den ganzen Mechanismus des Gedächtnisses abnutzt, weil es zu diesem Zweck nicht bestimmt ist.

 

F: Ist es möglich, dass wir erkennen, dass das Gedächtnis nicht der aktive Faktor der Bewusstheit sein sollte?

 

A: Ich stelle die Bewusstheit in Frage, weil das, was wir Bewusstheit nennen, das Gedächtnis ist. Man wird sich irgendetwas bewusst mit Hilfe seines Wissens, und dieses Wissen ist im Gedächtnis gefangen. Das ganze Gerede vom Unterbewusstsein, vom Unbewusstsein, den Bewusstseinsebenen und all dem ist eine geniale Erfindung des Denkmechanismus. Durch seine Schlauheit und Findigkeit erhält er seinen Fortbestand.

 

F: Unterscheiden Sie zwischen Gewahrsein und Bewusstsein?

 

A: Gewahrsein hat für mich keine Bedeutung, weil Gewahrsein kein Mittel ist, um irgendetwas zu verstehen, geschweige denn, um etwas zu verändern. Erstens ist nichts da, was man verändern könnte. Und nachdem es nichts zu verändern gibt, ist es unwichtig, ob man Gewahrsein oder irgendein anderes Mittel einsetzt, um zu verändern.

 

Gewahrsein kann nie von der Aktivität des Gehirns getrennt werden. Deshalb beschreibe ich immer das, was hier vorgeht (auf sich selber zeigend) in physikalischer Form. „Die Spiegelung davon (auf ein Kissen zeigend), was immer es sein mag, auf der Retina, und es zu erfahren, ohne es zu benennen“ ist nur ein schlaues Spiel, das wir mit uns selbst spielen. Ihr denkt, dass Erkennen getrennt ist vom Benennen. Das stimmt nicht. Erkennen und Benennen sind ein- und dasselbe. Ob ich es benenne oder nicht – schon allein das Erkennen von Ihnen als einen Menschen oder von diesem als ein Kissen bedeutet, dass die Benennung schon stattfindet, ob ich nun das Wort gebrauche oder nicht. Deshalb weise ich die Leute, die sagen, das Wort sei nicht die Sache, darauf hin, dass das Wort die Sache ist. Wenn das Wort nicht die Sache ist, was ist es denn dann? Es ist schon in Ordnung, wenn Philosophen herumsitzen und unendlich lange darüber diskutieren, dass das Wort nicht die Sache ist. Das bedeutet, dass es noch etwas Anderes gibt, als das Wort. Ihr könnt also die Tatsache nicht akzeptieren, dass das Wort das Objekt ist. Das heißt, auch wenn ihr sagt, hier ist ein Objekt, ohne das Wort zu verwenden, bedeutet es, dass hier eine Trennung stattfindet. Ich will Ihnen damit erklären, wie diese Trennung, Abspaltung, vor sich geht.

 

F: Mit Abspaltung beginnt ja die Dualität.

 

A: Ich werde mir und Ihnen nie einreden, dass ich dieser Tisch bin. Das ist zu absurd. Was ich aber sage, ist, dass man sich niemals aus eigenem freien Willen und Willenskraft abspalten kann, außer wenn dies von außen gefordert wird. Sie fragen „Was ist das?“ Sie und ich haben dieselben Informationen in unserem Gedächtnis. Ob Sie ein französisches Wort, ein englisches Wort, ein deutsches Wort oder ein lateinisches Wort verwenden, tut nichts zur Sache. Der Bezugspunkt ist der Tisch, über den Sie mir eine Frage stellen. Ich sage also, das ist ein Tisch, und dass es ein weißer Tisch ist. Sie und ich haben dieselben Informationen. Wenn diese Frage nicht gestellt wird, würde ich den Tisch niemals anschauen und mir selbst sagen, dass es ein Tisch ist. Das bedeutet nicht, dass ich mir dessen ohne eigenes Zutun einfach nur gewahr bin. Das, was da ist, ist nur die Spiegelung dieses Objekts auf der Retina. Noch nicht einmal diese Feststellung kann ich erfahren, weil der Reiz und die Reaktion eine Bewegung sind. In dem Moment, in dem Sie sagen, es gibt Gewahrsein, hat die Trennung schon stattgefunden.

 

F: Warum halten wir diese Stellung aufrecht, diese Dualität, diese Trennung...?

 

A: Nur so hat man weiter Bestand. Ansonsten geht man seinem Ende zu. Das „Ich“, wie man sich selbst kennt, das „Ich“, wie man sich selbst erfährt, dieses „Ich“ ist die Identität. Aufgrund des ständigen Bedarfs, das Gedächtnis zu nutzen, erhält dieses seinen Fortbestand. Wenn es dieses „Ich“ nicht gibt, weiß man nicht, was passieren wird. Deshalb ist die Wendung „Freiheit vom Bekannten“ bis zu einem gewissen Grad sehr attraktiv. Wenn man einmal frei vom Bekannten ist, kann man darüber überhaupt nichts mehr sagen. Wenn ich also jemanden wie Ihnen zuhöre, der über die Notwendigkeit spricht, die Freiheit vom Bekannten zu erlangen, ist Ihre Betonung dessen, dass es eine Notwendigkeit gibt, sich vom Bekannten zu befreien, schon Teil des Bekannten geworden. Der Gedanke hat Millionen von Jahren überlebt, und er kennt jede List in diese Welt. Er tut alles, um seinen Fortbestand zu sichern.

 

F: Denken hat also nichts mit Verstehen zu tun...

 

A: Es gibt gar kein Denken. Wenn es keinen Denkenden gibt, gibt es überhaupt keine Gedanken. Man kann nicht sagen, es gibt nur Gedanken, aber keinen Denkenden. Die Gedanken kommen nicht von hier (zeigt auf seinen Kopf), sie kommen von außen. Die Übersetzung einer sensorischen Wahrnehmung innerhalb eurer erfahrenden Struktur sind die Gedanken. Und man benutzt diese Gedanken, um ein Ziel zu erreichen.

 

F: Ich muss mehr über dieses Denken wissen. Es ist sequentiell...

 

A: Nein, das können Sie selbst ausprobieren. Ich bin nicht Ihr Lehrer. Was hier vorgeht, ist etwas Mechanisches, wie in einem Computer. Es funktioniert mechanisch, und versucht herauszufinden, ob irgendeine Information im Computer (zeigt zu seinem Kopf) gespeichert ist, die Bezug hat zu dem, worüber wir reden. "Lass mich sehen", "Lass mich nachdenken"; dies sind Feststellungen, die Sie gerade machen, aber es findet keine weitere Handlung und kein weiteres Denken dort statt. Man hat die Illusion, dass es jemanden gibt, der denkt und die Information hervorbringt.

 

Sehen Sie – das unterscheidet sich kein bisschen von einem hervorragenden Mittel das wir haben, dem Wortsucher. Man drückt einen Knopf, und er sagt "Bereit". Dann fragt man nach einem Wort. "Suche läuft" sagt er. Diese Suche ist das Denken. Aber es ist ein mechanischer Vorgang. In diesem Wortsucher oder Computer steckt kein Denkender. Überhaupt kein Denkender denkt hier. Wenn es irgendeine Information oder irgendetwas gibt, auf das Bezug genommen wird, baut der Computer das zusammen und spuckt es aus. Das ist alles, was vorgeht. Es ist ein sehr mechanischer Vorgang. Wir wollen nicht akzeptieren, dass Gedanken mechanisch entstehen, weil das unser gesamtes Bild umwirft, das besagt, dass wir nicht nur Maschinen sind. Es ist eine außergewöhnliche Maschine. Sie unterscheidet sich nicht von den Computern, die wir verwenden. Aber das [zeigt auf seinen Körper] ist etwas Lebendiges, es hat eine lebendige Eigenschaft an sich. Es hat Lebenskraft. Es wiederholt nicht nur mechanisch; es trägt die Lebensenergie wie die Energie des elektrischen Stroms mit sich.

 

F: Eines der Dinge, das die Menschen am häufigsten verwenden, ist die Vorstellung…

 

A: Das Konzept, dass ihr die Gesamtheit eures Körpers erfahrt, entsteht in eurer Vorstellung. Tatsächlich könnt ihr seine Gesamtheit überhaupt nicht erfahren. Eure Erfahrung der Schwere des eigenen Körpers ist verursacht durch die Schwerkraft. Manchmal erfahrt ihr die Schwere eures Körpers, wenn die Gedanken nicht aktiv sind. Manchmal verlangsamen sich die Gedanken bei jedem. Zu dieser Zeit fühlt ihr euch schwerer als der schwerste Gegenstand. Ihr fühlt euch, als würdet ihr 640 Kilo wiegen, oder plötzlich fühlt ihr euch, als würdet ihr schweben. Dies sind die tatsächlichen Körperfunktionen, die im spirituellen Sinne beschrieben wurden, und denen so viel Bedeutung beigemessen wird.

 

F: In diesem Bereich der Vorstellung denkt man also, dass uneingeschränktes Denken manchmal neue Möglichkeiten eröffnet, Wege, fruchtbarer zu leben, oder leichter, oder freudvoller...

 

A: Das ist nicht stichhaltig und nicht wahr.

 

F: Das ist, was die Menschen annehmen. Wenn jemand die Möglichkeit hat, das zu tun, kann er das tun. Was ist daran falsch?

 

A: Das funktioniert in einigen Bereichen. Wissen Sie, wir haben eine mathematische Aufgabe. Wir denken darüber nach. Euch fällt eine Antwort ein, und ihr sagt, das ist das Produkt des Denkens. Aber manchmal schöpft ihr alle Möglichkeiten aus, die Variationen und Kombinationen, um die Lösung eines besonderen mathematischen oder wissenschaftlichen Problems zu finden. Ihr seid so müde, dass ihr schlafen geht. Aber wenn ihr aufwacht, ist die Antwort da. Das ist nur möglich, wenn es um mechanische Fragen geht. Denken kann uns nicht helfen, wenn wir lebendige Probleme lösen wollen. Wir können diese Methode für die Lösung menschlicher Probleme überhaupt nicht anwenden. Deshalb hat sie versagt, unsere Probleme zu lösen. Es hat hier [zeigt auf seinen Körper] gar nichts berührt. Unser ganzer Glaube hat hier nichts berührt. Wir wissen nicht, was wir in einer bestimmten Lage tun sollten. Ihr könnt sagen, dass ihr ein gewaltloser Mensch sein wird. Aber was ihr in einer bestimmten Situation machen würdet, werdet ihr nie wissen. Die Forderung, auf alle zukünftigen Handlungen und Situationen vorbereitet zu sein, ist die Ursache unserer Probleme. Jede Situation ist so anders, und unsere Vorbereitung, diese Situation mit dem Wissen, das wir haben über Antworten auf und dem Umgang mit solchen Situationen kann uns nicht helfen.

 

F: Aber was hat dann die Wendung „Herausforderungen des Lebens“ für eine Bedeutung?

 

A: Ich weiß es nicht – die Art, wie ihr Fragen stellt...

 

F: Sie kommen in eine neue Situation...

 

A: Das ist keine Herausforderung. Die Unzulänglichkeit, dass ihr nutzt was ihr hat, dass ihr euch vorbereitet, und die Frage, wie ihr mit der Situation umgehen sollt - das alles gibt es nicht. Darum gibt es keine Herausforderung mehr. Deshalb sage ich, dass es keine Probleme gibt. Ihr erschafft die Probleme. Wenn die Lösungen, die diese Leute anbieten, nicht wirklich die Lösungen sind, habt ihr nicht wirklich ein Problem. Aber wenn ihr kein Problem habt, erschafft ihr euch ein Problem. Ihr können nicht ohne Probleme leben.

 

F: Das stimmt. Sie sagen also, dass der Mensch in einem gewissen Sinn sich nicht wirklich von den Tieren unterscheidet.

 

A: Ich muss zugeben, dass wir wahrscheinlich viel weiter entwickelt sind als die anderen Tiere. Das ist für uns von Vorteil, weil wir viel besser funktionieren können. Ich verwende das Wort „besser“ nicht gern, sagen wir also „auf natürlichere Weise“. Für uns gibt es einige Gefahren nicht. All diesen Problemen können wir mit den hochentwickelten Strukturen begegnen, mit denen wir ausgestattet sind. Das was wir übersinnliche Kräfte nennen – Hellsehen, Hellhören, usw. – ist auch in den Tieren vorhanden. Wir haben sie auch in uns. In manchen Fällen, mittels Meditationstechniken und anderer Kniffe, verlangsamt sich das Denken. Dann erfährt man diese sogenannten Kräfte, und man denkt, das wären alles spirituelle Erfahrungen. In unserem Fall ist der Mechanismus wahrscheinlich empfindlicher als bei Tieren. Ich weiß das nicht und kann dazu keine endgültige Aussage treffen. Ihr könnt niemals wirklich verstehen, wie Tiere funktionieren. Alle diese Tricks, alle diese Konzepte über das Wiederleben der eigenen Geburt, Rebirthing, dieses und jenes und anderes – das ist alles völliger Quatsch, weil ihr versucht, von hier aus zum Zeitpunkt eurer Geburt zurückzukehren. Was ihr erlebt, ist nicht die Erfahrung eurer eigenen Geburt, sondern etwas von da aus, wo ihr seid. Ihr verwendet alle diese Erfahrungen, färbt sie ein, und stellt euch vor, ihr erlebt eure eigene Geburt. Das ist gut, um „Rebirthing“ zu vermarkten, aber es ist nichts dran.

 

F: Warum haben die Menschen Eigenschaften entwickelt, die sie zu meisterhaften Zerstörern der Erde, der Luft, des Wassers und allem, was sie umgibt, gemacht haben?

 

A: Wie ich schon gesagt habe, diese Trennung von der Gesamtheit der Dinge, die uns umgeben, und das Konzept, dass alles zu unserem Nutzen erschaffen worden ist, und dass wir zu einem größeren und edleren Zweck geschaffen sind, als alle anderen Spezies auf diesem Planeten, sind die Ursache dieser Zerstörung. Diese machtvolle Verwendung der Gedanken ist das, was zerstörerisch ist. Die Gedanken sind ein Mechanismus, der sich selbst schützt. Deshalb ist alles, was von Gedanken hervorgebracht wird, zerstörerisch – seien es religiöse Gedanken oder wissenschaftliche Gedanken oder politische Gedanken – alle sind zerstörerisch. Aber wir sind nicht bereit zu akzeptieren, dass gerade die Gedanken unser Feind sind. Wir wissen nicht, was wir in dieser Welt tun sollen ohne Gedanken. Ihr könnt alles Mögliche erfinden und versuchen, euch von diesem Würgegriff der Gedanken zu befreien, aber wir können auf keinen Fall die Tatsache akzeptieren, dass das nicht das Mittel ist, das uns hilft, uns vernünftig und intelligent in dieser Welt zu benehmen. Gedanken sind ein sich selbst endlos fortsetzender Mechanismus. Sie steuern und formen unsere Konzepte und Handlungen. Konzept und Handlung – das ist ein-und dasselbe. Alle unsere Handlungen entstehen aus Konzepten. Unsere Konzepte sind Gedanken, die uns von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Gedanken sind nicht das Mittel, das uns dabei behilflich sein kann, in Harmonie mit dem Leben um uns herum zu existieren. Deshalb schafft ihr alle diese Umweltprobleme, die Probleme mit der Verschmutzung, und das Problem der möglichen Selbstzerstörung mit den extrem destruktiven Waffen, die wir erfunden haben. Es gibt also keinen Ausweg. Vielleicht sagen Sie, ich sei ein Pessimist, ein Zyniker, oder dass ich dies oder das bin. Aber ich hoffe, dass wir eines Tages erkennen, dass die Fehler, die wir gemacht haben, alles vernichten werden. Der Planet ist nicht in Gefahr. Wir sind in Gefahr.

 

F: Wenn dem so ist, dann können wir auf einen anderen Planeten auswandern. Der Willen zu überleben - woher kommt dieser Willen zu überleben, über den Tod des Körper hinaus, und seines unvermeidlichen Niedergangs?

 

A: Weil es einem irgendwie klar ist, dass das, was man ihr über euch selber wisst, dann zu Ende geht. Ihr habt sechzig, siebzig, oder hundert Jahre eures Lebens gelebt; ihr habt so und so viele Erfahrungen gehabt; ihr habt so viele Dinge erreicht; ihr habt so viele Dinge zuwege gebracht. „Geht das alles zu Ende – und es bleibt nichts zurück?“ Also erschaffen wir logischerweise etwas „darüber hinaus“.

 

F: Warum glauben Sie, dass wir es zugelassen haben, dass Illusion und Irrealität sich im Bewusstsein oder den menschlichen Gedanken halten...?

 

A: Ihr seid nicht getrennt von dieser Illusion. Ihr seid die Illusion. Wenn eine Illusion geht, wird sie immer durch eine andere Illusion ersetzt. Warum? Weil das Ende der Illusion das Ende vom „Ich“ ist. Das ist der Tod. Das Ende des Glaubens ist das Ende des „Ich“. Das ist also nicht der poetische, romantische Tod, mit dem man seine Vergangenheit hinter sich lässt. Der physische Tod ist die einzige Möglichkeit, das heraus zu spülen, was eure ganze Kultur eingesetzt hat.

 

F: Auf eine kleine und unbedeutende Art kann ich durch eine Illusion hindurchsehen...

 

A: Das ist schon wieder eine Illusion. Die Illusion ist „Sehen ist das Ende“. Ihr könnt euch und das Sehen nicht trennen. Sehen ist die Illusion; der Sehende ist die Illusion. Der Sehende redet sich selber ein, dass „Sehen das Ende ist“, aber es endet nicht. Der Sehende will also nicht zum Ende kommen. Der Sehende ist die Illusion. Ich weiß nicht; es ist besser, nicht über diese Dinge zu reden. Der Sehende ist die Illusion. Durch die Erfindung von „das Sehen der Illusion ist das Ende“, gewinnt der Seher Antrieb und macht weiter. In dem Moment, in dem ihr etwas „sehen“ wollt, habt ihr euch davon getrennt, und der Sehende ist entstanden, und durch dieses Sehen erhält er seinen Fortbestand. Deshalb hat uns Sehen nicht weitergeholfen; es hat nichts beendet.

 

F: Dieser Dialog, unser Gespräch jetzt gerade – wie würden Sie es nennen? Es ist nur ein physikalischer Austausch... dieses Wechselspiel, das gerade stattfindet?

 

A: (Lacht) Ich will es wirklich nicht dauernd wiederholen. Das was hier sitzt, ist nur eine Marionette. Zwei Marionetten, zwei Computer, zwei Aufnahmegeräte, die spielen, das ist alles.

 

F: Was auch immer Sie sagen – wenn wir Ihnen zuhören, verändert sich denn dann nichts in uns?

 

A: Überhaupt nicht. Sie hören nicht einmal zu. Es gibt keine Kunst des Zuhörens. Sie hören überhaupt nicht zu. Sie haben kein Interesse am Zuhören. Sie interpretieren.

 

F: Dessen bin ich mir bewusst. Sicher gibt es irgendeine Art des Zuhörens. Ich versuche, den Schlüssel in die Türe zu stecken und...

 

A: Wir brauchen diese ganzen Phrasen wie „Ich bin mir dessen bewusst“ nicht verwenden. Wenn ihr das umsetzt, was man „bewusst sein“ nennt, werdet ihr Alzheimer bekommen, was jeden befällt. Ich habe in einer eurer Zeitungen gelesen, dass jeder es bekommt. Dieser berühmte Musiker, wie heißt der doch, Frank Sinatra, hat es auch schon. Das steht in einer eurer Zeitungen. Er ist sehr jung. Sie führen ihn auf als ein Beispiel was mit einem Menschen, der unter Alzheimer leidet, vorgeht. Ihr habt den „Schlüssel“ in Ihrer Hand. Aber ihr wisst nicht, wie ihr den Schlüssel benutzen sollt, um die Türe zu öffnen.

 

F: Sie sagen also, dass der Körper enorm intelligent ist, weil alle seine Funktionen wunderbar von ganz alleine zusammenspielen.

 

A: Unser Bestreben, diesem Körper etwas beizubringen woran er kein Interesse hat, verursacht - erschafft - Probleme für ihn.

 

F: Gibt es noch etwas, was Sie sagen wollen?

 

A: Was soll ich sagen? Ich habe gerade schon viel gesagt.

 

F: Das stimmt. Noch etwas, worüber ich Sie fragen wollte, ist physischer Schmerz -- ob...

 

A: Lassen Sie das gut sein. Wenn ihr Schmerzen habt, nehmt ein Schmerzmittel. Ich sage nicht, ihr sollt nichts tun, und den Körper leiden lassen und die Schmerzen ertragen. Ihr steigert alles nur noch. Solange die Schmerzen da sind, kann ich auch eine Tablette nehmen und mich zeitweise von den Schmerzen befreien, weil es keinen Reiz hat, weder spirituell noch sonst, uns und den anderen zu beweisen, dass wir Schmerzen ertragen können. Darum geht es nicht. Aber was wir tun können, ist den Schmerz einfach so stehen lassen, ohne dauernd einzugreifen. Wir glauben, wir wüssten viel mehr als dieser Körper. Wir glauben, wir wüssten was gut ist für diesen Körper, und darum machen wir ihm Schwierigkeiten. Der Körper weiß, was er wissen will. Er will nichts von uns wissen. Wenn wir diese einfache Beziehung zwischen Gedanken und der Körper verstehen, dann werden wir wahrscheinlich dem Körper erlauben, zu funktionieren und die Gedanken zu diesem Zweck einsetzen. Gedanken sind in ihrem Wert funktionell, und sie können uns nicht dabei helfen, eines der Ziele zu erreichen, die wir uns vorgenommen haben, oder die uns die Kultur vorgegeben hat.

 

F: Gibt es keinen physikalischen Zweck für die Schmerzen?

 

A: Sie sind Heiler. Schmerz ist ein Heilungsprozess. Aber wir sind paranoid. Wir sind übermäßig darauf bedacht nicht zu leiden. Ich sage nicht, dass man sich nicht Hilfe holen sollst, wenn man sie bekommen kann. Leiden hat keinen Sinn, so wie es die christlichen Heiligen tun, die leiden und nicht zum Arzt gehen. Darum geht es nicht. Eigentlich ist alles, was wir sagen, nutzlos. Keiner weiß, was wir in einer bestimmten Situation tun würden.

 

Hören wir auf und belassen wir es dabei. Wenn Sie daraus etwas gewinnen können, dann ist das gut. Wenn nicht, dann eben nicht. Ich wünsche mir, dass sich keiner an irgendetwas erinnert, über das wir gesprochen haben. Wenn Sie sich an etwas erinnern, ist es verloren. Ich will auch nicht sagen, dass das, was ich sage, auf mysteriöse Weise das gesamte menschliche Bewusstsein beeinträchtigt.

 

F: Ich glaube sehr wohl, dass Schmerzen heilsam sind. Ich widerspreche Ihnen nicht. Aber Schmerzen sind angeboren.

 

A: Sie sind da. Sie versuchen, uns zu heilen aufgrund irgendeines Ungleichgewichts. Aber was ich behaupte, ist, dass Leiden keinen Reiz hat; man kann eine helfende Hand in Anspruch nehmen, um es ein bisschen erträglicher zu machen. Ich sehe in keiner Art des Leidens irgendeinen Sinn.

 

F: Wenn der Schmerz in Ihrem Knie ist, im Rücken, im Kopf, dann ist er schon da...

 

A: Darf ich etwas sagen? Alles, was wir jetzt über Schmerz reden hat keine Bedeutung, weil wir jetzt keine Schmerzen haben. Wenn wir jetzt Schmerzen hätten, würden wir nicht darüber reden, sondern handeln. 

 

F: Ja das stimmt.

 

A: Euer Wertesystem ist verantwortlich für menschliche Krankheiten, für menschliches Leid, weil es jeden in sein Schema zwingt.


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Inhaltsverzeichnis

 


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KAPITEL 2

Wirf deine Krücken weg!


Denken kann nur Probleme erzeugen, aber es kann uns nicht helfen, die Probleme zu lösen. 

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Ein Guru ist jemand, der euch sagt, ihr sollt alle Krücken wegwerfen. Er wird euch auffordern zu gehen, und er sagt, wenn ihr fällt werdet ihr aufstehen und gehen. 

 

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Wenn die Menschheit vom selbst verursachten Chaos gerettet werden soll, muss sie befreit werden von den Rettern der Menschheit. 

 

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In dem Moment in dem du etwas nachsagst, was nicht von dir stammt, bist du der Anhänger von jemandem geworden. 

 

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Was diese Gurus auf dem Markt tun, ist euch Eispackungen verkaufen und euch Schnuller geben. 

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Die Gedanken sind in ihrer Entstehung, ihrem Ursprung, ihrem Ausdruck, ihrer Aktivität sehr faschistisch. Wenn ich das Wort „faschistisch“ verwende, tue ich das nicht in einem politischen Sinn, sondern ich verwende es, um auszudrücken, dass die Gedanken unser Denken und unser Handeln steuern und formen.

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Es gibt Reinkarnation für die, die daran glauben. Es gibt keine Reinkarnation für die, die nicht daran glauben. Aber man muss sich die grundlegende Frage stellen: „Was gibt es, das reinkarniert? Gibt es so etwas wie eine Seele, ein „Ich“ oder eine Psyche? “ Was auch immer man sieht oder erfährt, entsteht durch das Wissen, das wir über diese Entität haben. 


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F: Zu allererst wollen wir diese wunderbare Vorstellung vom Glück analysieren, das zu erlangen einen jeden Menschen antreibt. Können Sie uns sagen, was es mit diesem Glück auf sich hat? 

 

A: Sie stimmen mir vielleicht nicht zu, aber wenn wir vom „Streben nach Glück“ sprechen, unterscheidet sich das nicht von den anderen sinnlichen Abläufen. Denn alle Erfahrungen, wie außergewöhnlich sie auch sein mögen, sind sinnlich. Das ist ein großes Problem, mit dem wir konfrontiert sind. 

 

Irgendwann im Lauf der Zeit hat der Mensch dieses Bewusstsein seiner selbst zum ersten Mal erfahren. Und das hat die Menschen vom den anderen Spezies auf diesem Planeten getrennt. Ich weiß noch nicht einmal, ob es so etwas wie Evolution gibt, aber das wird uns so gesagt. Und zu der Zeit wurden vielleicht die Gedanken geboren. Aber die Gedanken sind in ihrer Entstehung, ihrem Ursprung, ihrem Ausdruck, ihrer Aktivität sehr faschistisch. Wenn ich das Wort „faschistisch“ verwende, tue ich das nicht in einem politischen Sinn, sondern ich verwende es, um auszudrücken, dass die Gedanken unser Denken und unser Handeln steuern und formen. Es geht also um einen sehr bewahrenden Mechanismus. Das hat uns zweifellos geholfen, so zu werden, wie wir heute sind. Es hat uns geholfen, unser High-Tech und die Technologie zu schaffen. Es hat unser Leben sehr bequem gemacht. Es hat uns auch ermöglicht, die Naturgesetze zu entdecken. Aber die Gedanken sind ein sehr bewahrender Mechanismus, und am eigenen Überleben interessiert. Gleichzeitig stehen die Gedanken dem Funktionieren des lebendigen Organismus grundsätzlich entgegen.

 

Uns wird gesagt, es gäbe so etwas wie einen Verstand. Aber es gibt nichts wie Ihren Verstand oder meinen Verstand. Die Gesellschaft oder die Kultur, wie sie es auch nennen mögen, hat uns nur und ausschließlich zu dem Zweck erschaffen, dass wir ihre eigenen Bestand und den Status Quo aufrechterhalten. Gleichzeitig hat sie auch das Konzept geschaffen, dass es so etwas wie ein Individuum gibt. Aber tatsächlich gibt es einen Konflikt zwischen diesen beiden Aspekten – dem Konzept des Individuums und die Unmöglichkeit, als Individuum getrennt und anders als die Gesamtheit der Gedanken und Erfahrungen der Menschen zu funktionieren.

 

 F: Wer steckt hinter dem, was wir denken? 

 

A: Hier möchte ich betonen, dass Gedanken nicht aus sich selbst entstehen und nicht spontan sind. Ich möchte einen Schritt weiter gehen und die Frage stellen „Gibt es so etwas wie einen Gedanken?“ Die Frage stellt sich, weil wir annehmen, es gäbe so etwas wie Gedanken, und dass wir uns von den Gedanken trennen und sie betrachten können. Aber wenn wir uns das ansehen, was wir Gedanken nennen, ist das, was wir sehen, etwas über Gedanken und nicht die Gedanken selbst. „Was sind Gedanken?“ – die Frage stellt sich nur aufgrund der Annahme, dass es so etwas wie Gedanken gibt. 

 

Wir verwenden das, was wir Gedanken nennen, um spirituelle oder materielle Ziele zu erreichen. Wir stufen die spirituellen Ziele als „höher“ ein. Die Kultur, in der wir wirken, stellt spirituelle Ziele auf ein höheres Niveau als materielle Ziele. Aber das Mittel, das wir benutzen, ist Materie – also das Denken. Für mich ist Denken Materie. Deshalb sind alle unsere spirituellen Ziele in ihrem Wert materialistisch. Und das ist der Konflikt, der abläuft. In diesem Prozess hat die Gesamtheit der Erfahrungen der Menschen das erschaffen, was wir eine abgespaltene Identität nennen und einen abgespaltenen Verstand. Aber wenn ihr wirklich etwas erfahren wollt, sei es euer eigener Körper, oder eure eigenen Erlebnisse, geht das nicht ohne das Wissen zu verwenden, das uns weitergegeben worden ist. In anderen Worten würde ich sagen, dass Denken Gedächtnis ist. Aber uns wurde gesagt, dass der Mensch zu einen edleren und höheren Zweck als die anderen Spezies auf diesem Planeten erschaffen wurde, und dieser Glaube ist schuld daran, dass wir denken, die ganze Schöpfung sei zum Nutzen des Menschen geschaffen worden. 

 

Alles, was aus den Gedanken entsteht, ist zerstörerisch. Alles, was wir entdecken, die Naturgesetze oder wie auch immer Sie es nennen mögen, wird nur zu zerstörerischen Zwecken eingesetzt. Und es stimmt – wir haben schon einige Naturgesetze entdeckt, und die Theorien ändern sich permanent.... 

 

F: Können wir nicht zumindest versuchen, diesen Gedankenprozess auszuarbeiten, damit er konstruktiv und positiv wird? 

 

A: Gedanken sind nicht das Mittel, irgendetwas Anderes zu erreichen als die Ziele, die uns unsere Kultur oder Gesellschaft vorgibt, oder wie Sie es auch immer nennen mögen. Das grundlegende Problem, mit dem wir konfrontiert sind ist, dass der kulturelle Input, oder das, was uns die Gesellschaft als Ziel, das wir alle zu erreichen haben, vorsetzt, der Feind dieses lebendigen Organismus ist. Die Gedanken können uns Probleme erschaffen. Sie können uns nicht helfen, sie zu lösen.

 

F: Dann ist es wünschenswert, gedankenlos zu sein? 

 

A: Wovon ich rede, ist nicht ein gedankenloser Zustand. Auch die Erfindung eines sogenannten gedankenlosen Zustandes, den uns viele spirituelle Lehrer als zu erreichendes Ziel vorsetzen, wurde von Gedanken erschaffen, damit diese durch das Anstreben eines gedankenlosen Zustandes ihren Bestand aufrechterhalten können. Was auch immer wir erfahren in diesem Prozess, in dem es darum geht, das Ziel des gedankenlosen Zustands zu erreichen – es verstärkt genau das, wovon wir uns zu befreien versuchen.

 

F: Sehen Sie, wir haben diese Theorie über Ursache und Wirkung, die besagt, „Du wirst ernten, was du gesät hast.“ Glauben Sie nicht, dass es auf jede unserer Handlungen, sei es ein Gedanke oder irgendeine andere Handlung, eine Reaktion gibt – wenn nicht unmittelbar, dann zumindest nach einer gewissen Zeit? 

 

A: Es sind die Gedanken, die das Konzept von Ursache und Wirkung erfunden haben. Es gibt möglicherweise so etwas wie eine Ursache gar nicht. Jedes Ereignis ist ein einzelnes und unabhängiges Ereignis. Wir verbinden alle diese Ereignisse und versuchen, aus unserem Leben eine Geschichte zu machen. Aber eigentlich ist jedes Ereignis ein unabhängiges Ereignis. Wenn wir die Tatsache akzeptieren, dass jedes Ereignis ein unabhängiges Ereignis in unserem Leben ist, bekommen wir ein riesengroßes Problem mit dem, was wir Identität nennen. Und Identität ist der wichtigste Faktor in unserem Leben. Wir können diese Identität erhalten durch den konstanten Einsatz unseres Gedächtnisses - was auch wieder Gedanken sind. Dieser konstante Einsatz des Gedächtnisses oder der Identität, oder wie Sie es auch nennen wollen, verbraucht ungeheuer viel Energie, und es lässt uns keine Energie übrig für die Probleme in unserem Leben. Gibt es einen Weg, uns von unserer Identität zu befreien? Wie ich schon gesagt habe, die Gedanken können nur Probleme erschaffen, sie können uns nicht bei deren Lösung helfen. Durch das dialektische Denken über das Denken selbst schärfen wir dieses Instrument nur. Alle Philosophien tragen nur dazu bei, dieses Instrument zu schärfen. 

 

Das Denken ist sehr wichtig für uns, um in dieser Welt zu überleben. Aber es kann uns nicht dabei helfen, die Ziele zu erreichen, die wir uns selbst gesetzt haben. Die Ziele sind mit Hilfe des Denkens unerreichbar. Das Streben nach dem Glück, wie Sie gesagt haben, ist unmöglich, weil es so etwas wie andauerndes Glück nicht gibt. Es gibt Momente des Glücks, und es gibt Momente des Unglücks. Aber der Anspruch auf einen andauernden Glückszustand ist der Feind dieses Körpers. Diesem Körper ist daran gelegen, seine Empfindsamkeit der sinnlichen Wahrnehmung zu erhalten, und auch die Empfindsamkeit des Nervensystems. Das ist absolut wichtig für das Überleben dieses Körpers. Wenn wir das Mittel des Denkens nutzen um zu versuchen, das unerreichbare Ziel eines dauerhaften Glückszustandes zu erreichen, wird die Empfindsamkeit dieses Körpers zerstört. Deshalb wehrt sich der Körper gegen alles, was wir anstreben – andauerndes Glück und andauernde Freude. Wir werden also keinen Erfolg haben in unserem Versuch, einen dauerhaften Glückszustand zu erlangen. 

 

F: Sie haben den Intellekt und das Schärfens des Intellekts angesprochen.... 

 

A: Um in dieser Welt zu überleben. 

 

F: Ja. Wie schärfen wir ihn? Mit welcher Hilfe? 

 

A: Wir schärfen dieses Instrument durch einen sich wiederholenden Prozess. Aber dieser Prozess kostet uns ungeheure Mengen an Energie. Wenn der Einsatz des Denkens darauf beschränkt ist, nur das zu erreichen, was wir als materielle Werte sehen, und nicht unsere spirituellen Ziele, warum ist es uns dann nicht möglich, vernünftig und intelligent zu funktionieren? Das bedeutet nicht, dass ich eine materialistische Philosophie oder irgendetwas in dieser Art lehre. Das Denken ist nicht dazu ausgelegt, spirituelle Ziele zu erreichen, oder gar die Bedeutung oder den Zweck des Lebens, oder auf das Streben nach Dauerhaftigkeit oder andauernder Freude. 

 

F: Uns ist diese Theorie von Geburt und Tod vertraut – Karma, Aktion, Reaktion, oder etwas, wie eine finanzielle Bilanz, was wir mit uns herumtragen – wir fügen etwas hinzu, dann geben wir etwas aus, und dann nehmen wir es mit zur nächsten Geburt oder wie auch immer. Inwiefern hängen Sie dieser Theorie an, oder lehnen Sie diese Theorie ab? 

 

A: Ich lehne die Theorie des Karmas oder der Reinkarnation nicht ab. Aber ich stelle die Grundlage dieses Glaubens in Frage. Es gibt Reinkarnation für die, die daran glauben, und es gibt keine Reinkarnation für die, die nicht daran glauben. Aber gibt es so etwas wie Reinkarnation als Naturgesetz, wie die Erdanziehungskraft und andere Naturgesetze? Ich sage Nein. 

Es ist nicht wichtig, ob man an Reinkarnation glaubt. Wenn jemand für sich die Frage nach der Reinkarnation lösen will, und eine Antwort auf die häufig gestellte Frage „Gibt es so etwas wie Reinkarnation?“ bekommen will, muss er die grundlegende Frage stellen: „Was gibt es, was reinkarnieren kann?“ Gibt es irgendetwas? Gibt es so etwas wie eine Seele? Gibt es so etwas wie das „Ich“? Gibt es so etwas wie die Psyche? Was auch immer ihr hier seht, was auch immer ihr erfahrt, wird nur durch das Wissen geschaffen, das man über dieses Selbst hat. Wenn ihr das Glück habt, vom gesamten Wissen befreit zu werden, dem Wissen über das Selbst, über die Reinkarnation, und all diesen Dingen, könnt ihr dann irgendein Zentrum, irgendein „Ich“, irgendein Selbst, irgendeine Seele erfahren? Für mich ist das „Ich“ nichts Anderes als ein Pronomen für die erste Person Singular, und ich sehe kein Zentrum oder ein Selbst dort. Das gesamte Konzept der Reinkarnation beruht nur auf den Grundlagen unseres Glaubens. 

 

F: Was macht es aus, dass der eine im Lauf der Zeit eine großartige Person wird, und der andere in seinen mentalen Prozessen stagniert? Schreiben Sie das irgendeiner inneren Gabe zu? 

 

A: Wir waren immer neugierig und daran interessiert, herauszufinden warum ein Kind deformiert geboren wird. Und die Reinkarnation war eine sehr interessante Theorie, die der menschliche Verstand einmal entwickelt hat, um solche Situationen zu erklären und uns zu trösten, wenn wir mit solchen Leuten konfrontiert sind. Aber durch die Genforschung und die Mikrobiologie können wir jetzt diese von der Natur hervorgebrachten Deformationen korrigieren. Warum sollten wir dieses Unglück einer Sache zuschreiben, die wir in unserem vorherigen Leben getan haben? Dieser Glauben kommt uns sehr gelegen. Wir haben heute sehr viel Leid, sehr viel Armut, Hunger und Erniedrigung um uns herum. Es ist sehr tröstlich, zu glauben, dass es dieses Leid gibt, weil die Menschen, die leiden, in ihrem letzten Leben etwas Schreckliches getan haben. Das ist keine Antwort. Es lässt uns Schutz finden in unserem Glauben, und nichts unternehmen, was das Problem löst. Der Glaube ist weder spirituell noch menschlich. Im Namen humaner Taten gegenüber unserer Mitmenschen haben wir Unmenschliches getan. Der Glaube an Reinkarnation hilft uns nur beim Wegschauen, und nicht, das Problem anzugehen, das eine Lösung fordert von jedem denkenden Menschen heute auf der Welt. 

 

F: J. Krishnamurti hat Eines immer betont: dass niemand einen Guru braucht. So wie ich es sehe, möchten auch Sie für niemanden ein Guru sein. Was glauben Sie ist die Rolle eines Gurus, der den Sishya den Weg zeigt? 

 

A: Ich glaube das ist der falsche Begriff heutzutage für alle diese spirituellen Gurus, die auf dem Markt sind, Schund verkaufen und die Leichtgläubigkeit der Leute ausnutzen. Ein Guru ist jemand, der euch sagt, werft alle Krücken weg, von denen uns eingeredet wurde, dass wir sie zum Überleben brauchen. Der wahre Guru sagt „Wirf sie weg, und ersetze sie nicht mit extravaganten Krücken oder gar computergesteuerten Krücken. Ihr könnt gehen, und wenn ihr hinfallt, werdet ihr aufstehen und weiter gehen." So ist ein Mensch, den wir und für einen echten Guru halten, und der auch der Tradition nach ein echter Guru ist, und nicht die, die heute diesen Schund auf dem Markt verkaufen. Es ist ein Geschäft, es ist für die Leute ein heiliges Geschäft geworden. Ich verdamme jetzt nichts. Aber so lange ihr von jemanden abhängig seid, um eure Probleme zu lösen, so lange bleibt ihr hilflos. Und diese Hilflosigkeit wird von den Leuten ausgenutzt, die eigentlich keine Antworten auf die Probleme haben, sondern euch nur eine Art Schnuller verpassen. Die Leute sind mit diesen Schnullern zufrieden und fallen darauf herein, anstatt dass sie sich selber um ihre Probleme kümmern. 

 

F: Der Spiritualismus des Ostens und der Spiritualismus des Westens tauschen langsam die Plätze, und man sieht jetzt das Ergebnis von beiden. Was ist das Allheilmittel für das menschliche Elend, die Entbehrungen, das Leid, mit dem jeder auf diesem Planeten konfrontiert ist? Jeder hat etwas, das er will, ist immer auf Suche, läuft immer etwas hinterher. 

 

A: Zu Beginn dieses Gesprächs haben wir gesagt, dass jeder, sei es ein Russe, ein Amerikaner, ein Afrikaner oder ein Inder, nach Glück strebt. Ich habe gesagt, dass es nicht möglich ist, so ein Ziel zu erreichen aufgrund des physischen Problems (des Konflikts mit dem Körper) das das Erreichen dieses Zieles verhindert. Man nimmt an, dass der Westen materialistisch sei, und dass die Menschen im Westen spirituelle Führung im Osten suchen. Das stimmt aber nicht. Wenn man länger im Westen lebt, erkennt man, dass die spirituell Interessierten nicht die Leute sind, die das Geschick dieser Welt lenken. Was dieses plötzliche Interesse an spirituellen Dingen und die Suche nach Beistand aus dem Osten geweckt hat, sind Drogen. Sie haben neue Erfahrungen ermöglicht. Aber man war nicht zufrieden damit, diese Erfahrungen zu wiederholen. Man hat nach verschiedenen religiösen Erfahrungen gesucht, sei es aus Indien, aus Japan, oder aus China. Die Menschen sind zu diesen Dingen hingezogen wegen der neuen Sprache und den neuen Techniken. 

 

Tatsache ist, dass wenn ihr einmal alles habt, was ihr auf dieser Welt erwarten könnt, wenn alle materiellen Bedürfnisse gestillt sind, sich naturgemäß die Frage stellt „Ist das alles?“ In dem Moment, in dem ihr euch die Frage „Ist das alles?“ stellt, schafft ihr einen gigantischen Markt für dieses Geschäft, das Geschäft mit der Heiligkeit. Diese Leute nutzen die Gutgläubigkeit der Menschen aus, anstatt dass sie ihnen dabei helfen, die grundlegenden Probleme – die menschlichen Probleme – zu lösen. So einfach ist das. Wir müssen diese Fragen also immer wieder stellen. Aber alle Fragen, die wir stellen, entstehen aus den Antworten, die wir schon haben. Wir denken nie daran, zu fragen, warum wir immer wieder diese Fragen stellen, auf die uns schon die Weisen, Heiligen, und Retter der Menschheit die Antworten gegeben haben. Wir wollen nicht erkennen, dass die diese Antworten schuld sind an der Tragik des menschlichen Daseins. Wir stellen sie nicht in Frage. Wenn wir die Antworten in Frage stellen, würden wir die Lehrer in Frage stellen. Wenn die Menschheit gerettet werden soll aus dem selbst verursachten Chaos, muss sie von den Rettern der Menschheit befreit werden. Das bedeutet nicht, dass ihr alles zerstören sollt. Ihr müsst Fragen stellen, die nicht aus den Antworten entstehen, die wir schon haben. Aber gibt es eine Antwort? Das ist alles. Und es gibt eine Lösung für die Menschheit. 

 

Die Gesellschaft oder die Kultur oder wie man es auch nennen mag, hat uns alle nur und ausschließlich deshalb erschaffen, um ihren eigenen Fortbestand und den Status Quo zu erhalten.

 


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Inhaltsverzeichnis

 

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KAPITEL 3

Der Roboter träumt



Die Einzigartigkeit des Individuums kann sich nicht ausdrücken, weil sie im Würgegriff der Erfahrungen der Anderen steckt. 

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Ihr müsst nichts tun, um ein Individuum und ihr selbst zu sein. Die Kultur verlangt, dass ihr etwas Anderes seid, als das, was ihr seid. Wie viel Energie wir vergeuden beim Versuch, das zu werden! Aber wenn diese Energie freigesetzt wird, wird das Leben sehr einfach. Was gibt es dann noch, was ihr nicht tun könnt? 

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Der Versuch, ein Glücksgefühl oder jedes andere angenehme Gefühl länger als es natürlicherweise dauert, festzuhalten, zerstört die Empfindsamkeit des lebenden Organismus. 

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Der Verstand ist nur an Sinnlichkeit interessiert. Tatsächlich entsteht er aus der Sinnlichkeit heraus. Er erhält seinen Fortbestand im Bereich der Sinnlichkeit. Aber der Körper ist an nichts davon interessiert, außer daran, auf Reize zu reagieren. 

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Es gibt eigentlich keine Probleme. Das was uns bedrückt sind nur die Lösungen. 

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Das einzige „Ich“ das ich finden kann, ist das Pronomen erste Person Singular. Ich muss das verwenden, um vom Pronomen zweite Person Singular zu unterscheiden. 

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Der perfekte Mensch entsteht aus dem Wertesystem, das wir erschaffen haben. Dieses Wertesystem ist geprägt von den großen Lehrern der Menschheit, die mehr Schlechtes als Gutes getan haben. Aber jedes menschliche Wesen ist einzigartig. 

 

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F: Sie haben erwähnt, dass Sie Ihre Erfahrung – das was geschehen war, als Sie bei Ramana Maharshi waren – nicht wieder her holen können. Aber die Gehirnforschung sagt uns, dass das Gehirn eine jede Erfahrung eines Lebens speichert. Ist es noch irgendwo ganz unten im Gehirn da? Wie erklären Sie das? 

 

A: Was ich denjenigen mitteilen will, die daran interessiert sind, dem zuzuhören, was ich zu sagen habe, ist, dass es so etwas wie die Gesamtheit nicht gibt. Das Gedächtnis arbeitet mit Schemata. Um zu erklären, was ich meine, wenn ich sage, alles befindet sich innerhalb von Schemata, den sogenannten Frames, und dass der gesamte menschliche Körper von einem Augenblick auf den anderen funktioniert, muss ich auf eine grundlegende Sache hinweisen, und zwar darauf, wie die Sinne arbeiten. Das, was ist, ist nur eine Reaktion auf einen Reiz. Die Reaktion wird nicht übersetzt von etwas, das da ist, außer dass die Reize genauso aufgenommen werden wie Informationen aufgenommen werden, wenn Bilder von einer Diskette auf eine andere überspielt werden. Es gibt keine Verbindung zwischen all diesen Reaktionen. Jede davon ist ein eigener Frame. Wir brauchen viel Vorstellungskraft bei unserem Versuch, zu verstehen, was wirklich vorgeht.

 

Nehmen wir als Beispiel, was ein Freund von mir wollte, als ich einem Berghotel in Indien war. Er sagte, wenn er den Gipfel eines bestimmten Berges erreicht, hätte er eine 360-Grad-Sicht über die gesamte Umgebung. Er hat mich also auf den Gipfel geschleift. Unwillig und zögernd habe ich m ich auf diese Bergspitze geschleppt und versucht, das zu erfahren, was er eine 360-Grad-Sicht der gesamten Umgebung nannte. Ich habe mir gesagt, „Dieser Bursche verulkt sich selber und bildet sich das nur ein. Wie kann man eine 360-Grad-Sicht dieser Gegend erfahren? Ich sehe nur 180 Grad. Was er also glaubt, zu erleben, ist aus seiner eigenen Vorstellung entstanden.“ Das da (zeigt auf sich selbst) ist nicht in der Lage, Bilder zu erschaffen. Sinnliche Wahrnehmungen in Bilder zu wandeln, ist hier der kulturelle Beitrag. Wenn meine Augen Sie nicht ansehen, ist es nicht möglich, dass dieser Organismus (zeigt auf sich selbst) ein Bild davon erschaffen kann, wie Sie aussehen. Das Problem ist das Erschaffen von Bildern, die unserer Vorstellung entspringen, und meist daraus, was unsere Kultur uns eingepflanzt hat. 

 

F: Ich höre.... 

 

A: Was ich also sagen will, ist, dass das Gehirn diese sinnlichen Wahrnehmungen in die Frames des Gedächtnisses übersetzt. Das Gedächtnis ist kein konstanter Faktor. Alles was passiert, ist, wenn Licht auf ein Objekt fällt und Ihren Sehnerv aktiviert, ein Bild auf der Retina entsteht. Das habe ich beim Studium der Biologie gelernt, und das haben uns die Physiologen in unseren Schulen beigebracht. Aber wenn Sie die Tatsache erfahren wollen, das heißt, das Bild, das Sie anschauen, geht das nicht – sie können es nicht erfahren. Ich gebe dieses Beispiel, um uns von vielen der Vorstellungen zu befreien, was Gedächtnis ist. Wenn diese Sehnerven aktiviert sind, aktivieren diese wiederum die Neuronen im Gehirn, bringen das Gedächtnis zum Laufen, und sagen uns, dass das Objekt dies oder das sei. Der nächste Frame ist also ganz anders als der vorhergehende Frame. 

 

Nehmen wir zum Beispiel eine Filmkamera. Die Filmkamera fängt alles, was passiert, in Frames ein. Nehmen Sie zum Beispiel den Film, wie meine Hand sich von hier nach da bewegt – es gibt zehn verschiedene Frames, die zeigen, dass die Hand sich von hier nach da bewegt hat. Und um die Bewegung auf dem Bildschirm zu sehen, muss man dieses künstliche Gerät benutzen, das man Projektor nennt. Und nur dann sehen Sie die Bewegung der Hand künstlich erzeugt mit Hilfe des Projektors. Die Geräusche sind wie etwas, was es in der Filmbranche gemacht wird. Die Geräusche sind neunzehneinhalb Frames hinter dem dazugehörigen Bildframe, es gibt eine Lücke zwischen dem aufgenommenen Bild und dem Geräusch – neunzehneinhalb Frames. Auf genau die gleiche Art und Weise ist das Denken sehr langsam. Bis es da ist und dieses „was auch immer da ist“ innerhalb seines Musters festhält, sind die Augen schon woanders, und das Vorherige ist vollständig gelöscht. 

 

F: Ich denke ans Fernsehen. Das ist vielleicht auch ein gutes Beispiel. Das Bild gibt es nicht wirklich. Es ist nur eine Ansammlung von Punkten. Das Gehirn muss das Bild erst zusammensetzen. 

 

A: Das Gehirn arbeitet ganz genauso. Alles wird als Punkte erfasst und die Bilder werden als Frames aufgenommen. Es gibt eine Illusion, dass jemand da ist, der die Dinge anschaut. Aber tatsächlich ist da niemand, der die Dinge anschaut. Es kommt Ihnen vielleicht sehr seltsam vor, wenn ich sage, dass es niemanden gibt, der spricht. Sie sind der, der mich zum Sprechen bringt, hier ist niemand (zeigt auf sich selbst) der spricht. Es gibt niemanden. Das kommt Ihnen vielleicht sehr seltsam vor, aber so ist es. Es ist so mechanisch, und doch sind wir nicht bereit, zu akzeptieren, dass dieser lebendige Organismus mechanisch funktioniert. 

 

F: Sie haben also keine Empfindung der Identität, der persönlichen Identität von sich selbst? 

 

A: Überhaupt nicht, weil es kein Zentrum gibt; es gibt keine Psyche; es gibt kein „Ich“. Das einzige „Ich“ das ich finden kann, ist das Pronomen erste Person Singular. Ich muss das verwenden, um von dem Pronomen zweite Person Singular zu unterscheiden. Das ist alles. Aber es gibt nichts, von dem man sagen kann, es sei „Ich“. Deshalb kann ich mir nicht sagen, ich sei ein freier Mensch, ich sei ein erleuchteter Mensch. Ich kann auch überhaupt nicht wissen, dass Sie kein erleuchteter Mensch sind, dass Sie kein freier Mensch sind. Es ist für mich nicht notwendig, Sie zu befreien oder zu erleuchten, weil ich dazu ein Bild von mir selbst haben muss, und erst in Beziehung dazu kann ich ein Bild von Ihnen bekommen. Die Bilder die wir haben stehen also in Bezug zu dem was wir gerne wären, was wir sein sollten, was wir sein müssen. 

 

F: Wenn Sie um die Welt reisen, versammeln sich Menschen um Sie. Warum versammeln sich die Menschen um Sie, warum kommen sie, um Sie zu sehen? 

 

A: Sie glauben immer noch, ich könne ihnen helfen. Ich berichte Ihnen von einer Unterhaltung, die kürzlich in Bangalore stattgefunden hatte. Sie sind alle meine Freunde. Ich habe keine Verehrer oder Schüler oder Anhänger. Ich sage ihnen, sie sind meine Anhänger, weil sie wiederholen, was auch immer ich sage. Sie merken sich meine Äußerungen und wiederholen sie. Und es bringt nichts, sich selber zu veräppeln, indem man glaubt, dass man mir nicht anhängt. In dem Moment, in dem man etwas nachsagt, das nicht von einem selbst kommt, ist man ein Anhänger von irgendjemand. 

Bei einer Gelegenheit, als ich sehr nachdrücklich festgestellt habe, dass alles, was mit mir geschehen ist, trotz allem geschehen ist, trotz meines Besuches bei Ramana Maharshi, trotz meiner Kontakte mit J. Krishnamurti und meiner persönlichen Gespräche mit ihm, und trotz aller Dinge, die man erwartet von jemanden, der ein erleuchteter Mensch sein will, sagte ein Freund im Publikum „Wir können Ihren Hinweis auf „trotz“ nicht akzeptieren..." Er sagte, dass meine Feststellungen unwichtig seien. „Das Problem ist sehr einfach“, sagte er. „Wenn wir akzeptieren, was Sie sagen, nämlich dass was auch immer mit Ihnen geschehen ist unabhängig von dem geschehen ist, was Sie getan haben, und dass alles, was Sie getan haben, unwichtig war, verlieren wir die einzige Hoffnung, die wir in Sie haben. Wir glauben immer noch, dass, obwohl wir den Glauben an alle anderen verloren haben, wir den Glauben an Sie nicht verlieren können.“ Ich habe ihm gesagt, das sei genau das in ihm, was es ihm unmöglich macht, sich von dem zu befreien, wovon auch immer er versucht, sich zu befreien, weil er eines mit einem anderen ersetzt hat. Das ist alles, was wir tun können. Eine Illusion wird durch eine andere Illusion ersetzt, und ein Lehrer wird durch einen anderen Lehrer ersetzt. Man kann nicht funktionieren, ohne eine Sache mit einer anderen zu ersetzen. 

 

F: J. Krishnamurti hat behauptet, dass es keine Autorität gäbe, keinen Lehrer, und keinen Weg. Jeder hätte einen Lebensweg, der ihn dahin bringt, wo er sein soll. Sie haben auch einen Lebensweg, der Sie dahin gebracht hat, wo Sie sind. 

 

A: Aber ich kann nichts vorbringen, das keine Rolle in meinem Leben gespielt hat. Das wäre etwas Falsches, es würde das, was Sie sehen, verfälschen.

 

F: Warum sollten Sie nicht sagen, dass jeder von uns einen individuellen und einzigartigen Lebensweg hat, und daraus geht was auch immer hervor? 

 

A: Die Einzigartigkeit eines jeden Individuums kann sich nicht ausdrücken, weil es im Würgegriff der Erfahrungen der Anderen steckt. Schließlich existieren Sie nicht, und ich existiere nicht. Sie und ich wurden erschaffen von der Gesamtheit dieser Erfahrungen, und wir müssen sie so einsetzen, dass wir vernünftig und intelligent in dieser Welt funktionieren. 

 

F: Also erschaffen Sie mich jetzt gerade? 

 

A: Sie erschaffen mich. 

 

F: Sie erschaffen mich jetzt? 

 

A: Nein. Ich erschaffe Sie nicht, weil ich kein Bild von mir selbst habe. Alles, was Sie hier sehen (zeigt auf sich selbst), ist Ihre eigene Kreation und die Projektion des Wissens, das Sie von mir haben. Ich weiß nicht, ob Sie verstehen, was ich sagen will. Ich bin nicht an dem beteiligt, was in Ihnen vorgeht. Was beteiligt ist, ist nur die Spiegelung dessen, was vor einem ist, auf der Retina. Aber die Übersetzung davon ist nicht da, weil sie Teil des Vorgangs ist, die dort stattfindet. 

 

F: Wenn ich recht verstehe, was Sie sagen, dann geht es darum, jeden Augenblick so zu leben, wie er kommt. 

 

A: Solche Äußerungen sind sehr irreführend. Wir begeben uns in eine Lage, in der wir denken, dass wir von Augenblick zu Augenblick leben können. Aber es ist der Körper, der von Augenblick zu Augenblick funktioniert. 

 

F: O.K., der Körper funktioniert von Augenblick zu Augenblick. 

 

A: Das was danach strebt, von Augenblick zu Augenblick zu leben, also der Verstand, (Zitat Ende), kann so nicht leben, weil sein Überleben abhängig ist von sich wiederholenden Erfahrungen. Die Kontinuität des Wissens, dass „Ich“ es bin ist nicht etwas Anderes. Ihr müsst dieses Zentrum die ganze Zeit aufrecht erhalten, und dieses Zentrum könnt ihr nur aufrecht erhalten durch den sich wiederholenden Prozess, indem ihr die gleichen Erfahrung immer wieder wiederholt, und euch dabei vorstellt, dass ihr eines Tages von einem Augenblick auf den nächsten funktionieren werdet. Diese Hoffnung verleiht euch das Gefühl, und auch so etwas wie die Erfahrung, dass ihr von Augenblick zu Augenblick lebt. Aber die Möglichkeit, tatsächlich von Augenblick zu Augenblick zu leben wird es nie geben, weil der Verstand nur nach Fortbestand strebt. Deshalb hat er das Ideal des Lebens von Augenblick zu Augenblick erfunden, den Nicht-Verstand, und all das. Mit diesen Tricks weiß der Verstand, dass er seinen Fortbestand sichern kann. 

 

F: Manchmal sind wir so mit unseren Handlungen beschäftigt, dass wir uns darin verlieren, und in diesem Sinn leben wir im Augenblick. 

 

A: Es ist nicht richtig, das zu sagen, weil die Beschäftigung mit dem, was auch immer Sie tun, eine Art „High“ ist. Es ist eine Erfahrung, die man auf eine höhere Ebene stellen will und dann denkt man, man sei darin versunken. 

 

F: Aber Sie denken nicht darüber nach, weil es keinen zeitlichen Abstand gibt. 

 

A: Nein. Das Denken ist sehr präsent. Aber ihr habt daraus eine außergewöhnliche Erfahrung gemacht, und der Wunsch danach, dass es immer so ist, ist etwas, das nicht möglich ist. Ein Musiker denkt, er sei versunken in das, was er tut. Es beansprucht eure gesamte Aufmerksamkeit, um das auszudrücken, was immer ihr tut, und es ist viel einfacher, euch effektiv auszudrücken, als darüber nachzudenken. 

 

F: Ich denke über Erfahrungen nach, nachdem sie passiert sind. Dann reflektiere ich sie. Wenn ich in den Himmel schaue, und einen Falken fliegen sehe, sehe ich den Falken und dann denke ich darüber nach – „Oh ich habe einen Falken gesehen!“ Aber in dem Moment, in dem ich ihn sehe, denke ich nicht darüber nach. 

 

A: Sehen Sie, das stimmt nicht, weil uns eingeredet wurde - und diese Feststellung akzeptieren Sie vermutlich – dass, während man etwas erfährt, man sich dessen nicht gewahr ist. Die Tatsache, dass man sich erinnert, ob man das nun als Falken benennt oder nicht, bedeutet, dass man sehr wohl gegenwärtig war. Ich kenne viele Leute, die mir sagen, sie waren in einem Zustand ohne Gedanken, dass es Momente gab, in denen das „Ich“ nicht da war. Aber wenn so etwas wirklich passiert, ist es endgültig aus, und es ist unmöglich, diese Momente zu verbinden und Kontinuität zu schaffen. Also sind die Feststellungen, dass wenn man etwas erfährt, sich dieser Erfahrung nicht gewahr ist, und dass man sich dessen gewahr oder bewusst wird erst wenn die Erfahrung vorbei ist, höchst fragwürdig. Wenn dem so wäre, wäre das gesamte Muster des Erfahrens endgültig zerstört. Es wäre, als würde ein Erdbeben stattfinden, und keiner weiß, was dann passiert. Die Dinge würden sich verschieben, und danach funktioniert der Organismus ganz normal und natürlich. Er würde ein neues Gleichgewicht gefunden haben. 

 

F: Warum leben wir als Menschen hier jetzt gerade? 

 

A: Warum stellen wir die Frage „Warum gibt es uns?“ Was sagt Ihnen, dass es Sie gibt? Gibt es Sie jetzt? Es ist Ihr Wissen, das Ihnen sagt, dass es sie gibt, dass es mich gibt.

 

F: Ich bin mir gewahr, dass es mich gibt, ich habe das Gefühl, dass es mich gibt. 

 

A: Gefühl ist auch Gedanke. Wir wollen empfinden, dass Gefühle wichtiger sind als Gedanken, aber man kann ein Gefühl nicht erfahren, ohne es innerhalb des Musters seines Wissens, das man hat, zu übersetzen. Nehmen Sie als Beispiel, dass Sie sich sagen, Sie seien glücklich. Sie wissen nicht einmal, dass die Empfindung, die Sie haben, Glück ist. Aber Sie erfassen diese Empfindung mit dem Muster Ihres Wissens, das Sie haben über das, was Sie Glückszustand nennen, und den anderen Zustand, den des Unglücks. Was Ich sagen will, ist dass es das Wissen ist, das Sie über sich selbst haben, was das Selbst erschaffen hat und was Ihnen hilft, sich selbst als Einheit zu erfahren. 

 

Ich mag das Wort „Gewahrsein“ nicht besonders. Es wird missbraucht. Es ist eine abgegriffene Münze, und jeder gebraucht es, um einige seiner Handlungen zu rechtfertigen, anstatt zuzugeben, dass er einen Fehler gemacht hat. Manchmal sagt man „Ich war mir dessen nicht gewahr, was los war.“ Aber Gewahrsein ist ein wesentlicher Bestandteil der Aktivität unseres menschlichen Organismus. Diese Aktivität kommt es nicht nur insbesondere im menschlichen Organismus vor, sondern in allen Lebensformen – im Schwein und im Hund. Die Katze schaut einem einfach nur an und kann gar nicht anders als sich in einem Zustand des Gewahrseins zu befinden. Dieses Gewahrsein in ein Mittel zu verwandeln, man anwenden kann, um eine Veränderung hervorzurufen, bedeutet, es zu verfälschen. Gewahrsein ist ein wesentlicher Bestandteil der Aktivität des lebenden Organismus. Und deshalb ist „Gewahrsein“ einfach nicht das passende Wort. 

 

Wir können uns nicht von den Dingen da draußen trennen. Sie unterscheiden sich nicht von dem Stuhl, auf dem Sie sitzen. Aber was Sie vom Stuhl trennt, ist das Wissen, das Sie darüber haben – „Das ist ein Stuhl“, „Sie sitzen auf dem Stuhl“. Eigentlich aber ist die Wahrnehmung, um das es in der Beziehung zwischen Ihnen und dem Stuhl geht, das Gefühl der Berührung. Dieses Gefühl der Berührung jedoch sagt Ihnen nicht, dass sie getrennt sind von diesem Stuhl, auf dem Sie sitzen. Ich will nicht sagen, sie wären der Stuhl. Das ist zu absurd. 

 

Das was Sie eigentlich empfinden lässt, dass es Ihren Körper gibt, ist die Auswirkung der Erdanziehungskraft auf den Körper, die Schwere des Körpers. Sie spüren die Existenz des Körpers wegen der Erdanziehungskraft. Ich habe irgendwann am Anfang gesagt, dass Sie alles beeinflussen, was es gibt, und dass alles, was es gibt, Sie beeinflusst. Die dieser Feststellung zugrunde liegende Tatsache können Sie nicht erfahren, weil alles ein unitärer Vorgang ist. In dem Moment, in dem man beides trennt und sagt, dies ist die Reaktion auf das, hat man schon sein Wissen über die Dinge eingebracht, und sich selbst gesagt, dass dies die Reaktion auf jenen Reiz ist. 

 

F: Die Quantenphysiker sagen uns, dass alles verbunden sei, und dass wir alle Teil des Universums sind. 

 

A: Aber das ist für sie ein Konzept. Wie auch für die Metaphysiker in Indien. Sie sind auf diese Tatsache gekommen und haben gesagt, es gibt keinen Raum. Raum ist etwas, was unbedingt notwendig ist, damit wir in dieser Welt leben können. Aber die Tatsache, dass es so etwas wie Raum gibt, kann man nie erfahren. Ein Wissenschaftler hat mich besucht und die Aussage getroffen, dass es so etwas wie Raum nicht gebe, dass es so etwas wie Zeit nicht gebe, und dass es so etwas wie Materie nicht gebe. Ich habe gesagt, „Sie wiederholen etwas, was Sie auswendig gelernt haben. Wahrscheinlich werden Sie mit einer Gleichung beweisen, dass es keinen Raum gibt. Aber angenommen, es ist eine Tatsache in Ihrem Leben, dass es keinen Raum gibt (ich mache immer plumpe Beispiele), was passiert dann in der Beziehung mit Ihrer Frau?“ Wenn Leute mich mit solchen Ideen konfrontieren – dass es keinen Beobachtenden gibt, oder dass der Beobachter der Beobachtete ist – mache ich es ihnen schwer und versuche, ihnen klar zu machen, was das, was sie sagen, bedeutet. Über diese Dinge zu sprechen ist sehr interessant für die Theologen, die Metaphysiker, und für die Wissenschaftler. Aber wenn so etwas übertragen wird auf unser tägliches Leben und auf unsere Beziehung mit den Menschen um uns herum, ist es etwas völlig Anderes. Wenn Sie sich sagen, der Beobachter ist der Beobachtete, und das übertragen auf eine Situation, in der Sie kurz davor sind, mit Ihrer Frau zu schlafen, was passiert dann? 

 

F: Gibt es eine Situation, in der der Beobachter wirklich der Beobachtete ist? 

 

A: Das ist das Ende einer jeden Beziehung. Es ist aus. Zu sagen, der Beobachter sei der Beobachtete ist eine bedeutungslose Feststellung, bis zum Erbrechen wiederholt. Man weiß nicht, was passieren wird, wenn das der Fall ist. Alle Beziehungen werden beendet sein. 

 

F: Wir sind also nur Automaten.... 

 

A: Wir wiederholen automatisch auswendig gelernte Wörter und Phrasen. Sie haben keine Bedeutung dafür, wie wir funktionieren. 

 

F: Sind Sie nur ein Automat? 

 

A: Oh, ich bin ein Automat. Ich habe keinen einzigen Gedanken, der von mir kommt. Wenn dieser Computer (zeigt auf seinen Kopf) keine Information zu einem bestimmten Thema hat, ist er still. Man betätigt also den Computer (zeigt auf sich). Ihr strebt danach, herauszufinden, was in diesem Computer drinnen ist. Und was auch immer aus mir herauskommt, ist Eures. Was Ihr den Ausdruck nennt, ist Eures, und ihr lest etwas darin. 

 

F: Ich bin also der Träumer und Sie sind der Traum. 

 

A: Sie haben mich erschaffen. Sie haben alle Antworten und stellen die Fragen. 

 

F: Ich glaube, ich habe schon Antworten. 

 

A: Wie soll es auch sonst Fragen geben? Sie sind nicht sicher, dass sie die Antworten sind. 

 

F: Nun, ich bin wie jeder hier - ich stelle Fragen, die jeder stellen könnte. 

 

A: ... auf die Sie schon die Antworten haben. Aber Sie sind nicht sicher, dass es die Antworten sind. Und ihr habt nicht den Mut, die Personen, die diese Antworten gegeben haben, weg zuschieben. Es kommen hier Gefühle mit ins Spiel, und ihr verliert den Mut, die Antworten über Bord zu werfen, und die, diejenigen, die die Antworten gegeben haben, aus dem Fenster zu werfen. 

 

F: Ich verstehe das so, dass man ein Individuum sein soll. 

 

A: Ihr müsst nichts tun, um ein Individuum und ihr selbst zu sein. Die Kultur verlangt, dass ihr etwas Anderes seid, als das, was ihr seid. Wie viel Energie wir vergeuden beim Versuch, das zu werden – den Willen, die Anstrengung! Wenn diese Energie freigesetzt wird, was können wir dann nicht tun? Wie einfach es für uns alle wäre, in dieser Welt zu leben. Es ist so einfach. 


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Inhaltsverzeichnis

 

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KAPITEL 4

Ein Blitzschlag



Was auch immer mit mir passiert ist, ist trotz allem, was ich getan habe, passiert. Es war sozusagen  wie ein Blitzschlag, oder ein Erdbeben. Alles, was ein jeder vorher gedacht, gefühlt, und erfahren hatte, wurde aus meinem System gespült. Das ist nicht geschehen, weil ich mich darum bemüht oder es gewollt hätte. Darum nenne ich es „akausal“, und ich weiß überhaupt nicht, was mir geblieben ist. 

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Ich behaupte, dass das Gedächtnis nicht in einem bestimmten Bereich des Körpers angesiedelt ist. Jede Zelle unseres Körpers ist beteiligt. 

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Wir nutzen das Gedächtnis und das Gehirn auf eine Weise, für die es nicht bestimmt ist. Das ist einer der Gründe, warum es immer mehr Fälle der Alzheimer-Krankheit gibt. 

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Weder unterscheiden wir uns von der Mücke, die euer Blut saugt, noch sind wir für einen höheren Zweck als sie erschaffen worden.

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Wenn es irgendetwas wie ein höheres Bewusstsein gibt, von dem so viel gesprochen wird, sind Sie genauso eine Manifestation dessen, wie jeder, der diese kosmische Kraft für sich beansprucht. Jeder Hund, jede Katze, jedes Schwein, jede Kuh, die Schnecke im Garten, Sie, ich, sogar Dschinghis Khan und Hitler, sind eine Manifestation desselben. Warum sollte die Natur oder irgendeine kosmische Kraft, wenn es so etwas gibt, die Hilfe von jemandem brauchen als Instrument, sich auszudrücken um anderen zu helfen? 


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F: Ich glaube, es war 1967, genau an Ihrem 49. Geburtstag, als Sie J. Krishnamurti zugehört haben, als Sie ein Erlebnis gehabt haben sollen. Könnten Sie das bitte beschreiben? 

 

A: Ich will hier nicht sehr ausführlich werden. Aber was ich kürzlich betont habe, ist, dass alles, was mir passiert ist, trotz allem, was ich getan habe, geschehen ist. Was auch immer ich getan oder nicht getan habe, und von welchen Ereignissen auch immer man glaubt, sie hätten mich hierher geführt, ist völlig unwichtig. Es ist sehr schwer für mich, jetzt etwas festzumachen und mir zu sagen, das bin ich, und zurückzublicken und die Ursache dessen herauszufinden, was mit mir geschehen ist, weil dies nicht in den Bereich von Ursache und Wirkung fällt. Deshalb betone ich immer wieder, dass es nicht kausal ist. Das ist nur sehr schwer verständlich.

 

F: Mit „nicht kausal“ meinen Sie, dass es ohne jede Vorbereitung passiert ist? 

 

A: Genau das meine ich. Es ist so wie, um meine Lieblingsformulierung zu verwenden, „als ob einen der Blitz getroffen hätte“, und man weiß nicht, was einem geblieben ist. Man kann selbst überhaupt nicht erkennen, was einem passiert ist. Ist überhaupt etwas mit mir passiert? Aber was ich mit Bestimmtheit sagen kann, ist, dass das, was ich mein ganzes Leben lang gesucht habe, in tausend Stücke zersprungen ist. Die Ziele, die ich mir selbst gesetzt hatte – Selbsterkenntnis, Gotteserkenntnis, Transformation, radikal oder sonst wie, oder sogar Erleuchtung – waren alle Täuschungen, und es gab nichts zu erkennen, und nichts zu finden. Schon allein der Anspruch, sich von allem zu befreien, sogar von den physischen Bedürfnissen des Körpers, ist einfach verschwunden, und mir ist nichts geblieben. Deshalb hängt das, was aus mir herauskommt, davon ab, was Sie aus mir hervorlocken. 

 

Ich habe eigentlich und tatsächlich nichts mitzuteilen, weil Kommunikation auf keiner Stufe möglich ist. Das einzige Mittel, das wir haben, ist der Intellekt. Wir wissen irgendwie, dass dieses Mittel uns nicht dabei hilft, irgendetwas zu verstehen. Wenn es euch also dämmert, dass dies nicht das Mittel ist, und dass es kein anderes Mittel gibt, mit dem wir etwas verstehen können, steht ihr vor der verwirrenden Situation, dass es nichts gibt, was man verstehen könnte. Es wäre sehr anmaßend von mir, mich ich mich auf ein Podest zu setzen, oder Einladungen wie diese anzunehmen und zu versuchen, den Leuten zu erzählen, dass ich etwas zu sagen hätte, dass ich etwas Außergewöhnliches entdeckt hätte, auf das keiner sonst gekommen ist.

 

Aber was mir geblieben ist, ist etwas Außergewöhnliches – außergewöhnlich nicht in dem Sinn, dass ich es durch Bestreben oder mit Willenskraft erreicht hätte, sondern in dem Sinn, dass alles, was jeder Mensch vorher je gedacht, gefühlt, und erfahren hat, aus meinem System geworfen wurde. Sie können also sagen, dass es tatsächlich etwas Kühnes ist, was mir widerfahren ist. Aber ich kann nicht behaupten, dass ihr euch selbst mit Mut in eine solche Situation bringen könnt.

 

Es ist sehr schwer, den Leuten beizubringen, wie das alles mit mir passiert ist. Sie wollen nur erfahren, wie es mir ergangen ist, weil ihr einziges Bestreben ist, die Ursache zu finden, herauszubekommen, was mich hierher geführt hat. Aber wenn ich ihnen sage, dass es akausal ist, fällt es ihnen sehr schwer, das zu verstehen und zu akzeptieren. Sie wollen eine Ursache finden und es für sich selbst nachvollziehen. 

 

F: Ich glaube, es ist manchmal hilfreich, über seine Erkenntnis zu sprechen unter dem Aspekt, wann was passiert ist. In diesem Zusammenhang, wenn Sie zurück ins Jahr 1967 gehen: Was ging mit ihnen vor, als sie J. Krishnamurti zugehört haben?

 

A: Sehen Sie, als ich ihm zugehört hatte, kam mir plötzlich „Warum um alles in der Welt habe ich diesem Mann zugehört? Seiner Erzählung nach habe ich das Gefühl, dass ich im selben Zustand bin wie dieser Mann.“ Ich habe mir gesagt, dass ich in demselben Zustand sei, wie dieser Mann, unter der Annahme, dass er in dem Zustand war, den er beschrieb, und in dem Zustand, in dem die großen spirituellen Lehrer waren. „Was um alles in der Welt habe ich mein Leben lang getan? Warum sitze ich hier und höre ihm zu?“ Dann ging ich raus mit nur einem einzigen Gedanken, der wie ein Strudel in mir tobte: „Woher weißt du, dass du in demselben Zustand bist?“ Ich weiß, dass diese Frage voraussetzt, dass ich mich mit Beschreibungen verschiedener Zustände auskenne. Ich hatte versucht, sie in mir nachzuvollziehen und sie zu erfahren, und das ist alles. Also ließ mich diese Frage nicht mehr los. Aber plötzlich verschwand auch diese Frage. Ich sagte mir, dass es keinen Grund gäbe, warum ich jemanden dankbar sein sollte. 

Was auch immer mir widerfahren ist, ist passiert, obwohl ich diesem oder jenem Lehrer zugehört habe, oder dies, das, oder etwas Anderes getan habe. Aber wenn ich all das sage, ist das nicht sehr interessant für die Leute. Sie wollen mehr wissen, und ich muss ihnen sagen, dass ich selber nicht mehr weiß. Ich kann mich nicht ansehen und mir sagen, ich sei ein erleuchteter Mensch, ich sei ein freier Mensch, dass gewaltige Veränderungen in mir stattgefunden haben. Also verwende ich diese Phrase, die wir oft in der Werbung hören. Nicht so etwas wie „vor und nach der Wäsche“, keine Wäsche hat mir dabei geholfen, weiter zu kommen. Es war einfach nur ein Geschehen. Ich muss immer noch „Geschehen“ verwenden, weil ich es nicht anders ausdrücken kann, oder jemand anderem ein Gefühl darüber vermitteln kann. 

 

F: Es ist wie bei einem kleines Kind, das gerade in diese Welt kommt, ohne Gedächtnis oder Gedanken, und das versucht, die Welt zum ersten Mal anzusehen und einfach nur zu verstehen, wie alles funktioniert – es nur zu erfahren. Ist das so ähnlich wie das, worüber Sie reden? 

 

A: Nein. Es ist nicht richtig zu behaupten, dass neugeborene Kinder keinerlei Erfahrungen hätten, weil wir das nicht nachvollziehen können. Alles was wir simulieren und versuchen, zu erfahren, geschieht mit dem Hintergrund unseres heutigen Standpunkts. Und wo wir heute sind, ist das Produkt von vielen Erfahrungen. Also ist alles, was wir erfahren, auch wenn wir es Rebirthing nennen, oder versuchen, zu erleben, wie es war, als wir ein neugeborenes oder ein kleines Kind waren, logischerweise gefärbt durch unsere heutige Sichtweise. Alles was wir erfahren, hat keine Bedeutung für das, was ich versuche zu sagen. 

 

Es wird viel von Rebirthing gesprochen. Diese Phantasterei ist modern geworden. Wissen Sie, in Japan gibt es Techniken, bestimmte Nerven an der Basis des Schädels zu manipulieren, damit man seine eigene Geburt wieder erlebt. Ich war immer der Meinung, dass die für das Erleben zuständige Gehirnregion zum Zeitpunkt der Geburt gar nicht vorhanden ist. Und ich habe immer die Aussagen der Psychologen, besonders von Freud, in Frage gestellt, wenn es darum ging, dass die Geburt eine traumatische Erfahrung sei. Ich glaube nicht, dass es eine traumatische Erfahrung ist, weil es noch keine erfahrende Gehirnregion gibt. Eigentlich ist es sehr schwer zu sagen, wenn die erfahrende Gehirnregion bei Babys aktiv wird. Ich bin einer von denen, die glauben, dass der Einfluss der Umgebung auf uns sehr begrenzt ist. (Ich betone, dass ich hier kein Fachmann bin.) Aber die erfahrende Gehirnregion ist in ihrem Ursprung und in ihrem Ausdruck genetisch. Alles ist genetisch gesteuert. Wenn wir Individuen wirklich verändern wollen, können wir das nicht durch Verändern der Umgebung tun, oder durch Veränderung des kulturellen Einflusses, sondern indem wir versuchen zu verstehen, welche Rolle die Gene wirklich bei uns spielen. Vielleicht können wir durch Gentechnik perfekte Menschen schaffen. 

 

F: Sie befürworten also Gentechnik? 

 

A: Nein. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass wir uns hier an eine sehr gefährliche Sache machen. Wenn diese Techniken einmal ausgereift sind, werden sie dem Staat überlassen werden. Dann wird es für den Staat viel einfacher, Individuen zu manipulieren und sie in nichts weiter als Roboter zu verwandeln. (Ich habe nichts gegen Roboter, nachdem wir alle eigentlich Roboter sind, ob uns das gefällt oder nicht.) Der Staat wird die Leute dazu bringen, Dinge zu tun, die sie nicht tun möchten. Leuten etwas beizubringen dauert normalerweise lange und braucht viel Gehirnwäsche – sie dazu bringen, an Gott zu glauben, oder an eine bestimmte politische Ideologie. Und umgekehrt muss man wieder Gehirnwäsche einsetzen, um sie von irgendeinem Glauben zu befreien. Es ist ein komplizierter und langer Prozess. Aber wenn wir die Gentechnik einsetzen, können wir Individuen viel einfacher und schneller als mit allen anderen Methoden verändern. 

 

F: Wir sprachen von J. Krishnamurti. Er behauptet, er hätte keine Erinnerung an diesen Vorgang. Ist es dasselbe, wie das, was mit Ihnen passiert ist? Haben Sie eine Erinnerung? 

 

A: Ich möchte nichts zu Krishnamurti sagen. Ich habe keine Ahnung, was mit ihm vorgegangen ist. Ich weiß nicht, was er damit gemeint hat. Tatsächlich wird das Gedächtnis ganz außergewöhnlich nach so einem Vorgang. Aber das Problem, dem wir heutzutage gegenüberstehen, ist ein Anderes. Wir müssen unser Gedächtnis sehr stark beanspruchen. Ich behaupte immer (Sie mögen das in Frage stellen, und die Experten der Gehirnphysiologie mögen das in Frage stellen, aber eines Tages werden sie akzeptieren müssen, was ich versuche, zu erklären), dass das Gehirn bei den Körperfunktionen eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Es erschafft gar nichts. Es reagiert nur. Wir wissen noch nicht wirklich, was unser Gedächtnis ist. Eines Tages werden die Fachleute, die sich mit dem Gedächtnis beschäftigen, Antworten auf Fragen haben wie zum Beispiel was die Neuronen sind. 

 

Ich bin der Meinung, dass das Gedächtnis sich nicht in einem bestimmten Bereich des Körpers befindet. Eine jede Zelle unseres Körpers ist darin einbezogen. Und ich habe das Gefühl, dass wir an einem Punkt in der Geschichte der Menschheit angekommen sind, an dem wir das Problem der Leute angehen müssen, die ihr Gedächtnis verloren haben. Wir haben das Gedächtnis und unser Gehirn zu einem Zweck genutzt, zu dem sie nicht bestimmt sind. Das ist einer der Gründe, warum wir immer mehr Fälle der Alzheimer-Krankheit, oder wie auch immer man sie nennt, haben. Kürzlich habe ich gehört, dass eine von zwei Personen in den Achtzigern davon betroffen ist. Vor kurzem gab es auch einen Bericht über diese Krankheit in England. Sechshunderttausend Menschen sind dort davon betroffen. 

 

F: Sie haben den Missbrauch des Gehirns erwähnt. 

 

A: Den Missbrauch des Gedächtnisses. Den Gebrauch des Gedächtnisses für Zwecke, für die es nicht bestimmt ist. Was sind Sie denn letzten Endes? Sie sind ein Gedächtnis. Wir müssen unser Gedächtnis nutzen, um in der Welt zu überleben, die von unserer Gesellschaft, Kultur, oder wie Sie es auch nennen mögen, erschaffen wurde. Dem entkommen wir nicht. Ich weiß, dass es eine Erweiterung des Überlebensmechanismusses ist, ganz bestimmt. 

 

F: Wenn Sie sich am Finger verbrennen, ziehen Sie ihn sofort zurück. 

 

A: Automatisch. Hierzu brauchen Sie Ihr Gedächtnis nicht zu benutzen. So funktioniert der menschliche Körper. Aber um in dieser Welt zu überleben, die wir erschaffen haben, unserer Welt der Kultur, Gesellschaft oder wie man es auch nennt, ist der ständige Gebrauch des Gedächtnisses wesentlich. Das ganze Erziehungswesen gründet darauf, wie wir unser Gedächtnis entwickeln. Ich fürchte, ich schweife jetzt ab. 

 

F: Ja. 

 

A: Normalerweise springe ich herum. Ich versuche, bei dem zu bleiben, was ich erklären will. Unglücklicherweise hat sich die Menschheit selbst das Modell des perfekten Menschen vorgesetzt. Das Konzept des perfekten Menschen ist aus dem Wertesystem entstanden, das wir erschaffen haben. Dieses Wertesystem ist aus dem Verhaltensmuster der großen Lehrer der Menschheit entstanden.

 

F: Jesus könnte ein Beispiel sein für...

 

A: Jesus, Buddha und all die großen Lehrer. Jeder menschliche Körper ist jedoch einzigartig. Die Natur will gar kein perfektes Wesen erschaffen. Sie will nur eine perfekte Spezies erschaffen. 

 

F: Wenn jeder von uns einzigartig ist, bedeutet das, dass unser Erleuchtungskodex, wenn es denn so etwas gibt, auch einzigartig ist, so dass jeder von uns diesen Zustand individuell und auf seine Art und Weise erreicht. 

 

A: Genau. Das versuche ich klar zu machen. Wir können erleuchtete Menschen nicht einfach auf dem Fließband herstellen. Wissen Sie, wenn Sie die Geschichte betrachten, hat sogar ein Land wie Indien, das stolz darauf ist, ein spirituelles Land zu sein, nur sehr wenige erleuchtete Menschen hervorgebracht. Sie können sie an Ihren Fingern abzählen. Aber unglücklicherweise gibt es auf dem Markt viele, die behaupten, sie wären erleuchtet, und dass sie wiederum gekommen seien um alle zu erleuchten. Es gibt einen Markt für so etwas. Das Prinzip von Angebot und Nachfrage ist daran schuld. Aber eigentlich ist ein erleuchteter oder freier Mensch, falls es einen gibt, nicht daran interessiert, irgendjemanden zu befreien oder zu erleuchten. Und zwar weil er nicht weiß, dass er ein freier Mensch ist, dass er ein erleuchteter Mensch ist. Es nicht nichts, wo man mit jemanden Gemeinsamkeiten haben kann, weil es überhaupt nicht in den Bereich unserer Erfahrungen fällt. 

 

So etwas wie eine neue Erfahrung gibt es nicht. Angenommen, Sie begeben sich an einen neuen Ort. Was in Ihrem Verstand vorgeht, wenn ich diesen Begriff verwenden darf, ist, dass Sie immer versuchen, alles was sie sehen, in das Muster der Vergangenheit einzupassen. Wenn Sie sagen, etwas sei neu, sagt Ihnen das Alte, dass es neu sei. Es ist also sehr schwer für uns, etwas Neues zu erfahren, weil wenn es etwas wirklich Neues gibt, das Alte nicht in speziellen Frames zerstört wird, sondern die gesamte Vergangenheit wird mit einem großen Knall zerstört.

 

F: Was sie also eigentlich sagen, ist, dass wir nichts Neues erfahren können. 

 

A: Ja. Sie stimmen mir vielleicht nicht zu und tun das ab als Unsinn. Aber so etwas wie neue Erfahrungen gibt es nicht. Es gibt gar nichts Neues. Es ist das Alte, das uns sagt, etwas sei neu, und durch diesen Trick macht das Denken das, was es Neu nennt, zu einem Teil des Alten, und erhält damit seinen Fortbestand. Also existiert alles, was man nicht erfahren kann, gar nicht. Das mag sich jetzt wie eine sehr dogmatische Aussage anhören, aber wenn Sie versuchen, etwas zu erfahren, was Sie noch nie zuvor erfahren haben, endet die gesamte Bewegung der erfahrenden Gehirnregionen.

 

F: Ich habe einige Berichte von früher aus Ihrem Leben gelesen, und komme zurück auf Ihre Erfahrung, als Sie Ramana Maharshi getroffen haben. Sie haben ihn gefragt, „Was auch immer Sie haben, könne Sie mir das geben?“ Und er hat gesagt, „Ich kann es Ihnen geben, aber könne Sie es nehmen?“ 

 

A: Das ist leider die traditionelle Antwort, die alle spirituellen Lehrer austeilen. Was in der sogenannten Lebensgeschichte von mir berichtet wird, ist eine entstellte Version davon, wie es mir damals wirklich gegangen ist. Wie auch immer, alles was ich heute sage, ist unbedeutend, weil ich nicht weiß, wie es mir zu dem Zeitpunkt gerade ging, und ich kann diese Erfahrung heute nicht nachvollziehen. Ich habe mir gesagt, „Was hat der Mann? Wenn es irgendjemand auf der Welt empfangen kann, dann ich.“ Ich habe mir das gesagt und bin raus gegangen. Das hat gewissermaßen einen Abschnitt meines Lebens bestimmt. 

 

Der alte traditionelle Angang der Frage nach Erleuchtung wurde aus meinem System geschmissen, obwohl ich weiterhin Bücher über Religion las, Philosophie und Wissenschaft studierte. Ich habe versucht, Antworten zu bekommen von Leuten, die nicht von den traditionellen Lehren vergiftet sind. Ich habe mich für westliche Philosophie und Wissenschaften interessiert, und habe versucht, die Antwort auf meine grundlegende Frage zu finden. Meine grundlegende Frage war „Wo ist dieser Verstand, mit dem wir uns so sehr beschäftigen, den wir versuchen zu verstehen, zu erforschen und zu verändern? Warum reden wir von einer völligen Veränderung des Aufbaus des Verstandes? Ich kann so etwas wie einen Verstand überhaupt nicht erkennen, geschweige denn eine Veränderung oder Mutation des Verstandes.“ Diese Frage hat mich schon immer interessiert, und ich habe jeden über den Verstand befragt. Ich habe versucht, Antworten aus jedem Bereich des menschlichen Denkens zu bekommen, aber nichts hat mir geholfen, Antworten auf diese Fragen zu finden. Damals hatte ich die Gewissheit nicht, die ich heute habe. Die Gewissheit, die ich heute habe, dass es keinen Verstand gibt, ist etwas, was ich niemanden vermitteln kann, wie sehr ich es auch versuche, weil genau das, worüber wir uns unterhalten, gefährdet ist, und ihr wollt genau das nicht zulassen. 

F: Die Buddhisten sprechen auch darüber, dass es keinen Verstand gibt. 

 

A: Sie haben diesen philosophischen Gedanken ungeheuer ausgebaut. Sie sprachen über das Nichts. Sie sprachen über die Leere. Wissen Sie, die ganze buddhistische Philosophie basiert darauf, dass es keinen Verstand gibt. Und doch haben sie unglaubliche Techniken entwickelt, um sich vom Verstand zu befreien. Alle Zen-Meditationstechniken laufen darauf hinaus, dass man versucht, sich vom Verstand zu befreien. Genau das Mittel, das wir verwenden, um uns von dem zu befreien, was wir „Verstand“ nennen, ist der Verstand. Der Verstand ist nichts Anderes als das, was ihr unternehmt, um euch vom Verstand zu befreien. Aber wenn es euch einmal dämmert, durch einen seltsamen Zufall oder durch ein Wunder, dass dieses Mittel, das ihr benutzt, um alles zu verstehen, nicht das Mittel ist, und dass es kein anderes Mittel gibt, trifft es euch wie ein Blitzschlag.

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Inhaltsverzeichnis


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Kapitel 5

Liebe ist nur eine Trumpfkarte



Wenn alle Stricke reißen, verwendet ihr die letzte Karte, die Trumpfkarte, und nennt es Liebe. 

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Die Institution der Ehe wird bleiben, solange wir Beziehungen brauchen. Sie wird auf die eine oder andere Weise fortbestehen. Unverheiratete Paare sind unglücklicher als verheiratete Paare. 

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Die Feministinnenbewegung wird keinen Erfolg haben, so lange die Frau aufgrund ihrer sexuellen Bedürfnisse vom Mann abhängig ist.

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Es ist ganz einfach nicht möglich, eine Beziehung einzugehen mit irgendjemand, auch mit euren geliebten und nahestehenden Menschen, außer auf dem Niveau von „Was habe ich von dieser Beziehung?“ Das ganze entspringt der Trennung und Isolation, in der die Menschen heute leben. 

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Sexualität, wenn sie sich selbst überlassen wird, wie bei den anderen Spezies, ist einfach nur ein biologisches Bedürfnis. Überleben und sich reproduzieren ist das Ziel des lebenden Organismus. Alles, was dem aufgesetzt wird, steht mit dem lebenden Organismus in keiner Beziehung. Aber wir haben die Sexualität, die biologischer Natur ist, zum Vergnügungsfaktor gemacht.

 

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Alles womit wir heutzutage konfrontiert sind entspringt dem religiösen Denken des Menschen. Aber die Religion hat keine Antworten auf die Zukunft der Menschheit. 

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Alle Erfahrungen, wie außergewöhnlich sie auch sein mögen, spielen sich im Bereich der Sinnlichkeit ab.


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F: Wenn der Mensch überall derselbe ist, warum gibt es so viele Unterschiede zwischen den Menschen? Ich stelle einen Widerspruch fest zwischen den Problemen, denen der Mensch in Amerika und Europa gegenübersteht, und denen, die in den Entwicklungsländern vorherrschen. Zum Beispiel sind Drogen, Sex, Verbrechen, und Vergnügen die Themen in Amerika und den westeuropäischen Ländern, und Armut, fehlende Bildung, und Tod aufgrund von Mangelernährung sind die Themen in den Entwicklungsländern. 

 

A: Den Unterschied haben die westlichen Länder künstlich geschaffen. Sie hatten den Vorteil des technischen Know-hows, der aus der industriellen Revolution entstanden ist. Als die Revolution Amerika erreicht hat, hat man mit Hilfe dieses technischen Know-hows die Ressourcen dort ausgebeutet. Wissen Sie, es gab eine Zeit, in der ein jeder ohne Ausweis in die Vereinigten Staaten einreisen konnte. Aber 1911 führte man ein Gesetz ein, nach dem man nur mit Ausweis in die Vereinigten Staaten kommen konnte. 1923 traten die Einwanderungsgesetze in Kraft. Wenn man einmal an einem Ort ist und sich und seine Rechte etabliert hat, ist es aus. (Ich nehme das jetzt als Beispiel, aber das trifft auf jedes Land zu.) Wenn sich jemand an irgendeinem Ort auf irgendeinem Planeten niederlässt und ihn besiedelt, wird er dort seine Rechte einführen und alle anderen Nationen davon abhalten, sich dort niederzulassen. Die Amerikaner haben diese Rechte eingeführt. Es war die von Gott gegebene Fülle, die es den Ländern ermöglicht hat, sich zu entwickeln und das, was sie haben, zu sichern. Aber sie beuten auch die Ressourcen der restlichen Welt aus, genauso wie ihre eigenen. Sie tun das sogar heute noch. Sie wollen das nicht aufgeben.

 

Grundsätzlich ist der Mensch derselbe, ob in Indien, Russland, Amerika oder Afrika. Die Probleme der Menschen sind genau die gleichen. Alle Probleme sind künstlich erzeugt durch die verschiedenen Strukturen, die das menschliche Denken erschaffen hat. Wie ich schon sagte, es gibt so etwas wie ein neurologisches Problem im menschlichen Körper (ich kann das nicht klarer ausdrücken). Das menschliche Denken entsteht aus diesem neurologischen Defekt in der menschlichen Spezies. Alles, was dem menschlichen Denken entsprungen ist, ist zerstörerisch. Das Denken ist zerstörerisch. Das Denken ist ein Schutzmechanismus. Es zieht Grenzen um sich selbst, und es will sich selbst schützen. Aus demselben Grund ziehen wir auch Grenzen auf diesem Planeten und weiten sie aus, soweit wir können. Glauben Sie, dass diese Grenzen verschwinden werden? Das werden sie nicht. Die, die einen Graben um sich gezogen haben; die, die bisher schon die ganze Zeit das Monopol aller Ressourcen der Welt hatten - wenn sie mit Vertreibung bedroht werden, kann sich jeder denken, was sie tun. Alle zerstörerischen Waffen, die wir heute haben, gibt es nur, um dieses Monopol zu beschützen. 

 

Aber ich bin sicher, dass die Leute inzwischen erkannt haben, dass all die Waffen, die wir bisher gebaut haben, überflüssig sind, und dass man sie nicht mehr verwenden kann. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem ihr euren Feind nicht mehr vernichten könnt, ohne euch selbst zu vernichten. Es ist also diese Angst, und nicht Liebe und Brüderlichkeit, die seit Jahrhunderten gepredigt werden, die uns hilft, zusammen zu leben. Aber das muss noch zum menschlichen Bewusstsein vordringen. (Ich möchte die Worte „Bewusstsein“ oder „menschliches Bewusstsein“ nicht verwenden, weil es ein Bewusstsein gar nicht gibt. Ich gebrauche diesen Begriff nur zum Zweck der Kommunikation.) Bis das nicht bis zum Bewusstsein der Menschen durchdringt, in dem Sinn, dass der Mensch erkennt, dass er seinen Nächsten nicht vernichten kann, ohne sich selbst zu vernichten, glaube ich nicht, dass es Hilfe geben wird. Ich bin sicher, dass wir an diesem Punkt angekommen sind. Wann und wo auch immer ihr einen Vorsprung vor eurem Feind oder seinem Nächsten habt, werdet ihr euch immer noch so verhalten wie schon seit Jahrhunderten. Wie also wollt ihr das Problem lösen? Alle Utopien sind gescheitert. 

Die ganze Misere entsprang dem religiösen Denken des Menschen. Es bringt jetzt nichts, dem religiösen Denken des Menschen die Schuld zu geben, weil alle politischen Ideologien, auch eure gesetzliche Ordnung, ein warziger Auswuchs des religiösen Denken des Menschen sind. Man kann die ganzen Erfahrungen, die sich über die Jahrhunderte hinweg angesammelt haben, und die auf dem religiösen Denken des Menschen beruhen, nicht so einfach ablegen. Es gibt eine Tendenz, einen Glauben mit einem anderen Glauben zu ersetzen, eine Illusion mit einer anderen Illusion. Das ist alles, was wir tun können. 

 

F: Die entwickelten Länder wissen ganz genau, dass ein Krieg heutzutage die totale Zerstörung bedeutet. Es wird keinen Sieger geben. Und doch gibt es immer wieder Unruhen, und überall so viel Gewalt. Warum ist das so? Weil der Mensch im Grunde gewalttätig ist, wie manchmal behauptet wird? 

 

A: Ja genau deswegen. Weil das Denken gewalttätig ist. Alles was dem Denken entspringt ist zerstörerisch. Ihr mögt es überdecken mit wunderbaren und romantischen Phrasen „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Wir sollten nicht vergessen, dass im Namen von „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ Millionen und Abermillionen von Menschen gestorben sind, mehr als in allen Kriegen, die kürzlich stattgefunden haben, zusammen. Aber wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir erkennen können, dass Gewalt nicht die Antwort ist, dass das kein Weg ist, die Probleme der Menschheit zu lösen. Also scheint Terror der einzige Weg zu sein. Ich meine nicht Terroristen, die Kirchen, Tempel und alles Mögliche in die Luft sprengen, sondern die Angst, dass wenn ihr versucht, euren Nächsten zu vernichten, ihr euch möglicherweise selbst vernichtet. Diese Erkenntnis ist beim gewöhnlichen Menschen angekommen. 

 

So funktioniert auch der menschliche Organismus. Jede Zelle ist an ihrem Überleben interessiert. Sie weiß irgendwie, dass ihr Überleben vom Überleben der benachbarten Zelle abhängt. Aus diesem Grund gibt es so etwas wie eine Zusammenarbeit der Zellen. So kann der gesamte Organismus überleben. Er ist nicht interessiert an Utopien. Er ist nicht interessiert an euren wunderbaren religiösen Vorstellungen. Er ist nicht interessiert an Frieden, Seligkeit, Glück oder irgendetwas in der Richtung. Er ist nur am Überleben interessiert, an sonst nichts. Das Überleben einer Zelle hängt ab von der benachbarten Zelle. Und Ihr Überleben und mein Überleben hängt ab vom Überleben der Leute um uns herum. 

 

F: Was auch immer Sie sagen, ich habe das Gefühl, dass die einzige Möglichkeit für das Überleben der Menschheit darin besteht, dass eine Veränderung in den Herzen geschieht – und das ist Liebe. 

 

A: Nein, überhaupt nicht, weil Liebe Trennung voraussetzt. So lange es Trennung gibt, und so lange es eine Trennung in euch gibt, so lange erhaltet ihr die Trennung um euch herum aufrecht. Wenn alle Stricke reißen, verwendet ihr die letzte Karte, die Trumpfkarte, und nennt es Liebe. Aber das wird uns nicht helfen, und es hat uns auch bisher überhaupt nicht geholfen. Noch nicht einmal die Religion konnte den Menschen von Gewalt und zehn anderen Dingen befreien, von denen sie versucht, uns zu befreien. Sehen Sie, es ist nicht eine Frage des Findens von neuen Konzepten, neuen Gedanken, neuen Glauben. 

Wie ich vorher schon gesagt habe, welchen Menschen wollt ihr auf diesem Planeten? Der Mensch, der nach dem perfekten Wesen modelliert wurde, hat total versagt. Das Modell hat hier nichts ausgelöst. Euer Wertesystem ist das, das an der menschlichen Misere schuld ist, der Tragödie des Menschen, weil es jeden in sein Schema zwingt. Was tun wir also? Ihr könnt nichts bewirken, indem ihr das Wertesystem zerstört, weil ihr einen Wert nur mit einem anderen ersetzt. Sogar die, die gegen die Religion rebelliert haben, wie in den kommunistischen Ländern, habe sich ein anderes Wertesystem geschaffen. Revolution bedeutet also nicht das Ende von irgendetwas. Sie ist nur eine Neubewertung unseres Wertesystems. Also braucht man eine neue Revolution, und das geht immer so weiter. Es gibt hier keinen Ausweg. 

 

Die grundlegende Frage, die wir uns alle selbst stellen müssen, ist, welchen Menschen wollt ihr? Die einzige Antwort auf dieses menschliche Problem, wenn es denn eine Antwort gibt, findet sich nicht durch neue Konzepte oder neue Ideologien, sondern durch eine Veränderung in der Chemie des menschlichen Körpers. Aber auch das birgt eine Gefahr. Wenn wir einmal die Gentechnik perfektioniert haben, und den Menschen ändern, wird diese Technik wohl dem Staat überlassen. Es wird dann sehr viel einfacher werden, alle Menschen in den Krieg zu treiben, und dafür zu sorgen, dass sie ohne weiteres töten können. Ihr braucht ihnen keine Gehirnwäsche zu verpassen. Ihr braucht ihnen keine Liebe oder Patriotismus lehren. Gehirnwäsche dauert ein Jahrhundert, die Gehirnwäsche mit dem Ziel dass die Menschen an Gott glauben hatte Jahrhunderte gedauert. Die Kommunisten brauchten Jahrzehnte für die Gehirnwäsche, damit ihre Leute nicht an Gott glauben. Aber mit Gentechnik ist diese Gehirnwäsche nicht nötig. Man kann die Menschen viel einfacher nur mit einer einzigen Spritze ändern. 

 

F: Man sagt in der westlichen Welt, dass die Leute dort absolut zufrieden sind mit den Veränderungen: Es herrscht das Gesetz, die Menschenrechte werden respektiert, es gibt freie Marktwirtschaft, Meinungsfreiheit, und so weiter.

 

A: Glauben Sie wirklich, es gibt Freiheit in den Vereinigten Staaten? Was bedeutet das einem Verhungernden – Redefreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit? Er kann nicht Zeitung lesen und will sie auch gar nicht lesen. In den kommunistischen Systemen wurden die Leute zumindest ernährt, gekleidet, und untergebracht, was allerdings heutzutage in diesen Ländern nicht mehr so ist. Es gibt in den westlichen Ländern mehr Arbeitslosigkeit als je zuvor. Ich glaube nicht, dass dies das Modell für die gesamte Menschheit ist. 

 

Das ganze System beruht auf der Ausbeutung der weltweiten Ressourcen zum Nutzen der westlichen Länder. Die Gesetze, von denen Sie sprechen, werden immer mit Gewalt gestützt. Sie als Anwalt wissen, dass der Beschluss eines Richters immer mit Gewalt gestützt wird. Letztendlich ist es die Gewalt, die zählt. Wir alle unterwerfen uns freiwillig dem Spruch des Richters. Wenn ihr das nicht wollt, ist das einzige Hilfsmittel, das ihr habt, der Einsatz von Gewalt. Also vereinigen sich alle Verbrecher und schaffen eine gesetzliche Organisation, die ihnen nutzt. Die sie Anderen aufzwingen mit Hilfe von Gewalt. 

Welches Recht habt ihr um diese Blockade zu errichten, zum Beispiel wie jetzt gerade um den Irak? Was ist dieses internationale Gesetz, von dem man spricht? Das würde ich gerne wissen. Sie als Anwalt wissen das. Was ist passiert, als Amerika das kleine Granada angegriffen und besetzt hat? Niemand hat je etwas dagegen gesagt, niemand hat hier eine Blockade errichtet. Mich beeindruckt das internationale Gesetz und seine Ordnung nicht. So lange es euch nutzt, sprecht ihr vom Gesetz. Wenn das Gesetz versagt, wendet ihr Gewalt an, oder nicht? 

 

F: Darf ich auf die Frage zurückkommen nach den anderen Institutionen der Menschen?

 

A: Sie sind Anwalt, und das Gesetz gibt es wahrscheinlich um den Status quo zu erhalten? Ist das so? Also können Sie sich nicht gegen den Status quo aussprechen. 

 

F: Darf ich Ihnen sagen, dass es beim Recht verschiedene Gedankenschulen gibt? 

 

A: Das ist nur eine theologische Auseinandersetzung. Sie wissen, womit sich alle Theologen beschäftigen – Gott ist dies, Gott ist das, die ontologischen, die teleologischen, und die kosmologischen Beweise für die Existenz Gottes. All diese verschiedenen Schulen über Recht, auf die Sie sich beziehen, unterscheiden sich kein bisschen von den Diskussionen der Theologen. 

 

F: Was halten Sie von der Institution der Ehe und der Familie? 

 

A: Die Institution der Ehe wird nicht verschwinden. So lange wir Beziehungen wollen, wird sie in der einen oder anderen Form fortbestehen. Grundsätzlich geht es dabei um Besitzgier. Ich habe früher einmal geglaubt, dass wirtschaftliche Unabhängigkeit viele Probleme für die Frauen in Indien lösen würde. Aber als ich nach Amerika kam, war ich schockiert und überrascht, dass sogar die Frauen, die wirtschaftlich unabhängig sind, ihre saufenden Ehemänner besitzen wollten. Der Mann schlägt sie jeden Tag, und am Sonntag zweimal. Ich kenne viele solche Fälle. Ich verallgemeinere nicht, aber Besitzgier ist die wichtigste Komponente. Die Beziehungen basieren auf der Frage „Was habe ich von dieser Beziehung?“ Das ist die Grundlage aller menschlichen Beziehungen. So lange ich bekomme, was ich will, dauern die Beziehungen an. 

 

Die Institution der Ehe wird irgendwie fortbestehen, weil es nicht nur um die Beziehung zwischen zwei Menschen geht, sondern auch um Kinder und Eigentum. Sie wird also nicht einfach über Nacht verschwinden. Und wir schützen Kinder und Eigentum vor, um der Institution der Ehe Kontinuität zu verleihen. Das Problem ist so komplex und so kompliziert. Es ist nicht so einfach, Antworten auf die uralte Institution der Ehe zu finden. 

 

Eines kann ich Ihnen sagen: Viele Paare kommen mit ihren Problemen zu mir. Unverheiratete Paare – man kann gar nicht glauben, wie unglücklich sie sind. Und doch können sie sich nicht trennen. 

Unverheiratete Paare sind unglücklicher als verheiratete Paare. Die Antwort ist nicht so einfach. So lange wir eine Beziehung haben wollen, so lange wird die Institution bleiben. Vielleicht wird sie abgeändert, so dass sie zu den sich verändernden Umständen passt. 

 

Eine Anführerin der feministischen Bewegung (ich bin ein grober, grausamer Mann) besuchte mich. Sie fragte mich, „Was halten Sie von der feministischen Bewegung?“. Ich sagte, „Ich bin auf Ihrer Seite, kämpfen Sie mit allen Mitteln für Ihre Rechte. Aber denken Sie daran, so lange ihr aufgrund eurer sexuellen Bedürfnisse von einem Mann abhängig seid, so lange seid ihr nicht frei. Das gilt auch für die andere Variante: Wenn ihr eure sexuellen Bedürfnisse mit Hilfe eines Vibrators befriedigen könnt, dann ist es etwas Anderes. Aber wenn ihr einen Mann wollt, um eure sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen, dann seid ihr nicht frei.“ 

 

F: Sie sagen, die Familie sei keine Lösung, und unverheiratete Beziehungen sind keine Lösung. An welche anderen Institutionen denken Sie? 

 

A: Diese Institutionen sind schuld am Unglück der Menschen. Man kann diese Institutionen nicht ändern. Es ist jetzt für die Menschen in Indien viel leichter als früher, sich scheiden zu lassen. Dass ich mich von meiner Frau scheiden lasse, oder sie sich von mir, kam damals gar nicht in Frage. Jetzt ist das viel einfacher. Die geänderten Bedingungen haben eine Veränderung in unserer Gesinnung mit sich gebracht. Aber das heißt nicht, dass es eine einfache Lösung für das Problem gibt. 

 

F: Wird es denn nicht zur Anarchie kommen, wenn man die Beziehung zwischen Mann und Frau und die Familie nicht mehr stützt? 

 

A: Wenn sie das Unglück hinnehmen wollen (lacht), dann ist das ja schön. Aber es ist eine unglückliche Situation. Sie sind nicht zufrieden damit. Die totale Anarchie ist eher ein Zustand des Seins als ein Zustand des Tuns. Es gibt in der totalen Anarchie kein Handeln; es ist ein Zustand, in dem man sich befindet. Warum also fürchten wir uns vor der Anarchie? Die Anarchie, von der Sie sprechen, ist die Zerstörung der Institutionen, die wir mit großer Sorgfalt aufgebaut haben, und unseres Glaubens, dass diese Institutionen ewig fortbestehen sollen. Wir kämpfen also darum, sie in ihrem ursprünglichen Zustand aufrechtzuerhalten. 

 

F: Machen Sie sich keine Sorgen über das Alter und die Zukunft der Kinder, wenn es keine Familie gibt? 

 

A: Die Gesellschaft muss sich um dieses Problem kümmern. Warum zahlt ihr alle Steuern an die Regierung, wenn die nicht wissen, was sie tun sollen? Es liegt in der Verantwortung eines jeden Einzelnen, dass er das tut, was er versprochen hat. Das Problem ist, dass wenn ihr diesen Individuen einmal Macht verleiht, es unwahrscheinlich ist, dass sie diese Macht mit anderen teilen. Und ihr überlasst ihnen ungeheuer zerstörerische Waffen. Ein Mensch wie ich, der solche Ansichten von sich gibt, wird zum Staatsfeind. Man wird nicht zögern, mich zu vernichten. Mir ist es egal, ob ich vernichtet werde. Wenn sie sagen, „Schweig!“ Werde ich aufhören zu reden. Ich glaube überhaupt nicht an Redefreiheit. Wenn sie sagen, „Schweig, was du sagst, bedroht die Menschheit und ihre Institutionen“, dann auch gut – ich werde nicht sprechen. Ich will die Welt nicht verändern. Aber sie haben Einiges versprochen. Ihr habt sie ins Amt gewählt, ihr habt ihnen Macht verliehen, und unglücklicherweise extrem destruktive Waffen überlassen. Sie werden nicht zögern, diese Waffen gegen Sie und mich einzusetzen. 

 

Aber heutzutage könnt ihr eure Atomwaffen gar nicht verwenden. Ich sage oft, wenn Bhutan in Indien einfällt, kann sich Indien nicht schützen. Bhutan wird nicht in Indien einfallen, außer mit der Unterstützung von einigen mächtigen Nationen. Wir sind alle Marionetten dieser Leute. Wir geben so viel Geld aus für Verteidigung. Verteidigung gegen was? Wir sprechen von Redefreiheit. Wenn sie sagen „Schweig“, will ich gar nicht reden. Ich will keine Individuen retten, und ich will auch die Menschheit nicht retten. 

 

F: Sie sprachen über die Steuern, die der Staat erhebt, und sagten, der Staat sollte alles unternehmen, um den Menschen und ihren Kindern Sicherheit zu bieten.

 

A: Ich sehe keinen Grund, warum auf diesem Planeten irgendwer verhungern sollte. Was tut ihr, um diese Probleme zu lösen? Sie können genau diese Frage auch mir stellen. Aber ich habe mich nicht vorgedrängt, wenn es darum geht, diese Welt zu regieren. Sie haben sich entschlossen, dieses oder jenes Land zu regieren. Wie rechtfertigt ihr die Tatsache, dass vierzig Prozent der Menschen in Indien heutzutage hungern? Es ist nicht spirituell, es ist auch nicht menschlich. Es ist unmenschlich, dass ihr eure Mitmenschen verhungern lasst. Die Religion hat diese wunderbare Sache erfunden, die man Wohltätigkeit nennt. Nicht nur das, das reicht euch nicht, ihr verleiht sogar einen Nobelpreis an jemanden wegen seiner wohltätigen Arbeit. Das ist das gemeinste und geschmackloseste, wozu der religiöse Menschen fähig ist. 

 

Jeder hat ein Recht auf Nahrung. Die Natur gibt uns Fülle. Aber jeder Einzelne von uns ist zuständig für die Ungleichheit auf dieser Welt. Fragen Sie mich nicht „Was tun Sie dagegen?“ Ich veranstalte keinen Feldzug gegen diese Leute. Ihr habt euch vorgenommen, diese Probleme zu lösen. Wenn ihr die Probleme nicht löst, läuft etwas falsch nicht mit den Führern, sondern mit den Leuten, die ihnen die Macht verliehen haben. Wenn sie nicht tun, was man von ihnen erwartet, tauschen Sie diese Schurken aus. Es ist nicht meine Angelegenheit, jemanden zu sagen, wie er regieren soll. Ich habe mit Regierungsgeschäften überhaupt nichts zu tun. Warum sollte es mich also etwas angehen, euch zu sagen, wie ihr zu regieren habt? Jeder Einzelne ist dafür verantwortlich, seine Macht, seinen Teil dazu beizutragen. Aber die Welt wird immer so bleiben, wie sie war. Niemand will eine Veränderung. 

 

F: Aber Sie sagten, der Staat sollte Einiges tun für die Leute. 

 

A: Zuallererst muss der Staat dafür sorgen, dass jeder ernährt, gekleidet und untergebracht ist. 

 

F: Warum gibt es eine große Anzahl an Selbstmorden und Fällen von AIDS sogar in Ländern wie der Schweiz, wo es so viel Wohlstand und ein hohes Durchschnittseinkommen gibt? 

 

A: Das ist ein anderes Problem. Was meinen Sie mit „AIDS“'? Nicht die Krankheit AIDS? 

 

F: Doch, die Krankheit AIDS. 

 

A: Das ist der Fehler, den wir gemacht haben. Eines der Experimente ist schief gelaufen. Es ist einfach, den Homosexuellen die Schuld in die Schuhe zu schieben, aber die Ursache ist woanders. Haben Sie es in der Zeitung gelesen? Ich glaube, es stand in einer Zeitung, dass die Frau von Nizam in Indien an AIDS gestorben ist: Ja, es stand in den Gesellschaftsnachrichten. Er hat schließlich zugegeben, dass seine Frau an AIDS gestorben ist. Wer dafür verantwortlich ist, weiß ich nicht. Man hat gesagt, sie wurde mit einer Bluttransfusion angesteckt. Ich weiß nicht. Ich habe diesen Artikel nicht gelesen. Ich bin sehr leichtfertig, wenn ich meine Meinung zum Besten gebe. Es macht nichts. Ich bin so gut informiert wie jeder andere auf dieser Welt. Ich habe die Welt gesehen. 

 

Vielen Dank. 

 

Wir haben Meinungen ausgesprochen über alles, von Krankheit bis hin zu Theologie. Das ist etwas, was ich kann. Ich habe viel von der Welt gesehen. 



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Inhaltsverzeichnis

 

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KAPITEL 6

Wir steuern auf die Katastrophe zu



Wenn diejenigen, die bis jetzt das Monopol aller Ressourcen der Welt innehatten, mit Vertreibung bedroht werden, kann sich jeder denken, was sie tun werden. Alle zerstörerischen Waffen, die wir heute haben, sind nur dazu da, um diese Leute zu schützen. 

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Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem ihr euren Feind nicht vernichten könnt, ohne euch selbst zu vernichten. Es ist Terror, nicht Liebe oder Brüderlichkeit, was uns hilft, zusammen zu leben. Solange diese Botschaft nicht zum Bewusstsein der Menschen durchdringt, glaube ich nicht, dass es Hilfe geben wird. 

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Alle politischen Ideologien, auch eure Rechtsformen, sind der warzige Auswuchs des religiösen Denkens der Menschen. 

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Letztendlich ist es Gewalt, was zählt. So lange ihr selbst einen Vorteil habt, sprecht ihr vom Gesetz. Wenn das Gesetz versagt, wendet ihr Gewalt an. 

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Ich sehe keinen Grund, warum auf diesem Planeten irgendwer verhungern sollte. Sie mögen mich fragen, was ich tue, um dieses Problem zu lösen. Aber ich habe mich nicht eigemischt wenn es darum geht, diese Welt zu regieren. Sie haben sich vorgenommen, dieses oder jenes Land zu regieren. Wenn sie nicht tun, was man von ihnen erwartet, dann läuft etwas schief, nicht mit den Führern, sondern mit den Leuten, die ihnen die Macht verliehen haben. 

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Die reichen Länder werden das, was sie haben, nicht hergeben, so lange sie nicht dazu gezwungen werden. Wenn man sie zwingt, ist es klar, was sie tun werden. Auch wenn sie alles aufs Spiel setzen, glaube ich nicht, dass sie nachgeben würden.


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F: Was halten Sie von denen, die den Sinn des Lebens verstehen wollen?

 

A: Aus dem Wunsch, euch selber zu verstehen und zu verändern entspringt der Wunsch, die Welt zu verstehen und dann die Welt zu verändern. Das ist ein- und dasselbe. Deshalb seid ihr daran interessiert, den Anderen zuzuhören. Durch dieses Zuhören glaubt ihr, ihr könnt eine Änderung in euch selbst hervorrufen, und dann auch in eurer Umgebung. Grundsätzlich gibt es keinen Unterschied zwischen dem, was hier ist (zeigt auf sich) und was da draußen in der Welt ist. Ihr könnt keine Grenze ziehen. 

 

Was ich immer betone ist, dass die Kultur uns alle erschaffen hat ausschließlich um ihren Status quo und ihren Fortbestand zu erhalten. In diesem Sinn kann ich also überhaupt keine Individuen erkennen. Gleichzeitig hat uns dieselbe Kultur die Hoffnung gegeben, dass es etwas gibt, dass ihr tun könnt, um ein Individuum zu werden, und dass es so etwas wie einen freien Willen gibt. Aber tatsächlich gibt es überhaupt keinen freien Willen. 

 

Das wichtigste ist, dass wir erkennen, dass die Gedanken eine sehr zerstörerische Waffe sind, und dass das Denken unser Feind ist. Wir sind jedoch nicht bereit zu akzeptieren dass die Gedanken nur Probleme erschaffen, uns aber nicht helfen können, diese zu lösen. 

 

F: Die Menschen gehen zu Gurus und lesen religiöse Schriften, um ihr Leben zu ändern. Aber Sie lehnen das alles ab. Warum? 

 

A: Ich bin der Meinung, dass es nichts gibt, was verändert werden muss. Was diese Gurus auf dem Markt tun, ist euch ein paar Eispackungen zu verkaufen und Schnuller zu verteilen. Aber wenn ihr zu mir kommt, werdet ihr es schwer haben, aus dem einfachen Grund, weil ich keine Lösungen für eure Probleme parat habe. Mir ist daran gelegen, darauf hinzuweisen, dass es eigentlich keine Probleme gibt, und dass uns das, was uns bedrückt, nur die Lösungen sind. Wir sind auch nicht bereit, zu akzeptieren, dass die Lösungen, die diese Leute uns seit Jahrhunderten anbieten, nicht wirklich die Lösungen sind. Wenn dem so wäre, wären die Probleme schon lange gelöst. Wenn es nicht die Lösungen sind, und wenn es keine anderen Lösungen gibt, dann gibt es keine Probleme, die man lösen müsste. 

 

F: In Europa und der Sowjetunion gehen tiefgreifenden Veränderungen vor. Was ist die Rolle, die Indien in dem neuen Szenario übernehmen kann, das auf der ganzen Welt entsteht? Die Gurus, die in den Westen gegangen sind, Yoga und weitere attraktive neue Konzepte gepredigt haben, können diese Situation vielleicht nutzen. 

 

A: Die Veränderungen in Russland sind nicht gut für dieses Land, und auch nicht für die Welt. Was in Russland passiert ist, ist, dass man – oder zumindest die Führer der Sowjetunion - plötzlich festgestellt hat, dass das kommunistische Regierungssystem gescheitert ist. Aber anstatt neuer Lösungen für ihre Probleme innerhalb dieses Rahmens zu finden, suchen sie die Lösungen woanders. 

 

Ich glaube nicht, dass Indien Antworten auf diese Probleme hat, und übrigens auch nicht die westlichen Länder. Das totale Versagen der kommunistischen Philosophie oder Ideologie oder des Regierungssystems in der Sowjetunion hat leider eine Leere hinterlassen. Ich befürchte, dass die russische orthodoxe Kirche diese Situation ausnützt und einschreitet. Wenn sie dann Halt macht, wird es nicht gefährlich. Aber all diese Kulte, die von der Gutgläubigkeit der Leute in den westlichen Ländern leben, werden sich auf Russland stürzen und die Leute dort ausbeuten. Das ist eins, was die Russen vermeiden sollten. Aber anscheinend gibt es keine Möglichkeit, diese Ausbeutung oder andere Dinge, die das Ausland nach Russland exportiert, zu vermeiden. Ich sehe keinen Grund, warum Amerika biologisch angebaute Kartoffelchips nach Russland exportieren sollte. Lassen Sie mich eins deutlich sagen: Es ist nicht eure Demokratie, Redefreiheit, oder sonstige Freiheiten, von denen diese Länder behaupten, sie hätten Russland auf ihre Seite gebracht. Es ist Coca-Cola in China und Pepsi Cola in Russland, und auch die Hamburger von McDonald’s. Das ist alles, was die westlichen Länder dort tun können: Sie haben einen Markt geschaffen, in dem die Leute ausgebeutet werden können. 

 

Das sage ich auch den Wissenschaftlern und Psychologen, die mich besuchen. Die sind auch mit ihrem Latein am Ende. Sie werden mit den Problemen nicht fertig, mit denen sie heute konfrontiert werden - sowohl im Bereich der Psychologie als auch der modernen Wissenschaften. Sie müssen Lösungen innerhalb dieses Rahmens finden. Leider schauen sie auf Vedanta aus Indien, auf die religiösen Antworten, die aus Japan oder China kommen. Aber dort gibt es keine Antworten. Wenn das großartige Erbe Indiens noch nicht einmal Indien helfen kann, wie um Himmels Willen soll es den anderen Ländern helfen? Ich glaube nicht, dass Indien auf der Welt irgendeinen Beitrag leisten kann. Ich bin mir sicher, dass das nicht geht. 

 

Zumindest kann der Westen diesen Ländern High-Tech und Technologien anbieten. Mit Hilfe dieser Technologien wird der Westen wahrscheinlich dazu beitragen, dass diese Länder reicher werden. Russland hat gigantische Rohstoffreserven, die noch nicht angezapft sind – Öl, Gold, Diamanten, und einiges mehr. High-Tech und Technologie kann hier helfen. Was kann Indien diesen Ländern bieten? Ich sehe nichts, was Indien bieten könnte. Dort herrscht völliges Chaos. Wir können uns auf die Schulter klopfen und daran denken, dass uns das großartige Erbe Indiens die Jahrhunderte hinweg hilfreich war. Aber wir haben einen traurigen Zustand in Indien. Ich glaube nicht, dass Indien dem Westen irgendetwas bieten kann. Wenn Sie sagen, das sei nur meine Meinung, macht das nichts. Ich will niemanden von meinem Standpunkt überzeugen. 

 

F: Trotz der radikalen Umbrüche, die auf der Welt stattfinden, besonders in Europa und Russland, sehe ich eine Wiederbelebung der Religion. 

 

A: Diese religiöse Wiederbelebung, von der Sie sprechen, gibt es sogar in den westlichen Ländern. Es wird viel gesprochen von „zurück zu Jesus“, „zurück zum Erbe Indiens“, „zurück zum Islam“, „zurück zu diesem und jenem“. Ich fürchte, dass der Aufbruch des Islams nicht nur in der muslimischen Welt, sondern auch in Russland und China eine sehr starke Macht hervorbringt. Wenn sich einmal dieser Aufruf nach dem heiligen Krieg, dem Dschihad, ausbreitet, werden wir nicht wissen, wie wir das angehen sollen. Ich predige nicht den Weltuntergang. Das ist es, womit ihr bald konfrontiert sein werdet. Der Islam wird eine starke Macht auf der Welt werden. 

 

F: Ich war in den Vereinigten Staaten und in Europa. Ich glaube, dort sind die Politiker voller Freude und Erwartung, dass sich die Welt zum Besseren ändert. Aber plötzlich haben wir diese Krise im Nahen Osten. Wie denken Sie über die Zukunft der Welt in diesem Kontext? 

 

A: Ich weiß es nicht, ich bin kein Prophet. Ich kann nichts dazu sagen, aber wie jedermann kann ich Vermutungen anstellen, wohin sich die Dinge entwickeln werden. Ich weiß nicht gewiss, und keiner weiß gewiss, was kommen wird. 

 

Eins möchte ich sagen und immer wieder betonen: Wir können das alles nicht mehr umkehren. Wir steuern auf eine Katastrophe zu. Der Mensch muss erkennen (und es gibt anscheinend keine Hoffnung, dass er mit der Realität der Lage klar kommt), dass das Denken und alles, was das Denken hervorbringt, der Feind der Menschheit ist - und das ist so. Die Wiederbelebung der Religionen ist nicht wirklich eine Lösung. 

 

Ich persönlich glaube, dass die grundlegende Frage, die wir uns alle stellen sollten, lautet „Welchen Menschen wollt ihr auf diesem Planeten?“ Leider hat uns die Kultur, östlich oder westlich, das Modell eines perfekten Wesens vorgesetzt. Dieses Modell ist nach dem Verhalten der religiösen Denker der Menschheit geformt, die mehr Schlechtes als Gutes bewirkt haben. Alles, womit wir heute konfrontiert sind, ist ein Produkt des religiösen Denkens des Menschen. Aber dieses Denken hat keine Antworten für die Zukunft der Menschheit. Wenn ihr also wollt, müsst ihr die Antworten innerhalb genau der Systeme finden, die an den Lösungen gescheitert sind. Ich glaube nicht, dass das religiöse Denken irgendwelche Antworten auf unsere aktuellen Probleme hat. 

 

Die beiden Dinge, die wir im Kopf behalten sollten, sind High-Tech und Technologie. Sie werden uns helfen, die Probleme auf diesem Planeten zu lösen. Die Gentechnik und die Erforschung der Mikrobiologie werden zeigen, welche Art von Mensch ihr wollt. Man sagt, wir seien genetisch unzulänglich und das Gehirn sei in vielen Bereichen neurologisch unzulänglich. Deshalb ist alles, was dem Denken des Menschen entspringt, destruktiv. Das Denken ist ein Schutzmechanismus. Es will nur sich selbst schützen, den Status quo aufrechterhalten, und den Fortbestand des Wissens sichern, das uns von Generation zu Generation weiter gegeben wird. 

 

F: Was ist mit den Problemen der Entwicklungsländer, wie zum Beispiel Armut und der Mangel an Bildung? 

 

A: Wollen Sie sagen, dass die Probleme Indiens gelöst sind, wenn alle Lesen können? Wir wollen die Leute bilden, damit sie unsere Zeitungen lesen können, und durch die Medien verpasst ihr diesen Leuten eine Gehirnwäsche. In Indien gibt es noch Bauern, die nicht beeinflusst sind vom modernen Menschen. Sie sind etwas Einzigartiges. Ich weiß nicht. Ich war in letzter Zeit in keinen Dorf. Aber ich glaube wirklich nicht, dass Bildung in dem Sinn, über den wir geredet haben, und die Fähigkeit zu Lesen in diesem Sinn die richtige Bildung für die Leute ist. Lassen Sie mich zum Beispiel von meiner Großmutter erzählen. Meine Großmutter war keine gebildete Frau, obwohl sie lesen und ihren Namen schreiben konnte. Ich habe von ihr mehr über Advaita gelernt, als von den Professoren an der Universität von Madras. Sie war nicht gebildet, und auch nicht erleuchtet. Aber sie war sehr pragmatisch. Sie wusste alles über Indiens großartige Kultur. Bildung für die Massen, so dass alle Lesen können, ist nicht wirklich die Lösung. Wir haben die riesige Macht der Medien. Wenn diese Macht in der Hand der Regierung liegt, könnt ihr nichts tun, um ihren Einfluss zu vermeiden. Nehmen wir zum Beispiel die Vereinigten Staaten: Dort sind die sogenannten freien Medien keinen Deut besser als die Medien, die unter dem Einfluss der Regierung stehen. Es ist beides das gleiche. Ich weiß dass alles nicht wirklich, ich teile nur meine Ansichten mit. 

 

F: Ich glaube, Sie wollen sagen, dass die aktuellen technologischen und wissenschaftlichen Veränderungen die einzige Lösung sind für diese Welt. 

 

A: Ja, aber dazu gibt es etwas zu sagen. Von den Errungenschaften, die wir bisher hatten mit Hilfe von High-Tech und Technologie, haben nur einige wenige auf diesem Planeten profitiert. Wenn das, was man sagt, stimmt, kann man zwölf Milliarden Menschen mit den Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, ernähren, mit den Ressourcen, die uns die Natur gegeben hat – ohne die Hilfe von High-Tech und Technologie. Aber warum gibt es dann bei fünf Milliarden Menschen Armut und Elend? Die Antwort ist ganz einfach: Jeder von uns ist verantwortlich für sie, und Armut ist nicht einfach nur ein Fluch der Götter. 

 

Die reichen Länder werden ihre Reichtümer nicht aufgeben, solange sie nicht dazu gezwungen werden. Sehen Sie, die neun reichen Länder, die neun Industriestaaten, sitzen hier und diktieren ihre Bedingungen. Werden sie die ganzen Ressourcen der Welt aufgeben? Das glaube ich nicht, es sei denn, sie werden dazu gezwungen. Und wenn man sie dazu zwingt, alles herzugeben, dann kann sich jeder denken, was sie tun würden. Auch wenn sie alles aufs Spiel setzen, glaube ich nicht, dass sie irgendetwas aufgeben würden. 

 

Auch dieser Mann [zeigt auf jemanden], der hier sitzt, und der ein Pazifist ist, wird bis zum Ende kämpfen, um seine Lebensweise und seine Denkweise zu verteidigen. Ich glaube ihm nicht. Er wird kämpfen. Heute mag er ein Pazifist sein, aber morgen, wenn ihm alles, was er hat, genommen werden soll, würde es mich nicht wundern, wenn er auch mich, seinen besten Freund, töten würde. 

F: Sie hören sich nicht sehr optimistisch an. 

 

A: Was ist der Unterschied zwischen einem Optimist und einem Pessimist? Es ist nur eine sehr schlaue Art, die Dinge zu sehen – dass ein Optimist nicht aufgibt, und er immer noch irgendwie den Glauben hat, er könne seine Art zu leben und zu denken beibehalten. Das ist alles. Er würde auf jede Art von Gewalt zurückgreifen, um seine Art zu leben und zu denken beizubehalten. 

 

F: Ich glaube, dass viel von dem, worüber Sie die letzten Jahre gesprochen haben, sich bewahrheitet. 

 

A: Ich sitze nicht hier und klopfe mir auf die Schulten, und sage mir oder Ihnen „Das habe ich doch gleich schon gesagt.“ Nein, ganz und gar nicht. Wie dem auch sei – vielen Dank.


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KAPITEL 7

Das Ende der Illusion ist der Tod



Alle Fragen, die wir stellen entstehen aus den Antworten, die wir schon haben. 

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Irgendwann im Laufe der Entwicklung entstand das Bewusstsein seiner selbst, das den Menschen von der Gesamtheit des Lebens um ihn herum getrennt hat. 

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Die Funktion des Gehirns im Körper ist lediglich, für die Bedürfnisse des physischen Organismus zu sorgen, und seine Empfindsamkeit zu erhalten. Aber das Denken zerstört diese Empfindsamkeit des Körpers durch sein ständiges Eingreifen in die sensorische Aktivität. 

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Es gibt keinen Tod für diesen Körper. Der einzige Tod ist das Ende der Illusion, das Ende der Furcht, das Ende des Wissens, das wir von uns und der Welt um uns herum haben.

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Es gibt so viele verrückte Dinge in der Natur. Wenn ihr versucht, sie zu kopieren, seid verloren. 

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Das Denken ist etwas Totes, und es kann niemals etwas Lebendiges berühren. In dem Moment, wo es versucht, Leben zu berühren, wird es durch die Lebendigkeit zerstört. 

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Alles, was dieser lebendige Organismus zum Überleben braucht, gibt es schon. Alles, was wir mit unserem Intellekt angesammelt und erfasst haben, kann mit der unglaublichen Intelligenz des Körpers überhaupt nicht mithalten. 


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F: Wenn ich Ihnen so zuhöre und aus dem, was ich in Ihren Büchern gelesen habe, habe ich das Gefühl, dass Sie sagen, dass es kein Selbst gibt, keine Seele, gar nichts. Sie sagen, dass das gesamte Leben sich in der physischen Form so abspielt, wie es von unseren Sinnen erfahren wird. 

 

A: Nicht getrennt oder unabhängig vom Leben um uns herum. Es ist alles eine Einheit. Ich kann keine endgültige Aussage treffen, aber irgendwann im Laufe der Entwicklung ist sich der Mensch seiner selbst bewusst geworden, was uns von der Gesamtheit des Lebens um uns herum getrennt hat. (Wir wissen nicht mit Sicherheit, ob es so etwas wie Evolution gibt – wir nehmen das nur an. Wir akzeptieren, was uns die Fachleute sagen. Sie haben gewisse Dinge beobachtet und das aufgestellt, was sie die Evolutionstheorie nennen.) 

 

F: Wollen Sie damit sagen, dass das ganze Leben, das wir erfahren, nur durch den Körper, durch die Sinne stattfindet, und dass der Körper den gesamten Menschen ausmacht? 

 

A: Was genau meinen Sie mit „Leben“? Keiner weiß irgendetwas über das Leben, und man kann es nicht definieren. Alles, was wir über das Leben sagen, ist Spekulation. Wenn wir versuchen, etwas zu verstehen oder zu erfahren, das Leben oder was auch immer, geschieht das mit Hilfe des Wissens, das wir darüber haben. Aber das Denken ist etwas Totes. Es ist etwas, das niemals etwas Lebendiges berühren kann. In dem Moment, in dem es versucht, das Leben zu berühren, es einzufangen, zu umschließen und ihm Ausdruck zu verleihen, wird es durch die lebendige Eigenschaft des Lebens zerstört. Was wir mit Leben meinen, ist nicht das Leben selbst, sondern die Existenz. Existenz ist unsere Beziehung mit den Menschen um uns herum, dem Leben um uns herum, mit der ganzen Welt um uns herum. Und das ist alles, was wir wissen. Diese Beziehung ist eigentlich keine grundsätzliche Beziehung, sondern eine Beziehung, die aus unserem Bedürfnis entstanden ist, mit dem Leben Eins zu werden. Also ist alles fruchtlos, was wir tun, jeder Versuch, den wir machen, um mit dem Leben Eins zu werden, weil es keinen Möglichkeit gibt, eine Beziehung aufzubauen mit dem Leben um uns herum. 

 

F: Warum sagen Sie, dass wir nicht Teil davon sind? 

 

A: Ich nehme kein bisschen an oder betone, dass wir kein Teil davon sind. Wir sind ein Teil davon. Aber die wichtigste Frage, die wir uns stellen sollten, ist: „Was trennt uns vom Leben um uns herum, und was hält diese Trennung andauernd aufrecht?“ Das, was uns trennt, ist das Denken. Denken ist Materie. Aber diese Materie kann nicht ständig existieren. In dem Moment, in dem Materie entsteht, wird sie wieder Teil der Energie. Aber dieses Bedürfnis von uns, oder unseres Denkens, die Kontinuität aufrecht zu erhalten, ist das Bedürfnis, das uns dazu bringt, dasselbe immer wieder zu erfahren. Und so erhalten wir diese oberflächliche, künstliche, inexistente Dualität, diese Trennung zwischen uns und dem Leben, das uns umgibt. 

 

F: Das Denken hält man für einen Teil des Gehirns. Was könnte der Zweck des Gehirns sein? Es gibt anscheinend einen Konflikt zwischen dem Körper und dem Verstand. 

 

A: Es ist nur eine Annahme von uns - ich würde sagen, eine falsche Annahme - dass Gedanken spontan sind und aus sich selbst entstehen. Das stimmt nicht. Das Denken ist nur eine Reaktion auf Reize. Das Gehirn schafft nicht wirklich etwas, es enthält nur. Die Funktion des Gehirns in diesem Körper ist nur, für die Bedürfnisse des physischen Organismus zu sorgen, und seine Empfindsamkeit zu erhalten, wohingegen das Denken mit seinem ständigen Eingreifen in die sensorische Aktivität die Empfindsamkeit des Körpers zerstört. Hier liegt der Konflikt. Der Konflikt liegt zwischen dem Bedürfnis des Körpers, seine Empfindsamkeit zu erhalten und dem Bedürfnis des Denkens, jede Empfindung innerhalb des Rahmens der sinnlichen Aktivität zu deuten. Ich verdamme sinnliche Aktivität nicht. Der Verstand, oder wie auch immer man es nennt, entsteht aus dieser Empfindsamkeit. Also sind alle Aktivitäten des Verstandes ihrer Natur nach sinnlich, wohingegen es die Aktivität des Körpers ist, auf die Reize in der Umgebung zu reagieren. Das ist eigentlich der grundlegende Konflikt zwischen dem, was man Verstand und Körper nennt. 

 

F: Sie sagen also, dass der Verstand, das Gehirn, eigentlich keine nicht physikalischen Eigenschaften hat.

 

A: Ich glaube nicht, dass der Verstand getrennt von der Gehirnaktivität sein kann. 

 

F: Würden Sie sagen, dass das Gehirn keine nichtphysikalische Funktion hat? 

 

A: Es ist nicht an einer sinnlichen Aktivität interessiert. Es ist nicht interessiert an Erfahrungen, an denen der Verstand interessiert ist und die er einfordert. Es ist noch nicht einmal an den sogenannten spirituellen Erfahrungen interessiert, an religiösen Erfahrungen wie Glück. Glück ist etwas, wonach der Körper nicht strebt. Er kann es nicht lange aushalten. Genuss ist eines der Dinge, gegen die er sich immer wehrt. Der Körper weiß nichts über Glück, und will auch gar nichts darüber wissen. 

 

F: Glück ist nur eine Eigenschaft zu denken, eine sinnliche Erfahrung. 

 

A: Glück ist ein kultureller Beitrag. Gibt es so etwas wie Glück? Ich denke, nein. Das Streben nach dem Glück ist also kulturell begründet, und es ist der Wunsch von uns allen, der überall existiert, in jedem Teil der Welt. Wir alle wollen glücklich sein, und dieses Bedürfnis ist das wichtigste Bedürfnis aller Menschen, überall auf der Welt. Glück ist wie jede andere Empfindung. In dem Moment, in dem sich das Denken vom Glücksempfinden trennt, hat man gleichzeitig das Bedürfnis, diese Empfindung länger zu halten, als sie eigentlich dauern würde. Also wehrt sich der Körper gegen jede Empfindung, wie außergewöhnlich und angenehm auch immer sie sein mag. Die Empfindung über ihre eigentliche Dauer hinaus halten zu wollen zerstört die Empfindsamkeit der sinnlichen Wahrnehmungen und die Empfindsamkeit des lebenden Organismus. Das ist der Kampf, der stattfindet. Wenn man nicht weiß, was Glück ist, ist man nie unglücklich. 

 

F: Wenn man vom Körper alle psychologischen Faktoren und Eigenschaften wegnimmt – würden Sie sagen, dass es keinen Unterschied gibt zwischen dem Menschen und dem Tier? 

 

A: Nein, gar keinen. Wir alle sind wie die Tiere. Wir sind kein bisschen anders, und wir sind auch nicht für einen höheren Zweck geschaffen als die Mücke, die Ihr Blut saugt. 

 

F: Gibt es irgendeinen erkennbaren Unterschied zwischen einem Menschen und dem normalen materiellen Tier? 

 

A: Das Denken hat uns von den anderen Spezies auf diesem Planeten getrennt. Wir wollen das Denken beibehalten. Also ist es das, was schuld ist an all den Problemen, die der menschliche Verstand (Zitat Ende) geschaffen hat. 

 

F: Natürlich gibt es das, was rein biologisches Überleben genannt wird. Aber hat das Denken nicht dazu beigetragen, dass der Mensch auf eine bessere Art überleben konnte? 

 

A: Wie ich vorher schon gesagt hatte, das Denken hat uns von den anderen Spezies getrennt. Mit Hilfe des Denkens konnten wir bessere Bedingungen schaffen und länger als die anderen Spezies überleben. 

 

F: Warum glauben Sie, dass wir in dieser Illusion leben, und warum dauert sie an? 

 

A: Die Illusion dauert an, weil wenn die Illusion endet, das stattfindet, was man klinischer Tod nennt. Wenn wir also eine Illusion aufgeben, werden wir sie immer mit einer anderen ersetzen. 

 

F: Warum? 

 

A: Das ist es, was uns das Gefühl gibt, das unvermeidliche Ende zu besiegen, das wir Tod nennen. Das ist der einzige Tod, den es gibt. Sonst gibt es nichts wie den Tod. Und der Tod ist das Ende der Illusion, das Ende der Angst, das Ende des Wissens, das wir von uns und der Welt um uns herum haben. 

 

F: Nun stellt sich die Frage, was Intelligenz ist. Es gibt die natürliche Intelligenz des Körpers, über die wir gesprochen haben, mit deren Hilfe die harmonischen und miteinander verbundenen Körperfunktionen ablaufen. Aber gibt es einen Bereich, in dem Intelligenz eine andere als eine physische Funktion hat? 

 

A: Nein. Sehen Sie, der Körper will nichts wissen. Der Körper will nichts lernen. Die Intelligenz, die für sein Überleben notwendig ist, gibt es schon. Wir haben, zum Glück oder unglücklicherweise, je nachdem, etwas erreicht, was man Intellekt nennt. Durch den ständigen Gebrauch und das ständige Umformen des Denkens ist dieser Intellekt entstanden. Mit Hilfe dieses Intellekts können wir länger als die anderen Spezies leben. Das ist die Ursache für die Zerstörung des ganzen Gefüges, das wir zu unserem Überleben geschaffen haben. Man kann nicht leugnen, dass der erworbene Intellekt, der Produkt unseres Denkens ist, uns dabei geholfen hat, länger als die anderen Spezies zu überleben. 

 

F: Sie wollen damit sagen, dass die Intelligenz, die wir haben, sich von der Intelligenz der Tiere kein bisschen unterscheidet? 

 

A: Wahrscheinlich ist in uns die Funktion des Körpers und des Gehirns weiter entwickelt als bei den Tieren. Das bedeutet nicht, dass wir besser sind als die anderen Spezies. Wenn es stimmt, was man sagt, unterscheidet sich der menschliche Körper, wenn man ihn auf seine grundlegenden Elemente reduziert, nicht von dem Baum da draußen oder von der Mücke, die Ihr Blut saugt. Grundsätzlich ist alles genau dasselbe. Die Anteile der Elemente mögen in dem einen Fall höher und in einem anderen Fall niedriger sein. Ihr Körper besteht zu achtzig Prozent aus Wasser, und in den Bäumen und auf diesem Planeten gibt es achtzig Prozent Wasser. Deshalb also bin ich der Meinung, dass wir nur eine zufällige Anhäufung von Atomen sind. Und wenn der Tod kommt, wird der Körper neu durchgemischt und dann werden diese Atome dazu verwendet, das Energieniveau im Universum aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus gibt es keinen Tod für diesen Körper.

 

F: Ist das menschliche Gehirn empfindsamer als, sagen wir mal, der Baum? 

 

A: Wenn es stimmt, was man sagt, dann ist ein Hund wahrscheinlich weit intelligenter als die meisten Menschen jetzt in unserer Mitte, einschließlich mich. 

 

F: Vielleicht. 

 

A: Die Tiere versuchen nicht, irgendetwas zu verändern. Das ist das Wichtigste, was wir verstehen müssen. Das Verlangen, etwas zu verändern, wird uns von unserer Kultur eingetrichtert. Was gibt es zu verändern? Das ist meine grundsätzliche Frage. Muss man irgendetwas verändern, radikal oder sonst wie? Ich weiß es nicht. Wir müssen also für uns selbst und alleine herausfinden „Was gibt es? Gibt es ein Dasein? Gibt es ein Selbst? Gibt es ein Ich?“ Meine Antwort ist Nein. Was man sieht oder fühlt, wird erschaffen vom Wissen, das wir darüber haben, das Wissen über das Selbst, das Wissen über das Ich, das Wissen über das Dasein, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde. All das ist der kulturelle Beitrag. 

 

F: Gibt es denn keine Kommunikation hier zwischen uns – den beiden Individuen? 

 

A: Glauben Sie, dass es hier zwischen uns Kommunikation gibt? Versuchen wir, hier irgendeine Kommunikation zu haben? 

 

F: Nein, eigentlich nicht. Es ist eher eine Beziehung. 

 

A: Nein. So lange Sie und ich das Mittel verwenden, das wir benutzen um miteinander zu kommunizieren, ist Verständnis nicht möglich. Sie übersetzen immer jede Aussage von mir innerhalb des Wissens, das Sie haben – das ist das, was ich Ihren Referenzpunkt nenne. 

 

F: Glauben Sie nicht, dass die Tatsache, dass wir reden, zeigt, dass es eine physische oder physiologische Beziehung gibt? 

 

A: Diese Beziehung gibt es schon. Was also Sie von mir und mich von Ihnen trennt, ist das Wissen, das wir haben. Aber wir versuchen jetzt, so etwas wie eine Beziehung auf einer anderen Ebene aufzubauen. Aber Wissen ist kein Mittel, das zu tun, und es gibt kein anderes Mittel. Wenn das nicht das geeignete Mittel ist, und wenn es kein anderes Mittel gibt, ist Verständnis nicht möglich. Das ist das Verständnis, das mir irgendwie gedämmert hat – dass es nichts zu verstehen gibt. Wie das gekommen ist, weiß ich nicht. Ich weiß nicht, wie ich jemanden vermitteln kann, dass dies nicht das Mittel ist, und dass es kein anderes Mittel ist. Wir brauchen kein Mittel, um die Erkenntnis zu erlangen, dass es nichts zu verstehen gibt. 

 

F: Es gibt viele Gurus, die sagen, dass es eine Seele oder ein Selbst gibt … 

 

A: Ich weiß. Deshalb hat auch ein Heiliger wie Ramana Maharshi, als ihn die Leute mit allen möglichen Fragen bedrängten wie „Was würden Sie uns raten, was wir tun sollen?“, geantwortet mit der Frage „Wer bin ich?“ Auch diese Frage ist keine intelligente Frage, weil wir annehmen dass es irgendein „Ich“ gibt, dessen Wesen wir nicht kennen, und dass wir seinem Wesen auf dem Grund gehen müssen. Was mich betrifft, ist das „Ich“, das ich kenne, das Pronomen erste Person Singular. Mir ist es nicht gelungen, und ich glaube, es wird mir auch nie gelingen, herauszufinden, dass es irgendein anderes „Ich“ gibt, als das, was genutzt wird für den simplen Zweck der Kommunikation, um das du vom ich zu trennen. Ich sage „Ich“ und „Du“. 

 

F: Das Bewusstsein des Körpers... 

 

A: Das Bewusstsein des Körpers existiert nicht. So etwas wie Bewusstsein gibt es überhaupt nicht. Das einzige was uns hilft, uns des nicht-existierenden Körpers bewusst zu werden, ist das Wissen, das uns zuteil wird. Ohne dieses Wissen könnt ihr euren eigenen Körper nicht erschaffen und nicht erfahren. Ich stelle schon das Konzept des Bewusstseins in Frage, ganz zu schweigen vom Unterbewusstsein, vom Unbewusststein, den verschiedenen Schichten des Bewusstseins, und dem höheren Bewusstsein. Ich glaube nicht, dass es so etwas wie Bewusstsein gibt. Ich bin mir bewusst, dass es dies gibt (berührt die Lehne des Stuhls) nur durch das Wissen, das ich darüber habe. Die Berührung sagt mir nichts, wenn ich sie nicht mit meinem Wissen übersetze. Ansonsten ist es mir nicht möglich, diese Berührung zu erfahren. Diese Sinne arbeiten hier ganz anders, als es uns beigebracht wird. Das Auge sieht die Bewegung Ihrer Hand, und sagt nichts über diese Bewegung, außer dass es beobachtet, was vorgeht. 

 

F: Aber man kann fühlen.... 

 

A: Nein. Fühlen ist auch eine Übersetzung. Diese Berührung sagt nichts über die Berührung per se, außer mit Hilfe unseres Wissens. Sie können die Tatsache, dass etwas „weich“ oder „hart“ ist nur durch das Wissen, das Sie davon haben, erfahren. Ich weiß nicht, ob Sie das verstehen können. 

 

F: Ich verstehe. Aber ich habe den Eindruck, dass man bei einer Berührung auch eine Empfindung im Körper hat. 

 

A: Nein. Diese Empfindung entsteht durch den Tastsinn. Er wird durch Gedächtnisaktivität, den Neuronen, oder wie sie heißen, übersetzt, und erst dann können Sie sagen, etwas ist weich und nicht hart. Sie können sich also selbst veralbern indem Sie sich sagen, dass diese Berührung mit Gefühl verbunden ist, und nicht nur eine Berührung ist. Aber all dies ist aufgesetzt. 

 

F: Können Sie mir etwas mehr über die Berührung erzählen? 

 

A: Sie findet rein auf physiologischem Niveau statt. Es gibt keine Reaktion von Ihrer Seite. 

 

F: Welche Seite? 

 

A: Das ist die physikalische Reaktion. Sie wird nicht übersetzt. Wahrscheinlich ist das so etwas wie ein Genuss für den Körper. Ich weiß nicht. Ich kann nicht feststellen, ob das die Reaktion des Behagens ist, oder nur eine rein physikalische Reaktion auf die Berührung. Wenn ich gefragt werde „Warum lächeln Sie?“, sage ich, das ist nur eine Reaktion wie jede andere auf einen Reiz. „Warum bewegen Sie Ihre Hand?“ „Warum machen Sie so viele Gesten?“ Ihr mögt all das lediglich als Gesten bezeichnen, aber es gibt sie vielleicht weil ihr meint, ihr drückt euch nicht angemessen aus. Ihr stützt eure Aussagen mit diesen Gesten. Das ist nur eine Art der Kommunikation. Wir haben alle so angefangen und langsam die Sprache entwickelt. Aber ihr habt immer noch das Gefühl, dass ihr nicht in der Lage seid, Dinge mitzuteilen, euren Mitmenschen zu vermitteln, was ihr sagen wollt. Deshalb habt ihr diese verschiedenen Gesten, um das, was ihr den anderen sagen wollt, zu stützen und zu verstärken. In Indien gibt es bestimmte Gesten, und die Amerikaner haben andere Gesten. Wahrscheinlich werden sogar diese Gesten oder Handbewegungen genetisch übertragen. 

 

Wissen Sie, ich habe in Italien eine Dame getroffen. Sie trennte sich gleich nach der Geburt ihres Sohnes von ihrem Mann. Sie haben sich zwanzig Jahre lang niemals gesehen. Die Mutter hat uns erzählt, dass sie immer wieder beobachtet hat, dass die Gesten des Jungen sich von den Gesten ihres Mannes überhaupt nicht unterschieden. Natürlich beweist das nichts, sondern deutet nur darauf hin, dass sogar diese Gesten genetisch weiter gegeben werden. Wir wissen nicht, welche Rolle die Gene spielen, und wie alles von Generation zu Generation weiter gegeben wird.

 

F: Die Essenz von all dem ist, dass alles in uns nur physisch ist. 

 

A: Ich weiß das nicht. Sogar mit dem Konzept, den Körper abzutrennen und darüber nur im Hinblick auf ausschließliche und einfache physische Reaktionen zu sprechen, kann man falsch liegen. Ich weiß wirklich nicht. 

 

F: Sind Sie ein Materialist? 

 

A: Ich weiß nicht. Man bezeichnet mich als Materialisten. Man geht sogar so weit, mich als Atheisten zu bezeichnen, nur weil ich sage, dass Gott nicht wichtig ist. Aber das bedeutet nicht, dass ich ein Atheist bin. Ich bin also nicht daran interessiert, in welche Schublade man mich steckt. Das können Sie glauben, oder auch nicht: es berührt mich kein bisschen. Ich will niemanden von irgendetwas überzeugen. 

Wenn man einmal nicht mehr danach strebt, etwas zu verändern und sich abzuheben von dem, was ist, bleibt euch etwas, was ihr niemals erfahren könnt. Das ist der Grund, warum ich sagte, dass ich nur ein ganz normaler Mensch bin. Aber die Leute wollen mich aus irgendwelchen Gründen in dieses oder jenes Muster stecken. Ich sage, dass ich nur ein ganz normaler Mensch bin. Und jeder denkt, dass ich kein ganz normaler Mensch bin. 

 

Vielen Dank.

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Inhaltsverzeichnis

 


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KAPITEL 8

Verirrt im Urwald



Der menschliche Organismus ist nicht interessiert an euren wunderbaren religiösen Konzepten – Frieden, Freude, Glück, oder so etwas. Er ist lediglich an seinem eigenen Überleben interessiert. 

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Was die Gesellschaft oder die Kultur uns vorgesetzt haben als das Ziel, das wir alle zu erreichen haben, ist der Feind dieses lebenden Organismus. 

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Der Anspruch, auf alle zukünftigen Handlungen und alle Situationen vorbereitet zu sein, ist die Ursache unserer Probleme. Jede Situation ist so anders; und unsere Versuche auf all diese Situationen vorbereitet zu sein sind schuld daran, dass wir nicht in der Lage sind, auf Situationen zu reagieren, in dem Moment, in dem sie sich ergeben. 

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Wir können nun einmal nicht erleuchtete Menschen auf dem Fließband produzieren. 

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Unsere gesamte Kultur oder Zivilisation basiert auf töten und getötet werden. 

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Wir haben uns im Urwald verirrt. Wir haben alles versucht, um zu entkommen. Aber es ist uns bisher nicht gelungen. Es gibt jedoch eine vage Hoffnung, dass wir eines Tages irgendwie heraus kommen aus diesem Dschungel. Aber wir müssen uns ruhig halten und die Dinge geschehen lassen. 

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Das Gehirn reagiert nur auf Reize. Der Mechanismus, der darin eingepflanzt wurde durch unsere Erziehung und Kultur, lässt uns glauben, es erschaffe etwas. 

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Die Frage „Wie soll ich leben?“ steht in absolut keiner Beziehung zum Funktionieren dieses lebenden Organismus. Er hat schon die ganze Zeit gelebt. 


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F: Sie sagen, die Menschheit sei nicht wichtiger als die Schnecken. Würden Sie das bitte ausführen? 

 

A: Es bringt nichts, darüber zu spekulieren, aber aus irgendeinem Grund wird uns eingeredet, oder haben wir den Glaubenssatz angenommen, der von Generation zu Generation überliefert wurde, dass wir zu einem höheren Zweck hier sind als die anderen Spezies auf diesem Planeten. Ich bin der Meinung, wir sind nicht zu einem höheren Zweck hier als die Schnecken oder die Mücke, die Ihr Blut saugt. 

Ich weiß nicht, ob es so etwas wie Evolution gibt. Diejenigen, die von Evolution reden, haben uns gesagt, dass es so etwas gibt. Man sagt, dass von den tierischen Spezies auf diesem Planeten nur noch eineinhalb Prozent von dem da ist, was es früher gegeben hat. Wenn man die Pflanzen betrachtet, haben wir nur ein halbes Prozent davon, was vorher existiert hat. Warum also sollt ihr denken, die menschliche Spezies sei wichtiger als alle anderen Spezies, die ausgestorben sind? Was uns ermöglicht hat zu überleben, weiterzumachen, und die menschliche Spezies auf diesem Planeten länger als andere zu erhalten, ist das Denken. Es ist das Denken, das uns länger leben lässt als die anderen Spezies. 

 

F: Das Denken hat das möglich gemacht? 

 

A: Aber es ist unser Feind. Das Denken ist unser Feind. Auf Dauer ist unser Glauben, die Hoffnung, oder das Vertrauen darauf, dass das Denken uns hilft, indem es uns von den Problemen befreit, die es geschaffen hat, nur ein frommer Wunsch. 

 

F: Wie hat es uns geholfen, länger als die anderen Spezies zu überleben? Wie kann es ein Hindernis sein? 

 

A: Das Denken ist ein Schutzmechanismus. Es will etwas schützen. Wir verwenden das Denken, um den Fortbestand des Denkens aufrecht zu erhalten. Alles, was vom Denken hervorgebracht wird, ist im Grunde eine Schutzmaßnahme. Es will nicht das Leben um uns herum schützen. Im Gegenteil, es hat uns von der Einheit des Lebens um uns herum getrennt. Es hat uns isoliert vom Rest der Spezies auf diesem Planeten. Es hat uns zu der Vorstellung verholfen, dass wir etwas Anderes sind, dass alles für uns erschaffen wurde, und dass wir das Recht haben, diese Überlegenheit über andere zu nutzen und auf diesem Planeten zu tun was immer wir wollen. 

 

F: Wäre es möglich, dass es ein Denken gibt ohne diese Konzepte, und doch die Natur zu nutzen? 

 

A: Ich bin der Meinung, und sage sehr oft, dass das Denken in seinem Ursprung, in seinem Gehalt, in seinem Ausdruck und in seinem Handeln, faschistisch ist. Es ist sehr aggressiv. Unser Bestreben, die Naturgesetze zu verstehen, hat den einzigen Zweck, diese für den Fortbestand des Denkens zu nutzen. Das ganze Gerede davon, dass das Denken altruistisch sei, und dass wir neugierig sind und die Naturgesetze kennen wollen, einfach nur um sie zu kennen, ist nicht wahr. Die eigentliche Motivation, der Antrieb hinter unserem Bestreben die Naturgesetze zu verstehen ist, sie zu nutzen, damit die menschliche Spezies fortbestehen kann, auf Kosten einer jeden anderen Lebensform auf diesem Planeten.

 

F: Was wäre aus dem Menschen geworden, wenn wir nicht so gedacht hätten? 

 

A: Wahrscheinlich wären wir schon ausgestorben, und die Natur hätte eine bessere Form der menschlichen Spezies auf diesem Planeten geschaffen. Das weiß keiner. Ich bin nicht besonders begeistert von der menschlichen Spezies auf diesem Planeten. Wir tun alles, was die Tiere nicht tun. Das Überleben einer Lebensform auf Kosten einer anderen Lebensform ist in der Natur gegeben. Aber wir töten andere Spezies eines Konzepts wegen. 

 

F: Wir töten auch uns selbst unserer Konzepte wegen. 

 

A: Sicher, und wir töten auch andere. Aber das passiert bei anderen Lebensformen nicht, bei den anderen Spezies auf diesem Planeten. Wir töten wegen eines Konzeptes. Unsere Kultur und unsere Zivilisation basieren auf dem Konzept von töten und getötet werden, zuerst im Namen Gottes, wofür die Kirche und alle anderen religiösen Institutionen stehen, und im Namen politischer Ideologien, wofür der Staat steht. Die gesamte Kultur basiert auf dem Konzept töten und getötet werden. 

 

F: Wir geben das eigentlich nicht zu. Wir sagen, dass unsere Kulturen auf dem Konzept der Harmonie gründen. 

 

A: Das glaube ich nicht. Wir bewegen uns immer schneller in die Richtung, in der wir alles zerstören. Irgendwie glauben wir ganz stark daran, dass das Denken, das uns geholfen hat, alles was ihr seht und worauf ihr stolz seid, zu erschaffen, uns helfen wird, den Lauf der Dinge zu verändern. Ich bin der Meinung, dass dieser Glaube fehl am Platz ist. Irgendwie glauben wir, dass dieses Mittel, das Denken, das uns geholfen hat, das zu sein, was wir heute sind, uns zu einem besseren, glücklicheren Leben auf diesem Planeten verhelfen wird. 

 

F: Aber wie kommen wir hier heraus, wenn alles auf einem Weg der Zerstörung verläuft? 

 

A: Alles was ihr entdeckt, trägt zur Kraft der Zerstörung bei. Alles, weil der Antrieb hinter dieser Entdeckung der ist, sie zu nutzen, um die Kontinuität zu bewahren, den Status quo. 

 

F: Kann es sein, dass die Menschheit das rechtzeitig erkennt und die Richtung ändert, und wenn sie die Richtung ändert, wie würde diese Veränderung aussehen? 

 

A: Ich bin der Meinung, die Wahrscheinlichkeit geht gegen Null. Wir sind verdammt, sehen Sie. (Lacht) Wie ich schon am Anfang gesagt habe, haben wir uns im Urwald verirrt, wir haben alles versucht, um herauszukommen. Aber es gibt immer noch eine vage Hoffnung, dass es vielleicht einen Weg aus diesem Urwald heraus gibt. Wir müssen uns allerdings einfach nur ruhig halten und die Dinge geschehen lassen. 

 

F: Aber wie können wir uns ruhig halten? Was hilft uns dabei, uns ruhig zu halten? 

 

A: Ihr könnt euch nicht ruhig halten. Ihr könnt euch sich nicht ruhig halten aufgrund der Angst, für immer verloren zu sein. Aber wir haben anscheinend nicht das Gefühl, dass man überhaupt nichts tun kann, um aus dem Urwald herauszukommen. 

 

F: Halten Sie sich in diesem Sinne still? 

 

A: Ja sicher. Dann übernimmt das, was da ist, die Führung und lässt euch inmitten all dieser Grausamkeiten leben. Dieses Leben hat seinen eigenen Zauber. Es bringt euch in keinerlei Konflikt mit der Gesellschaft. Ihr wollt noch nicht einmal irgendetwas verändern. Der Wunsch, etwas zu verändern entsteht aus eurer Isolation. Wenn ihr einmal glaubt, ihr könnt euch selbst ändern, dann wollt ihr auch die Welt verändern. Aber dieser menschliche Körper will nichts lernen oder irgendetwas wissen. Alles was dieser lebende Organismus braucht, um zu überleben, gibt es schon. Es gibt eine unglaubliche Intelligenz, und alles was wir mit unserem Verstand erfasst und erworben haben, steht in überhaupt keinem Verhältnis dazu. 

 

F: ....zur Intelligenz des Körpers? 

 

A: Ja, die Intelligenz des Körpers. Er weiß alles. Was ich immer betone und versuche, allen, die es interessiert, zu erklären, ist, dass das menschliche Gehirn nichts von all dem will, wonach wir streben, was uns die Kultur aufgesetzt hat, in allen ihren Gedanken und Verstandesaktivitäten. Das Gehirn ist so dumm, Sie werden überrascht sein. Es will keinerlei Erfahrungen machen. Was es will, ist, den Körper dabei zu unterstützen, intelligent und gesund zu funktionieren. 

 

F: Sie meinen das Gehirn? 

 

A: Ja, das Gehirn. Aber leider nutzen wir das Gehirn auf eine Weise, für die es von der Natur nicht vorgesehen ist. Das Gehirn erschafft nichts. Es reagiert lediglich; es reagiert auf Reize. Der Mechanismus, den wir ihm sozusagen eingepflanzt haben, durch unsere Erziehung und unsere Kultur, macht uns vor, dass es etwas erschaffen würde. Keiner der Gedanken, den wir denken, entsteht aus sich selbst. Keiner ist spontan. Sie kommen immer von außen, und das Gehirn übersetzt diese Empfindungen lediglich – und diese Übersetzung ist notwendig für das Überleben des Organismus. Es will keine spirituellen Erfahrungen, oder irgendetwas Anderes, wonach der Verstand strebt (Verstand – Zitat Ende). Tatsächlich glaube ich nicht, dass es einen Verstand gibt. Der Verstand ist nur an Sinnlichkeit interessiert. Also sind alle religiösen Erfahrungen im Grunde sinnlich. Nur der Verstand will spirituelle Erfahrungen – Freude, Mitgefühl, Wahrheit, Wirklichkeit, und all das. Aber der Körper, der lebendige Organismus, will das alles gar nicht, sondern nur auf Reize reagieren. 

 

F: Wenn das Gehirn mit der Intelligenz des Körpers geschaffen wird, was ist die Kreativität, die man dem Denken zuschreibt? 

 

A: Die Kreativität, von der Sie sprechen, hat mit der Kreativität des Lebens gar nichts zu tun. 

 

F: Was ist der Ursprung der Kreativität, und gibt es Kreativität in der Natur? 

 

A: Es gibt keine Kreativität in dem Sinn in dem wir das Wort „Kreativität“ verwenden – Sprache, die Kreativität des Denkens, die Kreativität von diesem oder jenem. Das Leben ist kreativ in dem Sinn, dass es keine Vorbilder verwendet. Alles was wir kreativ nennen, ist eine Imitation, eine Kopie von etwas, das es schon gibt. Es ist second-hand. Man kann nicht sagen, dass etwas, das die Natur erschaffen hat, nicht genau auf den Punkt gebracht ist. Ich sehe da keinen Plan. Ein jeglicher Plan ist schon in der Zelle vorhanden. Alles, was es jetzt gibt, war schon in der einzelnen Zelle vorhanden. Alles ist genetisch gesteuert. 

F: Man kann nichts ändern – hier und dort eine kleine Nuance? 

 

A: Der Gedanke, dass wir etwas tun können, um uns und die Welt zu verändern, hat uns in eine Lage gebracht, in der wir die Hoffnung haben, dass dies irgendwie passieren wird. Ihr lebt und sterbt mit dieser Hoffnung. 

 

F: Ist eine Veränderung möglich? 

 

A: Welche Veränderung wollen Sie denn? Veränderung ist möglich in der physischen Welt. Wenn Sie zum Beispiel keine Knollennase haben wollen, können Sie zu einem plastischen Chirurgen gehen und sie in eine Adlernase ändern. Wenn Sie meinen, es sei schick, das zu haben, dann gibt es die Möglichkeit, die Hilfe eines plastischen Chirurgen in Anspruch zu nehmen. Oder, mittels Gentechnik, wird es uns möglich sein, Verhaltensmuster zu ändern. Ich behaupte nicht, dass ich mich mehr als jeder andere auskenne mit der Beschaffenheit der Dinge oder dass ich verstehe, wie die Vorgänge in der Natur ablaufen, aber das habe ich ganz alleine herausgefunden. Mir ist es egal, ob Sie das annehmen, was ich sage, oder ob Sie das nicht tun. Es steht und fällt von alleine. Mir sind auch die Biologen, die Physiologen oder die Wissenschaftler egal. Wenn sie dies beiseiteschieben und sagen, es sei totaler Blödsinn, ist das auch okay für mich. Irgendwann werden sie es sowieso entdecken. 

 

F: Wie entdeckt man es denn? 

 

A: Sehen Sie, dieses Entdecken liegt nicht im Denken. Anders ausgedrückt, es gibt kein Entdecken. Entdecken ist der falsche Begriff. 

 

F: Der falsche Begriff? 

 

A: Ihr erfahrt das, was ihr schon kennt. Ansonsten gibt es keine Erfahrung. Es gibt keine neuen Erfahrungen. Die sogenannten epochalen Entdeckungen auf dem Gebiet der Wissenschaften sind nicht wirklich epochal. Nehmen wir zum Beispiel die Physik Newtons. Sie hat einige Jahrhunderte lang sehr gut funktioniert. Aber genau diese Newtonsche Physik hat sich als Stolperstein beim Quantensprung herausgestellt – wenn ich dieses Wort gebrauchen darf, Zitat Ende. Irgendwie hat jemand wie Einstein Glück gehabt, ist ausgebrochen und hat etwas Anderes entdeckt. 

 

F: Hat er wirklich etwas Anderes entdeckt? 

 

A: Eigentlich ist es nicht anders. Wenn ihr nicht diese beiden Dinge verbindet – was es vorher gegeben hat, und was ihr glaubt entdeckt zu haben – hat es keinen Sinn, darüber überhaupt zu sprechen. Der Wissenschaftler will diese Dinge verbinden und Ergebnisse produzieren. Ansonsten hat die Entdeckung überhaupt keinen Wert. Die Physik Newtons ist nicht so wahr, so gültig, im Vergleich zu dem was wir (oder eher Einstein) seitdem entdeckt haben, nämlich die „Relativitätstheorie“. Natürlich gilt die Newtonsche Physik noch im Rahmen des menschlichen wissenschaftlichen Denkens. Schließlich bewundern wir alle diese Leute und ehren Sie – mit dem Nobelpreis, mit diesem und jenem. Wissen Sie warum? Wegen der Technologie, die durch die Entdeckungen dieser Leute möglich wurde. Ansonsten gibt es so etwas wie wirkliche Entdeckungen nicht. Es gibt keine reine Wissenschaft. Ich mache wahrscheinlich viele dogmatische Äußerungen, aber meine Äußerungen stehen und fallen von selbst. 

 

F: Aber es gibt doch bestimmt...

 

A: Warum sagen Sie, es gibt etwas bestimmt? Es gibt das vielleicht nicht. Warum gehen wir nicht aus von „Es gibt vielleicht kein...?" 

 

F: Sie haben anscheinend einige Erfahrung gemacht, die Ihnen geholfen haben, die Dinge klarer zu sehen. Wie hilft das? Können Sie über Ihre Erfahrung sprechen? 

 

A: Ich verwende sehr oft die Formulierung „ich bin hineingestolpert“. Irgendwie, auf meinem Weg der Entdeckung, kam es mir, dass dieses Mittel, das wir die ganze Zeit gebraucht haben, und das wir Intellekt nennen, nicht wirklich das Mittel ist, mit dem wir etwas verstehen können. Aber es war sehr klar, dass das einzige Mittel, das wir haben, um etwas zu verstehen, der Intellekt ist, und dass es kein anderes Mittel gibt. Also läuft unser gesamtes Entdecken lediglich hinaus auf Verbessern...

 

F: Den Intellekt zu verbessern.... 

 

A: Den Intellekt zu schärfen. Das ist alles. Dieser Intellekt hat mir nicht geholfen die lebendigen Probleme meines Lebens zu verstehen, und auch nicht mich selbst und die Welt um mich herum. Es kam mir langsam irgendwie das Verständnis, dass dies nicht das Mittel ist, und dass es kein anderes Mittel gibt. 

 

F: ...dass der Mensch kein Mittel hat, um zu verstehen. 

 

A: Es gibt kein Mittel, um irgendetwas Anderes zu verstehen als dieses Mittel. Das zerstört die gesamte Basis der Intuition oder jeden anderen Weg, die Wirklichkeit um uns herum zu verstehen. Es gibt nichts zu verstehen. Deshalb bin ich der Meinung, es gibt gar keine Wirklichkeit, geschweige denn, die ultimative Wirklichkeit. Ihr könnt die Wirklichkeit von was auch immer nicht verstehen – die Wirklichkeit, die wir als so selbstverständlich gesehen haben. Wir erfahren nichts Anderes als das, was wir wissen. 

 

F: Wir erfahren also nur die Vergangenheit. Es wiederholt sich. 

 

A: Es ist ein sich wiederholender Vorgang, man erfährt dasselbe immer wieder. Deshalb sind wir geboren mit der Hoffnung, dass wir eines Tages etwas Außergewöhnliches finden, eine neue Erfahrung. In dem Augenblick, in dem ihr sagt, das ist etwas, was ihr noch nie erlebt habt, das ist eine neue Erfahrung, ist es schon Teil des Mechanismus der Erfahrung der Vergangenheit geworden.

 

F: Langweilen Sie sich? 

 

A: Man langweilt sich nur, wenn man denkt, es gäbe etwas Interessanteres, Sinnvolleres, Bedeutsameres, das man tun könnte, als das, was man gerade tut. 

 

F: Nun, glauben Sie nicht, Sie können...

 

A: Das ist alles für mich. 

 

F: Wie sind Sie der Langeweile entkommen? 

 

A: Ich wünschte ich wüsste das. Deshalb sage ich „hineingestolpert“. Ich kann das niemandem mitteilen. Jeder, der kommt und mir zuhört, und versucht zu verstehen, was ich versuche zu erklären, vergeudet seine Zeit, weil man nicht ohne zu interpretieren zuhören kann. Der Deutende ist die zentrale Stelle, und das sind Sie. Sie sind das Produkt aller Gedanken, Erfahrungen, und Gefühle von jeder Lebensform, die vor Ihnen existiert hat. Das Denken will nur seinen Fortbestand und den Status quo sichern. Es will keine Veränderung. Es sagt, es will verändern, aber die Veränderung, die es anstrebt, ist nur, seinen Fortbestand zu sichern, seinen Status quo. Obwohl die Dinge sich ständig verändern, will es nichts gelten lassen, das seinen Status quo stört. Auch der Referenzpunkt wird gestärkt durch die Interpretation dessen, was ich Ihnen sage. 

 

F: Aber das ist völlig verfahren. 

 

A: Ihr wollt nicht akzeptieren, dass jeder Versuch von euch, dieser Falle zu entkommen, in der ihr euch sich selbst wiederfindet, die Fesseln verstärkt. Und es gibt keinen Weg da heraus. 

 

F: Also müssen wir es hinnehmen, dass wir festsitzen? 

 

A: Hinnehmen bedeutet, dass man die Nase davon voll hat, irgendetwas zu tun. Aber das zu sagen, bedeutet eigentlich gar nichts. 

 

F: Wir müssen also einen Sinn im Leben sehen? 

 

A: Warum suchen wir einen Sinn oder eine Bedeutung? Warum? 

 

F: Warum tun wir das? Sehen Sie, das ist die Frage. Warum tun wir das? 

 

A: Sie fragen, warum wir das tun? Warum sollte es irgendeinen Sinn geben? Die Frage „Wie soll ich leben?“ hat überhaupt keinen Bezug zum Funktionieren dieses lebenden Organismus. Er lebt schon die ganze Zeit. Er muss die Frage „Wie soll ich leben?“ nicht stellen. „Wie soll ich leben?“ ist dem lebenden Organismus aufgesetzt. 

 

F: Und die Suche nach dem Sinn ist absurd? 

 

A: Offensichtlich erkennen Sie keinen Sinn. Sie sehen keinen Zweck im Leben. Offensichtlich nicht. (Lacht) Ich meine nicht nur Sie. Ich meine die Menschen. Ich finde es so dumm, so sinnlos, so absurd, diese Frage zu stellen – „Was ist der Sinn des Lebens?“ Es ist nicht das Leben als solches, an dem wir wirklich interessiert sind, sondern daran, zu leben. Das Problem, zu leben, ist ein sehr mühsames Unterfangen geworden – mit jemanden zu leben, mit unseren Gefühlen zu leben, mit unseren Ideen zu leben. In anderen Worten, es ist das Wertesystem, in das wir geworfen wurden. Sehen Sie, das Wertesystem stimmt nicht. 

 

F: ...als ob überall Klebstoff wäre. 

 

A: Wir versuchen, uns diesem Wertesystem anzupassen, das völlig daneben liegt. Es verfälscht euch. Aber ihr seid nicht bereit, zu akzeptieren, dass es euch verfälscht. Ihr verwendet viel Energie darauf, euch den Bedingungen dieses Wertesystems anzupassen. 

 

F: Wie kommt man an den Punkt, an dem man akzeptieren kann, dass es falsch ist? 

 

A: „Wie“ bedeutet, dass Sie es von jemandem wissen wollen.... 

 

F: Sie meinen, die Frage zu stellen...

 

A: Das verstärkt alles – zu wissen, zu wissen, und zu wissen. Deshalb stellen wir uns immer die Frage, „Wie?“, „Wie?". Das bedeutet, ihr wollt etwas wissen. Was ist dieses „Du“, das ihr als euer Selbst erfahrt? Das „Du“, was ihr als euer Selbst kennt, ist ein Produkt des Wissens, das uns vermittelt wurde. Es stellt diese Frage, von der ihr glaubt, sie sei eine sehr intelligente Frage. Durch euer Verlangen nach einer Antwort auf diese Frage will es wissen, wie diesem Wissen mehr Bedeutung verliehen werden kann. 

 

F: Es ist also eine Täuschung. Es verfälscht uns. 

 

A: Es weiß, dass es mit dieser Frage sich selber mehr Bedeutung verschaffen kann. Es gibt kein „Du“, weil Sie nicht existieren. Es gibt kein Individuum. Die Kultur, die Gesellschaft, oder wie auch immer Sie es nennen wollen, hat „Dich“ und „Mich“ geschaffen nur zu dem Zweck, den eigenen Fortbestand zu sichern. Aber gleichzeitig wird uns eingeredet, dass man ein Individuum sein muss. Diese beiden Dinge haben uns in diese neurotische Situation gebracht. Es gibt kein Individuum, und es gibt keine Handlungsfreiheit. Ich spreche nicht von einer fatalistischen Philosophie oder so etwas ähnlichem. Es ist die Tatsache, die uns frustriert. Der Anspruch, sich diesem Wertesystem unterzuordnen, verbraucht ungeheure Mengen an Energie, und wir können nichts tun, um die lebendigen Probleme hier anzugehen. Die gesamte Energie wird von den Ansprüchen der Kultur oder Gesellschaft, oder wie auch immer Sie das nennen wollen, aufgebraucht, damit ihr in das Wertesystem passt. Deswegen bleibt uns keine Energie, um die anderen Probleme anzugehen. Aber diese Probleme, also die lebendigen Probleme, sind sehr einfach. 

 

F: Wie - einfach? 

 

A: In dieser Welt zu überleben ist kein schwieriges Problem, sehen Sie. Aber was anspruchsvoll ist, ist das Wertesystem. Unsere Anstrengungen, uns diesem Wertesystem anzupassen verbraucht ungeheuer viel Energie. 

 

F: Aber was passiert, wenn man sich diesem System nicht anpasst? 

 

A: Ich bin nicht in Konflikt mit dieser Gesellschaft. Ihr scheint in Konflikt mit dieser Gesellschaft zu stehen, aber ich nicht, weil sie nicht anders sein kann, nachdem ich gemerkt habe, dass ich sie nicht verändern kann. Ihr wollt etwas verändern in der Welt. Sehen Sie, das Problem liegt in der Beziehung. Es ist einfach nicht möglich, eine Beziehung mit irgendetwas um euch herum zu haben, einschließlich eurer Lieben, außer in Anbetracht dessen, was ihr von dieser Beziehung bekommen könnt. Sehen Sie, alles hat seinen Ursprung in der Trennung oder Isolation, in der die Menschen heute leben. Wir sind vom Rest der Schöpfung isoliert, vom Rest des Lebens um uns herum. Wir alle leben in individuellen Frames. Wir versuchen, eine Beziehung zu schaffen unter dem Aspekt „was habe ich von dieser Beziehung?“ Wir benutzen Andere, um zu versuchen, diese Leere zu füllen, die das Ergebnis unserer Isolation ist. 

 

Wir wollen immer diese Leere füllen, mit allen möglichen Beziehungen mit den Leuten um uns herum. Das ist das eigentliche Problem. Wir müssen alles nutzen – ein Konzept, eine Person, alles was wir bekommen können, um in Beziehung mit anderen zu treten. Ohne Beziehungen sind wir verloren, und wir erkennen keinen Sinn, wir erkennen keinen Zweck. Das ist so, weil euer einziges Interesse darin besteht, eine sinnvolle und bedeutungsvolle Beziehung mit den Individuen und der Welt um euch herum zu schaffen. Deshalb wollt ihr die Wirklichkeit der Welt verstehen. 

 

Aber es gibt nichts zu verstehen. Es gibt keine Wirklichkeit. Ich muss die Wirklichkeit der Welt so akzeptieren, wie sie mir die Gesellschaft aufsetzt. Also nenne ich Sie eine „Frau“, das eine „Bank“, und das ein „Tablett“. Ansonsten können wir in dieser Welt nicht vernünftig und intelligent funktionieren. Dieses Wissen kann nur zu dem Zweck genutzt werden, um in dieser Welt vernünftig und intelligent zu funktionieren. Alles was man tut, um die Wirklichkeit der Welt zu verstehen, wird nicht nützlich, hilfreich oder sinnvoll sein.


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KAPITEL 9

Der Tod ist ein erneutes Vermischen der Atome



Wenn es einmal als Tatsache gesehen wird, dass es keine Bewegung gibt, in keine Richtung, hin zu Verbesserung, Veränderung, oder Entwicklung zu etwas anderem oder Besserem, dann ist das, was da ist, etwas ganz Besonderes. 

_______

 

Es wäre eine grauenhafte Welt, wenn dieser Planet voll wäre ausschließlich mit Personen wie Buddha oder Jesus und all den anderen Lehrern. 

_______

 

Revolution bedeutet nur eine Umbewertung unseres Wertesystems. Nach einer Zeit setzen sich die Dinge, und es wiederholt sich alles. Im Grunde passiert nichts Anderes als eine veränderte Fortsetzung desselben. Welche Gräuel wir auf diese Weise begangen haben, wisst ihr selbst! 

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Die Fragen „Gibt es einen Sinn?“, „Gibt es einen Zweck?“ nehmen dem Leben die Lebendigkeit. Ihr lebt in einer Welt von Konzepten. 

_______

 

Der Glaube an Reinkarnation ist entstanden aus dem Anspruch, dass etwas weiter geht nach eurem sogenannten Tod. Es ist derselbe Mechanismus, der wissen will, was nach dem Tod geschieht. Aus irgendeinem Grund will dieser Mechanismus, dieses Denken, nicht zu einem Ende kommen. Aber wenn ihr wissen wollt, ob es etwas auf der anderen Seite gibt, müsst ihr jetzt sterben. 


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F: Wie unterscheiden Sie sich von mir? Durch die Wahrnehmungen? Oder gibt es einen anderen Unterschied? 

 

A: Der Gedanke, dass ich anders bin als Sie, kommt mir niemals in den Sinn. Das Denken trennt Sie, und sagt Ihnen, dass ich mich von Ihnen unterscheide, dass ich auf eine andere Weise funktioniere als Sie. Aber Sie und ich funktionieren auf genau dieselbe Weise. 

 

F: . ... außer dass ich denke, um zu wissen. 

 

A: Ja, Sie wollen etwas wissen. Der lebende Organismus ist wie ein Computer mit einer außergewöhnlichen Intelligenz, so ähnlich wie ein Aufnahmegerät. Das Aufnahmegerät fragt nie „Wie funktioniere ich?“. Alles was es braucht, ist Energie. Es braucht Strom, um zu funktionieren. Aber hier ist Energie so etwas wie der Ausdruck des Lebens. Energie ist schon vorhanden. Aber Sie stellen die ganze Zeit Fragen. 

Der Gedanke, dass ich anders bin als Sie, kommt mir überhaupt niemals in den Sinn. Wenn Sie mich fragen „Unterscheiden Sie sich von mir?“, ist das ganze Wissen, das ich habe, das Sie und mich trennt, schon vorhanden im Computer. Es sagt mir, dass Sie eine Frau sind, und ich ein Mann, und dass Sie intelligenter sind als ich. Die ganzen Konzepte, die im Computer gespeichert sind, beginnen zu arbeiten. Ihre Frage bringt das Wissen hervor, das hier im Computer gespeichert ist (zeigt auf sich selbst). Hier unterhalten sich zwei Computer, aber Sie wollen ein Element einbringen, das nicht zur Funktion dieses lebenden Organismus gehört. Deshalb fangen Sie an zu denken, dass es hier (in U.G.) etwas Anderes geben muss. 

 

F: Also verursache ich die Trennung? 

 

A: Sie verursachen die Trennung. Schon die Frage trennt uns. Aber eigentlich gibt es gar keine Fragen. Alle Fragen entstehen aus den Antworten, die wir schon haben. Sie sind gar nicht wirklich die Fragen. 

 

F: Also sollten wir lieber still sein? 

 

A: Sie glauben, dass Stille hilft, etwas zu verstehen? Es ist das Spiel aller dieser religiösen Leute. Sie glauben, durch Stille etwas zu kommunizieren. Aber in dieser Stille ist Kommunikation nicht notwendig. 

 

F: Worin besteht Intelligenz? Was bedeutet Ihnen dieser Begriff? 

 

A: Die einzige Bedeutung, die mir dazu einfällt, ist die, die wir im Wörterbuch finden. 

 

F: Na aber es ist sehr viel Intelligenz in Ihnen...

 

A: Ich bin der Meinung, dass Sie intelligenter sind als ich. Wegen Ihres  Hintergrunds und unserer erblichen Unterschiede . 

 

F: Gibt es eine höhere Intelligenz? 

 

A: Sie sind intelligenter als ich. Sehen Sie, das ist etwas, was man messen kann. Wir haben bestimmte Maße auf dieser Welt, die besagen, dass Sie intelligenter sind als ich. Diese Maße kann ich akzeptieren. Aber jeder Versuch meinerseits, meine Intelligenz zu verbessern, zu verändern, sie besser zu machen, würde ungeheuer viel Energie verbrauchen. Das ist alles. Sehen Sie, ohne das ist das, was Sie haben, ganz außergewöhnlich. Es will sich nicht mit Ihrem Intellekt oder sonst was vergleichen. Es geht nicht darum, zu akzeptieren, dass ich ein zurückgebliebener Idiot bin. „Akzeptieren“ passt hier nicht. Wenn es einmal Tatsache ist, dass es keine Bewegung gibt, in keine Richtung, hin auf Verbesserung, Veränderung, oder Entwicklung zu etwas anderem oder besserem, dann ist das, was es gibt, etwas ganz besonderes. Es ist auf seine Art einzigartig. Jedes Individuum ist einzigartig. Die Natur schafft perfekte Spezies und keine perfekten Individuen. 

 

F: Die Natur? 

 

A: Perfekte Spezies, nicht perfekte Individuen. Perfekte Individuen erschafft das religiöse Denken des Menschen. Wir haben uns das Modell von Jesus und Buddha und all den anderen religiösen Lehrern vorgesetzt. Es wäre eine grauenhafte Welt, wenn dieser Planet voll wäre ausschließlich mit Personen wie Jesus und Buddha und all den anderen Lehrern. 

 

F: Das wäre sehr schrecklich. 

 

A: ...wie wenn die ganze Erde nur voll mit Rosen von einer Sorte wäre. Es wäre ein schrecklicher Ort. Das macht die Erziehung mit uns. 

 

F: Also ist das Individuum nicht perfekt, die Spezies aber schon...? 

 

A: Jeder Mensch ist anders. Das ist alles, was ich sage. Es gibt sonst niemanden wie Sie, nirgendwo auf der Welt. Ich sage Ihnen - niemanden! Ich meine, was die Physiologie betrifft, wissen Sie. Aber das ignorieren wir, und versuchen, jeden in eine Form zu pressen, und das zu erschaffen, was wir den größten gemeinsamen Faktor nennen. Die ganze Zeit versucht ihr, alle zu erziehen und in das Wertesystem zu pressen. Wenn dieses Wertesystem nicht funktioniert, kommt es naturgemäß zu Revolutionen. Das ganze Konzept der Umstrukturierung ist nichts Anderes als eine Umbewertung des alten Wertesystems. Revolution bedeutet nichts Anderes als die Umbewertung unseres Wertesystems. Es ist genau das Gleiche. Nach einer Weile setzt sich alles, und dann wiederholt sich alles. Es gibt keine Verbesserung. Oder nur eine kleine Verbesserung. Aber im Grunde ist es die veränderte Fortsetzung desselben. Welche Gräuel wir auf diese Weise begangen haben, wisst ihr selbst! Ist es das alles wirklich wert? Aber anscheinend denkt ihr, dass dem schon so ist. Nachdem so viele Menschen getötet wurden, kommt ihr immer wieder auf dasselbe System zurück, auf dasselbe Vorgehen. Wozu? Aber wir werden immer so weiter machen. 

 

F: Darf ich Sie etwas über den Tod fragen? Was ist der Tod? 

 

A: In der Natur gibt es keinen Tod, sondern nur ein neues Mischen von Atomen. (Lacht) 

 

F: Was passiert? 

 

A: Die Energiebilanz in der Natur muss aus irgendeinem Grund erhalten werden. Ich weiß nicht warum. Also kommt der Tod nur vor, wenn Atome gebraucht werden, um das energetische Gleichgewicht im Universum zu halten. Es ist nichts Anderes als ein neues Mischen der Atome. Dieser Organismus kann nicht herausfinden, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt geboren wurde, und dass er zu einem anderen Zeitpunkt sterben wird, und auch dass er zu diesem Zeitpunkt lebt und nicht tot ist. Das Wissen, das wir von diesem lebenden Organismus haben – die Geburt, den Tod, und all das – ist hier (zeigt auf sich selbst) nicht vorhanden. 

 

F: Sie sagen also, Sie können nicht wissen, ob Sie leben oder tot sind?

 

A: Nein, das kann ich nicht. Wenn Sie mich fragen „Leben Sie?“, würde ich sagen, dass ich lebe. Weil die Frage aus dem Konzept geboren ist, wie ein lebender Mensch funktioniert, handelt, und denkt. Das ist ein Konzept. Also würde ich natürlich auf Ihre Frage „Leben Sie oder sind Sie tot?“ antworten, dass ich sehr lebendig bin, weil die Frage all das Wissen mit sich bringt, das wir über die Verhaltensmuster der lebenden Menschen haben. Aber wir können die Tatsache, dass dies lebendig ist, nicht erfahren. Sehen Sie, das Denken ist tot. Es versucht, etwas Lebendes, Pulsierendes einzufangen. 

 

F: Das Denken versucht also, etwas zu erfahren, was es gar nicht erfahren kann? 

 

A: Es kann es nicht erfahren, weil es in diesem Prozess verbrennen würde. Wenn Sie einen unter Strom stehenden Draht anfassen, ist es aus mit Ihnen. Das Denken will es also nicht anfassen, es will damit spielen und Handschuhe anziehen und darüber reden. 

 

F: Hat der Körper das Verständnis, abzüglich des Denkens? 

 

A: Das Herz weiß keinen Augenblick lang, dass es Blut pumpt. Es fragt nicht „Mache ich das richtig?“. Es funktioniert einfach nur. Es fragt nicht „Gibt es irgendeinen Zweck?“. Für mich hat diese Frage keine Bedeutung. Die Fragen „Gibt es einen Sinn?“, „Gibt es einen Zweck?“ nehmen dem Leben die Lebendigkeit. Man lebt in einer Welt von Konzepten. 

 

F: Gibt es ein Leben nach dem Tod? 

 

A: Alles was ich sage, ist für die Menschen nicht besonders interessant. Wenn ich gefragt werde, ob es so etwas wie Reinkarnation gibt, antworte ich, dass es Reinkarnation gibt für die, die daran glauben, und dass es keine Reinkarnation gibt für die, die nicht daran glauben. Es ist keine schlaue Antwort, weil es der Glaube ist, der wichtig ist. Wenn ihr eine grundlegende Frage stellt „Gibt es so etwas wie Reinkarnation in dem Sinn wie die anderen Naturgesetze wie die Schwerkraft?“ wäre meine Antwort negativ – definitiv „Nein“. Reinkarnation ist nicht ein Teil der Natur so wie es bei der Schwerkraft der Fall ist. Aber wenn ihr glauben wollt, dass es so ist, ist das etwas Anderes. Der Glaube an Reinkarnation ist entstanden aus dem Anspruch, dass etwas weiter besteht nach eurem sogenannten Tod. Es ist der gleiche Mechanismus, der wissen will, was nach dem Tod passiert. Aus genau dem gleichen Grund stellt ihr die Frage „Hat das Leben irgendeinen Sinn, irgendeinen Zweck?“ Aus irgendeinem Grund will dieser Mechanismus, dieser Gedankenstrom nicht zu einem Ende kommen. Ihr habt gesehen, wie Leute sterben. Also ist der Glaube, dass es ein Zentrum gibt, einen Geist, eine Seele, verantwortlich dafür, dass man glaubt, es müsse etwas Jenseitiges geben. Aber wenn ihr wissen wollt, ob es etwas Jenseitiges gibt, müsst ihr jetzt sterben. Wenn die Frage danach oder der Glaube daran zu einem Ende kommt, wird der Tod kommen, genau hier und jetzt. Der klinische Tod wird kommen. Dann wird sich die Frage nach einem Leben nach dem Tod gar nicht stellen, weil der lebende Organismus nicht wissen kann, dass er lebt. 

 

F: Und Sie sagten, dass die, die an Reinkarnation glauben...

 

A: Dieser Glaube muss gehen. Das Ende des Glaubens ist der Tod. 

 

F: Der Tod ist dann also das Ende eines jeden Glaubens? 

 

A: Aber man ersetzt einen Glauben mit dem anderen, eine Illusion mit einer andren Illusion. Das ist alles, was wir tun. 

 

F: Ich wollte Ihnen noch eine andere Frage stellen.... 

 

A: Die Antwort wird die gleich sein. (Lacht)


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KAPITEL 10

Sex ist mühsam für den Körper 



Offensichtlich sind unsere Beziehungen nicht besonders liebevoll. Wir wollen daraus irgendwie liebevolle Beziehungen machen. Wie viel Energie wir darauf verwenden, aus unserer Beziehung etwas Liebevolles zu machen! Es ist ein Kampf, es ist ein Krieg. Es ist wie wenn ihr euch die ganze Zeit für einen Krieg rüstet, in der Hoffnung auf Frieden, ewigen Frieden, oder dieses oder jenes. Ihr seid diesen Kampf leid, und ihr gebt euch sogar mit einer schrecklichen, lieblosen Beziehung zufrieden. 

_______

 

Wenn es der Liebe nicht gelingt, die perfekte ideale Beziehung zwischen zwei Individuen zu schaffen, bleibt uns nur Hass übrig. Wenn nicht Hass, dann Antipathie. 

_______

 

Sexualität an sich, wie bei den anderen Spezies, den anderen Lebensformen, ist lediglich eine biologische Notwendigkeit, weil der lebende Organismus das Überleben als Ziel hat, und etwas wie sich selbst produzieren will. Alles, was ihr dem aufsetzt, steht in absolut keiner Beziehung zum lebenden Organismus. Aber wir haben das, was ihr sexuelle Aktivität nennt, was von Natur aus biologisch ist, in eine Spaßbewegung verwandelt. 

_______

Ob hier, in Russland oder sonst irgendwo – das, was jeder auf dieser Welt will, ist glücklich zu sein, ohne einen Augenblick des Unglücks, Genuss ohne Mühe. Das geht einfach nicht, weil dieser lebende Organismus nicht weiß, was Genuss ist, was Glück ist. 

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Ihr seid mit nichts lebendig verbunden. 


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F: Ich möchte Sie etwas über die Liebe fragen. 

 

A: Oh Gott! Oh Gott! (Lacht) 

 

F: Ich weiß, was die Leute über die Liebe reden. 

 

A: Was halten Sie davon? 

 

F: Ich weiß nicht. 

 

A: Ich weiß auch nicht. 

 

F: Gibt es noch...? 

 

A: Es müssen zwei da sein, wissen Sie. Ich liebe jemanden, und jemand liebt mich. Wo Trennung ist, kann es keine Liebe geben. Wir versuchen, diese Kluft zu überbrücken, die ganz schrecklich ist für uns, die keinen Sinn hat, die etwas von uns verlangt, mit diesem lustigen Gedanken, dass diese beiden Individuen mit Liebe verbunden sein müssen. 

 

F: Das was auch immer verbunden sein muss...? 

 

A: Was auch immer – ich liebe mein Land, ich liebe meinen Hund, ich liebe meine Frau, und was sonst noch. Wo ist der Unterschied – ob ich meine Frau liebe, mein Land, oder meinen Hund. (Beide lachen) Das hört sich vielleicht zynisch an. Tatsache ist, dass es keinen Unterschied gibt. Sie lieben Ihr Land, ich liebe mein Land, und es gibt Krieg. 

 

F: Also gibt es keine Liebe? Liebe ist nur einer dieser Gedanken? 

 

A: Ja, geschaffen vom Denken. 

 

F: Kann der Körper nicht lieben? 

 

A: Er liebt sich selbst nicht. Es gibt hier keine Trennung.

 

F: Ist das alles, was es mit der Liebe auf sich hat? 

 

A: Sie wollen, dass ich Ihre Frage bejahe. Ich versuche nicht, auszuweichen. Dies ist ein politisches Interview. Ich umgehe nichts. Ich will keine schlauen oder diplomatischen Antworten geben. Warum fragen wir nach der Liebe? 

 

F: Nun, die Menschen fragen danach... 

 

A: Offensichtlich sind unsere Beziehungen nicht so liebevoll. Wir wollen also irgendwie liebevolle Beziehungen daraus machen. 

 

F: Also glauben wir dass...

 

A: Welch ungeheure Menge an Energie wir darin stecken, unsere Beziehungen in etwas Liebevolles zu verwandeln! Es ist ein Kampf, es ist ein Krieg. Es ist wenn ihr euch andauernd auf Krieg vorbereitet in der Hoffnung, dass es Frieden geben wird, ewigen Frieden, oder dies oder das. Ihr seid diesen Kampf leid, und ihr gebt euch sogar mit einer schrecklichen, lieblosen Beziehung zufrieden. Und ihr hofft und träumt, dass es eines Tages nichts Anderes als Liebe sein wird. "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" – wie viele Millionen von Menschen sind in diesem Namen getötet worden? Mehr als in all den letzten Kriegen zusammen. Wie könnt ihr euren Nächsten wie euch selbst lieben? Das geht einfach nicht. 

 

F: Glauben Sie, kein Mensch kann das? 

 

A: Offensichtlich. Warum werden denn so viele Menschen, Frauen, Kinder, und Hilflose, getötet? 

 

F: Nein. Aber es gibt auch gute Nächste, wissen Sie. 

 

A: Ja, ja, das wissen wir. (Beide lachen) Wenn es der Liebe nicht gelingt, eine absolut ideale Beziehung zwischen zwei Individuen zu schaffen, bleibt uns Hass übrig. Wenn nicht Hass, dann Antipathie, Apathie, oder was sagt man noch? Ich habe einen sehr begrenzten Wortschatz. 

 

F: Das ist gut genug ... Wie sieht es mit der Sexualität aus? Ist das nur eine reproduktive Funktion oder verhilft sie zu irgendeinem anderen sinnvollen...?

 

A: Sexualität an sich, wie bei den anderen Spezies und anderen Lebensformen, ist lediglich eine biologische Notwendigkeit, weil der lebende Organismus überleben und etwas wie sich selbst produzieren will. Alles, was ihr dem aufsetzt, steht in keiner Beziehung zum lebenden Organismus. Aber wir haben aus dem, was ihr sexuelle Aktivität nennt, was im Grunde biologisch ist, eine Spaßbewegung gemacht. Ich sage nichts gegen die Spaßbewegung. Wir können mit Hilfe des Denkens jederzeit, wann immer wir wollen, Sex haben. 

 

F: Also ist das einer der Punkte, an dem uns das Denken vom Rest der Welt unterscheidet? 

 

A: Und dann wird es wieder lästig. Wir müssen Bücher schreiben – Die Freuden der Liebe, das Kama Sutra, und alle möglichen Bücher – und die Sache interessant machen. Tiere können nicht jederzeit Sex haben. Tiere nutzen es nur zur Reproduktion. Nicht dass sie es „nutzen“, aber es geht um die Reproduktion ihrer eigenen Spezies. Es ist in ihrem Fall keine Spaßbewegung. Ich sage nichts gegen die Spaßbewegung. Ich will nicht darauf hinaus, zu sagen, man sollte das verdammen, oder promisk werden oder Sex zu spirituellen Zwecken nutzen. Nein. 

 

F: Sie meinen also, Sex kann keine spirituelle Erfahrung sein? 

 

A: Es ist ein ganz einfaches Funktionieren des lebenden Organismus. Der religiöse Mensch hat etwas Großes daraus gemacht, und sich darauf konzentriert, die Sexualität zu regeln. Danach haben die Psychologen etwas Besonderes daraus gemacht. Der ganze Kommerz orientiert sich an der Sexualität. Wie soll sie ihren rechten Platz finden? 

 

F: Sie wird verwendet zum Verkaufen.... 

 

A: Ja sicher, und dagegen habe ich nichts. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich zeige nur auf, wie wir diese einfache biologische Funktion verwenden. Ich verdamme sie nicht. Es gibt sie, sehen Sie. Euer Gerede davon als Ausdruck der Liebe hat für mich keine Bedeutung. 

 

F: Es gibt also keinen Zusammenhang zwischen Lieben und Sex? 

 

A: Nein. 

 

F: Das ist wirklich verheerend! Der Großteil der Menschheit ist sich sicher, dass Liebe ohne Sex wie ein lascher Händedruck ist. 

 

A: Wir sehen es so, weil es sehr tröstlich ist. Wenn Sex nur zum biologischen Zweck eingesetzt wird, wie ich schon gesagt habe, wäre das nicht wirklich eine verheerende Lage. Wenn ihr die Sexualität dabei belassen würdet wie sie ist, wäre das nicht so schrecklich. Sie würde ihren rechten Platz finden. Deshalb haben wir all diese Dinge erfunden – Gott, die Wahrheit, und die Wirklichkeit – das ist alles nichts Anderes als ultimativer Genuss. 

 

F: Ist das auch ein Ziel? 

 

A: Ob hier, in Russland, oder sonst irgendwo – das was jeder in dieser Welt will, ist Glück ohne einen Augenblick des Unglücks, Genuss ohne Mühe. Das geht einfach nicht, weil dieser lebende Organismus nicht weiß was Vergnügen ist, was Glück ist. 

 

F: Der Organismus weiß nicht, was Genuss ist? 

 

A: Er will es noch nicht einmal. 

 

F: Er will aber hat nicht... 

 

A: Er will es nicht, weil all diese angenehmen Empfindungen stören. In dem Augenblick, in dem eine angenehme Empfindung da ist, besteht sofort der Anspruch, diese länger und länger auszudehnen. Deshalb gibt es hier eine ungeheure Frustration. Ihr wollt, dass jeder jederzeit glücklich ist, und dass man nur angenehme und überhaupt keine schmerzlichen Empfindungen hat. Das kann man mit Drogen wie Ecstasy erreichen, aber für wie lange? 

 

F: Was passiert, wenn man sich dem hingibt? 

 

A: Auf Dauer wird die Empfindsamkeit des Körpers zerstört. 

 

F: Wie kommen Sie darauf? 

 

A: Man ist in keinem lebendigen Kontakt, mit nichts.

 

F: ...also trennt uns das Denken von der Natürlichkeit? 

 

A: Ja, von der Natürlichkeit.

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Inhaltsverzeichnis

 


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KAPITEL 11

Eine Laune der Natur



Das Wertesystem hat das „Du“ erschaffen, und dem könnt ihr euch nicht entziehen. Alles, was ihr unternehmt, um euch von diesem Wertesystem zu befreien, verleiht ihm nur noch mehr Bedeutung. 

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Schon das Konzept, dass ihr euer Denken kontrollieren solltet, um in einen friedlichen Zustand ohne Denken zu kommen, entsteht durch das Denken, so dass es sein Fortbestehen aufrecht erhält durch eine kleine unbedeutende Erfahrung, durch einen Zustand ohne Denken, den ihr anstrebt. 

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Es gibt kein Bewusstsein, geschweige denn ein höheres Bewusstsein, oder ein kosmisches Bewusstsein. Alle diese Vorstellungen hat das Denken hervorgebracht. 

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Wissen schafft Bilder. Aber das physische Funktionieren kann kein Bild erschaffen. Die sogenannten physiologischen Bilder passen nicht in das Schema der Dinge. Die Augen sind wie eine Kamera. Wenn ihr die Kamera von dem, was sie ansieht, schwenkt auf etwas Anderes, ist alles, worauf sie vorher fokussiert war, gelöscht. 

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Alle Vorstellung von der Zeit, auch die von der chronologischen Zeit, sind willkürlich. Alle Messungen sind willkürlich. Wir akzeptieren sie als praktikabel, das ist alles. 

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Die Angst davor, dass wenn ihr versucht, die Menschen um euch herum zu vernichten, ihr auch selbst mit ihnen vernichtet werdet, hält uns vielleicht noch eine Weile zusammen. Sicher ist das nicht Liebe, Freude, Verehrung oder religiöses Denken. 


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F: Ich möchte sie über Ihre persönlichen Erfahrungen befragen, und ich weiß, dass Sie nicht darüber sprechen wollen.... 

 

A: Ich bekomme oft solche Fragen. Aber ich sage Ihnen, alles was mir passiert ist, ist passiert trotz allem, was ich getan habe. Einige Biographen, die meine Lebensgeschichte schreiben wollen, sind sehr darauf bedacht, zu wissen was ich getan habe, was ich nicht getan habe, was mir geholfen hat, in diese Sache hineinzustolpern, in der Annahme, dass irgendein Ereignis in meinem Leben mich dahin gebracht hat, wo ich heute bin. Aber das ist nichts Gültiges oder Wahres. Sie müssen mich bei Wort nehmen. Wenn Sie nicht akzeptieren, was ich sage, macht das nichts. Was auch immer vor dem passierte, was mir passiert ist, alle Ereignisse in meinem Leben davor, wirken sich nicht darauf aus, wie ich jetzt funktioniere. Und von diesem Moment an gibt es keine Geschichte, die ich erzählen könnte. Heute bin ich hier und spreche mit Ihnen; morgen werde ich woanders sein und mit meinen Freunden sprechen; und übermorgen werde ich in England sein. Das ist alles. Es gibt also nichts was mir jemand noch sagen kann. 

 

Ich bin ein Mensch der Öffentlichkeit. Ich bin jederzeit hier, wenn man wissen will, was ich gerade mache, 24 Stunden am Tag. Ich habe kein Privatleben. Immer wenn man wissen will, was U.G. tut, zu einer bestimmten Zeit, in einer bestimmten Situation, kann man das sehen. Es gibt also nichts zu erzählen. Deshalb bin ich der Meinung, dass was immer mir passiert ist, trotz all dem, was ich getan habe geschehen ist. Aber Sie wollen herausfinden wie und warum das, wovon ich spreche, mir und nicht jedem anderen auch passiert ist. Man will eine Beziehung zwischen Ursache und Wirkung finden, und es jedem ermöglichen, in diese Sache hineinzustolpern. Das ist etwas, was man nicht auf dem Fließband produzieren und reproduzieren kann. Es ist eine Laune der Natur. 

 

F: Aber wir würden gerne wissen, wie sich diese Laune der Natur in U.G. abgespielt hat. 

 

A: Allein der Wunsch, das zu verstehen, hat keinen Sinn für Sie. Lassen Sie es einfach so stehen. Es gibt so viele seltsame Dinge in der Natur. Wenn ihr versucht, sie nachzumachen, verzettelt ihr euch. Ihr seid in derselben Situation wie vorher. Noch nicht einmal die Natur hat Verwendung für diesen Körper (zeigt auf sich). Sie hat ihn ausgesondert, weil sie so etwas weder physisch noch anderweitig reproduzieren kann. 

 

F: Sie wurden also von der Natur ausgesondert? 

 

A: Ja, ausgesondert von der Natur. Wie könnt ihr daraus ein Modell machen? Das haben wir mit all den anderen ausgesonderten Leuten gemacht, die ihr einfach nur hättet aussondern sollen. 

 

F: Wie viele? 

 

A: Ich weiß nicht. Wahrscheinlich kann man sie an den Händen abzählen. 

 

F: Die Leute, die...

 

A: Ich weiß nicht. Ich kann es nicht sagen. Ich will gar nichts über sie sagen. 

 

F: Aber was ist mit all diesen Konzepten – den religiösen Konzepten aller Zeitalter, den spirituellen Konzepten? Gibt es noch eine andere Tradition, die sie kennen...?

 

A: Eins kann ich sagen: Und zwar, dass alles falsch ist, soweit es mich betrifft, und dass es mich verfälscht hat. Also fragen Sie mich nicht „wie können sich alle irren?“ Darum geht es nicht. Ich will nicht verfälscht werden, weil ich so nicht funktioniere. Ich wollte einen Bezug herstellen zwischen ihrem jeweiligen Zustand und meiner Art, zu funktionieren, und dann habe ich gekämpft, sehr hart gekämpft.

 

F: Sie haben gekämpft...? 

 

A: Ich bin nicht weitergekommen. Ihr könnte es also nicht ablehnen, weil es das hervorgebracht hat, was ihr „Du“ nennt. 

 

F: Was mich hervorgebracht hat? 

 

A: Das Wertesystem hat „Dich“ hervorgebracht, und ihr könnt euch davon nicht befreien. Alles, was ihr unternehmt, um euch vom Wertesystem zu befreien, verleiht ihm nur noch mehr Bedeutung. Das ist das, woran ich damals nie gedacht habe. Was ich vorhin gesagt habe, war, dass das Denken nicht als Mittel eingesetzt werden kann. Ihr könnte es einsetzen, um das Wertesystem zu steuern und formen. Aber ihr könnt euch nicht durch Denken davon befreien. Schon das Konzept, dass ihr euer Denken kontrollieren solltet, um in einen friedlichen Zustand ohne Denken zu kommen, entsteht durch das Denken, so dass es sein Fortbestehen aufrecht erhält durch eine kleine unbedeutende Erfahrung, durch einen Zustand ohne Denken, den ihr anstrebt. 

 

F: Was hat es mit diesen Zuständen von höherem Bewusstsein auf sich, von dem die Leute reden? 

 

A: Wenn es so etwas gibt, sind Sie ein Ausdruck dessen. Warum sollte die Natur oder irgendetwas, irgendeine kosmische Kraft, wenn es so etwas gibt, die Hilfe von jemandem brauchen, um sich auszudrücken und anderen zu helfen? Ich sehe keine Notwendigkeit. Wenn es so etwas wie das gibt, sind Sie genauso ein Ausdruck davon wie alle anderen, die diesen Anspruch erheben. Jeder Hund, jede Katze, jedes Schwein, jede Kuh, die Sie sehen, die Schnecke im Garten, Sie, ich, und jeder, sogar Dschinghis Khan und Hitler sind ein Ausdruck desselben Dinges. Sie haben sich alle unterschiedlich verhalten. Sie und ich verhalten uns unterschiedlich. Aber wir sind alle ein Ausdruck desselben Dinges, und es hat es nicht nötig, einen anderen Kanal außer Ihnen zu nutzen. Sie sind ein Ausdruck davon. 

 

Aber ich stelle sogar das Bewusstsein selbst in Frage. Es gibt so etwas wie Bewusstsein nicht, geschweige denn ein höheres Bewusstsein, Überbewusstsein oder kosmisches Bewusstsein. All diese Konzepte hat das Denken geschaffen. Wir haben heute Morgen darüber gesprochen, dass das Bewusstsein ein Konzept ist. Ihr werdet euch der Dinge nur mit Hilfe des Wissens bewusst. Ich werde mir Ihrer nur durch das Wissen, das ich von Ihnen habe, bewusst, durch Wissen das mir vermittelt wurde. Die Tatsache dass ich sage, dass Sie eine Frau sind, dass Sie eine intelligente Frau sind, und dass Sie eine hübsche Frau sind – all das ist Teil dieses Wissens. Ansonsten bin ich nicht getrennt von Ihnen. Ich kann Sie nicht ansehen und irgendetwas über Sie sagen. Die Augen sind nur Kameras. 

 

F: Man kann also nichts wahrnehmen außer durch das Wissen? 

 

A: Wissen schafft Bilder. Aber diese physische Funktion kann keine Bilder schaffen. In dem Augenblick, in dem ich mich auf diese Seite drehe, ist alles auf der anderen Seite ausgewischt.

 

F: Ich verschwinde. (Lacht)

 

A: Sie verschwinden, weil die Augen nicht Sie sondern ihn oder diesen Stuhl oder anschauen, oder was auch immer, worauf sie sich fokussieren. Aber wenn er mich fragt, “War die nicht hübsch?” “Hübsch” ist ein Wort, kein geistiges Bild. Verstehen Sie das? “Sie ist sehr ‘elegant’”. Noch ein Wort. Ich rede von Ihnen in Worten, und es ist ein Wort-Bild. Aber die geistigen Bilder, die physischen Bilder sind nicht da. Die sogenannten psychologischen Bilder haben keinen Platz im Schema der Dinge. Die Augen sind wie eine Kamera. Wenn Sie die Kamera von dem, worauf sie gerichtet ist, auf etwas Anderes schwenken, ist all das ausgelöscht, worauf sie vorher fokussiert war. Und was es dann im Computer gibt (zeigt auf seinen Kopf), ist nur das Wort-Bild, und wahrscheinlich die Geräusche. 

 

In diesen Tagen diktiert man den Computern. Sie haben Probleme mit den Akzenten. Computer haben damit Schwierigkeiten, zum Beispiel wenn ein Inder mit indischem Akzent spricht. Sie müssen den Akzent lernen. Heutzutage muss man das nicht tippen. So werden Geräusche hier in diesem Computer aufgenommen (zeigt auf sich). Das Wort-Bild ist hier. Das ist alles was ich gebe – ein Wort-Bild. Wenn ich Sie nicht anschaue, kann ich kein geistiges Bild erschaffen, weil das Auge nicht auf Sie gerichtet ist. Das Problem ist ganz einfach. Ich weiß nicht, wie Sie sie aussehen, weil ich das geistige Bild nicht in mir erschaffen kann. Also ist es kein Problem mehr. “Ich habe eine außergewöhnlich intelligente Frau getroffen oder gesehen, eine hübsche Frau – “ Was bedeutet das? 

 

Meine Tochter fragt mich manchmal, “Ich bin deine Tochter. Was bedeutet das für dich?” Das bedeutet gar nichts für mich. Wenn ich zufällig neben ihr stehen würde und mich jemand fragt, “Wer ist sie?“, sage ich, „Das ist meine Tochter“- das, was das Wörterbuch damit meint.

 

F: ...was in unserem System vorhanden ist. 

 

A: Das geistige Bild, das wir diesem Wort aufgesetzt haben. Das ist das eigentliche Problem. Die physischen Bilder müssen schnell gehen. Dagegen kann man nichts tun. Gar nichts. 

 

F: Was ist physisch: Was ist Materie? 

 

A: Sie wissen das nicht. 

 

F: Nein, ich frage Sie. Wie würden Sie das beschreiben? 

 

A: Das gleiche Wort, das ich gebrauche. Sehen Sie, „Das ist meine Hand.“ 

 

F: Was ist dann Materie? Was ist die grundlegende Materie? 

 

A: Es gibt keine Materie. Materie ist gedacht. Sehen Sie, wenn Sie etwas Hartes berühren, sagt der Tastsinn nicht, dies ist hart (U.G. berührt die Stuhllehne). Aber wenn man einmal das Wissen hat, das Wissen aus der Vergangenheit, sagen Sie, es ist hart, weil das Denken hier einen Raum erschafft und das das immense Wissen, das ich darüber habe... 

 

F: Was ist Materie? 

 

A: Was ist Materie? Sie wollen eine Definition? Das Denken erschafft Materie. 

 

F: Das ist das, was ich mich frage. 

 

A: Das ist das, was ich sage. 

 

F: Wenn wir also das Denken abschaffen, verschwindet auch die Materie. 

 

A: Definitionen interessieren mich nicht, weil das was da ist, Energie ist. 

 

F: Wir sprachen über Materie. Materie wird vom Denken erschaffen. Wenn wir nicht denken würden...?

 

A: Gedanken sind Materie. 

 

F: Was ist mit den Hunden, die keine Gedanken haben? 

 

A: Wahrscheinlich haben sie irgendwelche Gedanken. Ich weiß nicht. Aber unsere sind sehr komplex und kompliziert geworden. 

 

F: Gibt es Denken, menschliches Denken, als Teil dieser Materie?

 

A: Es gibt kein Denken. Es gibt nur Gedanken. Gibt es Gedanken in Ihnen? 

 

F: Sicher, wir reden darüber. 

 

A: Nein, gibt es einen Gedanken? Gleich am Anfang sagte ich, das Gehirn erschafft nichts. Gedanken sind nicht spontan. Sie kommen von außen. Sie übersetzen dieses spezielle Geräusch (Donnerhall) mit Hilfe des Gedächtnisses, mit Neuronen. Sie sagen Ihnen, dass das Geräusch Donner ist. Sie erkennen das. Das ist alles worum es geht – um die Information. Was ist Denken? Wir stellen diese Frage aufgrund der Annahme, dass es ein Denken gibt, über das Sie etwas wissen wollen. Aber was es gibt, ist nur über Gedanken – all die Definitionen. „Denken ist Materie“, ist eine Aussage, die für sich keinerlei Bedeutung hat.

F: Diese Aussage “Gedanken sind Materie” keine Bedeutung? 

 

A: Das hat überhaupt keine Bedeutung. Ich habe erklärt, warum Denken Materie ist weil …

 

F: Das hat einige Physiker bestürzt? 

 

A: Die Physiker sind uns egal. Aber sie sagen auch, dass es keine Gedanken gibt, dass es keine Materie gibt, dass es keinen Raum gibt, und dass es keine Zeit gibt. Aber was hat es mit dem ganzen Raum-Zeit-Kontinuum auf sich? Sie brauchen so ein Kontinuum, ansonsten bricht ihre ganze Forschung zusammen. 

 

Gibt es einen Raum? Nein. Es gibt keinen Raum. Man kann den Raum nicht erfahren. Das Denken schafft den Raum. Alles, was man über den Raum sagt, hat keine Bedeutung. Man kann den Raum in keiner Weise erfahren. Ihr könnt sagen, es gibt keine Gedanken, keinen Raum, keine Materie, und keine Zeit. Zuerst schaffen sie das Denken, dann schafft Denken den Raum, und dann benötigt man die Zeit um die Entfernung zu überbrücken, um den Raum zu erfahren, ihn zu erfassen, und etwas damit zu machen. Hier kommt die Zeit ins Spiel. Aber es gibt keine Zeit. Die einzige Zeit, die es gibt, ist willkürlich. Hier ist es 23:00 Uhr in der Nacht und woanders 11:00 am nächsten Vormittag. Wir sind 12 Stunden hinterher. Wenn Sie nach oder aus Indien reisen, verlieren oder gewinnen Sie einen Tag. 

 

Alle Vorstellungen von der Zeit, auch die von der chronologischen Zeit, sind willkürlich. Alle Messungen sind willkürlich. Wir nehmen sie hin als praktikabel, das ist alles. Ein kleiner Junge frage einen Mann, “Warum soll zwei und zwei vier sein?“ Der Mann brachte vier Äpfel, vier Mangos, vier Orangen, und vier Rupien. Der Junge sagte, „Das interessiert mich nicht. Gibt es Nummer zwei ohne Nummer eins, und eins ohne zwei?“ – „Stelle mir nicht solche Fragen“, sagte der Mann. Hier endet unsere Mathematik, unsere Arithmetik. Ich nehme es als selbstverständlich, dass zwei und zwei vier ist. Wenn Sie mich um vier Dollar bitten, zähle ich und gebe Ihnen vier Dollar, vier Rupien, oder vier Rubel, je nachdem, in welchem Land ich zu diesem Zeitpunkt gerade bin. Sogar beim Zählen gibt es immer einen Referenzpunkt. 

 

Wenn jemand den Preis einer Sache nennt, denken wir immer in der Währung, mit der wir vertraut sind. Auch für die Bewertung einer Sache gibt es einen Referenzpunkt – der Referenzpunkt ist der Dollar oder die Rupie oder das Pfund, wie auch immer. Gibt es also Materie? Gibt es Raum? Worüber ich spreche, ist nicht Metaphysik, und worüber die Physiker sprechen, noch viel weniger - die Unmöglichkeit, den Raum zu erfahren. Ohne das Denken kann das, was man „Du“ nennt, nicht trennen. Was man „Du“ nennt, ist gedacht. Es gibt kein „Du“, das etwas anderes ist als dieses Bedürfnis, Raum oder Materie oder Zeit zu erfahren, je nach dem. Das Denken hat auch das Konzept von der Zeitlosigkeit geschaffen. Alle Taten sind in der Zeit. 

 

F: Wo kommen alle diese Gedanken her? 

 

A: Sie sind überall. Es gibt eine Gedankensphäre in der wir alle funktionieren. Aber eine Frage (Ich stelle mir selbst diese Frage nicht, weil es keinen Sinn macht, mich das zu fragen, und ich will dazu auch gar keine Antwort), auf die die Antwort nicht eindeutig ist, ist: Kommen diese Gedanken von außen, weitergegeben von Generation zu Generation, oder werden sie durch die Gene übertragen? Ich habe guten Grund zu glauben, dass das gesamte Wissen nicht nur durch unsere Erziehung in allen Formen, Größen und Ausmaßen weiter gegeben wird, sondern auch, in einem größeren Ausmaß, durch die Gene. Man sagt jetzt, dass die Kapazität, nicht nur Sprachen zu lernen, sondern eine Sprache, genetisch gesteuert ist. 

 

F: Was halten Sie davon, was die Wissenschaftler in der Gentechnik machen? 

 

A: Ich bin dafür, aber wenn das dem Staat übergeben wird, werden sie das nutzen, um die Leute dazu zu bringen, Dinge ohne Widerstand zu tun. Jetzt müsst ihr sie erziehen, ihnen Patriotismus lehren, sie die Fahne grüßen lassen, auf das Schlachtfeld schicken, und Gewehre benutzen lassen. Es dauert Jahrzehnte, um den Leuten eine Gehirnwäsche zu verpassen damit sie entweder an Gott glauben oder nicht an Gott glauben, damit sie an Demokratie glauben oder an Kommunismus. Aber mit Gentechnik muss man gar nichts machen. Verpasst ihnen einfach nur ein Medikament, und sie ziehen los und töten. Auch hier ist das erste Mal töten das einzige Problem; dann wird töten einfacher. Fragen Sie irgendeinen Mörder. Das erste Mal hat man ein Problem mit dem töten, aber dann benimmt man sich wie eine Maschinengewehr und tötet die Leute. Es wird eine gedankenlose Handlung. 

 

Die grundlegende Frage, die wir alle stellen müssen, und die uns interessieren sollte, ist: Welchen Menschen wollen wir auf diesem Planeten? Welche Art? Wie soll der Mensch sein? Was ist eure Antwort? Was ihr wollt kann mit Hilfe der Gene erzeugt werden, anstatt die Leute zu erziehen. Sehen Sie, es dauert Jahre über Jahre, damit man einen Menschen dazu bringt, an etwas zu glauben, und ihn von etwas anderem zu befreien. Eine Tendenz zum Alkoholismus, eine Tendenz zum Rauchen, eine Tendenz zum Stehlen kann viel einfacher durch Beeinflussung der Gene dieses Individuums verändert werden, aus welchem Grund auch immer, als durch Vorträge über Moral und Lehren. Das dauert Jahre. 

 

F: Veränderung ist also möglich durch biologische Beeinflussung. 

 

A: Aber wenn das Wissen über die Gentechnik oder wie Sie es auch nennen mögen, dem Staat übergeben wird, bekommen wir Schwierigkeiten. Schließlich brauchen sie die Unterstützung des Staates um mit ihren Forschungen weiter zu machen. 

 

F: Ist es wahrscheinlich, dass es eine Aufgabe des Staates wird? 

 

A: Das wird passieren. Sie werden es übergeben. 

 

F: Zumindest in einigen Ländern... 

 

A: Überall, warum „in einigen Ländern”? Wenn einer es nicht tut, wird es ein anderes Land tun.

 

F: Sie sagen also, dass es möglich ist, eine neue Spezies zu entwickeln mittels Gentechnik.

 

A: Gibt es so etwas wie Evolution? Ich stelle auch das in Frage. Darwin hat uns alle in die Irre geführt. Er sagte, dass erworbene Eigenschaften nicht von Generation zu Generation weiter gegeben werden. Aber das trifft jetzt nicht mehr zu. Hundert Jahre lang haben wir ihm geglaubt. Wir haben auch hundert Jahre lang an Freuds Theorien geglaubt, der ein überwältigender Betrüger war. 

 

F: Aber man hat über tausende von Jahren den Glauben an die Evolution akzeptiert. 

 

A: Jetzt ändern sich die Dinge so schnell, dass wir nicht mithalten können. Wir haben jetzt unglaubliche Kommunikationssysteme. Was auch immer hier passiert, es passiert überall. Sie können sehen was hier passiert und was in Bangladesch passiert. Jetzt ist der Zeitfaktor auf ein Minimum reduziert aufgrund der modernen Kommunikationstechniken. 

 

F: Aber das ist keine Evolution; das ist nur... 

 

A: Nein, das ist keine Evolution. Es ist ein Verfahren mit Versuch und Irrtum. Ihr perfektioniert dieselbe Sache. Gestern habe ich eine interessante Sendung gesehen, „50 Jahre Fernsehen”. Ich habe einige der Fernsehsendungen aus dieser Zeit angeschaut, in den frühen Fünfzigern. Im Vergleich zu dem, was wir heute sehen, schauen sie so archaisch und simpel aus. 

 

F: Wie hätten Sie die menschliche Spezies gerne, wenn Sie...

 

A: Ich bin nicht erwählt als Schutzengel oder... 

 

F: Ich weiß, dass Sie das nicht sind, aber wenn sie das bestimmen könnten, würden Sie...? 

 

A: Ich mag die Menschen genau so wie sie sind. Man muss nichts dran ändern. Ich bin nicht in Konflikt damit, sehen Sie. Es kann nicht besser sein. Alles was man hier tun würde, erzeugt nur Verwirrung. Es gibt also Gewalt. So lange ihr euer Denken einsetzt, um etwas zu verändern, muss es Gewalt geben. Es kann nicht anders sein. Euer Versuch, einen friedlichen Zustand herbeizuführen erzeugt Krieg. 

 

F: Ich vergaß....(lacht) 

A: Wer hat irgendwem das Mandat verliehen, die Welt zu verändern? 

 

F: Sie sagen also, wir sind eine Spezies, die sich auf die Zerstörung hin bewegt. Gibt es einen Weg, dem zu entkommen...? 

 

A: Ich bin kein Prophet. Aber die Zukunft ist schon da.

 

F: Inwiefern? 

 

A: In der Gegenwart. Wie kann die anders sein als sie ist? Wie ich sagte, mit Krieg kann man auf dieser Welt keinen Frieden schaffen. 

 

F: Das sehe ich nicht so. 

 

A: Wir werden wahrscheinlich an einem Punkt ankommen, wo uns die Umstände zwingen, mit unseren Gegnern zu leben. So wie der lebende Organismus funktioniert – das Überleben jeder Zelle hängt ab vom Überleben der benachbarten Zelle. Es herrscht die Furcht, dass wenn ich versuche, etwas zu zerstören, ich auch zerstört werde. Ich meine, ihr werdet physisch zerstört. Es wird euch betreffen. Diese Furcht davor, dass wenn ihr versucht, Leute um euch herum zu zerstören, ihr mit ihnen zerstört werdet, hält uns vielleicht eine Weile zusammen. Das ist bestimmt nicht Liebe, Glück, Verehrung oder religiöses Denken. Aber sagen Sie mir, warum sollten wir von Dauer sein? Warum, wozu soll das gut sein? 

 

F: Ja das ist die Frage. Ich weiß es nicht. 

 

A: Warum? Warum stellen wir diese Frage? 

 

F: Das dauert wahrscheinlich nicht an. 

 

A: Das betrifft uns nicht. Wir tun nichts, um das aufrecht zu erhalten, oder? Wir zerstören alles was es gibt in der Natur. Ökologische Probleme wurden durch uns verschärft. Wie glauben Sie, soll das was wir tun, helfen? Jeder, der etwas gegen Abgase sagt und selbst ein Auto fährt, sollte auf der Stelle erschossen werden. Er trägt auch dazu bei. Glaubt diesem Typen nicht! All die Umweltschützer – glaubt ihnen nicht. 

 

F: Weil sie kein Interesse an der Sache haben? 

 

A: Sie sind überhaupt nicht daran interessiert. 

 

F: Hat überhaupt irgendjemand Interesse am Umweltschutz? 

 

A: Niemand interessiert sich dafür. 

 

F: Nicht einmal Sie? 

 

A: Ich bin der Letzte, den das interessiert, weil ich nicht anders sein will. 

 

F: Das ist alles ganz schön düster!

 

A: Es ist nicht düster. Wie können Sie sagen, es ist düster? Das ist das Einzige. Es ist so wirklich. Überhaupt nicht düster. Sie möchten gerne diese moderne Phrase verwenden und sagen, es sei düster. Sehen Sie sich diesen Moment an. Er ist wunderbar! (Beide schauen auf das Meer.) Ich schreibe keine Gedichte. Im nächsten Moment, wenn ich Sie anschaue, sind sie so schön wie das Meer dort. Wahrscheinlich noch schöner. Sehen Sie, wenn ich von all diesen Vorstellungen befreit bin, die ich von Schönheit habe, gibt es etwas ganz Besonderes. Nichts  muss getan werden, um irgendetwas zu verändern. Die Dinge ändern sich von selber. Die Natur ändert sich – Vulkanausbrüche irgendwo, und Erdbeben irgendwo. Warum das passiert, wissen wir nicht. Wissen Sie, die Seismologen können präzise vorhersagen, dass wir ein Erdbeben an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit haben werden. 

 

F: Wenn ein Asteroid auf uns zusteuert... 

 

A: Warum machen wir uns um all diese Dinge Sorgen? - “Wer hat diese Welt erschaffen?“ „Warum leben wir?” Wir überlassen all diese Dinge den Metaphysikern und Wissenschaftlern.

 

F: Wahrscheinlich haben wir Angst vor dem Tod? 

 

A: Wir haben Angst davor, zu enden.

 

F: Ja, ich will nicht enden. Haben Sie Angst vor dem Ende? 

 

A: Es gibt nichts „hier”, das enden könnte. 

 

F: So unterscheiden wir uns also … ich bin sehr beunruhigt darüber.

 

A: Sagen Sie nicht „unterscheiden“. Nichts wird enden, außer das, was nicht enden will. Es will sich selbst irgendwie erhalten, sogar über den Tod hinaus. Sehen Sie, das wird nicht gelingen. Es ist nicht lustig, meine Dame, es ist eine Tatsache. 

 

F: Ja das verstehe ich.

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Inhaltsverzeichnis

 


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Rückseite


  

Gott oder Erleuchtung ist das ultimative Vergnügen, ununterbrochenes Glück. So etwas gibt es nicht. Euer Streben nach etwas, was es nicht gibt, ist die Wurzel eurer Probleme. Transformation, Moksha, Befreiung, und all das, sind nur Varianten desselben Themas: andauerndes Glück. Der Körper kann ununterbrochenen Genuss nicht lange aushalten; es würde ihn zerstören. Dem Körper einen erfundenen andauernden Glückszustand aufzwingen zu wollen ist ein ernsthaftes neurologisches Problem. 

  

Ich bin nicht hier um jemanden zu befreien. Ihr müsst euch selber befreien, und ihr könnt das nicht. Was ich zu sagen habe tut das nicht für euch. Ich will nur diesen Zustand beschreiben, die Verdunkelung und Mystifizierung bereinigen, worin diese Leute aus dem Geschäft mit der Heiligkeit alles gehüllt haben. Vielleicht kann ich euch überzeugen, nicht so viel Zeit und Energie zu vergeuden mit der Suche nach einem Zustand, den es gar nicht wirklich gibt, sondern nur in eurer Vorstellung. --U.G. 

 

 

 

 

 

 

 

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